11.12.2017 Politik
„Weg mit Dauerzwangsrabatt der Ärzte an Krankenkassen“
„Weg mit der Budgetierung! Die war schon immer falsch. Sie ist es erst recht unter den sich ändernden Bedingungen einer immer mehr zunehmenden Ambulantisierung der Medizin“, erklärte Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) bei der Vertreterversammlung heute in Berlin. Er machte eine Rechnung mit eindeutigem Ergebnis auf: „Ausgehend vom Leistungsbedarf des Jahres 2016 würde die Ausbudgetierung der fachärztlichen Grundleistungen rund 350 Millionen Euro kosten. Das sind Peanuts im Vergleich zum Finanzpolster von 19 Milliarden Euro, auf dem die Krankenkassen derzeit ruhen.“
Er kritisierte, dass die Politik die Kliniken längst aufgegeben hat. „Es traut sich nur keiner, das zu sagen“, so Gassen. „Unter solchen Umständen müssen wir die Weichen stellen, dass der ambulante Sektor fit gemacht wird. Unsere Ideen für eine Umwandlung von stationären in teilstationäre Strukturen oder in ambulante Versorgungsangebote finden mittlerweile immer mehr Gehör. Und dieser fitgemachte ambulante Sektor ist ein klares Angebot an unsere Kolleginnen und Kollegen in den Kliniken. Denn die wollen wir unbedingt mitnehmen“, führte Gassen aus.
Zugleich wunderte sich der KBV-Chef, dass einige in der Politik „bei der Frage, ob es eine Große Koalition gibt, eine Bürgerversicherung als Bedingung dafür formuliert haben“. Sie liefere keine einzige Antwort auf die für das Gesundheitswesen wirklich wichtigen Fragen. „Finger weg von Experimenten wie der Bürgerversicherung oder einer einheitlichen Gebührenordnung“, warnte er. Und weiter: „Das Problem sind nicht verschiedene Versicherungsarten, das Problem ist ein Dauerzwangsrabatt der Ärzte an die Krankenkassen.“ Die von manchen Experten beschriebene Zwei-Klassen-Medizin bestehe eigentlich nur bei den Ärzten. „Ein Euro angefordertes Honorar in der PKV ist ein Euro auf dem Konto, ein Euro angefordertes Honorar in der GKV bedeutet ungefähr 80 bis 90 Cent, abhängig nach Region und Versorgungsbereich“, rechnete Gassen vor.
Zuversichtlich fiel sein Blick ins nächste Jahr aus. „Mit unserem Konzept KBV 2020 haben wir einen großen inhaltlichen Bogen geschlagen. Wir sind gemeinsam mit den Kassenärztlichen Vereinigungen als Gesamtsystem wieder sprachfähig geworden. Diese Qualität müssen wir uns erhalten, um dem ungezügelten Leistungsversprechen der Politik etwas Realitätssinn entgegenzusetzen. Wir sind stark genug, um viele Dinge selbst in die Hand zu nehmen.“
Quelle: Kassenärztliche Bundesvereinigung, Herbert-Lewin-Platz 2, 10623 Berlin, www.kbv.de
Weitere Artikel zum Thema
17.04.2018 Krankenhaus
Arztassistenten: Die Rolle des Physician Assistant im Krankenhaus
In den vergangenen Jahren müssen sich Ärzte im Krankenhaus neben der Patientenbetreuung zunehmend auch um administrative und bürokratische Tätigkeiten kümmern. Diese verschlingen häufig mehrere Stunden pro Tag – Kapazitäten, die in der Patientenversorgen fehlen.
13.04.2018 Politik
KBV fordert schrittweise Entbudgetierung ärztlicher Leistungen
Einem unbegrenzten Bedarf der Patienten an ärztlichen Leistungen kann aus Sicht der KBV keine budgetierte Vergütung der Ärzte gegenüber stehen. Vor allem, wenn die Politik gleichzeitig mehr Arbeitszeit fordert. Das machte der Vorstand der KBV vor Journalisten deutlich und präsentierte ein Konzept für einen schrittweisen Ausstieg aus dem Budget.
11.04.2018 Aus- & Weiterbildung
Rentenwelle und Nachwuchsprobleme: Bald gehen uns die Chirurgen aus
Bis 2020 erreichen etwa 11 000 Chirurginnen und Chirurgen das Rentenalter, das betrifft etwa die Hälfte aller niedergelassenen und fast jeden dritten stationär tätigen Chirurgen. Eine Analyse des Wirtschaftsprüfers PricewaterhouseCoopers zeigt, dass 2030 fast jeder vierte chirurgische Arbeitsplatz unbesetzt sein wird – bei stetig steigenden Operationszahlen in Deutschland und fehlendem Nachwuchs.
10.04.2018 Krankenhaus
Chirurgen und Pflegerat fordern steuerfinanziertes Sofortprogramm für Pflege
Immer häufiger müssen Operationssäle leer stehen und Intensivbetten gesperrt werden, weil in den Kliniken das Fachpersonal fehlt. Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) und der Deutsche Pflegerat e.V. (DPR) fordern daher in einer gemeinsamen Stellungnahme ein steuerfinanziertes Sofortprogramm zur Schaffung von 50.000 Planstellen für Pflegepersonal, eine bessere Vergütung und eine Umsetzung von Personalschlüsseln, die Schweregrade bei der Versorgung flexibel berücksichtigen. Über die aktuelle Situation und den notwendigen Änderungsbedarf informieren Experten auf einer Pressekonferenz anlässlich des 135. Chirurgenkongresses in Berlin.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.