01.03.2020 Politik
Wissenschaft und Berufspolitik – zwei Seiten einer Medaille
Der medizinische Fortschritt vollzieht sich seit Jahren in atemberaubendem Tempo – für Mediziner wie für Patienten gleichermaßen. Den jeweils neuesten Stand der Wissenschaft im Blick zu behalten ist in der Medizin seit jeher Verpflichtung und Herausforderung. Die Chirurgen haben sich deswegen bereits vor 148 Jahren in der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie zusammengeschlossen: Sie ist damit eine der ältesten medizinischen Fachgesellschaften. Zweck der Gesellschaft ist laut Satzung „die Förderung der wissenschaftlichen und praktischen Belange der Chirurgie“. Neben dem Fortschritt in Forschung und Klinik und dessen kritischer Evaluation und Umsetzung in eine flächendeckende Versorgung zählt dazu auch die Auseinandersetzung mit den politischen, ökonomischen und sozialen Rahmenbedingungen unseres Faches.
Und es sind gerade auch die beruflichen Bedingungen der Chirurgen, die sich ebenfalls stark verändert haben und verändern werden. Das „Diktat“ der Ökonomie oder besser gesagt der Kommerzialisierung, Interventionen der Politik, und ja, auch sich verändernde gesellschaftliche Wertvorstellungen – Stichwort Work-Life-Balance – berühren die chirurgische Praxis in der Klinik und Forschung mittlerweile in all ihren Facetten. Deswegen war die Gründung des Berufsverbands der Deutschen Chirurgen vor 60 Jahren für unseren Berufsstand ein weitsichtiger, vorausschauender Akt. Die Namen von Hans Killian und Wolfgang Müller-Osten, den Gründungsvätern des BDC, werden für immer mit dieser Leistung verbunden bleiben. Wie bei vielen großen Ideen: Was anfangs bescheiden begann, entwickelte sich über die Jahrzehnte zu einer äußerst erfolgreichen Unternehmung. Fanden sich 1960 gerade einmal sechs Gründungsmitglieder zusammen, ist der BDC heute auf mehr als 17.500 Mitglieder angewachsen – und damit eine der größten chirurgischen Vereinigungen Europas.
Für Außenstehende ist die Aufteilung von Fachgesellschaft und Berufsverband auf den ersten Blick nicht ganz einfach: auf der einen Seite die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) mit ihren zehn assoziierten Fachgesellschaften und auf der anderen Seite der Berufsverband der Deutschen Chirurgen (BDC). Hier die Forschung, dort die berufliche Interessenvertretung. Und es war in den vergangenen 60 Jahren auch den Chirurgen nicht immer ganz deutlich: DGCH und BDC mussten in den Jahrzehnten ihre Rolle und ihre Identität finden. Heute, so mein Fazit, ist die Rollen- und Aufgabenverteilung gut gelungen; nicht zuletzt ein Verdienst des jetzigen Präsidenten des Berufsverbandes Hans-Joachim Meyer, der gleichzeitig Generalsekretär der DGCH ist.
Die DGCH ist für ihre Mitglieder in der wissenschaftlichen Fortbildung aktiv und arbeitet intensiv in der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften an der Erarbeitung von Leitlinien mit. Der wissenschaftliche Auftrag der Gründungsväter wird jeweils im Frühjahr durch den Deutschen Chirurgen Kongress (DCK) und im Herbst durch die Chirurgischen Forschungstage erfüllt. Der BDC hat seine Bestimmung in der klinischen Fortbildung und der engagierten Unterstützung seiner Mitglieder durch Serviceleistungen wie beispielsweise der Rechtsberatung und verschiedener Kommunikationsleistungen wie dem Aufbau einer Pressestelle gefunden. All dies hat u. a. auch einen festen Platz beim DCK 2020.
Viel wichtiger aber noch: Beide Organisationen arbeiten bei gesundheitspolitischen Stellungnahmen eng zusammen und die wissenschaftliche und die berufspolitische Interessenvertretung der Chirurgen sprechen mit einer Stimme gegenüber der Politik, der Selbstverwaltung und ihren Mitgliedern. Nur so wird die Stimme der Chirurgen gehört! Dem BDC wünsche ich zu seinem 60-jährigen Jubiläum weiter eine gute Hand für die anstehenden berufspolitischen Herausforderungen des Gesundheitssystems.
Diesen Beitrag haben wir für die BDC-Jubiläumsausgabe angefragt und freuen uns sehr, dass Herr Professor Schmitz-Rixen als Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie die Zeit gefunden hat, eine Würdigung zu schreiben.
Schmitz-Rixen T: Wissenschaft und Berufspolitik – zwei Seiten einer Medaille. Passion Chirurgie. 2020 März, 10(03): Artikel 03_07.
Autor des Artikels
Univ.-Prof. Dr. med. Thomas Schmitz-Rixen
GeneralsekretärDeutsche Gesellschaft für Chirurgie e.V. (DGCH)Luisenstraße 58/5910117Berlin kontaktierenWeitere Artikel zum Thema
01.06.2021 Politik
Deutscher Ärztetag 2021
GESUNDHEITSVERSORGUNG ZUKUNFTS- UND KRISENFEST MACHEN Mit großer Mehrheit beschlossen die Delegierten des 124. Deutschen Ärztetages am 4. und 5. Mai 2021 den Leitantrag der Bundesärztekammer zu den Lehren aus der Corona-Pandemie. Demnach sollten Bund und Länder nun aus den identifizierten Schwachstellen des Gesundheitswesens die Konsequenzen ziehen und die Gesundheitsversorgung zukunfts- und krisensicherer aufstellen. Dazu gehören auch folgende Maßnahmen:
31.05.2021 Aus- & Weiterbildung
BDC-Praxistest: Personaluntergrenzen für Ärzte und Ärztinnen aus juristischer Sicht
Die Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PpUGV) ist mit der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt am 10.02.2018 in Kraft getreten. Diese Verordnung regelt die Festlegung von Pflegepersonaluntergrenzen in pflegesensitiven Bereichen in Krankenhäusern. Kurz nach Inkrafttreten dieser Verordnung wurden bereits Stimmen laut, die auch eine Personaluntergrenze für Ärzte fordern. Der Marburger Bund hat dabei kritisiert, dass eine Unterscheidung zwischen nicht ärztlichem und ärztlichem Personal wenig sinnvoll sei. Denn auch im ärztlichen Dienst sei die Stellenbesetzung heute oft unzureichend.
05.05.2021 Aus- & Weiterbildung
Deutscher Ärztetag: Studierende weiterhin für zügige Reform des Medizinstudiums
Die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland hat die Politik anlässlich des 124. Deutschen Ärztetages erneut aufgefordert, endlich das Medizinstudium zu reformieren.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.