01.10.2020 BDC|News
60 Jahre BDC: Nachwuchschirurgen mit klaren Zukunftsvorstellungen
Es liegt nahe zu einem Jubiläumsanlass, die Gedanken in die Vergangenheit schweifen und eigene Erlebnisse und Erfahrungen wieder aufleben zu lassen. Den am ersten Viertelpunkt seines beruflichen Lebensweges stehenden Chirurgen drängen sich jedoch eher Fragen zur Zukunft unseres faszinierenden Fachgebietes auf. Eine ganz zentrale Frage betrifft den chirurgischen Nachwuchs. Nachwuchssorgen bedrücken alle medizinischen Fachgebiete. Lösungswege zu erarbeiten sollte eine der vornehmsten Aufgaben einer Standesorganisation sein. Zunächst gilt es, ausreichend Kollegen für das Fach zu gewinnen und zu begeistern; genauso wichtig ist es jedoch die richtigen zu finden und noch wichtiger sie zu motivieren und gut auszubilden.
Entsprechend einem Klassiker unter den Vorurteilen gerade älter eingesessener Chirurginnen und Chirurgen will der Nachwuchs eigentlich alles nur auf dem Silbertablett: Etwas überspitzt formuliert, dürfte es danach in Zukunft nur absolut planbare Eingriffe geben mit festen Schnitt- und Nahtzeiten, ohne Gefahr der Überschreitung der Regelarbeitszeit, denn Arbeit ist eben nicht Leben, pünktlicher Feierabend, dann Freizeit – eine Balance zwischen „Work“ und „Life“. Und wenn die OP zu lange dauert, muss man diese vielleicht zwischen mehreren Operateuren teilen – quasi „surgery sharing“ als Maximalvariante des „Job sharing“.
Dieses Vorurteil verkennt aber doch in seiner pauschalisierenden Art manch berechtigten Anspruch der nachwachsenden Generation. Diese Vorstellungen anzuerkennen und zu berücksichtigen, ist ein wesentlicher Schritt, um junge Ärzte für unser Fachgebiet zu interessieren und dem zunehmend empfundenen Nachwuchsmangel (vgl. Vallböhmer et. al, Passion Chirurgie 2018) zu begegnen. Die aktuelle Weiterbildungsumfrage des BDC und Perspektivforums Junge Chirurgie zeigt ganz deutlich, dass es auf die reine Arbeitszeit viel weniger ankommt, als auf den Inhalt der Arbeit. Arztfremde Tätigkeiten und ein mit Aufgaben fern von der Patientenversorgung überfrachteter Alltag sind wesentliche Faktoren die zur Unzufriedenheit des Nachwuchses führen. Wer hier einen zukunftsträchtigen Arbeitsplatz schaffen will, der sollte den Tagesablauf seiner Weiterbildungsassistenten genau analysieren. Wo werden sinnvolle, versorgende Tätigkeiten ausgefüllt, wo sind vielleicht weniger beliebte, aber notwendige Tätigkeiten und wo solche, die problemlos auch auf andere Berufsgruppen übertragen werden könnten. Bei adäquater Delegation führt das nicht nur zur Zufriedenheit beim ärztlichen Personal, sondern es lohnt sich auch betriebswirtschaftlich. Gleiches gilt auch für die Kinderbetreuung. Gemäßigte Überschreitungen der Arbeitszeit sind weniger relevant, wenn die eigenen Kinder gut betreut sind. Auch hier gibt es deutschlandweit tolle Beispiele und Nachweise zu den Effekten hinsichtlich der Mitarbeiterzufriedenheit bei gleichzeitiger Rentabilität.
Die Jobzufriedenheit im Fach Chirurgie ist nach einer großen Umfrage unter Weiterbildungsassistenten auch von einer fairen und transparenten Verteilung von Weiterbildungsoperationen abhängig; mehr als 70 Prozent (!) der Umfrageteilnehmer beklagen ein Fehlen einer fairen, dafür aber oft von der Sympathie der Op-Organisatoren abhängige, Verteilung der Operationen oder anderer ausbildungsrelevanter Eingriffe. Neben einem Bewusstsein für die Problematik können moderne Softwarelösungen mehr Transparenz und Gerechtigkeit schaffen. Auch gut organisierte Klinikfortbildungen, Unterstützung bei externen Weiterbildungsmaßnahmen, Mentoring durch erfahrenere Klinikmitarbeiter, Logbücher und Weiterbildungsgespräche, die ordnungsgemäß geführt werden, sind Punkte, die laut der zitierten Umfrage sowohl das Fach Chirurgie wie auch die Ausbildungsstätte attraktiv machen. Wir, die erfahreneren Chirurgen, sind es, die den Nachwuchs, die künftigen Mitarbeiter, heranziehen und fachlich qualifizieren. Wer einen solchen Rahmen für die Weiterbildungsassistenten schaffen kann, der darf der Zukunft entspannt entgegen schauen.
Weitere Anregungen zum Thema bieten die Kurse, Arbeiten und auch Themenreferate unseres Jubiläumsprotagonisten BDC. Mit Analysen der Bedürfnisse von Weiterbildungsassistenten, Publikationen und Fortbildungen wird das mittlerweile 60-jährige Geburtstagskind nicht müde für diese Verbesserungen einzustehen und bei den Studierenden mit seinen Fortbildungen und Informationsveranstaltungen einen fruchtbaren Boden zu bereiten, auf dem dann durch persönliche Begeisterung und gute Arbeitsverhältnisse der Nachwuchs von morgen heranwachsen kann. Last not least: Den perfekten Arbeitsplatz gibt es schlicht nicht. Bedürfnisse und Ansprüche an einen idealen Berufszustand schwanken interindividuell und im Laufe der Karriere auch intraindividuell, trotz der gerne pauschal wahrgenommenen Nachwuchsgeneration. Es liegt also immer auch ein großes Stück Eigenverantwortung in der Wahl der späteren Ausbildungsstelle. Das verbirgt sich im neudeutschen Wort „Career fit“. Diesen Kompatibilitätscheck zwischen eigenem Anspruch und angebotener Stelle muss jeder für sich selbst machen.
Autor des Artikels
PD Dr. med. Benedikt Braun
Stellv. Leiter Themen-Referat Nachwuchsförderung im BDCPerspektivforum Junge ChirurgieBG Unfallklinik Tübingen; Unfall- u. WiederherstellungschirurgieSchnarrenbergstr. 9572076Tübingen kontaktierenWeitere Artikel zum Thema
21.10.2019 BDC|News
BDC|Umfrage: Entwicklung der Versicherungsprämien für niedergelassene Chirurgen
Die Arbeitsgemeinschaft der Beleg- und Kooperationsärzte (AG BeKo) und das Referat der niedergelassenen Chirurgen des BDC haben einen Anstieg der Haftpflicht-Versicherungsprämien für niedergelassene Chirurgen und Belegärzte in den letzten zwei Jahren festgestellt. Daher war es an der Zeit, dies mit einer Umfrage zu überprüfen.
14.10.2019 BDC|News
BDC|Hessen: 10. Jahrestagung am 30.10.2019
wir laden Sie sehr herzlich zur 10. Jahrestagung des Landesverbandes BDC|Hessen und des HCV e.V. und zur Mitgliederversammlung mit Fortbildungsveranstaltung am Mittwoch, den 30. Oktober 2019 ein.
11.10.2019 Stellungnahmen
Gemeinsame Stellungnahme zum Notfallsanitätergesetz
Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Notfallsanitätergesetzes (Bundesrat, Drucksache 428/19) in Abstimmung mit der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH), dem Berufsverband Deutscher Chirurgen (BDC) und dem Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU)
06.10.2019 BDC|News
Umfrage Silver Worker 2018: Generation „Active Retirement“
Deutlich mehr als eine Million Senioren gehen neben ihrer Rente noch arbeiten. Davon arbeiten vor allem Akademiker länger. Im Vergleich zu 2003 verdoppelte sich fast die Menge der arbeitenden Senioren. Bei den Beschäftigten Senioren bedeutet dies einen absoluten Anstieg von 100.553 (März 2003) auf 325.911 (Juni 2018). In einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis arbeiteten 2003 (März) 547.067 Senioren. Bis Juni 2018 stieg die Anzahl stetig auf insgesamt 1.105.210 Menschen an [1].
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.