Zurück zur Übersicht

Ergebnisse der Blitzumfrage des Landesverbandes Berlin im BDC

Die Weiterbildung ist eine der zentralen Herausforderungen in der Chirurgie. Drei wesentliche Gründe spielen in der heutigen Zeit dabei eine besondere Rolle:

  1. Die politisch gewollte Zentralisierung führt neben der weiteren Einführung von Mindestmengen unweigerlich zu einer stets wachsenden Spezialisierung innerhalb der Chirurgie. Dadurch kann heute keine Klinik in Deutschland mehr eine chirurgische Weiterbildung vollumfänglich abbilden.
  2. Die weiterhin angestrebte „Ambulantisierung“ führt zu einer zunehmenden Verschiebung ganzer Teilbereiche der Chirurgie in den ambulanten Sektor, wie beispielsweise die Proktologie, die Venenchirurgie und die Hernienchirurgie. Dort findet die chirurgische Weiterbildung allerdings bisher nur in Ausnahmefällen statt. Gerade diese Fachbereiche gehören jedoch zu den häufigsten chirurgischen Erkrankungen, sind wesentlicher Bestandteil des chirurgischen Alltags und sollten obligater Bestandteil der Weiterbildung für die jungen Chirurg:innen der jeweiligen Schwerpunkte sein.
  3. Die Ökonomisierung im Gesundheitswesen stellt eine dritte wesentliche Herausforderung für die Weiterbildung dar. Der daraus resultierende Zeitdruck erlaubt kaum eine strukturierte Weiterbildung.

Wohin geht die Reise und wie sichern wir den dringend notwendigen chirurgischen Nachwuchs?

Der BDC hat mit der BDC-Akademie strukturierte, weit akzeptierte chirurgische Weiterbildungsangebote entwickelt und bemüht sich diese auch kontinuierlich an neue Entwicklungen und Formate anzupassen. Mit Unterstützung des BDC führte der Landesverband Berlin vor diesem Hintergrund über das Modul Survey Monkey eine anonymisierte Umfrage mit insgesamt 16 Fragen zum Thema Weiterbildung durch. Alle rund 800 Mitglieder des BDC|Landesverbandes Berlin wurden im Januar und Februar 2024 per Mail eingeladen, diese Fragen zu beantworten. Wir erhielten von insgesamt 311 Mitgliedern eine Antwort. Diese möchten wir Ihnen in diesem Artikel auszugweise vorstellen. Die Ergebnisse wurden darüber hinaus auch im Rahmen der 8. Gemeinsamen Frühjahrstagung der ANC und BDC Berlin und Brandenburg am 25. Mai 2024 in Potsdam von Dr. Marie Samland vorgestellt.

Wir erhielten Antworten aus allen chirurgischen Berufsgruppen, somit darf diese Umfrage durchaus als repräsentativ gelten. Fast 70 % der Umfrageteilnehmenden haben dabei bisher keine Weiterbildungsermächtigung.

Besonders interessant waren bei der Umfrage folgende Ergebnisse:

Aktuell liegt die Hoheit bezüglich der Weiterbildungsinhalte mit entsprechendem Kompetenzerwerb bei den Landesärztekammern. Offenbar wünschen die Befragten eine verstärkte Einflussnahme der Fachgesellschaften und des BDC.

Abb. 1: Antworten aus den chirurgischen Berufsgruppen

Abb. 2: Wer sollte zukünftig die inhaltliche Hoheit der chirurgischen Weiterbildung innehaben? (Anteil in %)

Abb. 3: Sollte die Weiterbildung im Verbund stattfinden? (Anteil in %)

Abb. 4: Sollte eine obligatorische chirurgische Weiterbildung in einer chirurgischen Praxis stattfinden? (Anteil in %)

Abb. 5: Wer sollte die finanzielle Verantwortung für die chirurgische Weiterbildung innehaben? (Anteil in %)

Abb. 6: Sollten Weiterbildungsermächtigungen für Chirurgie grundsätzlich befristet werden?

Abb. 7: Welche Rolle spielen Ihrer Ansicht nach Online-Module für die zukünftige chirurgische Weiterbildung? (Anteil in %)

Demnach ist die Weiterbildung im Verbund zwischen stationären und ambulanten Einrichtungen dringend erwünscht.

Hier gilt es somit zukünftig flexible Rahmenbedingungen zu schaffen, damit diese Kooperationen insbesondere auch mit chirurgischen Praxen möglich werden.

Bisher ist diese Weiterbildung fakultativ zwar auch in chirurgischen Praxen möglich, wird jedoch aufgrund der fehlenden finanziellen Unterstützung insbesondere im Land Berlin bisher nicht oder nur in Ausnahmefällen genutzt. Fast die Hälfte spricht sich dafür aus, dass zukünftig diese fakultative Weiterbildung in eine obligatorische Weiterbildung umgewandelt wird. Dabei muss aber berücksichtigt werden, dass die Einführung von obligatorischen Weiterbildungsanteilen in chirurgischen Praxen eine neue und zusätzliche Hürde für den Nachwuchs bedeuten könnte, wenn nicht genügend Kolleg:innen mit einer Weiterbildungsbefugnis und damit Weiterbildungsstellen in den Praxen zur Verfügung stehen würden.

Grundsätzlich ist die Refinanzierung der zusätzlichen Kosten für die ärztliche Weiterbildung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die entweder über die Krankenkassen oder aus Steuermitteln erfolgen muss.

Eine knappe Mehrheit spricht sich somit gegen die bisher geltende unbefristete chirurgische Weiterbildungsermächtigung aus. Hier ist die Ärztekammer Berlin gefragt, dies noch einmal zu evaluieren und gegebenenfalls auch zukünftig zu ändern.

Ein ziemlich eindeutiges Votum gab es bezüglich der folgenden Fragen:

79,8 % der Umfrageteilnehmenden wünschen sich zukünftig eine Evaluation sowohl der Weiterbildung als Ganzes als auch der Weiterbildenden.

83,3 % der Umfrageteilnehmenden wünschen darüber hinaus eine finanzielle Förderung der Weiterbildungsstätten.

Die derzeit bestehenden Online Module des BDC werden jedoch leider bisher zu wenig genutzt. Mehr als die Hälfte der Umfrageteilnehmenden nutzt diese bisher noch gar nicht (52,7 %). Der BDC wird diese daher vermehrt kommunizieren und bewerben.

Zusammenfassung

Die Weiterbildung sollte zukünftig auf breitere Sockel gestellt werden. Verbundweiterbildungen sowohl mit kooperierenden Krankenhäusern als auch mit chirurgischen Praxen sind aller Voraussicht nach die Zukunft, weil dadurch alle Teilbereiche der Chirurgie inhaltlich besser abgedeckt werden können. Eine finanzielle Förderung der Weiterbildungsstätten im Rahmen der chirurgischen Weiterbildung ist notwendig, damit der zusätzliche zeitliche Aufwand in Zeiten der zunehmenden Ökonomisierung und Ambulantisierung im Gesundheitssektor kompensiert werden kann. Eine Evaluation der Weiterbildung ist dabei genauso notwendig wie die der Weiterbildenden.

Lorenz R, Samland M, Paul-Promchan K, Mann K, von Seebach M, Peters G: Wo liegt die Zukunft der Chirurgischen Weiterbildung? Passion Chirurgie. 2024 September; 14(09/III): Artikel 04_02.

Autor des Artikels

Profilbild von Lorenz

Dr. med. Ralph Lorenz

1. Vorsitzender des BDC LV|BerlinHavelklinik Berlin3+CHIRURGENKlosterstr. 34/3513581Berlin kontaktieren

Weitere Artikel zum Thema

PASSION CHIRURGIE

Passion Chirurgie: Notfallversorgung

„Notfallversorgung“ ist das Thema der Septemberausgabe, die Sie in den

Passion Chirurgie

Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!

Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.