Die leitende Oberärztin und Fachärztin für Chirurgie, Viszeralchirurgie und spezielle Viszeralchirurgie, Frau Dr. Frauke Fritze-Büttner, über den Spagat zwischen Job und Beruf, das Mutterschutzgesetz und ihre Motivation, Chirurgin zu werden.
Was war Ihr Impuls bzw. Motivation Chirurgin zu werden?
Fritze-Büttner: Den festen Wunsch Ärztin zu werden, hatte ich bereits in der achten Schulklasse. Einen Patienten durch eine Operation zu heilen oder auch zu retten, war Faszination und mein persönlicher Antrieb zugleich, diesen Beruf zu ergreifen. Im Übrigen gegen den Ratschlag meines Vaters, der selbst Mediziner war. Er dachte an all diese Hindernisse wie überlange Arbeitszeiten und die mitunter schwierige Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Mehr als 60 Prozent der Medizinstudierenden sind weiblich. Als Chirurginnen arbeiten gerade aktuell nur 17 Prozent. Warum ist das Fach Chirurgie offenkundig nicht so attraktiv für Frauen?
Fritze-Büttner: Zu berücksichtigen ist, dass innerhalb der chirurgischen Fachdisziplinen der Anteil an Frauen variiert, so sind viel mehr Chirurginnen viszeralchirurgisch als kardiochirurgisch tätig. Ein Teil der Medizinstudentinnen schreckt sicherlich vor dem Alltag in der Chirurgie zurück – auch weil die Arbeit in einem chirurgischen Fach nicht immer planbar ist. Zum anderen sollten sich die jungen Kolleginnen selbstbewusst den chirurgischen Beruf zutrauen, der neben handwerklicher Geschicklichkeit, eine hohe Einsatzbereitschaft und Courage erfordert.
Sie sind selbst Mutter eines Sohnes. Wie schaffen Sie den Spagat zwischen Job und Familie?
Fritze-Büttner: In meinem Falle kann ich auf ein gut funktionierendes familiäres Back-up zurückgreifen: Das heißt, mein Mann unterstützt mich und auch die Großeltern springen mal ein. Ich habe aber auch das persönliche Ziel, die Klinik zu einer gewissen Uhrzeit zu verlassen, um dann auch intensiv Zeit mit meinem Sohn verbringen zu können. Um dies umsetzen zu können, hilft auch unsere Abteilungskultur, in der die Vereinbarkeit von Beruf und Familie Priorität hat.
Inwieweit spielt es eine Rolle, dass es in der Chirurgie nur wenig weibliche Vorbilder gibt?
Fritze-Büttner: Das stimmt. In der Vergangenheit war die Chirurgie ein männlich dominiertes Fach. Die Chirurginnen profilierten sich erst in den letzten Jahrzehnten. Als ich 1996 an der chirurgischen Klinik in Greifswald anfing, waren wir von zirka 23 Kollegen nur drei Frauen. Das ändert sich nun erfreulicherweise, wenn auch langsam.
Studien zeigen, dass besonders viele Medizinstudierende im Praktischen Jahr (PJ) abspringen. Muss sich die Ärztezunft nicht darüber Gedanken machen, wie das PJ attraktiver gestaltet werden kann?
Fritze-Büttner: Wir müssen die Studenten für unser Fach begeistern. Das geht vor allem, wenn wir auf sie eingehen und sie in unsere Tätigkeit einbeziehen. Dazu gehören Vorlesungen, Bedside-Teaching und Nahtkurse. Wichtig ist aber auch, dass wir ihnen Wertschätzung entgegenbringen und ihnen vorleben, wie ein gutes Team funktioniert und wie man auch in unserer Profession eine work-life-balance umsetzen kann.
Das Mutterschutzgesetz, das eine Hürde für angehende Chirurginnen darstellte, wurde inzwischen reformiert, so dass auch schwangere Chirurginnen ihre Weiterbildung fortsetzen können. War das eine ausreichende Reform oder gibt es noch Handlungsbedarf?
Fritze-Büttner: Leider ja, es ist nach wir vor so, dass schwangere Chirurginnen ihre operative Tätigkeit nicht oder nur sehr erschwert fortführen können. Das Problem sind die “unverantwortbaren Gefährdungen“. Die Ärztinnen könnten unter Umständen zum Beispiel Röntgenstrahlen, Narkosegasen oder auch Infektionskrankheiten ausgesetzt sein, die die Gesundheit von Mutter und Kind gefährden könnten. Und weil die Haftungsfrage ungeklärt ist, entscheiden Arbeitgeber in der Regel sehr restriktiv.
Im Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend ist mittlerweile ein Ausschuss eingerichtet worden, der in Fragen des Mutterschutzes beratend tätig ist. Das hat aber bislang noch keine Auswirkungen auf die Praxis der Chirurginnen. Das heißt, junge angehende Chirurginnen, die schwanger werden, müssen mit Unterbrechungen in ihrer operativen fachärztlichen Weiterbildung rechnen.
Flexible Arbeitszeiten, die den Beruf mit der Familie vereinbaren, sind nicht nur für Chirurginnen, sondern auch für ihre männlichen Kollegen ein großes Thema. Inwieweit sind die Arbeitgeber schon darauf eingestellt und was müsste sich da noch tun?
Fritze-Büttner: Das Thema betrifft im Grunde alle Fachrichtungen. Ich bin überzeugt davon, dass es ein Umdenken bei den Chefärzten und Geschäftsführungen der Kliniken geben wird. Einfach, weil sich die jungen und ÄrztInnen den Arbeitsplatz künftig aussuchen können. Und da spielen die Themen Teilzeit, Überstundenerfassung und -ausgleich, Elternzeit – für Mütter und Väter –, Kinderbetreuung und flexible Arbeitszeiten, angepasst an die Organisationsstrukturen der Abteilung, eine ganz große Rolle. Auch über Jobsharing sollten wir uns zunehmend Gedanken machen. Warum sollen sich nicht zwei KollegenInnen eine Stelle teilen?
Autor des Artikels
Ingrid Mühlnikel
Presse- & ÖffentlichkeitsarbeitBerufsverband der Deutschen Chirurgen e.V.Luisenstraße 58/5910117Berlin kontaktieren
Der BDC hat sich im Jahr 2023 wieder mit insgesamt vier sehr gut besuchten berufspolitischen Sitzungen am Bundeskongress Chirurgie (10./11.02.2023) in Nürnberg beteiligt. Hier folgt ein kleiner Bericht über die BDC-Sitzungen auf dem Kongress.
Zum Berufspolitischen Nachmittag hatte der Berufsverband Niedergelassener Chirurgen e.V. (BNC) am ersten Tag des Bundeskongresses Chirurgie (BCH) eingeladen, der am 10. und 11. Februar 2023 in Nürnberg stattgefunden hat. Der stellvertretende Vorsitzende des BNC, Dr. med. Frank Sinning, hielt die Einstiegsrede und führte kompetent und charmant durch die Veranstaltung.
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Informationsmanagement in chirurgischen Abteilungen
Die moderne Medizin erfordert die Zusammenarbeit zahlreicher Berufsgruppen, zwischen denen ein ungehinderter Fluss von validen und klaren Informationen für die Patientensicherheit sowie für Erfolg und Qualtität der Behandlung unabdingbar ist. So ist es nicht überraschend, dass Analysen der Arbeitsprozesse in deutschen Krankenhäusern und Arztpraxen zeigen, dass viele Ärzte und Ärztinnen einen immer größer werdenden Anteil ihrer Arbeitszeit der Organisation, Administration und Dokumentation widmen müssen.
Deshalb haben wir das Thema “Informationsmanagement in chirurgischen Abteilungen” zum Schwerpunkt dieser zehnten Ausgabe gemacht und zeigen Best-Practice-Beispiele und neue Ansätze, um den Herausforderungen in Zukunft gerecht zu werden.
In den Artikeln zum Titelthema geben unsere Autoren einen Einblick in die Informationsstrukturen und den Informationsfluss an verschiedensten Schnittstellen im Krankenhaus. Sie können außerdem einen Eindruck gewinnen, inwieweit ein IT-gestütztes Informationsmanagement zur Entlastung der Ärzte im Umgang mit der Informationsflut beiträgt.
Das traditionsreiche Feld der Proktologie bildet den Themenschwerpunkt dieser Ausgabe der “Passion Chirurgie”. Im Angesicht einer Vielzahl von konkurrierenden Methoden in Diagnostik und Therapie, deren Effektivität oft von der Erfahrung des einzelnen Arztes und der Mitartbeit der Patienten abhängt, ist es besonders wichtig, diese Verfahren durch Studien zu erarbeiten und zu sichern, die den höchsten Standards der evidenzbasierten Medizin entsprechen.
Ein essenzieller Teil und Grundlage dieses Unternehmens sind die Erkenntisse aus der Arbeit der praktizierenden Ärtze im Feld der Proktologie.
In drei ausführlichen Artikeln zum Titelthema geben wir Ihnen daher anhand von Krankheitsbildern wie Hämorrhoidalleiden, perianalen Fisteln und Analekzemen einen anschaulichen Einblick in die Arbeit anerkannter Spezialisten.
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Im Mittelpunkt der Ausgabe 08/2011 der Passion Chirurgie steht die Handchirurgie. Wir stellen Ihnen in zwei ausführlichen Artikeln dieses relativ junge, ausdrücklich interdisziplinär angelegte Fachgebiet vor.
Die detaillierten Analysen zur Therapie von Infektionen und Brandverletzungen der Hand geben einen Einblick in die enge Zusammenarbeit von Ärzten aus Fachgebieten wie der Chirurgie, der Unfallchirurgie, der Orthopädie, der Kinderchirurgie und der plastischen Chirurgie. Sie zeigen auch die Komplexität der aufwändigen, oft schweren und belastenden Arbeit im Bereich der rekonstruktiven Chirurgie.
Auch die Fortbildung steht mit dem CME-zertifiziertem Kurs “Möglichkeiten der Nervenrekonstruktion” in dieser Ausgabe im Zeichen der plastischen Chirurgie und Handchirurgie.
Diverse Umfragen in den vergangenen Jahren haben gezeigt, dass das Gebiet Chirurgie für viele Medizinstudenten am Anfang ihres Studiums einen großen Reiz ausstrahlt. Dieser verblasst während des Studiums kontinuierlich und erreicht nach dem praktischen Jahr seinen Tiefpunkt. Deshalb müssen wir im PJ ansetzen, wenn wir unser Fachgebiet in den Augen unseres Nachwuchses wieder attraktiv gestalten wollen.
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