01.10.2014 Arbeitsrecht
Zusammenarbeit zwischen ärztlichen Führungskräften und Krankenhausgeschäftsführung – Vergleich der Umfragen bei Internisten und Chirurgen
Die aktuelle Publikation DGIM-Studie „Ärzte-Manager 2013“ [1] legt es nahe, die dabei ermittelten Ergebnisse mit jenen der BDC-Umfrage aus dem Jahr 2011 [2] zur Managementschnittstelle zwischen leitenden Chirurgen und Krankenhausmanagern zu vergleichen.
Grundsätzlicher Vergleich beider Studien
Beiden Studien liegt eine Online-Umfrage zugrunde, die nach Themen-Clustern von demselben Co-Autor (T.K.) mit strukturiert wurde. Die Cluster-Themen mit jeweiligen Detailfragen (BDC 89, DGIM 167 Fragen) betrafen:
– Person und Krankenhausstatistik,
– Vergütungsstruktur/Erfolgsbeteiligung,
– Organisation der Kommunikation,
– Managementbezogene Anforderungen,
– Gestaltungsrahmen und Konfliktmanagement und
– Zukunftserwartungen.
Bei der DGIM-Studie wurden 3.435 relevante DGIM-Mitglieder zur Online-Befragung eingeladen; die Teilnahmequote betrug 18,3 % (627 elektronische Fragebögen):
– ärztl. Führungskräfte (ÄFK) in der 1. Führungsebene – Ordinarien/ Chefärzte (39,6 %),
– ärztl. Führungskräfte (ÄFK) in der 2. Führungsebene – Leitende Oberärzte/-innen (48,4 %),
– sowie zusätzlich auch abteilungsübergreifend steuernde ärztliche Direktoren/-innen (5,8 %).
Bei der BDC-Studie erfolgte die Auswertung anhand von 649 Fragebögen; die Teilnahmequote geht aus der Publikation nicht hervor; es handelt sich um 89 % Chefärzte/Ordinarien, 2 % leitende Oberärzte sowie 7 % ärztliche Direktoren.
Beide Befragungen stellen die umfangreichste Erhebung zur Managementschnittstelle zwischen leitenden Ärzten gegenüber der Krankenhausgeschäftsführung/Geschäftsleitung der beiden großen Fachgebiete Innere Medizin und Chirurgie dar.
Während bei den internistischen Befragungsteilnehmern Krankenhäuser mit einer Gesamtgröße von mehr als 750 Betten überrepräsentiert waren, betraf dies bei den chirurgischen Teilnehmern nur 41 %.
Die am stärksten durch die Befragungsteilnehmer repräsentierten Einrichtungen waren in der DGIM-Studie die Fachabteilung für Innere Medizin und Gastroenterologie, Kliniken für Innere Medizin und Kliniken für Innere Medizin und Kardiologie; in der BDC-Studie stellten Kliniken mit allgemeinchirurgischen und viszeralchirurgischen Schwerpunkten zusammen mit Kliniken für Orthopädie und Unfallchirurgie insgesamt 84 % der genannten Spezialisierungen dar.
Vergleich der Studienergebnisse
Erfolgsbeteiligung im Dienst-/Arbeitsvertrag
Bei den chirurgischen Teilnehmern hatten 75 % der Befragten Dienst- bzw. Arbeitsverträge mit einer vertraglichen Erfolgskomponente. Diese lag bei 39 % der Befragten zwischen einem und 20 % des Grundgehaltes sowie mehr als 21 % des Fixgehalts bei 36 % der Befragten. Dagegen hatten lediglich 23 % der Befragten internistischen ÄFK Erfolgsbeteiligungen, die als „signifikanter oder hoher Anteil an der Grundvergütung“ ausgestaltet sind. Die erheblichen Unterschiede zwischen den Fachgebieten könnten daher rühren, dass bei der internistischen Umfrage auch Oberärzte teilnahmen, die nur selten eine nennenswerte Erfolgsbeteiligung in ihrem Arbeitsvertrag aufweisen.
Die variablen Gehaltsanteile legen nahe, dass Zielvereinbarungen als eine Möglichkeit gesehen werden, ÄFK zur Umsetzung betriebswirtschaftlicher Zielvorgaben zu verpflichten. Die absolut überwiegende Anzahl der Zielvereinbarungen, welche der jeweiligen Erfolgsbeteiligung zugrunde lagen, sind ausschließlich oder teilweise betriebswirtschaftlich geprägt (74,2 %). Die Einschätzung zu den Auswirkungen von Erfolgsbeteiligungen aus Sicht der internistischen ÄFKs waren überwiegend negativ sowohl was die Zusammenarbeit der Berufsgruppen im Krankenhaus, die Qualität der Patientenversorgung und den Einfluss auf das Entscheidungsverhalten der ÄFK betrifft. Die daraus resultierende Befürchtung, dass Erfolgsbeteiligungen das ärztliche Selbstverständnis verändern war bei 83,8 % der ÄFK vorhanden.
Kommunikation und Gesprächsthemen
Bei beiden Umfragen wurde die inhaltliche Zusammenarbeit zwischen ÄFK und Geschäftsführern überwiegend durch Wirtschaftlichkeitsthemen – strategische Leistungsplanung, Wirtschaftlichkeit, Budgetfragen/Budgetplanung sowie Einsparungsthemen geprägt.
Organisations- und Führungsthemen sind entsprechend beider Umfragen im Vergleich hierzu nur relativ selten Gegenstand der Zusammenarbeit; noch seltener werden Themen wie Drittmittel, Forschung und Lehre behandelt.
Umsetzung klinikbezogener betriebswirtschaftlicher Managementaufgaben
Die Ergebnisse der DGIM-Studie ergaben ein zweigeteiltes Bild: Einerseits sahen sich die ÄFK häufig in der Lage, unter den gegebenen wirtschaftlichen Bedingungen in ihrer Klinik eine leitliniengerechte medizinische Versorgung durchzuführen (73,6 %); andererseits waren 75,9 % der Befragten der Meinung, dass sie alle wichtigen wirtschaftlichen Sachverhalte ihrer Klinik „selten/sehr selten/nie“ erfolgreich steuern können.
Die BDC-Umfrage zu dem Themenkomplex „Klinische Kostentransparenz“ ergab, dass 41 % der Befragten die Situation als „schlecht/sehr schlecht oder schlichtweg nicht vorhanden“ beantworteten. In den internistischen Kliniken gaben immerhin 70,7 % der Befragten an, von der Geschäftsleitung ein strukturiertes monatliches Reporting für ihren Verantwortungsbereich zu erhalten. Hier hat sich möglicherweise im zeitlichen Verlauf und unabhängig vom medizinischen Fachgebiet eine deutliche Besserung der Situation hin zu mehr Transparenz in den Kliniken ergeben.
Sowohl für leitende Chirurgen wie auch Internisten stellten aber über 70 % der Befragten fest, dass für sie als ÄFK entsprechende Steuerungstools selten angeboten werden oder nicht existent sind. Die Verfügbarkeit betriebswirtschaftlicher Managementinstrumente, welche durch ärztliches Führungspersonal effizient einsetzbar sind, scheint damit ein erhebliches Problem im Klinikalltag darzustellen.
Ergänzt wird diese defizitäre Zusammenarbeit durch folgende Ergebnisse der DGIM-Umfrage:
– 47,2 % der ÄFK sahen sich durch die Geschäftsführung nicht in die Lage versetzt, die Ressourcenknappheit ihrer Klinik erfolgreich zu managen,
– 41,4 % der ÄFK gaben an, dass ihr fachlicher Input (Markt- und Fachwissen) nicht ausreichend von der Geschäftsführung bei Strategieentwicklungen berücksichtigt wird.
Gestaltungsrahmen/Konfliktmanagement
Aus beiden Umfragen geht hervor, dass die persönliche Zusammenarbeit/Beziehungsebene zwischen leitenden Ärzten und Vertretern der Geschäftsführung kritisch eingeschätzt wird; dies betrifft sowohl Wertschätzungsdefizite (40 %) wie auch mangelhaftes partnerschaftlich-fachliches Miteinander (47 %).
Sowohl aus Sicht der Internisten wie auch der Chirurgen ist ein wesentlicher Faktor für den absehbaren Misserfolg ärztlicher Managementbemühungen „verantwortlich sein ohne Aktionsmöglichkeiten“ (44 % bzw. 61 %). Die Tatsache, dass etwa zwei Drittel der befragten Internisten wie Chirurgen eine unzureichende Beteiligung an Entscheidungen und Umsetzungen feststellen, bedeutet, dass die fachliche Managementposition leitender Ärzte gegenüber Mitgliedern der Geschäftsführung relativ schwach ausgeprägt ist.
Differenzierung der Leitungsebenen
Im Gegensatz zu der BDC-Umfrage unter Chirurgen lässt die DGIM-Umfrage eine Differenzierung in den Beantwortungen von Detailfragen zwischen der ersten und zweiten Führungsebene (Chefärzte und Oberärzte) sowie den ärztlichen Direktoren zu.
Bei vielen Detailfragen war die Einschätzungen der ersten und zweiten Führungsebene ungefähr gleich gerichtet, allerdings teilweise in unterschiedlich starker Ausprägung. Beispielsweise wurde die Frage nach der klinischen Kostentransparenz von den Chefärzten mit fast 43 % deutlich höher eingeschätzt als von Führungskräften der zweiten Führungsebene (21 %). Ein noch größerer Beurteilungsunterschied ergab sich bei der Fragestellung, ob die ärztliche Führungskraft zu allen betriebswirtschaftlichen Entscheidungen der Geschäftsleitung ihrer Klinik Gelegenheit hatte, sich in die Entscheidungsvorbereitung einzubringen. Hier fiel die Häufigkeitsbeurteilung durch die zweite Führungsebene (12 %) deutlich geringer aus als durch die erste ärztliche Führungsebene (41 %). Insgesamt fällt auf, dass die erste Führungskräfteebene tendenziell eine positivere Beurteilung zu den Detailfragen abgab als die zweite Führungsebene.
Beide Führungskräfteebenen bezeichnen es als unzutreffend, dass sie von der kaufmännischen Geschäftsführung in die Lage versetzt würden, die Ressourcenknappheit in ihrer Klinik/Verantwortungsbereich erfolgreich zu managen, wobei die negative Beurteilung der ersten Führungskräfteebene von der zweiten Führungskräfteebene dabei noch deutlich übertroffen wurde (53 % / 69 %).
Auffällig war der Unterschied jedoch zwischen den Befragten der ersten Führungskräfteebene (Chefärzte/Ordinarien) und den abteilungsübergreifend tätigen ärztlichen Direktoren. Ausgeprägter als die ÄFK der ersten Führungsebene (92,4 %) sah die Gruppe der ärztlichen Direktoren (100 %) die Entwicklung, dass das Managementpotential der ÄFK zukünftig verstärkt in die Unternehmenssteuerung einzubringen ist. Deutlich zurückhaltender beurteilen ärztliche Direktoren (60 %) das Statement, dass sich Zielkonflikte zwischen Wirtschaftlichkeit und Qualität in der klinischen Gesundheitsversorgung verstärken werden (ÄFK 94 %).
Zukunftserwartungen
Bei diesem Fragenkomplex der DGIM-Studie zeigt sich nur eine eingeschränkt positive Erwartungshaltung. Besonders hervorzuheben ist, dass nahezu 90 % der Befragten davon ausgehen, dass die Ökonomisierung des Gesundheitswesens negative Auswirkungen auf das Arzt-Patienten-Verhältnis hat.
Fazit
Obwohl zwischen den beiden Umfragen zwei Jahre liegen (BDC 2011, DGIM 2013) hat sich an der Einschätzung der jeweiligen Führungskräfte in den Kliniken, was Defizite in der Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung/Geschäftsleitung betrifft, wenig geändert.
Offensichtlich ist die Zahl der Dienst-/Arbeitsverträge mit Erfolgsbeteiligung in diesen zwei Jahren allerdings deutlich rückläufig.
Um auf Seiten der Ärzte den „Managementanforderungen“ in erwartetem Maße gerecht zu werden, benötigen ÄFK geeignete Managementinstrumente (Steuerungstools, klinische Kostentransparenz) wie auch eine konstruktive vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Geschäftsführern des jeweiligen Krankenhauses. Die speziell in der DGIM-Umfrage zum Ausdruck gebrachte Gefahr einer negativen Beeinflussung der Patientenversorgung und des Arzt-Patienten-Verhältnisses durch eine einseitig definierte Managementagenda muss ernst genommen werden.
Das Verständnis für betriebswirtschaftliche Grundprinzipien muss heutzutage allerdings von der ärztlichen Leitungsebene verlangt werden. Sie sind Voraussetzung, dass die durch die Geschäftsleitung zur Verfügung gestellten Steuerungstools effektiv eingesetzt werden, unter Beteiligung der Klinikmitarbeiter.
Die Umfragen zeigen, dass offensichtlich in vielen Krankenhäusern das „Verständnis für die andere Seite“ fehlt. Möglicherweise kann in einer solchen Situation eine externe Moderation hilfreich sein. Voraussetzung ist aber der gemeinsame Wille zur vertrauensvollen Zusammenarbeit auf Augenhöhe anstelle von Konfrontationsszenarien.
Literatur
[1] UR Fölsch, E Märker-Hermann, PM Schumm-Draeger et al. DGIM-Studie „Ärzte-Manager 2013“- Konfliktpotenzial im Krankenhaus: Die Zusammenarbeit zwischen ärztlicher und kaufmännisch-wirtschaftlicher Leitung. Dtsch Med Wochenschr 2014; 139: 726-734
[2] T. Kapitza, C. Tonus, Kooperation oder Konflikt – Die Zusammenarbeit zwischen leitenden Chirurgen und Klinikgeschäftsleitung Passion Chirurgie, Q2 (2012), 7-15
Autor des Artikels
Prof. Dr. med. Michael Betzler
Erweiterter Vorstand des BDC/Koordination der ReferateBerufsverband der Deutschen Chirurgie e.V.Luisenstr. 58/5910117BerlinWeitere Artikel zum Thema
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