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Kostenfreier Livestream mit Livechat: Update zu Covid-19

Liebe Mitglieder, liebe Kollegen,

wir dürfen Sie über die kommenden Sendungen des Covid-19 Update, bei dem der Berufsverband der Deutschen Chirurgen e.V. (BDC) Kooperationspartner ist, informieren und Sie herzlich zum Livestream mit Livechat einladen:

21. Juli 18:00 bis 19:00 Uhr mit den Fokusthemen News — Kardiologie/Angiologie/Nephrologie — Adipositas/Diabetes
Hier gelangen Sie direkt zum Beitrag.

Im Nachgang stehen die Sendungen als Video-on-Demand jederzeit auf der Plattform zur Verfügung.

Die Sendung ist kostenfrei für Ärzte und Ärztinnen!

  • Kolleginnen und Kollegen aus Deutschland: Bitte registrieren Sie sich als Arzt oder Angehöriger der Fachkreise auf der Online-Plattform streamed-up.com mit ihrer EFN-Nummer oder einem gleichwertigen Nachweis.
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Gemeinschaftspraxis oder MVZ für niedergelassene Chirurgen?

Der Trend zum Zusammenschluss niedergelassener Ärzte in Gemeinschaften ist ungebrochen. Für die gemeinsame Berufsausübung gab es vor 2004 lediglich die Möglichkeit, eine Gemeinschaftspraxis zu gründen. Durch vielfältige gesetzliche Änderungen hat sich das Portfolio der ärztlichen Kooperationen deutlich erweitert. Dazu zählen neben den klassischen Konstrukten der (fachübergreifenden) Gemeinschaftspraxis/Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) und der Praxisgemeinschaft auch die medizinischen Versorgungszentren (MVZ).

Praxis-Gemeinschaft

Die einfachste Form der Zusammenarbeit ist die Praxis-Gemeinschaft, bei der die Räume, Geräte und das Personal gemeinsam genutzt werden, die ärztliche Berufsausübung und die KV-Abrechnung aber strikt getrennt erfolgen. Eine solche Zusammenarbeit bietet Chancen für eine optimierte Ressourcennutzung, beinhaltet aber auch stets ein Risiko der Plausibilitätsprüfung bei mehr als 20 Prozent (bzw. 30 Prozent bei fachübergreifenden Gemeinschaften) gemeinsamen Patienten. Seit der dementsprechenden mehrfachen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) (Az.: B 6 KA 2/14) hat die Attraktivität dieser Kooperationsform erheblich nachgelassen.

„Gemeinschaftspraxis“/Berufs­ausübungsgemeinschaft (BAG)

Bis zur Einführung der MVZ im Jahr 2004 war dies die klassische Gestaltung einer ärztlichen Kooperationsgemeinschaft. Im Gegensatz zur Praxis-Gemeinschaft wird hier die ärztliche Tätigkeit gemeinsam ausgeübt und ein gemeinsamer Betrieb geführt, meist in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder einer Partnerschaftsgesellschaft. Jeder Partner der Gesellschaft ist an unternehmerischen Entscheidungen sowie am Wert und am Gewinn beteiligt, haftet aber letztlich auch mit seinem Privatvermögen für die Verbindlichkeiten. Einzelheiten zu den Gestaltungsmöglichkeiten einer BAG finden sich in der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte [1, § 33]. Der Begriff „Gemeinschaftspraxis“ findet sich dort nicht mehr.

So angenehm diese kollegiale Zusammenarbeit in der BAG sich darstellt, so belastend und ärgerlich kann es werden, wenn einzelne Partner aus der Gesellschaft ausscheiden oder sich diese gar ganz auflöst. Ein ausgefeilter Gesellschaftsvertrag sollte daher die Grundlage der Kooperation sein und möglichst alle Eventualitäten umfassend regeln.

Für Chirurgen ist eine gemeinschaftliche ­Praxis-Tätigkeit besonders attraktiv, weil diese im Rahmen der gegenseitigen Vertretung die Möglichkeit erleichtert, z. B. als Belegarzt, als Kooperationsarzt oder als Teilzeit-Angestellter in einem Krankenhaus zu arbeiten. Dabei ist allerdings die aus der Rechtsprechung entwickelte Begrenzung einer anderweitigen Tätigkeit zu beachten.

Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ)

Diese Form der ärztlichen Kooperation wurde ab 2004 mit dem GKV-Modernisierungsgesetz im SGB V im § 95 verankert. Hintergrund war zum einen die Absicht des Gesetzgebers, damit die ärztliche Versorgung in ländlichen Gebieten zu fördern und zum anderen, den ehemaligen Polikliniken der DDR eine rechtliche Grundlage zum weiteren Betrieb zu schaffen. Der wesentliche Unterschied zur BAG ist, dass ein MVZ außer als Partnerschaftsgesellschaft bzw. GbR auch als Genossenschaft oder als GmbH betrieben werden kann. Seit der Einführung der MVZ hat es hierzu zahlreiche Anpassungen und Änderungen gegeben, die teilweise auf Missbrauch oder unerwünschte Effekte zurückzuführen waren. Zum Gründerkreis gehören insbesondere Vertragsärzte und Krankenhäuser. Neuerdings ist auch die Gründung durch Kommunen in öffentlich-rechtlicher Rechtsform möglich.

Wesentlichster Unterschied zwischen BAG und MVZ ist also die Rechtsform bzw. die Frage nach dem Inhaber der Vertragsarztzulassung. Während bei der BAG grundsätzlich jeder Partner über eine eigene, personengebundene Zulassung verfügt und sich damit die Genehmigung der Gemeinschaft aus der Summe dieser Einzelzulassungen speist, ist beim MVZ die MVZ-Trägergesellschaft unmittelbar selbst Inhaberin der Zulassung. Man spricht in diesen Fällen von einer institutionellen Zulassung.

Die Besonderheit der MVZ liegt somit darin, dass sie formal als juristische Person an der Versorgung der GKV-Versicherten teilnehmen. Dadurch entstehen häufig Strukturen, bei denen die Ebene der ärztlichen Leistungserbringung von der Ebene der Verwaltung bzw. der Träger getrennt ist, während in Gemeinschaftspraxen eine Personenidentität zwischen ärztlichen Partnern und Gesellschaftern per Definition vorgegeben ist.

Zulassungsbeschränkungen nach der Bedarfsplanung gelten allerdings für Vertragsärzte wie MVZ gleichermaßen. Die statistischen Trends aus den letzten Jahren werden im Kasten „Haben Sie gewusst…“ dargestellt. Die Abbildung 1 demonstriert den Trend zum MVZ in den letzten Jahren.

Abb. 1: Zunahme der Anzahl der MVZ von 2008 bis 2018. (Quelle: KBV, Bundesarztregister)

Motivation für MVZ- Gründungen aus der Sicht der Krankenhäuser

Für Krankenhäuser eröffnet die Gründung eines MVZ einen umfassenden Zugang zum ambulanten vertragsärztlichen Versorgungsbereich. Dieser ist ansonsten nur über die zeitlich und vom Umfang her begrenzten, bedarfsabhängigen Ermächtigungen von leitenden Ärzten zugänglich. Die Zulassungsausschüsse (ZA) handhaben in vielen Regionen die Gewährung von Ermächtigungen äußerst restriktiv. Dies wird häufig zu Recht kritisiert, denn der Zugang zur fachlichen Expertise von Spezialisten in den Kliniken ist auch für die Versorgung von ambulanten chirurgischen Patienten wertvoll. Nach Auffassung des Autors sind Ermächtigungen daher grundsätzlich sachgerecht, solange sie auf Überweisungen durch fachgleiche niedergelassene Vertragsärzte eingeschränkt und von den ermächtigten Krankenhausärzten auch persönlich ausgeübt werden. Eine Prüfung des Versorgungsbedarfs ist bei persönlichen Ermächtigungen allerdings gesetzlich vorgegeben.

Sollen die Beschränkungen der Ermächtigungen vermieden werden bietet sich für die Krankenhäuser die Gründung eines MVZ an. Im MVZ müssen mindestens zwei Ärzte im Umfang mindestens eines Vertragsarztsitzes tätig werden. Dazu ist i. d. R. der Aufkauf mindestens einer vertragsärztlichen Praxis (mit Zulassung/Vertragsarztsitz) erforderlich. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die MVZ-Gründung wurden in den letzten Jahren immer weiter abgesenkt. Entsprechend der ursprünglichen Idee einer umfassenden medizinischen Versorgung (entsprechend den Polikliniken in der ehemaligen DDR) war es bis Juli 2015 erforderlich, dass in einem MVZ mindestens zwei Fachgruppen vertreten sind. Diese Voraussetzung besteht nunmehr seit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) nicht mehr.

Über die Motivation der Krankenhausverwaltungen hinaus ist durchaus auch der Wunsch der leitenden Krankenhauschirurgen nachvollziehbar, einzelne Patienten im gesamten Verlauf der Erkrankung, also auch im Rahmen der Diagnostik, vor allem aber im postoperativen Verlauf zu betreuen.

Motivation für die Tätigkeit in einem MVZ aus der Sicht der niedergelassenen Chirurgen

Für niedergelassene Chirurgen ist es teilweise sogar in attraktiven großstädtischen Lagen schwierig, Nachfolger für ihre Praxen zu finden. Dies liegt zum einen an den abweichenden Lebensmodellen der potenziellen Nachfolger, zum anderen aber häufig daran, dass ambulante Operationszentren betrieben werden, so dass der Kapitaleinsatz für eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger abschreckend hoch wäre. Hier wählen nicht wenige chirurgische Kollegen den Weg eines Verzichts auf die eigene Zulassung zu Gunsten einer Anstellung in einem MVZ. War dies früher ein gerne gewählter strategischer Schachzug, so hat das Bundessozialgericht dieses Vorgehen mit einem Urteil vom Mai 2016 (Az.: B 6 KA 21/15 R) eingeschränkt. Dort wurde festgelegt, dass die Nachbesetzung einer Arztstelle erst dann möglich ist, wenn bei dem verzichtenden Arzt die Absicht besteht, zumindest drei Jahre lang als Angestellter tätig zu sein. Trotz dieser Einschränkung stellt dies für Chirurgen eine Möglichkeit dar, gleitend aus dem Berufsleben auszuscheiden und noch einen auskömmlichen Beitrag zur Alterssicherung aus dem Verkauf der Praxis und des Patientenstamms zu erzielen.

Dieser Artikel soll im Folgenden die Frage beleuchten, welche Argumente es für die wachsende Anzahl von chirurgischen Gemeinschaften gibt, entweder weiterhin als Gemeinschaftspraxis oder als MVZ zu firmieren. Die Perspektive der angestellten Ärzte steht nicht im Fokus dieses Beitrags und soll in einem späteren Artikel in der Passion Chirurgie betrachtet werden.

Anteil angestellter Ärzte in chirurgischen Praxen = 37,40%

Status

Gesamt nach Personen 2017

Gesamt nach Personen 2018

Vertragsärzte

3.068

2.858

Partnerärzte (Job-Sharing)

23

26

Angestellte Ärzte in Einrichtungen

1.084

1.365

Angestellte Ärzte in in freier Praxis

334

359

Chirurgen gesamt

4.509

4.608

Abb. 2: Steigender Anteil von angestellten Ärzten in der chirurgischen Niederlassung (Quelle: KBV, Bundesarztregister)

Haben Sie gewusst, dass…

… nach Angaben der Bundesärztekammer (2018) rund 28.700 ChirurgInnen bundesweit tätig sind, davon ca. 4.700 vertragsärztlich (ohne Ermächtigte)?

… mehr als ein Drittel dieser rund 4.700 vertragsärztlich tätigen ChirurgInnen im Angestelltenverhältnis tätig sind?

… 2010 noch ca. 1.800 ChirurgInnen in Einzelpraxen tätig waren und die Anzahl bis 2018 auf unter 1.500 gefallen ist?

… die Anzahl ChirurgInnen in Berufsausübungsgemeinschaften (BAG, „alte“ Gemeinschaftspraxis) dabei in den letzten 10 Jahren nahezu konstant geblieben ist und leicht über 1.600 liegt?

… sich gleichzeitig die Anzahl der im MVZ tätigen Chirurgen von gut 600 auf rund 1.400 mehr als verdoppelt hat? Dies entspricht dem allgemeinen Trend über alle Fachgruppen hinweg.

… die niedergelassenen ChirurgInnen sich damit aktuell sehr gleichmäßig auf Einzelpraxen, BAG und MVZ verteilen?

… mit Abstand die meisten Chirurgen im MVZ in Bayern tätig sind?

… innerhalb aller ärztlichen Fachgruppen die Chirurgen und Orthopäden zusammen die drittgrößte Gruppe angestellter Ärzte, nach den Internisten und Allgemeinärzten, stellen?

… knapp sich die Hälfte aller MVZ sich in Trägerschaft von Krankenhäusern befindet?

Quellen: Statistische Informationen aus dem Bundesarztregister, KBV (2018) und Ärztestatistik der Bundesärztekammer (2018)

Gemeinschaftspraxis oder MVZ – Vor- und Nachteile

Aus eigener Betroffenheit beschäftigt sich der Autor seit vielen Jahren mit der Frage, ob die bestehende BAG in ein MVZ umgewandelt werden sollte. Die stetig sich weiter entwickelnden gesetzlichen Bedingungen erfordern eine regelmäßige Überprüfung der Entscheidungsgrundlagen.

Anstellung von Ärzten

Der Anteil angestellter Ärztinnen und Ärzte nimmt kontinuierlich zu und beträgt bei den niedergelassenen Chirurgen schon mehr als ein Drittel (Abb. 2). Insbesondere junge Chirurginnen und Chirurgen suchen auch im vertragsärztlichen Bereich (zumindest vorübergehend) eine Anstellung. Für die Geschäftsführung der BAG bzw. des MVZ ist es wichtig, den Prozess der Anstellungs-Genehmigung bürokratiearm zu gestalten. Die Umwandlung einer vertragsärztlichen Zulassung in eine Anstellung muss beim ZA beantragt und von dort genehmigt werden.

Grundsätzlich können je Vollzulassung bis zu drei Ärzte (bei technischen Fächern vier Ärzte) angestellt werden. Je Teilzulassung können ein Arzt vollschichtig oder maximal zwei Ärzte teilschichtig angestellt werden. Diese Begrenzung gilt nur für einzelne Ärzte oder BAG, jedoch nicht für MVZ.

Die Anstellung von Ärztinnen und Ärzten ist jedoch sowohl in einer BAG als auch in einem MVZ nur im Rahmen der vorhandenen Vertragsarztsitze möglich. Dabei zählen alle Anstellungen bis zu zehn Stunden als Viertel-Sitz, bis 20 Stunden als ein halber, bis 30 Stunden als Drei-Viertel- und über 30 Stunden als voller Sitz in der Bedarfsplanung. Kleinere Stückelungen der Sitze sind nicht vorgesehen. Eine Niederlassung auf einem Drei-Viertel-Sitz ist nicht möglich, lediglich eine Anstellung.

Eine hohe Anzahl von angestellten Ärzten birgt die Gefahr der Gewerbesteuerpflicht. Als Freiberufler sind niedergelassene Ärzte grundsätzlich von der Gewerbesteuer befreit. Dies erfordert jedoch, dass der anstellende Arzt die Grundzüge für die Organisation der Praxis und die Durchführung der Tätigkeiten verbindlich festlegt und regelmäßig überwacht. Er muss aufgrund seiner Fachkenntnisse durch regelmäßige und eingehende Kontrollen auf die Behandlung jedes einzelnen Patienten Einfluss nehmen. So muss er an der praktischen Arbeit in ausreichendem Umfang persönlich teilnehmen. Hierin spiegelt sich das Verständnis der Rechtsprechung vom Berufsbild des Arztes wider, das durch den persönlichen, individuellen Dienst am Patienten geprägt ist. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass die persönliche Prägung der Tätigkeit nicht möglich ist, wenn mehr als drei Angestellte beschäftigt werden oder ein angestellter Arzt ausschließlich in einer Zweigpraxis (sofern dies überhaupt zulässig ist) tätig ist.

Der Vorteil des MVZ gegenüber der BAG relativiert sich somit, es sei denn, dass eine eventuelle Gewerbesteuerpflicht als nicht relevant beurteilt wird.

Nachbesetzung von Angestellten-Arztsitzen

Hier gibt es keinen Unterschied zwischen BAG und MVZ. Sämtliche Änderungen sind beim ZA zu beantragen und genehmigungspflichtig. Der ZA prüft dabei die persönlichen und fachlichen Voraussetzungen der Angestellten. Eine Ausschreibung ist nicht erforderlich, solange nur vorhandene Arztsitze mit anderen Ärzten nachbesetzt werden.

Leerbewerbung auf ausgeschriebene Vertragsarztsitze z. Zt. nicht zulässig

Grundsätzlich ist die Bewerbung auf einen ausgeschriebenen Sitz nur persönlich möglich. Bei Konkurrenzbewerbungen hatte der Gesetzgeber bislang im § 103 SGB V mit der Möglichkeit, die Ergänzung des besonderen Versorgungsangebots geltend zu machen, einen Vorteil für die MVZ bei der Auswahlentscheidung festgeschrieben. Nach dem TSVG gilt dies nunmehr auch für Vertragsärzte und BAG mit einem besonderen Versorgungsangebot entsprechend. Aktuell hat das BSG (Az.: B 6 KA 5/18 R) entschieden, dass sich MVZ und Vertragsärzte derzeit nicht auf einen ausgeschriebenen Sitz bewerben können, ohne dafür einen konkreten Bewerber zu benennen. Das BSG hat somit eine so genannte „Leerbewerbung“ abgelehnt. Es sei dem Zulassungsrecht und dem SGB V fremd, dass „leere Arztstellen“ vergeben werden können, so dass der Gesetzgeber hier zunächst die weitere Ausgestaltung nachbessern müsse, um diese Möglichkeit zu eröffnen.

Änderungen der Arbeitszeiten von angestellten Ärzten

Eine Änderung der wöchentlichen Stundenzahl eines angestellten Arztes muss dem ZA mitgeteilt werden. Sie ist genehmigungspflichtig, wenn dadurch bei einem angestellten Arzt eine Erhöhung des Anrechnungsfaktors in der Bedarfsplanung eintritt (z. B. von zehn (viertel Arztstelle) auf 20 Stunden (halbe Arztstelle). Eine Genehmigung ist möglich, wenn die Erhöhung mit einer entsprechenden Reduzierung der Arbeitszeit eines anderen angestellten Arztes einhergeht und damit bedarfsplanungsneutral erfolgt.

Tätigkeit an mehreren Standorten

Berufsrechtlich ist die Tätigkeit eines Vertragsarztes auf maximal 2 zusätzliche „Nebenbetriebsstätten“ neben dem Praxissitz, z. B. Zweigpraxen oder ausgelagerte Praxisräume, begrenzt. Eine solche Limitierung gibt es für MVZ nach der Rechtsprechung nicht. Allerdings darf jeder im MVZ tätige Arzt nur an jeweils maximal zwei anderen Betriebsstätten tätig sein. Dies ist in den Arbeitsverträgen und Organisationsanweisungen des MVZ sicherzustellen.

Weiterhin gilt für BAG die Begrenzung, dass der zeitliche Umfang der Tätigkeit eines jeden zugelassenen Arztes am Hauptstandort den zeitlichen Umfang der Tätigkeit an weiteren genehmigten Orten der Leistungserbringung überwiegen muss. Diese Regelung gilt grundsätzlich auch für Ärzte in MVZ, jedoch nicht für den einzelnen Arzt, sondern für die Leistungen der betreffenden Fachgruppe und für die Leistungen des MVZ insgesamt.

Diese Aspekte der Filialisierung können bei größeren Gemeinschaften einen durchaus relevanten Vorteil für die MVZ bei der strategischen Ausrichtung, aber auch bei der Personal- und Arbeitsplanung darstellen.

Interne Vertretungsregelung

Gemäß einem aktuellen Urteil des Bundessozialgerichts (Az.: B 6 KA 9/18 R) vom 30.10.2019 ist die ärztliche Vertretung innerhalb eines MVZ nur im Rahmen der Bedingungen der Zulassungsverordnung für Ärzte zulässig, also wegen Urlaub, Krankheit oder Fortbildung bis zu einer Vertretungsdauer von drei Monaten innerhalb von 12 Monaten. Darüber hinaus bedarf die Innenvertretung durch einen anderen angestellten Arzt im MVZ der vorherigen Genehmigung durch die KV. Für die BAG ist die gegenseitige Vertretung deutlich flexibler möglich, allerdings auch limitiert durch die Fachgleichheit der jeweiligen Versorgungsbereiche bei fachübergreifenden BAG, durch Budgets und die Notwendigkeit, den Versorgungsauftrag auszufüllen. Hier hat die BAG allerdings Vorteile gegenüber einem MVZ.

Investitionen und Kapitalbeschaffung

Insbesondere in den methodenbasierten Fächern, z. B. in der Labormedizin, in der Radiologie und in der Dialyse besteht häufig ein hoher Kapitalbedarf für Investitionen in aktuelle und innovative Technik. Hier stoßen ärztliche Gemeinschaften gelegentlich an ihre finanziellen Grenzen, so dass sich die Frage von externen Kapitalgebern stellt. Finanzinvestoren in der ambulanten Versorgung werden in letzter Zeit zunehmend kritisch in der Presse, der Ärzteschaft und der Politik bewertet. Die allgemeine Befürchtung ist, dass ausländische Investoren sich über Private Equity Gesellschaften in die ambulante Versorgung einkaufen mit dem Ziel, die Patientenversorgung auf Rendite zu trimmen. Dieser Trend ist in bestimmten Bereichen, aktuell vor allem in der Zahnmedizin und in der Augenheilkunde, zu erkennen. Die Chirurgie scheint davon (noch) nicht betroffen zu sein.

Allgemein ist zu kritisieren, dass zum Engagement von Kapitalgesellschaften bei MVZ jegliche Transparenz fehlt und somit eine Beurteilung schwierig ist. Es laufen zurzeit zahlreiche Initiativen auf regionaler Ebene und auch über den Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages, der sich erst am 04.03.2020 mit diesem Thema beschäftigt hat.

Fazit

Der Trend zur gemeinschaftlichen Berufsausübung in der Niederlassung ist auch im Bereich der Chirurgie unaufhaltsam. Dies entspricht den Wünschen der nachrückenden Chirurgengeneration nach fachlichem Austausch, geregelten Arbeitszeiten, Minimierung von bürokratischen Aufgaben und flachen Hierarchien. Die geltenden gesetzlichen Bestimmungen gestatten zur Umsetzung dieser Konzepte eine Vielzahl von rechtlichen Konstruktionen sowohl als klassische (fachübergreifende) BAG als auch als MVZ. Die Entscheidung für oder gegen eine der möglichen rechtlichen Konstruktionen ist von einer Vielzahl von Einflussfaktoren abhängig. Dabei spielen historische, regionale, juristische und betriebswirtschaftliche Erwägungen ebenso eine Rolle wie steuerliche Aspekte und persönliche Präferenzen. Die Beurteilung und Bewertung der Argumente erfordert hohen Sachverstand und übersteigt in der Regel die betriebswirtschaftliche Kompetenz von Chirurgen. Daher ist für diese Entscheidungen eine fachliche Beratung durch die Kassenärztliche Vereinigung sowie durch erfahrene Medizin-Juristen und durch Steuerberater unumgänglich. Eine erste Orientierung bietet eine umfangreiche Informationsbroschüre der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) [2]. Für spezielle Fragen, insbesondere was das Fach Chirurgie betrifft, steht der BDC gerne beratend zur Verfügung.

Mein herzlicher Dank für juristischen Rat zum Thema und Durchsicht des Manuskripts geht an Herrn Dr. jur. Bernhard Specker, Hannover.

Tab. 1: Stichwortartige Übersicht über Vor- und Nachteile vom Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) und Medizinischem Versorgungszentrum (MVZ) für die Betreiber von chirurgischen Gemeinschaften

Pro BAG – Contra MVZ

Pro MVZ – Contra BAG

Viele rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten wie bei MVZ

Vielfältige Rechtsformen, Krankenhäuser als Gründer möglich

Mehr Freiheiten bei der gegenseitigen fachlichen Vertretung

Flexiblere Gestaltung von Anstellungen

Anzahl der Nebenbetriebsstätten unbegrenzt

Anzahl der angestellten Ärzte unbegrenzt

Finanzierung durch Kapitalgesellschaften möglich

Vermeidung eines möglichen Negativ-Images

Offensives Marketing über Konzerne

Einfache Steuererklärung durch Gewinn- und Verlustrechnung

Flexible steuerliche Gestaltung, aber Bilanzierung vorgeschrieben

Inhabergeführte Geschäftsführung die Regel

Komplexe rechtliche und betriebswirtschaftliche Konstruktionen erfordern hohen Beratungsaufwand und eigenständige Geschäftsführung

Literatur

[1] Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) https://www.gesetze-im-internet.de/zo-_rzte/BJNR005720957.html, zuletzt zugegriffen 3.5.2020

[2] Kassenärztliche Bundesvereinigung (Hrsg.) Medizinische Versorgungszentren. Ein Leitfaden für Gründer. 4. Auflage 2018. ISBN 978-3-7691-3591-6

Kalbe P: Gemeinschaftspraxis oder MVZ für niedergelassene Chirurgen? Passion Chirurgie. 2020 Juni,10(06): Artikel 03_02.

BDC-Praxistest: Neuregelung im MDK Verfahren – was muss man wissen, um nicht zu verlieren?

Das MDK Reformgesetz, das zum 01. Januar 2020 in Kraft getreten ist, ändert viele Vorgaben in der Krankenhausabrechnung. Unvorbereitet drohen zum Teil erhebliche Einnahmeverluste. Ziel dieser Übersichtsarbeit ist es deshalb, die unmittelbar für die Erlössituation relevanten Neuerungen darzulegen, beispielhaft zu illustrieren und mögliche Strategien anzubieten, mit denen die Neuregulierung begleitet werden könnte.

Abrechnungsprüfung als Instrument der Rückerstattung

Die Zahl der stationären Behandlungen in Deutschland beträgt ca. 20 Millionen/Jahr. Damit entstanden für die GKV in 2017 Kosten von ca. 75 Milliarden Euro/Jahr. Der GKV-Spitzenverband konnte nach eigenen Angaben über eine MDK-Prüfquote von 17 Prozent im gleichen Jahr eine Rückerstattung von ca. 2,8 Milliarden (ca. 4 Prozent) realisieren. Abrechnungsprüfungen sind für die Kostenträger also zu einem lukrativen und sehr zeitnahen Instrument der Kostenbegrenzung geworden, zumal Rückforderungen auch mit aktuellen Zahlungsforderungen der Krankenhäuser aufgerechnet werden.

Bundesweit fällt ein deutlicher Anstieg der Prüfquoten von zehn bis 17 Prozent in den Jahren 2007 bis 2015 auf über 20 Prozent in 2018 auf. Der GKV Spitzenverband berichtet parallel seit längerem auch in der Presse durchaus mit vorwurfsvoller Intention über einen hohen Anteil falscher Fallabrechnungen, und fordert eine grundsätzliche Verbesserung der Abrechnungsqualität. Das Thema wird aber kontrovers diskutiert. Denn aus Sicht der Krankenhausverbände ist nachgewiesen, dass die weit überwiegende Anzahl aller vom MDK geprüften Rechnungen als korrekt beurteilt wird. Moniert würden überwiegend solche Rechnungen, bei denen die Prüfer tatsächlich erbrachte Leistungen grundsätzlich in Frage stellten, wie etwa bei möglicher ambulanter Behandlung oder früherem Entlassungszeitpunkt. Grund dafür sind bekanntlich häufig fehlende Kapazitäten im ambulanten Bereich. Die diskrepanten Einschätzungen sind aber auch Ausdruck des hochkomplexen deutschen DRG-Systems mit seinen jährlichen Änderungen und Anpassungen und der im Verhältnis dazu vielerorts noch nicht ausreichend professionalisierten Kodier- und Abrechnungsstruktur. Beide Parteien, Krankenhäuser wie Kassen, sind an einer korrekten Abrechnung interessiert, doch viele komplexe Konstellationen stellen in der Abbildung im Kodiersystem eine echte Herausforderung dar, die vielfach konträr ausgelegt werden kann, und dann natürlich auch konträr diskutiert wird.

Die GKV ist bestrebt, ihre Ausgaben zu begrenzen – betriebswirtschaftlich gesehen ein sinnvoller Ansatz. Die Krankenhäuser versuchen ihre Erlöse zu optimieren – auch das ist betriebswirtschaftlich ein sinnvoller Ansatz. Um diesem Disput eine übergeordnete Instanz zu verschaffen, transformiert die aktuelle Reform den ehemaligen Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) in eine eigenständige Körperschaft, den Medizinischen Dienst (MD), der nun unabhängig die postulierte Rate an Fehlabrechnungen begrenzen soll. Klares Ziel der Reform ist die einheitlich und transparent gestaltete Prüfung der Krankenhausabrechnung. Strittige Kodier- und Abrechnungsfragen sollen systematisch vermindert werden. Dazu erhält der MD mit möglichen Strafzahlungen ein Sanktionsinstrument, das er dynamisch, aber nur auf einer Seite einsetzen kann. Maßregelungen der Kostenträger sind nicht vorgesehen, die Strafen für die Krankenhäuser besitzen einen kurzen, eigenen Katalog. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat vor dem hohen finanziellen Anreiz der Leistungskürzung gewarnt, und befürchtet ein bundesweites Defizit für Krankenhäuser um 400 Millionen Euro. Als besonders problematisch wird dabei der mögliche Fokus auf die Prüfung von Verweildauerverstößen beurteilt, die, wie bereits beschrieben, oftmals Folge ambulanter Strukturlücken und zudem aber auch sehr variabel interpretierbar sind.

Gesetzliche Neuerungen ab 01.01.2020

  • Eine nachträgliche Rechnungskorrektur ist nicht mehr erlaubt.

Damit muss anders als bisher im ersten Anlauf eine vollumfänglich sach- und fachgerechte Rechnung eingereicht werden. Die ehemals mögliche Nachreichung abrechnungsrelevanter Fakten und auch die Korrektur von formalen Fehlern entfallen.

Addendum: die Regelung wurde durch die ÜbergangsPrüfVv der Selbstverwaltungspartner bis zum 30.06.2020 außer Kraft gesetzt. Bis zum 30.06.2020 sind Rechnungskorrekturen also noch möglich.

  • Zur Ahndung von Rechnungsfehlern werden Strafzahlungen von 10 Prozent des Rechnungsänderungswerts, mindestens aber 300 Euro eingeführt.

Die Konsequenz dieses auf den ersten Blick wenig dramatisch erscheinenden Punktes wird im Folgenden noch genauer erläutert.

  • Die Prüfquote ist für 2020 auf 12,5 Prozent festgeschrieben. Sie wird für 2021 abhängig von der in 2020 ermittelten Korrekturquote nach einem festen Schlüssel festgesetzt.

Die Prüfquote wird also allein durch die prüfende Instanz festgelegt.

  • Die Prüffrist des MD wird von sechs Wochen auf vier Monate erhöht.

Damit können über einen viel längeren Zeitraum als bisher Fälle mit relevantem Kürzungspotential ermittelt, und dann auch ohne Zeitdruck durch den MD geprüft werden.

  • Die Korrekturquoten werden quartalsweise pro Krankenhaus durch den GKV Spitzenverband veröffentlicht.

Damit soll öffentlicher Druck erzeugt werden.

  • Strukturprüfungen erhalten erstmals eine Rechtsgrundlage.

Die Kliniken müssen alle Komplexbehandlungen, die sie in 2021 erbringen wollen, in 2020 durch den MD prüfen lassen. Die bestandene Strukturprüfung ist Voraussetzung für die Vereinbarung der Leistungserbringung in den anschließenden Budgetverhandlungen.

  • Die Neuregelung des Katalogs ambulanter OP-Leistungen kommt erst 2021.

Korrigierte Abrechnungen

Dieser Punkt ist deshalb so brisant, weil bisher zahlreiche Korrekturen einfach nachgereicht werden konnten. Formale Änderungen wie beispielsweise beim Entlassungsgrund (nach Hause, Verlegung in ein Akutkrankenhaus oder in eine Reha usw.) wurden bisher gar nicht sanktioniert. Allein eine Änderung des Entlassungsgrundes in z. B. „Verlegung“ kann jetzt aber nicht nur die bekannten Verlegungsabschläge nach sich ziehen, sondern bei Korrektur durch den MD dazu auch eine Strafzahlung von mindestens 300 Euro auslösen. Darüber hinaus erhöht sich mit jedem Fehler bei der Berechnung für 2021 die Gesamtfehlerquote, und damit unter Umständen automatisch auch die Prüfquote. Eine eigentlich nur formale Korrektur kann unter den neuen gesetzlichen Vorgaben nun also eine doppelte Bestrafung induzieren.

Im aktuellen deutschen Klinikalltag häuft sich dazu allein aus spezieller Labordiagnostik eine durchaus relevante Menge an nachlaufenden Befunden an. Oftmals ist daran auch die in den meisten Häusern noch nicht ausreichend fortgeschrittene Digitalisierung der Krankenakte beteiligt. Viele Befundsysteme sind nicht miteinander vernetzt. Stattdessen gehen viele Informationen bis heute noch in Papierform ein. Und am Ende der Behandlung muss die Akte dazu noch elektronisch (datensicher) verfilmt werden, um dann zur MD-Prüfung komplett vorzuliegen. Diese Bedingungen können in einem Großversorger pro Jahr leicht 100.000 Euro und mehr an rechnungserhöhender Korrekturen aus medizinisch begründeten Kodieränderungen auslösen.

Die auf den ersten Blick einfachste Lösung wäre mit dem Ziel einer exakteren Prüfungsmöglichkeit eine Verschiebung der Rechnungsstellung nach hinten, was aber in Abhängigkeit der Krankenhausgröße schnell Liquiditätsengpässe erzeugen kann. Das nachhaltigere Ziel muss also ein optimierter Aktenlauf sein. Dazu müssen die Disziplin der medizinischen Leistungserbringer verbessert, Befundungssysteme mit Schnittstellen versehen und Nachläufer vermieden werden. Befriedigend ist dieser Punkt zukünftig nur mit einer echten elektronischen Patientenakte zu erreichen, die faktisch bisher in kaum einer deutschen Klinik etabliert wurde.

Prüfquoten und Strafzahlungen

Die im neuen Gesetz festgelegte Prüfquote von 12,5 Prozent unterschreitet zwar die aktuelle Quote, wird allerdings ab 2021 dynamisiert, und kann damit die alte Rate deutlich übertreffen. Je nach Anzahl der auffälligen Fälle – nochmals: auch formale Fehler können dazuzählen – wird die Prüfquote gesteigert, genauso wie übrigens die Strafzahlungen (vgl. Abbildung 1). Zum jetzigen Zeitpunkt ist für 2020 bei einer Prüfquote von 12,5 Prozent von einer Strafzahlung in Höhe von 10 Prozent des Minderungsbetrages (mindestens 300 Euro) zusätzlich zum Minderungsbetrag auszugehen.

Abb. 1: Dynamisierung der Prüfquote ab 2021

Anteil Prüfung mit Beanstandung

Maximale Prüfquote

Strafzahlung (x % des Minderungsbetrages bis maximal 10 % des Rechnungsbetrages)

<40 %

5 %

0 %

40 % – 59 %

12,5 %

25 %, mindestens 300 Euro

60 % – 80 %

15 %

50 %, mindestens 300 Euro

>80 %

Unbegrenzt

50 %, mindestens 300 Euro + Anzeige Sozialministerium

Die Annahme einer Korrekturquote von ca. 40 % ist für viele Krankenhäuser nicht unrealistisch. Und formale Korrekturen sind dabei noch nicht mal eingeschlossen, so dass die abschließende Quote der dynamisierten Korrekturen vermutlich für manche Krankenhäuser noch höher ausfallen dürfte. Die daraus resultierende zukünftige Prüfquote wird übrigens allein durch den MD definiert, die einzelnen Krankenhäuser haben weder darauf Einfluss noch können sie die korrekte Quotenberechnung überprüfen.

Ob erfolgreiche Klagen gegen eine MD-Entscheidung rückwirkend Einfluss auf die Ermittlung der Prüfquote und die Strafzahlungen nehmen können, bedeutet unzweifelhaft einen langen Instanzenweg und erscheint vielen Juristen zudem wenig erfolgsversprechend. Auch durch eine in Nachhinein widerlegte Fehlentscheidung des MD werden also schwer zu korrigierende Fakten geschaffen. Pointiert formuliert drohen mit der Quotierung ab 2021 auf Krankenhausseite ungerechtfertigte Verluste in sechs- bis siebenstelliger Höhe. Aufgrund dieser gravierenden Auswirkungen der Gesetzesreform muss es prioritäres Ziel der Krankenhäuser sein, jeden Kürzungsansatz zu vermeiden und formale Fehler möglichst komplett zu eliminieren. Dies gelingt in erster Linie durch Schaffung klarer Verantwortungen in Verwaltung und Management und konsequente Schulungen der Behandlungsteams.

Dabei liegt im Zwist mit dem MD der Fokus auch in Zukunft am ehesten auf der Verweildauer. Denn eine Kürzung ist hier deshalb so interessant, da man – kolportiert – im Zweifel doch immer durch „Straffung des Behandlungsverlaufs“, kategorisches Definieren von „ambulantem Potential“ oder ein korrigierendes Umsetzen der Medikation (ex post!) leicht „einen, zwei oder drei Tage zum Streichen finden“ kann, und damit zugleich den Erlös mindert, eine Strafzahlung zur Refinanzierung des Prüfaufwandes generiert und die Prüfquote belastet. Es bedarf keiner großen Analyse, dass die Verweildauer das größte „Gefahrenpotential“ für Kürzungen bietet.

Strategien

Ziel der Bemühungen muss eine straffe Steuerung der Verweildauer sowie eine lückenlose Dokumentation des Behandlungsablaufs sein, um sowohl die stationäre Behandlung an sich als auch die Verweildauer ausreichend zu begründen. Als Krankenhaus lässt sich diesem Problem nur durch Optimierung sowohl der klinikinternen und als auch der fächerübergreifenden Abläufe begegnen.

Kommittent der Führungspersonen

Um ein hohe inhaltliche Überzeugung und ein starkes Engagement im Unternehmen zu erreichen erscheinen interdisziplinäre und berufsgruppenübergreifende Arbeitsgruppen der sinnvollste Ansatz. Die intensive Einbindung der Chefarztebene erleichtert dabei die Durchsetzung der notwendigen Maßnahmen, die dann mit ausreichendem Nachdruck auf die nachgeordneten Arbeitsebenen übertragen werden können. Regelmäßige Treffen der Arbeitsgruppen z. B. im 14-tägigen Rhythmus erleichtern die Bilanzierung der getroffenen Maßnahmen und die notwendigen Anpassungen.

Beispielrechnung

Der folgende fiktive, realitätsnahe Fall illustriert beispielhaft die Auswirkungen einer Verweildauerkürzung.

Diagnose: Bauchdeckenphlegmone mit Abszess nach laparoskopischer IPOM-Versorgung bei inkarzerierter Nabelhernie. Nebendiagnosen: Adipositas Grad III (initial 200 kg bei 184 cm, BMI 58,4 kg/m², bei Entlassung 160 kg), ARDS, Lungenarterienembolien bds., Stauungspneumonie, Septischer Schock, protrahiertes Weaning bei Delir. Therapie: Abszessspaltung mit VAC-Anlage, multiple Debridements und VAC-Wechsel, Tracheotomie, Langzeitintensivaufenthalt, Einleitung einer dauerhaften Antikoagulation. Verlauf: Nach langem Intensivaufenthalt Übernahme auf die Normalstation und spätere Verlegung in eine Reha-Einrichtung. Fallprüfung MD: Verkürzung der Verweildauer auf der Normalstation um sieben Tage.

Dies bedeutet für diesen Fall analog zu den oben genannten Prüfquoten und Strafzahlungen bei einer angenommenen Rechnungssumme von ca. 63.100 Euro:

In 2019 nur Erlösverlust durch gestrichene Tage:

ca. – 9.000 Euro

In 2020 zusätzlich Straf-Aufschlag in Höhe von 10 % des Differenzbetrages:

ca. – 9.900 Euro

In 2021 bei Beanstandungen von <40 % (keine Strafzahlung):

ca. – 9.000 Euro

bei Beanstandungen von 40–59 % (Strafe 25 % der Differenz)

ca. – 11.250 Euro

bei Beanstandungen >60 % (Strafe 50 % der Differenz)

ca. – 13.500 Euro

Maximalstrafe sind 10 Prozent des geminderten Abrechungsbetrags, d. h. bei weiterer Verweildauerkürzung reine Strafzahlung in diesem Fall ca. 5.411 Euro.

Dokumentation

Die konsequente, tägliche Dokumentation des Behandlungsverlaufs sowohl auf ärztlicher als auch auf pflegerischer Ebene ist nicht nur medizinisch sinnvoll, sondern auch das beste Mittel, um in der Diskussion mit dem MD zu bestehen. Angesichts der bürokratischen Belastung von Krankenhauspersonal ist die Durchsetzung dieses grundsätzlich doch einfachen Prinzips trotzdem traditionell sehr anspruchsvoll. Neben einem Mangel an Zeit bestehen häufig gerade bei jüngeren Mitarbeitern Unsicherheiten, was eigentlich dokumentiert werden soll. Hier böte sich als einfache Hilfestellung z. B. die verpflichtende Einführung von SOAP notes an, die täglich kurz die Beschwerden (Subjective), die Befunde (Objective), die Einschätzung (Assessment) und den Handlungsplan (Plan) skizzieren. Photographien können die Wunddokumentation sinnvoll ergänzen. Eine solche standardisierte Verlaufsbeschreibung erleichtert in Zeiten häufiger Personalwechsel auch die Wahrung der Behandlungskontinuität. Doch auch die medizinisch beste Dokumentation nützt in der MD-Prüfung wenig, wenn nicht klar daraus hervorgeht, dass die stationäre Behandlung indiziert und wirklich jeder Krankenhaustag gerechtfertigt ist. Das bedeutet, dass oftmals medizinisch nachgeordnete Sachverhalte, die primär nicht unbedingt dokumentationswürdig erscheinen, durchaus in der kritischen Durchsicht den entscheidenden Unterschied machen können. Einfache Beispiele aus der Chirurgie wären neben der Qualität von Drainagesekret auch die Menge oder eine Demenz als komplizierender Faktor der Compliance.

Visitenbegleitung

Nachhaltige Lerneffekte bei den dokumentationsverantwortlichen Ärzten und Pflegekräfte lassen sich durch regelmäßige Visitenbegleitungen erreichen. Kodierfachkräfte erkennen Versäumnisse in der Dokumentation direkt, und können dann sofort schulend intervenieren. Die enge Kooperation von Ärzten und Pflege mit dem Kodierwesen mag ethisch bedauerlich sein, erscheint in Hinblick auf eine stringente Dokumentation in heutigen Zeiten aber fast unerlässlich. Das interprofessionelle Verhältnis bleibt aber oft fragil, insbesondere, wenn Ärzte und Pflege sich aus durchaus gutem Grund auf ihren eigentlichen Aufgaben der Linderung und Heilung zurückziehen. Ärzte und Pflege machen primär Medizin, das Management Zahlen und Geld. Hier ist also seitens der Führungsebene eine behutsame Moderation nötig, bei der die Professionen ihre prädominanten Kernkompetenzen behalten, aber gleichzeitig ein Konsens in der Sache demonstrieren müssen. Ein simples Abwälzen der Dokumentation auf Arzt und Pflege wird ohne professionelle Begleitung und zielgerichtetes Steuern nur zu größerer Frustration und Abwehr führen. Das ist dann genauso kontraproduktiv wie die moralinsaure Begleitung jeder verwaltungstechnischen Neuerung durch die leitende Ärzteschaft oder die Pflegedirektion. In der praktischen Umsetzung sollte schließlich Pragmatismus walten. Im Idealfall wird die Dokumentation besser, aber nicht aufwendiger. Die automatisierte, optische Markierung kritischer Fälle im Krankenhausinformationssystem in Nähe zur unteren oder oberen Grenzverweildauer kann nach den Schulungen dann dauerhaft die Aufmerksamkeit erhalten.

Steuerung der Verweildauer

Die Steuerung der Verweildauer ist keine Zielgröße des leitenden Arztes, sondern eine Herausforderung für das gesamte Behandlungs- und Verwaltungsteam. Grundsätzlich und sehr simpel geht es um die Kombination optimaler Behandlungsergebnisse in einer ebenfalls optimalen Verweildauer. Die größte logistische Herausforderung sind dabei Patienten, welche nicht nach Hause entlassen werden können, weil sie entweder zu krank sind oder ambulant nicht versorgt werden können und oder zeitnah keinen geeigneten Versorgungsplatz bekommen. Um die intern beeinflussbaren Faktoren zu identifizieren, bietet sich im ersten Schritt eine Prozessanalyse im eigenen Haus an. Zielparameter sind dabei vordergründig Anmeldungen und Organisationsabläufe bei verschiedenen Verlegungs- oder Entlassungsoptionen, wie z. B. Akutgeriatrie, Geriatrische Reha, Kurzzeitpflege, Dauerpflegeeinrichtung, ambulante Pflege, Hospiz, ambulanter Pflegedienst, betreutes Wohnen etc.). Es empfiehlt sich diese Analyse primär in jeder Fachabteilung separat vorzunehmen, da sich hier sehr oft ein ganz inhomogenes Bild zeigt. Im zweiten Schritt müssen dann die Schnittmengenbereiche identifiziert und betrachtet werden. Das betrifft dann vor allem den Bereich der hausinternen Verlegungen. Dazu zählen aber auch ein zeitnahes Konsilwesen, stringente Diagnostikleistungen (Radiologie, Endoskopie, Funktionen) und das flexible Nachsteuern bei Personalengpässen. Lösungsansätze für das Gesamthaus erarbeitet man interdisziplinär unter Einbezug der Leitungsebene.

Fazit

Die im MDK Reformgesetz beinhaltete Neuregelung der Krankenhausabrechnung stellt die stationären Leistungserbringer ab 2020 vor große Herausforderungen, denen man nur als kooperierendes Kollektiv erfolgreich begegnen kann. Die durch Regress und Strafen zu erwartenden Verluste, die für große Versorger ohne weiteres eine Größenordnung zwischen 500 Tsd bis zu 1 Mio Euro betragen können, werden sich wahrscheinlich nicht komplett ausgleichen lassen. Diese Option würde auch das Gesetz ad absurdum führen, denn es ist zu aller erst ein weiteres Instrument zur Krankenhausschließung. Die wirtschaftliche Situation verschärft sich zusätzlich noch durch die Ausgliederung der Pflege aus der DRG, die Personaluntergrenzen, die Tarifabschlüsse sowie die immer wachsenden Allgemein- und Sachkosten. Eine Fallzahlsteigerung zum Ausgleich der Belastungen ist dabei mittlerweile unrealistisch, da in Deutschaland seit ca. zwei Jahren ein Fallzahlplateau erreicht zu sein scheint. Die Aufgabe ist also bekannt. Kluges, gesetzeskonformes Handeln kann die negativen Effekte der reformierten Abrechnungsprüfung relevant mindern.

Krones CJ: Neuregelung im MDK Verfahren – was muss man wissen, um nicht zu verlieren? Passion Chirurgie. 2020 Juni, 10(6): Artikel 05_01

Webinar-Termin im Juli 2020: S3-Leitlinie „Sinus pilonidalis“

S3-Leitlinie „Sinus pilonidalis“
02.07.2020, 18:00 Uhr
Dr. med. Andreas Ommer
www.bdc-webinare.de

Seit September 2017 gibt es die BDC|Webinare (www.bdc-webinare.de). Bisher wurden auf der Plattform insgesamt 28 Leitlinien von Experten erfolgreich vorgestellt und besprochen. Jeden Monat wird von einem 45-minütigen Webinar eine chirurgisch relevante Leitlinie in ihren Grundzügen vorgestellt. Anschließend kann mit dem Referenten und anderen Teilnehmern via Chat diskutiert werden, selbstverständlich kostenfrei für alle BDC-Mitglieder. Und jede Teilnahme wird in der Regel mit zwei CME-Punkten zertifiziert.

Webinare im Archiv abrufen

Auch wenn einmal ein Termin verpasst wird, ist das kein Problem, denn der aufgezeichnete Vortrag mit Diskussion kann jederzeit aus dem Webinar-Archiv abgerufen werden. Detaillierte Informationen und Termine zu diesem Lernangebot und allen Webinaren sind unter www.bdc-webinare.de zu finden.

Geplante Webinar-Termine

  • S1-Leitlinie „Verletzungen der oberen Halswirbelsäule“, Dr. med. Matti Scholz, am 03.09.2020, 18.00 Uhr
  • S2k-Leitlinie „Koxarthrose“, PD Dr. med. Oliver Pieske, am 24.09.2020, 18.00 Uhr

Juniausgabe: PASSION CHIRURGIE

Die Sommerferien stehen in den Startlöchern und noch ist unsicher, ob und in welchem Ausmaß eine zweite Infektionswelle kommt. Zeit für eine Zwischenbilanz zur Pandemie, die BDC-Geschäftsführerin Dr. Burgdorf in ihrem Editorial zieht.

Mit dieser Doppelausgabe Juli/August stellen wir Ihnen zudem die neue Rubrik BDC-Praxistest vor, in der wir für Sie Wesentliches von Unwesentlichem aus der Gesundheitspolitik trennen und Ihnen präzise und praxisnah aufbereiten. Den Auftakt macht Professor Krones, Leiter des Themen-Referats „Leitende KrankenhauschirurgInnen“ im BDC. Lesen Sie seinen ausführlichen Artikel zur Neuregelung im MDK-Verfahren und Sie wissen genau, was Sie wissen sollten!

Was hat sich in Sachen Nachwuchsgewinnung in den letzten Jahren verändert? Im Jubiläumsinterview bezieht BDC-Präsident Professor Meyer dazu Stellung und zeigt auf, welche Herangehensweise jetzt wichtig ist.

Juniausgabe PASSION CHIRURGIE
Alle Ausgaben PASSION CHIRURGIE

Meist sind es nicht die heroischen Taten

zur Artikelserie …

Der Berufsverband der Deutschen Chirurgen feiert in diesem Jahr sein 60-jähriges Bestehen. Prof. Michael Schäffer, Ärztlicher Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie am Marienhospital Stuttgart, Landesverbandsvorsitzender von BDC|Baden-Württemberg und Sprecher der Landesverbände im Präsidium des BDC über die Faszination Chirurg zu sein, bedeutende Chirurgen-Persönlichkeiten und warum Work-Life-Balance heute kein Widerspruch mehr in diesem Beruf ist.

Chirurgie ist anders, anders als die übrigen Fächer der Medizin. Als historisches Erbe der Bader und Steinschneider umgibt die schneidende Zunft bis heute das Image des rustikalen Problemlösers, in keinem Fall ist der Anspruch intellektuell – zumindest aus Sicht der Nicht-Chirurgen. Selbst manch moderner Chirurg kokettiert bei Gelegenheit mit dieser Sichtweise, Understatement hebt den Betroffenen vermeintlich auf ein höheres Niveau sozial-emotionaler Kompetenz – mit dem Selbstbild des ‚einfachen’ Chirurgen ( oder ‚einfach strukturierten’ Chirurgen) lässt es sich oft einfacher argumentieren. Diese Finte gehört zum Selbstverständnis des Chirurgen.

Chirurgie ist unmittelbarer in seiner heilenden Wirkung als konservative Fächer. Für Patienten sind die Erfahrungen mit Chirurgen ‚einschneidend’, in Ausprägung, Wirkung und Ergebnis häufig konkreter fassbar. Im Guten wie im Schlechten. Eine gelungene Operation beseitigt im besten Fall sofort und nachhaltig die Beschwerden und Leiden, rettet gar Leben durch die Hand des Operateurs. Patient und Chirurg sind gleichermaßen glücklich über den Erfolg. Umgekehrt ist eine misslungene oder nicht erfolgreiche Operation meist als solches auch rasch erkennbar und für alle Beteiligten transparent. Hiermit muss der Chirurg umgehen, kritisch selbstreflektierend, ignorierend oder verdrängend. In Praxen oder Kliniken mit mehr als einem Chirurgen muss er sich der Kritik der Kollegen stellen – die Indikations- und Röntgenbesprechung legt den Erfolg schonungslos offen.

Auch im Kontakt mit den Patienten gilt es, negative Ergebnisse zu kommunizieren. Die Übergänge zwischen Operationen, deren Ergebnisse nicht der Erwartung entsprechen, gerechtfertigt oder nicht, und fehlerhaften Operationen sind manchmal fließend. Diese Kommunikation ist schwierig, für den Chirurgen im Einzelfall herausfordernd und belastend. Zeit für ein klärendes Gespräch, ehrliche Hinwendung und erkennbare Empathie sind dabei Schlüsselelemente einer vertrauensvollen Arzt-Patient-Beziehung. Sie helfen dem Patienten, entlasten den Chirurgen und reduzieren nebenbei medikollegiale Konflikte erheblich. Der chirurgische Ansatz der medizinischen Problemlösung ist meist klar und geradlinig, ziel- und lösungsorientiert. Je einfacher und direkter das Ziel erreicht werden kann, desto besser. Eine osteosynthetisch versorgte hüftnahe Fraktur, ein kurativ reseziertes Kolonkarzinom oder eine Appendektomie bei einer nekrotisierenden Appendizitis sind für Patienten segensreich, chirurgisch heute standardisiert und mit sehr geringer Morbidität durchzuführen. Im Ergebnis ist dies für Chirurgen und Patienten gleichermaßen befriedigend und vertrauensbildend.

Meist sind es nicht die heroischen Taten weniger ausgewählter Fälle, die den Alltag prägen und damit Quell der fortwährenden Motivation für die Behandlung der Patienten sind. Gewöhnliche, dadurch aber nicht minder wichtige, kleine Entscheidungen und Dinge charakterisieren den medizinischen Alltag eines Chirurgen. Umgekehrt lebt die Chirurgie in ihrer Faszination aber auch von besonderen Taten. Auch historisch betrachtet. Zu den auch unter medizinischen Laien berühmtesten und schillerndsten Ärzten der letzten 150 Jahre gehören zweifelsfrei Prof. Ernst Ferdinand Sauerbruch (1875 – 1951) und Prof. Christiaan Barnard (1922 – 2001). Erste Operationen am offenen Brustkorb und die erste Herztransplantation am Menschen sind aufgrund ihres grenzüberschreitenden, weil entmystifizierenden Charakters besonders dafür geeignet gewesen, in Fachkreisen und in der breiten Öffentlichkeit für eine nachhaltige Aufmerksamkeit zu sorgen. Der Brustkorb mit Herz und Lunge galt von jeher als das Zentrum des Lebens, dem Herzen wohnt bis heute eine mystische Strahlkraft inne. Auch der Sitz der Seele wurde lange auf das Herz projiziert. Natürlich hatten Lebensstil und Persönlichkeit der beiden genannten Chirurgen einen großen Anteil an ihrem bis heute währenden Bekanntheitsgrad, dies schmälert aber nicht ihre medizinischen Leistungen. Heroische Taten sind meist nicht nur von glamourösem Licht sondern auch von viel Schatten begleitet. Patienten und nahe Mitarbeiter profitieren daher nicht immer von der Kompetenz und dem Schein ihrer Protagonisten. Ein tragisches Schicksal, das schon immer in der Menschheitsgeschichte mit der Berühmtheit von Forschern, Entdeckern, Wissenschaftlern oder Feldherren verknüpft war. In jedem Fall aber trugen die Leistungen dieser Chirurgen zur Strahlkraft der Chirurgie auf zukünftige Chirurgengenerationen bei.

Ein besonderer Geist wohnt auch heute noch der Chirurgie und der Arbeit des Chirurgen inne. Bürokratische Notwendigkeiten, ökonomische Zwänge und arbeitsrechtliche Vorgaben bilden für viele Chirurgen keine Stütze sondern ein einengendes Korsett. Eine vermeintliche Sicherheit gegenüber Kostenträgern, prozessierenden Patienten oder im Übermaß fordernden Vorgesetzten hat ihren Preis. Freiheit und Sicherheit müssen sich die Waage halten. Jeglicher Zugewinn an Sicherheit durch immer neue Regeln und Vorgaben beschneiden die Freiheit im Gestalten und Handeln. Nicht immer zum Nachteil für Chirurgen und ihre Patienten, aber manchmal. Freiheitliches Denken und Arbeiten, sich selbst und seinen Patienten moralisch und ethisch verpflichtet ist Anspruch und Ansporn gleichermaßen. Ärztliches Handeln zum Wohle der Patienten, das Führen von Mitarbeitern und Berücksichtigung wirtschaftlicher Ressourcen sind die Ecksteine chirurgischer Tätigkeit. In den Grenzen des heute Möglichen muss daher jeder Chirurg versuchen, für sich und seine Patienten die Faszination Chirurgie zu bewahren. Eine moderne Work-Life-Balance ist dabei kein Widerspruch zum Streben nach einer Interpretation des Faches Chirurgie in seiner ursprünglichen Bedeutung. Die Begeisterung für die Chirurgie, die oft durch beherztes und umsichtiges Handeln, im Kleinen wie im Großen, Besonderes bewirken kann, gilt es zu entfachen und zu bewahren. Heilen und Lindern unmittelbar durch die Hand des Arztes – ein spezielles Privileg des Chirurgen.

Einfluss neuer Gesundheitsberufe auf die Tätigkeitsfelder von Chirurginnen und Chirurgen

In der Medizin bleibt nichts, wie es ist. Der medizinisch-wissenschaftliche Fortschritt, technologische Neuerungen und gesellschaftliche Strukturen verändern sie fortwährend. Für die Chirurgie gilt dies in besonderem Maße. Allein seit Gründung des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgen im Jahr 1960 hat sie einen erheblichen Wandel erfahren. Die Chirurgie erzielt heute Erfolge, die vor 60 Jahren noch undenkbar waren.

Beispiele dafür gibt es genügend: Gallenblase und Blinddarm entfernen heute die meisten Chirurgen ohne langen Schnitt, sondern mit minimal-invasiven Eingriffen. Digitalisierung, roboterassistierte Systeme und Telechirurgie halten Einzug in die Operationssäle deutscher Kliniken. Die Bandbreite der modernen Bildgebung wird immer größer, von der Schnittbildgebung mit 3-D-Bildrekonstruktion bis zu navigierten Operationen mithilfe der „Augmented Reality“. Und schließlich spielen neue interdisziplinäre chirurgische Behandlungskonzepte bei den verschiedensten Krankheitsbildern eine immer wichtigere Rolle.

Die Chirurgie ist ein gleichermaßen faszinierendes wie forderndes Fach. Und doch hat sie mit anderen ärztlichen Fachrichtungen gemein, dass auch hier der ärztliche Nachwuchs dünn gesät ist. Die Gründe dafür sind vielfältig und können hier nicht im Einzelnen vertieft werden. Zu konstatieren ist aber, dass die Arbeitsverdichtung in der Chirurgie ein mehr als bedenkliches Ausmaß erreicht hat. Die Operationszeiten sind so eng getaktet, dass kaum noch Zeit für Patientengespräche bleibt. Demgegenüber nimmt die Belastung mit Bürokratie und Dokumentation stetig zu.

Mehr Effizienz und Entlastung wollen Kliniken dadurch schaffen, dass sie medizinische Assistenzaufgaben zunehmend an speziell ausgebildetes, nicht-ärztliches Personal, sogenannte Midlevel Provider, übertragen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob sich die Etablierung derlei neuer Gesundheitsberufe positiv oder negativ auf die Zukunft der Chirurgie und die Attraktivität des Fachgebietes insgesamt auswirken kann.

Zu den relativ neuen Berufen gehören die Operationstechnischen AssistentInnen (OTA) und die Anästhesietechnischen AssistentInnen (ATA). Anfang/Mitte der 1990er Jahre haben Krankenhäuser damit begonnen, zum OTA und seit 2004 zum ATA auszubilden.

Operationstechnische AssistentInnen können wichtige, arztentlastende Aufgaben in den operativen Bereichen in Krankenhäusern sowie in ambulanten Einrichtungen übernehmen. Aus diesem Grunde befürwortet die Bundesärztekammer ebenso wie der BDC, dass ab dem Jahr 2022 OTAs eine bundesweit einheitliche Ausbildung erhalten, die der anspruchsvollen Aufgabe entspricht. Die Vereinheitlichung der Ausbildungsinhalte und -abschlüsse wird aus Gründen der Verbesserung der medizinischen Versorgung und der gestiegenen Nachfrage nach spezialisierten Pflegefachkräften von der Ärzteschaft als sinnvoll erachtet.

60 jahre bdcViel diskutiert wird zudem der Physician Assistant. Er ist für Gesundheitsfachberufe, die sich speziell im medizinischen Bereich weiterqualifizieren wollen, durchaus eine geeignete Berufsperspektive. Dazu zählen insbesondere Medizinische Fachangestellte, Angehörige der Pflegeberufe, OTA, ATA wie auch Angehörige von Therapie- oder medizintechnischen Gesundheitsfachberufen. Gerade für Medizinische Fachangestellte ist der Bereich der medizinischen Assistenz durch bereits existierende Bildungswege vorgebahnt. Über zahlreiche Spezialisierungsqualifikationen gemäß Musterfortbildungscurricula der Bundesärztekammer bestehen Chancen zur weiteren Berufsentwicklung durch den Abschluss im hochschulischen Bereich.

Mehr und mehr Hochschulen bieten inzwischen den Studiengang Physician Assistant an. Wichtig ist, dass sowohl die inhaltliche Ausgestaltung der Curricula als auch die formalen Voraussetzungen, insbesondere im Hinblick auf die Zulassungsvoraussetzungen, auf dem bereits im Jahr 2016 vorgelegten Konzeptpapier der Bundesärztekammer (BÄK) und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) basieren1. Das Delegationsmodell von BÄK und KBV enthält neben einer Begründung des Berufsbilds und der Darstellung der (rechtlichen) Delegationsvoraussetzungen den Tätigkeitsrahmen, die verbindlichen Studieninhalte und die zu vermittelnden Kompetenzen. Die Kompetenzen sind in Anlehnung an den Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalog Medizin formuliert. Ebenfalls ist zwingend erforderlich, dass Hochschulen, Berufsverbände, Fachgesellschaften und Ärztekammern bei der Implementierung und Begleitung entsprechender Studiengänge zusammenarbeiten und darauf achten, dass die Qualitätskriterien eingehalten werden.

Gut ausgebildete und qualifizierte Angehörige anderer Gesundheitsberufe können – gerade in Zeiten des Nachwuchsmangels – Chirurginnen und Chirurgen entlasten. Die Entlastungsmöglichkeiten steigen dabei mit dem Qualifikationsniveau. Voraussetzung ist allerdings, dass Angehörige nicht-ärztlicher Gesundheitsberufe weiterhin ausschließlich auf ärztliche Anordnung tätig werden, nicht zuletzt aus Gründen des Patientenschutzes und der Patientensicherheit. Der Nachwuchsmangel in der Chirurgie darf nicht dazu führen, Vorbehaltsaufgaben des Arztes an andere Berufe abzugeben.

Konkret muss der Physician Assistant in allen Versorgungsbereichen disziplinarisch den Ärztinnen und den Ärzten unterstellt sein. Sinnvolle Einsatzgebiete können im Bereich des „Allgemeinen Prozessmanagements“ oder bei konkreten delegierbaren patientenbezogenen Tätigkeiten liegen. Der Physician Assistant kann hier wesentlich zu einer besseren Qualität von Assistenzleistungen und einer besseren Behandlungsorganisation beitragen.

Bedenklich ist in diesem Zusammenhang, dass Vertreter der Pflege diesen Grundkonsens aufweichen wollen und eine andere Form der Aufgabenverteilung im Gesundheitswesen einfordern. Im Ergebnis würden so neue Versorgungsebenen entstehen. In dem ohnehin nicht sonderlich stark sektorübergreifend ausgestalteten deutschen Gesundheitswesen würde dies zu neuen Schnittstellen und entsprechenden Übertragungsverlusten führen. Das ist sicher der falsche Weg.

Die Akademisierung von Gesundheitsfachberufen ist kein Selbstzweck. Sie soll einer guten Patientenversorgung dienen. Umso wichtiger ist es, dass wir uns als Ärzte aktiv in die Ausgestaltung neuer Berufsbilder sowie ihrer Aufgabenprofile einbringen.

Dabei kommt der Chirurgie angesichts der von ihr seit vielen Jahren gelebten guten Zusammenarbeit mit anderen Disziplinen und Professionen eine ganz erhebliche Bedeutung zu.

Diesen Beitrag haben wir für die BDC-Jubiläumsausgabe angefragt und freuen uns sehr, dass Herr Dr. Reinhard von der Bundesärztekammer die Zeit gefunden hat, eine Würdigung zu schreiben.

1  https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf-Ordner/Fachberufe/Physician_Assistant.pdf

Reinhardt K: Einfluss neuer Gesundheitsberufe auf die Tätigkeitsfelder von Chirurginnen und Chirurgen. Passion Chirurgie. 2020 März, 10(03): Artikel 03_03.

Webinar: Europäische Leitlinie „Chronische Pankreatitis“

Europäische Leitlinie „Chronische Pankreatitis“
18.06.2020, 18:00 Uhr
PD. Dr. med. Bernhard Renz
www.bdc-webinare.de

Seit September 2017 gibt es die BDC|Webinare (www.bdc-webinare.de). Bisher wurden auf der Plattform insgesamt 27 Leitlinien von Experten erfolgreich vorgestellt und besprochen. Jeden Monat wird von einem 45-minütigem Webinar eine chirurgisch relevante Leitlinie in ihren Grundzügen vorgestellt. Anschließend kann mit dem Referenten und anderen Teilnehmern via Chat diskutiert werden, selbstverständlich kostenfrei für alle BDC-Mitglieder. Und jede Teilnahme wird in der Regel mit zwei CME-Punkten zertifiziert.

Webinare im Archiv abrufen

Auch wenn einmal ein Termin verpasst wird, ist das kein Problem, denn der aufgezeichnete Vortrag mit Diskussion kann jederzeit aus dem Webinar-Archiv abgerufen werden. Detaillierte Informationen und Termine zu diesem Lernangebot und allen Webinaren sind unter www.bdc-webinare.de zu finden.

Geplante Webinar-Termine

  • S3-Leitlinie „Sinus pilonidalis“, Dr. med. Andreas Ommer, am 02.07.2020, 18:00 Uhr
  • S1-Leitlinie „Verletzungen der oberen Halswirbelsäule“, Dr. med. Matti Scholz, am 03.09.2020, 18.00 Uhr

W

Safety Clip: Wärmemanagement im OP

Spätestens seit der 2014 eingeführten S3-Leitlinie „Vermeidung von perioperativer Hypothermie“, die im Jahr 2019 eine Aktualisierung erfahren hat, können Maßnahmen zur Vermeidung eines Abfalls der Körperkerntemperatur unter 36 Grad Celsius nicht mehr negiert werden. Auch bei den Anwälten der Patienten und den Gutachtern ist das Thema Unterkühlung angekommen und wird in Anspruchsstellungen verwendet. Dass dieses haftungsrelevante Thema in der Praxis dennoch fatalerweise eher stiefmütterlich behandelt wird, zeigt der folgende Schadenfall.

Der Schadenfall

Eine ältere Dame litt seit längerer Zeit an Beschwerden im linken Knie. Sie begab sich daher in stationäre Behandlung. Nach einer diagnostischen Spiegelung sollte eine zementierte unikondyläre Schlittenprothese eingesetzt werden. Dem Anästhesieteam waren im Vorfeld folgende Umstände bekannt:

  1. Eine Operationszeit von mehr als zwei Stunden war eingeplant,
  2. Die Patientin war zum Zeitpunkt des Eingriffs über 60 Jahre alt,
  3. Die Einordnung in den ASA-Score war höher als Faktor 1,
  4. die Frau war untergewichtig.

Nach Durchführung der Operation wurde im Aufwachraum eine Körpertemperatur von 34,7 Grad Celsius gemessen.

Die Patientin litt sehr unter der Unterkühlung. Es stellte sich bei ihr ein permanentes Zittern der linken Hand ein, das sie auf die Hypothermie zurückführte. Aus diesem Grund wandte sie sich an eine Gutachter- und Schlichtungsstelle.

Bei der Recherche des Gutachters stellte sich heraus, dass die Maßnahmen zum Wärmemanagement nicht in der Krankenakte dokumentiert waren. Als Ergebnis der Temperaturmessung wurde in den Behandlungsunterlagen die im Aufwachraum gemessene Körpertemperatur von 34,7 Grad Celsius notiert. Andere Messergebnisse wurden nicht festgehalten.

Der Gutachter stellte entsprechend ausführlich dar, dass elementare Regeln des Wärmemanagements nicht dokumentiert worden waren. In aller Deutlichkeit wies er auf einen Verstoß gegen die S3-Leitlinie zur Vermeidung der perioperativen Hypothermie hin. Mit den oben aufgezählten Punkten a. bis c. bestanden bereits drei von fünf patientenbezogenen Risikofaktoren für eine perioperative Hypothermie. Trotz dieser Risikofaktoren sei entgegen der Leitlinie weder prä- noch interoperativ die Körpertemperatur gemessen worden, ebenso wurde keine aktive Erwärmung der Patientin im Anästhesieprotokoll eingetragen.

Alles in allem wurde also ein deutlicher Verstoß gegen medizinische Standards festgestellt. Nur weil die Patientin den Nachweis für einen Zusammenhang zwischen der Unterkühlung und dem chronischen Zittern der linken Hand nicht erbringen konnte, blieb dem Versicherer eine Regulierung des Schadens bislang erspart. Im Falle einer Blutung oder einer Infektion wäre eine Entschädigungszahlung wohl nicht zu vermeiden gewesen.

Anforderungen an die Praxis

Die systematische Nutzung des Wärmemanagements erfordert eine übergreifende Betrachtung und Bewertung der notwendigen Maßnahmen durch das gesamte Behandlungsteam. Insbesondere die Anästhesiologie und der Pflegedienst (Anästhesie und OP) sollen entsprechende Kontrollmaßnahmen vornehmen.

Das grundsätzliche Verständnis für die Notwendigkeit zur Durchführung des Wärmemanagements soll in Schulungen und Workshops vermittelt werden. Ziel ist es, im üblicherweise eng getakteten OP-Prozess die zeitlichen Ressourcen zu berücksichtigen und Akzeptanz für die Festlegung von Kontrollmechanismen und -maßnahmen zu implementieren. Teilweise wird das Wärmemanagement bislang ohne verbindliche Vorgaben angewendet. Eine Evaluation des Prozesses erfolgt daher auch nicht regelhaft auf Grundlage der S3-Leitlinie.

Mit Vorgabe der in diesem Fall sehr praxisorientierten AWMF-S3-Leitlinie zur Vermeidung von perioperativer Hypothermie in ihrer aktualisierten Fassung von 2019 ist nunmehr eine eindeutigere Betrachtung und Durchführung des Wärmemanagements möglich.

Die begünstigenden Faktoren für die Entstehung einer Hypothermie sind bereits durch Forschungsvorgaben und Untersuchungen bestätigt und in der Regel den Mitarbeitenden bekannt. Die Herausforderung besteht darin, systematisch Prozessrisiken zu kontrollieren und Handlungen zu bewerten. Die Risikobewertung setzt daher bereits bei

  • der OP-Planung,
  • den OP-Planungsgesprächen,
  • der Prämedikationsvisite der Anästhesie bzw.
  • bei der OP-Vorbereitung auf den Pflegestationen an.

Hierbei geht es um die klinische Beobachtung, Anamneseerhebung, Beurteilung vorhandener Risikoquellen beziehungsweise die Nutzung von Hinweisen aus vorausgegangenen Behandlungen (Anästhesie-Pass).

Die Bewertung der Faktoren Alter, Kachexie, die besondere Situation von Kindern und Neugeborenen sowie die OP-Dauer soll nach strukturierten Verfahren vorgenommen werden.

So ist es sinnvoll, auf bereits etablierte Sicherheitschecklisten zurückzugreifen und mit deren Hilfe die Durchführung von Kontrollmaßnahmen nachzuweisen. Die systematische Aufklärung und Information der Patienten durch das Pflegepersonal muss nachweislich dokumentiert sein.

In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass die Anforderungen an die Patienteneinbindung hochaktuell sind. Die frühzeitige Einbindung des Patienten sowie die Vermittlung von Risiken sollen ihn darin unterstützen, auch selbst eine Verantwortlichkeit wahrzunehmen und den Prozess im Blick zu behalten. Hierzu finden sich Hinweise und Empfehlungen in der Anlage F der S3-Leitlinie. Im Rahmen der Patienteninformation und Aufklärung zum Wärmemanagement sollen systematisch Risiken oder Vorerkrankungen anamnestisch erkannt und eingeschätzt werden (Hypothyreose, Diabetes Mellitus, Querschnittlähmung).

Die visuelle Analogskala (VAS)

Ziel ist, einen positiven Behandlungsverlauf und das persönliche Wohlgefühl des Patienten gleichermaßen zu berücksichtigen. So ist es sinnvoll, das individuelle Temperaturempfinden des Patienten zu bewerten. Hierzu bietet sich die bereits seit Jahren erprobte visuelle Analogskala (VAS) für die Einschätzung von Schmerzen an.

Nach entsprechender Anpassung kann so das persönliche Kälteempfinden des Patienten bewertet werden. Hierdurch ergibt sich auch mehr Sicherheit in Situationen bei denen beispielsweise das sogenannte „Prewarming“ noch nicht nach Standard angewendet werden müsste, aber aus dem persönlichem Empfinden des Patienten solche Maßnahmen begründet abgeleitet werden. Diese Methode ist zwar nicht validiert, aus Sicht des Patienten jedoch hilfreich, da er eine persönliche, numerische Bewertung seines Kälteempfindens darlegen kann. Auch hier ist der Aspekt der Einbindung des Patienten in die Vorbereitung des Wärmemanagements hilfreich.

Tab. 1: Visuelle Analogskala (VAS)1

-5

-4

-3

-2

-1

0

+1

+2

+3

+4

+5

maximal kalt

angenehm

maximal warm

Prozesssicherheit ergibt sich, wenn Zielsetzung und Kontrollmaßnahmen genau vorgegeben sind. Durch das Messen von Zwischenschritten im Gesamtprozess des Wärmemanagements kann eine effektive Steuerung der zu vermeidenden perioperativen Hypothermie erfolgen. Im Sinne des PDCA-Zyklus (Plan, Do, Check, Act) sollte eine regelmäßige Kontrolle und die Ableitung von Verbesserungsmaßnahmen unter dem Stichpunkt „Act“ erfolgen.

Besondere Situationen

Für Neugeborene müssen geeignete Maßnahmen zur Vermeidung der Auskühlung beim Transport festgelegt werden. Häufig werden Decken genutzt, die zuvor in einem temperaturgesteuerten Wärmeschrank gelagert worden sind. Dies sollte in die Regelung zum Wärmemanagement aufgenommen werden. Bezüglich der Anforderungen an die Mutter-Kind-Bindung sind mit den Hebammen geeignete Maßnahmen zur Vermeidung der Auskühlung (Sectio-Top) zu entwickeln.

Elementare Anforderungen für eine Regelung zum Wärmemanagement in den Standard Operating Procedures (SOP)

Grundlegende Fragen:

  • Wann und wie erfolgt die Bewertung der Vorerkrankungen/begünstigenden Faktoren des Patienten?
  • Wie erfolgt die systematische Bereitstellung und Nutzung aller relevanten Informationen?

Regelungen für die Kontrolle des Wärmemanagements und der entsprechenden Dokumentation müssen bestehen für:

  • Anamnese/Aufklärung/Information (Handout),
  • Kommunikation der Informationen im Team,
  • Bewertung der Indikation zur Durchführung des Wärmemanagements,
  • Festlegung des Temperaturmessverfahrens und deren Überwachung (Gerätecheck),
  • Rechtzeitige Durchführung des „Prewarmings“. Dies ist ein entscheidender Faktor zur Vermeidung einer Unterkühlung.

Fazit

Die Vermeidung der perioperativen Hypothermie stellt nicht erst nach Einführung der S3-Leitlinie zur Vermeidung von perioperativer Hypothermie ein besonderes Element im Risikomanagementprozess dar.

Durch die Vorgaben der Leitlinie ist zu erwarten, dass die Akzeptanz und systematische Nutzung des Wärmemanagements verbessert wird. Die sogenannten weichen Qualitätsfaktoren werden durch Verfahren wie Aufklärung und Information unter dem Label der Patienteneinbindung berücksichtigt.

Die stringente Implementierung des Prozesses zum Wärmemanagement stellt aber auch einen nicht zu unterschätzenden ökonomischen Effekt dar. Hierzu liegen in der S3-Leitlinie bereits deutliche Ergebnisse in Form einer Kosten-Nutzen-Analyse vor. Diese werden sicherlich die Verantwortlichen darin unterstützen, entsprechende Ressourcen und Prozessmaßnahmen zur erfolgreichen Vermeidung der perioperativen Hypothermie einzuführen. Eine erneute Sensibilisierung und Strukturierung der Arbeitsweise wird damit erforderlich. Die neue Leitlinie bietet verantwortlichen Ärzten und Pflegenden eine hilfreiche Unterstützung für die anfallende Reorganisation.

Literatur

[1] AMWF online, Das Portal der wissenschaftlichen Medizin. AMWF-Register Nr. 001/018 Klasse: S3. Online: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/001-018l_S3_Vermeidung_perioperativer_Hypothermie_2019-08.pdf; Abruf 10.03.2020.

1 Siehe auch: S3 Leitlinie, S. 51 Abb. 2 Beispiel Visuelle Analogskala (VAS) Thermokomfort (nicht validiert), 2016.

Schulz D, Krause A: Safety Clip: Wärmemanagement im OP. Passion Chirurgie. 2020 Mai, 10(05): Artikel 04_02.

Qualitätsmessung bei seltenen Erkrankungen – KinderRegister für angeborene Fehlbildungen

Seltene Erkrankungen in der Kinderchirurgie

Angeborene Fehlbildungen des Magen-Darm-Traktes, Zwerchfells und des Rumpfes sind seltene Erkrankungen. In Deutschland werden pro Jahr zwischen 20 und 280 Kinder mit diesen Fehlbildungen geboren. Dies sind nach Abschätzung mit den Inzidenzen bei Orpha-Net ca. 20 Kinder mit Kolonatresie, 35 Kinder mit Duodenalatresie, 160 Kinder mit Spina bifida, jeweils 200 Kinder mit Ösophagusatresie, Dünndarmatresie, Gastroschisis, Omphalozele, Zwerchfellhernie und M. Hirschsprung, sowie 280 Kinder mit einer anorektalen Malformation [1, 2]. Teilweise liegen bei den Kindern mehrere dieser Fehlbildungen kombiniert vor, die sich auch in anderen Organsystemen manifestieren können.

Patienten mit diesen Fehlbildungen bedürfen in der Regel einer Operation im Neugeborenenalter. Die folgende Tabelle veranschaulicht das Sterblichkeitsrisiko, sowie das Risiko spezifischer Langzeitfolgen der betroffenen Patienten: [3]

Versorgungssituation in Deutschland

Nur wenige Zentren in Deutschland können eine größere Zahl von Patienten mit diesen Fehlbildungen akquirieren. Die Fälle der Neugeborenen mit Fehlbildungen verteilen sich in Deutschland auf eine große Zahl von stationären kinderchirurgischen Einrichtungen (2019: 130), die größtenteils an Kliniken mit Perinatalzentren Level 1 (2019: 163) angesiedelt sind [8, 9]. Dadurch übersteigt die Anzahl der Kinder mit diesen angeborenen Fehlbildungen, die in diesen Einrichtungen behandelt wird, selten fünf bzw. kaum einmal zehn pro Fehlbildung und Jahr [10]. Eine große Anzahl der kinderchirurgischen Kliniken behandelt nur Einzelfälle und lediglich einzelne Einrichtungen weisen eine größere Fallzahl für bestimmte Erkrankungen auf (z. B. Mannheim für Zwerchfellhernie mit ca. 50 Fällen/Jahr). Auch international werden ähnliche Verteilungen berichtet [11].

Für die Versorgung dieser Fehlbildungen gibt es national und international kein standardisiertes Vorgehen [12–14]. Deutsche Leitlinien für die Behandlung der hier untersuchten Fehlbildungen liegen nicht (Duodenal-/Dünndarm-/Colonatresie, langstreckige Ösophagusatresie) oder nur als S1-Leitlinie (Morbus Hirschsprung, Anorectale Fehlbildungen, Bauchwanddefekte, Zwerchfellhernie) vor. Lediglich für die kurzstreckige Ösophagusatresie gibt es eine S2K-Leitlinie [15]. Da heutzutage bei über 90 Prozent der Kinder mit den angegebenen angeborenen Fehlbildungen durch die operative Therapie das Überleben gesichert werden kann, konzentrieren sich die Bemühungen der Kinderchirurgen nun auf die Optimierung der postoperativen Nachsorge, sodass den Patienten eine bestmögliche Entwicklung und Lebensqualität gegeben werden kann.

Tab. 1: Sterblichkeitsrisiko und mögliche Langzeitfolgen bei seltenen Erkrankungen in der Kinderchirurgie

Fehlbildung

Mortalität / Sterblichkeit

Folgeprobleme (Häufigkeit)

Angeborene Zwerchfellhernie

20-40 %

Rezidiv (5,4-50 %)

Lungenfunktionsstörungen (40-85 %)

Persistierende pulmonale Hypertonie (5-20 %)

Gedeihstörungen (> 60 %)

Emotionale und Verhaltensstörungen (bis 80 %)

Störungen der neurologischen und somatischen Entwicklung

Ösophagusatresie

5-9 %

Postoperative Ösophagusstrikturen (bis 49 %)

Erneute ösophagotracheale Fistel (bis 4 %)

Motilitätsstörung der Speiseröhre (100 %)

Gastroösophagealer Reflux, Barrett-Ösophagus mit Entartungsrisiko (bis 50 %) Lungenfunktionsstörungen (bis 43 %)

Emotionale und Verhaltensstörungen (bis 80 %)

Dünndarmatresien

< 5 %

Darmstrikturen (<5 %)

Motilitätsstörungen (< 5 %)

Kurzdarmsyndrom (bis 15 %) [4]

Bauchwanddefekt (Omphalozele / Gastroschisis)

< 5 % (Gastroschisis)

bis 15 % (Omphalozele)

Begleitfehlbildungen (bis 30 %)

Kurzdarmsyndrom (bis 15 %) [4]

Anorectale Malformation

< 3 % (bei Geburtsgewicht > 2500g)

< 33 % (bei Geburtsgewicht <= 2500 g)*

Begleitfehlbildungen (67 %)

Stuhlinkontinenz (bis 30 % bei hohen Formen)

Erektile Dysfunktion (bis 30 % der männlichen Patienten) [5]

M. Hirschsprung (angeborene Aganglionose)

< 5 %

Begleitfehlbildungen/syndromale Erkrankung (bis 30 %)

Persistierende Obstipation (bis 30 %)

Stuhlinkontinenz und Kurzdarmsyndrom bei langstreckigem M. Hirschsprung (8 %) [6]

Spina bifida (Meningomyelozele, Meningozele, Myelomeningozele etc.)

5-10 %

Hydrozephalus (70-90 %);

Chiari-Malformation;

Blasen- und Darmentleerungsstörungen (90-100 %);

Lähmungen; Skelettfehlbildungen

* Daten für 10-Jahres-Überlebensrate bei Geburt nach dem Jahr 2000 [7]

Forschung

Forschungen zur Versorgung dieser kinderchirurgisch relevanten Fehlbildungen, insbesondere im Bereich der Wirksamkeit von kinderchirurgischen OP-Methoden, sind durch die dezentrale Versorgung erschwert. In den letzten Jahren wurde in Deutschland und auch international versucht, mit Routinedaten, meist Versicherungsdaten, Aussagen über die Verteilung und die Versorgungsqualität von angeborenen kinderchirurgischen Fehlbildungen zu treffen [16–20]. Routinedaten weisen aber Schwächen bei der Risikoadjustierung auf [21]. Sie erlauben z. B. nur eine eingeschränkte Klassifizierung der Fehlbildungen, da sie auf dem ICD-Code beruhen. Das wird am Beispiel der Gastroschisis insbesondere sichtbar. Es gibt nur einen ICD-Code für die Gastroschisis: Q79.3. Die Größe des Defektes und das Ausmaß der Darmschädigung, die jeweils entscheidende Prognosefaktoren darstellen, werden mit Routinedaten nicht erfasst. Deshalb eignen sich diese Daten nur eingeschränkt für die Beurteilung der Behandlungsqualität.

Register als Forschungsinstument

Ein aktueller Forschungsansatz für seltene Fehlbildungen liegt im Aufbau von Registern. So wurden in den letzten Jahren Register mit verschiedenen Zielsetzungen etabliert. Auf europäischer Ebene gibt es das EUROCAT-Register, welches allerdings ausschließlich epidemiologische Daten erhebt, die zwar eine Aussage zur Prävalenz der Fehlbildungen zulassen, jedoch eine Verlaufsbeurteilung und insbesondere eine Qualitätssicherung der Therapie nicht möglich macht [22].

Für den klinischen Verlauf einzelner Fehlbildungen sind nationale oder internationale Register entstanden. 1995 entstand das Congenital Diaphragmatic Hernia Study Group Registry (CDH-R) [23, 24], in das auch deutsche Zentren Daten eingeben. In diesem Register werden klinische Daten bis zur ersten Entlassung erfasst.

2005 entstand in Kanada im Rahmen des Netzwerkes CAPS-Net ein Register für die Erfassung von Kindern mit Gastroschisis und Zwerchfellhernie. [25], [26] Auch in diesem Register sind lediglich die Daten des Erstaufenthaltes erfasst, allerdings wurden mit Patienten des Registers Folgestudien zum Follow-up durchgeführt.

In Großbritannien und Irland werden seit 2006 über das BAPS-CASS (Congenital Anomalies Surveillance System) [27] die Anzahl der Fehlbildungen je Einrichtung erfasst, die dann in spezifischen Studien retrospektiv nachuntersucht werden können.

Ein Register für die Ösophagusatresie wurde 2008 in Frankreich [28], ein weiteres 2014 durch die European Society of Pediatric Surgery [29] eingerichtet.

In Deutschland sind jeweils Nachuntersuchungsregister für Menschen mit operierter Ösophagusatresie (2009) [30] und ein Nationales Register für angeborene uro-rektale Fehlbildungen (2009) (CURE-Net) [31] entstanden. Zusätzlich entstand 2010 das Register der Gruppe ARM-Net, in das designierte europäische Zentren ihre Daten zu anorektalen Malformationen eingeben können [32].

Insgesamt zeigt sich somit, dass es momentan kein Register gibt, das klinische Parameter aller kinderchirurgisch relevanten angeborenen Fehlbildungen erfasst, weder in Deutschland noch international. Die Problematik der multiplen Fehlbildungen eines Patienten wird somit in keinem Register umfänglich abgebildet. Außerdem erfassen nur wenige Register den Langzeitverlauf der Kinder. Spezifische Register für die Darmatresien, die Omphalozele und den M. Hirschsprung mit deutscher Beteiligung fehlen gänzlich. Ein individuelles Feedback (Benchmarking), das den beteiligten Einrichtungen Möglichkeiten zur Qualitätsverbesserung gibt, gibt es derzeit für deutsche Einrichtungen nur bei folgenden Registern: CDH-R und ARM-Net.

Initiative der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie

2013 wurde in der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie nach umfangreicher Diskussion über Maßnahmen zur Qualitätssicherung beschlossen, ein Register für wichtige angeborene Fehlbildungen einzurichten. Zur Vorbereitung wurde zunächst für die Jahre 2013 und 2014 eine initiale Datenerhebung zu den Zahlen der operierten Kinder im Neugeborenenalter in den einzelnen Einrichtungen durchgeführt. 28 von 89 möglichen Kliniken nahmen teil. 2014 legte sich die Fachgesellschaft auf die Erfassung der Fehlbildungen des Gastrointestinaltraktes, der Bauchwand und des Zwerchfells fest. Hinzu kam die Nekrotisierende Enterocolitis als wichtige Erkrankung des Neu- und Frühgeborenen. Es erfolgte die Ermittlung der Parameter, die in dem Register erfasst werden sollten. Für das Verfahren wurden in 2015 in offener Ausschreibung unter den Mitgliedern der DGKCH Arbeitsgruppen gebildet, die innerhalb von zwei Jahren unter Berücksichtigung aktueller Literatur und bestehender internationaler Register eine Vorlage für die Parameter erstellten. Diese wurden 2017 bis 2018 von einer gemeinsamen Expertenkommission aus neun Personen in einem Delphi-Verfahren geprüft und für die Initial-Dokumentation konsentiert. 2019 stand im Zeichen der Suche nach passender Finanzierung und einem geeigneten Softwaresystem. Auf einem Workshop in Frankfurt Ende 2019 mit 36 Teilnehmern aus 18 Kliniken und drei Selbsthilfeorganisationen wurden die weiteren Schritte zur Etablierung des Registers festgelegt. In 2020 wird das Register aufgesetzt.

Modularer Aufbau und Register-Software

Das Register orientiert sich an den „Kernempfehlungen für Patientenregister für seltene Krankheiten und zur Datenerhebung“ des EU-Sachverständigenausschuss für seltene Krankheiten (EUCERD). [33] Es wird mit der OpenSource-Software OSSE (Open-Source-Registersystem für Seltene Erkrankungen) umgesetzt. Es folgt den europäischen Prinzipien im Hinblick auf die Etablierung von Minimaldatensätzen, die Einhaltung von Datenqualitätsstandards etc.. OSSE-Register sind von vornherein auf Interoperabilität ausgelegt und können auf nationaler oder internationaler Ebene föderiert werden.

Das Register wird im Aufbau modular umgesetzt. Dies bedeutet, dass die Parameter in allgemeine und spezifische Parameter unterteilt werden. Für jeden Patienten gibt es daher einen übergreifenden Datensatz, sowie spezifische Datensätze, die sich aus den vorhandenen Fehlbildungen ergeben. Weitere spezifische Datensätze für neue aufzunehmende Fehlbildungen können so jederzeit hinzugefügt werden.

Kooperation

In der Vorbereitungsphase hat sich die breite Zusammenarbeit über viele kinderchirurgische Kliniken, Selbsthilfegruppen und weitere Experten aus benachbarten Fachgebieten als produktiv erwiesen. Insgesamt waren bislang 46 Personen beteiligt (KiRaFe-Group). Aus der DGKCH haben sich folgende Gruppen am Prozess beteiligt: Arbeitskreis Qualitätssicherung Neugeborenenchirurgie, Arbeitskreis Aktionsnetzwerk für seltene angeborene Fehlbildungen, Arbeitsgruppe Meningomyelozele und Hydrocephalus. Arbeitsgruppe Fetalchirurgie, Arbeitsgruppe Digitalisierung. Aus der Selbsthilfe: Soma e.V. (Selbsthilfeorganisation für Menschen mit Anorektalfehlbildungen). KEKS e.V. (Patienten- und Selbsthilfeorganisation für Kinder und Erwachsene mit kranker Speiseröhre) und ARQUE e.V. (Arbeitsgemeinschaft für Querschnittgelähmte mit Spina bifida/Rhein-Main-Nahe e.V.). Weiterhin Cure-Net und die Medical Informatics Group Frankfurt.

Für die Dateneingabe haben sich Anfang 2020 83 kinderchirurgische Kliniken aus Deutschland und drei aus dem benachbarten Ausland gemeldet.

Das Register ist im European Directory of Registries angemeldet [34].

Zusammenfassung

Das KinderRegister für angeborene Fehlbildungen stellt ein geeignetes Instrument für die Erfassung des Initial- und Langzeitverlaufes von Kindern mit angeborenen Fehlbildungen dar. Die breite Beteiligung aller Gruppierungen, die mit der Versorgung dieser Kinder zu tun haben trägt, wesentlich zur Akzeptanz eines solchen Projektes bei. Das Register wird gefördert von der Dr. Emil Alexander Huebner und Gemahlin-Stiftung.

Das KinderRegister für angeborene Fehlbildungen entsteht in Zusammenarbeit mit:

KiRaFe-Group (alphabethische Reihenfolge)

Bahr, Micha; Clemen, Christian; Eismann, Daniel; Fuchs, Jörg; Gitter, Heidrun; Gradhand, Elise; Grasshoff-Derr, Sabine; Großer, Kay; Günther, Patrik; Hemminghaus, Michael; Hubertus, Jochen ; Jechalke, Stephan; Jenetzki, Ekkehart; Kirschner, Hans Joachim; Klein, Tobias; König, Tatjana; Krause, Monika; Ludwikowski, Barbara; Luithle, Tobias; Märzhäuser, Stefanie; Michel, Armin-Johannes; Moursi, Ahmed Gamal Abdelmalek; Müller, Annette; Pfleiderer, Oliver; Rohleder, Stephan; Rolle, Udo; Rothe, Karin; Schäfer, Mattias; Schaible, Thomas; Schmedding, Andrea; Schmiedeke, Eberhard; Schmittenbecher, Peter; Schnekenburger, Franz Georg; Schulze, Annekatrin; Schuster, Tobias; Schwarzer, Nicole; Siebert, Julia; Storf, Holger; Tomuschat, Christian; Vierling, Christian; Weltzien, Alexandra; Wessel, Lucas; Widenmann-Grolig, Anke; Wirmer, Hanno; Zerche, Arnim; Ziegler, Anna-Maria

Die Literaturliste erhalten Sie auf Anfrage via [email protected].

Schmedding A, Rolle U: Qualitätsmessung bei seltenen Erkrankungen – KinderRegister für angeborene Fehlbildungen. Passion Chirurgie. 2020 Mai, 10(05): Artikel 03_01.