01.05.2024 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Nagellack vor Operationen?
Frage
Bei uns in der Klinik kam das Thema „Ist die Nagellackentfernung bei Patienten an Finger- und Fußnägeln sinnvoll?“ auf. Ist es ratsam, für Patienten zum Schutz vor einer Wundinfektion vor der OP Nagellack an Finger- und Fußnägeln zu entfernen?
Antwort
Der Berufsverband und die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) weisen darauf hin, dass Patienten ohne Nagellack und ohne künstliche Fingernägel zur elektiven Operation erscheinen [1]. Blaue Finger können ein Anzeichen dafür sein, dass die Finger nicht mehr ausreichend durchblutet sind. Die Transparenz der Fingernägel wird zur Diagnose eines Sauerstoffmangels benötigt.
Mit Schutz vor Wundinfektionen hat das primär nichts zu tun. Tatsache ist jedoch auch, dass sich zumindest älterer Nagellack schlecht desinfizieren lässt. Während der Reduktionsfaktor der Anzahl von Mikroorganismen auf frisch lackierten Fingernägeln durch alkoholische Händedesinfektion 3,9 ± 0,95 beträgt, sinkt er auf 5 Tage altem Nagellack auf 1,8 ± 1,02 Log-Stufen [2]. Bei chirurgischer Hautantiseptik ist das ebenfalls anzunehmen.
Außerdem sind künstliche (Finger-)Nägel signifikant häufiger mit pathogenen Mikroorganismen besiedelt als natürliche Nägel [3].
Da bei zahlreichen Operationen Hände und Füße steril abgedeckt sind, spielen Hand- oder Fußnägel hier keine Rolle als Infektionsquelle.
Bei Operationen am Vorfuß und an den Zehen, bei denen die Fußnägel im Operationsgebiet sind und nicht steril abgedeckt werden (können), sind die Patienten darauf hinzuweisen, aus Gründen der Infektionsprävention auf Fußnagellack zu verzichten. Das betrifft auch medizinischen Nagellack bei Patienten mit Nagelpilz, auch wenn der bei uns überwiegende Erreger (Trichophyton spp.) kein Wundinfektionserreger ist.
Literatur
[1] https://www.anaesthesisten-im-netz.de/anaesthesie/die-richtige-vorbereitung
[2] https://www.krankenhaushygiene.de/
referate/2aa1c191fb9c08b510d93d53c9085523.pdf
[3] Hedderwick SA, McNeil SA, Lyons MJ, Kauffman CA. Pathogenic organisms associated with artificial fingernails worn by healthcare workers. Infect Control Hosp Epidemiol. 2000 Aug;21(8):505-9. doi: 10.1086/501794. PMID: 10968715.
Der Kurztipp im Auftrag der DGKH gibt die Meinung der Autoren wieder.
Chirurgie+
Jatzwauk L, Popp W, Kohnen W: Hygiene-Tipp: Nagellack vor OPs? Passion Chirurgie. 2024 Mai; 14(05): Artikel 04_04.
Autoren des Artikels
Prof. Dr. med. Walter Popp
Ärztlicher LeiterHyKoMed GmbHVizepräsident der Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V. (DGKH) kontaktierenDr. rer. nat. Wolfgang Kohnen
Stellvertretender Abteilungsleiter im Bereich Krankenhaushygiene, Krankenhaushygieniker, Beauftragter für das QualitätsmanagementAbteilung für Hygiene und InfektionspräventionUniversitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität MainzVorstand der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V. (DGKH)Prof. Dr. rer. nat. et rer. medic. habil. Lutz Jatzwauk
Krankenhaushygiene/ UmweltschutzUniversitätsklinikum Carl Gustav Carus DresdenWeitere Artikel zum Thema
01.01.2020 Hygiene
Hygiene-Tipp: Arbeitskleidung für Studenten und PJler
Häufig müssen Medizinstudierende und PJler in privater Kleidung im Krankenhaus arbeiten, allenfalls versorgt mit einem Arzt-Mantel. Nachfolgend eine Einschätzung hierzu auf Basis der relevanten Vorschriften:
01.12.2019 Hygiene
Hygiene-Tipp: Ultraschall – Wenn es mal wieder schnell gehen muss
Obwohl es sich um eine nicht invasive Untersuchung handelt, sind aus der Literatur Infektionsketten durch Ultraschalluntersuchungen bekannt geworden, deshalb müssen auch hier die Regeln der Hygiene sorgfältige Beachtung finden. Viele Chirurgen führen Ultraschalluntersuchungen selbst durch.
01.11.2019 Hygiene
Hygiene-Tipp: Handschuhe und Handschuhwechsel im OP: Wie und wann?
OP-Handschuhe dienen neben der chirurgischen Händedesinfektion als Infektionsschutz für Patient, Operateur und Assistenz. Dieser Schutz ist durch Tragedauer und Materialermüdung zeitlich begrenzt. Jede Handschuhperforation birgt die Gefahr der Übertragung von Mikroorganismen.
01.10.2019 Hygiene
Hygiene-Tipp: Die Anlage eines transurethralen Harnblasenkatheters im OP oder „Leg mal schnell noch einen DK“
Harnwegsinfektionen zählen zu den häufigsten nosokomialen Infektionen. Das Infektionsrisiko, das transurethrale Dauerkatheter (DK) mit sich bringen, wird in der Regel unterschätzt, aber auch sie können Ausgangspunkt einer Sepsis sein. Transurethrale Dauerkatheter sind der bedeutendste Risikofaktor für eine aufsteigende Harnwegsinfektion.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.