01.04.2017 Panorama
Rezension: Schiffschirurgen – von Kolumbus bis Nelson: Vergessene Helden der Seefahrtgeschichte
Schiffschirurgen – von Kolumbus bis Nelson: Vergessene Helden der Seefahrtgeschichte
Georg-Michael Fleischer
2017, 17 x 24 cm, gebunden, XVI, 280 Seiten
Verlag: Kaden, R; Auflage: 1 (30. November 2016)
ISBN-10: 3942825465
ISBN-13: 978-3942825467
Euro 59,90
Bestellen über Amazon
In seinem 2011 erschienenen Buch „Ritter auf dem Meer. Seemacht und Seewesen zur Zeit der Kreuzzüge“ hat sich Georg Michael Fleischer mit detailreicher Kompetenz und spürbarer Leidenschaft für dieses faszinierende Kapitel der Seefahrt, einem der großen logistischen mittelalterlichen Projekte des Abendlandes, gewidmet. Er beschreibt darin sachkundig das mediterrane Seewesen im Hochmittelalter. Der medizinischen Versorgung an Bord durch Bader und Chirurgen ist in dem Gesamtrahmen nur ein kurzes Kapitel gewidmet.
Sein aktuelles Buch gilt diesen vergessenen Helden der Seefahrtsgeschichte in der nachkolumbianischen Zeit der Entdeckungen. Schiffschirurgen ohne akademische ärztliche Ausbildung und nicht Chirurgen im heutigen Sinne waren zwar an Bord, um zu helfen, konnten aber meistens wenig tun. In weit überwiegender Zahl waren sie keine ausgebildeten Ärzte, sie waren Bader und Barbiere, die nur eine notdürftige wundärztliche Ausbildung erfahren hatten. Weder das medizinische Wissen ihrer Zeit noch ihre limitierte heilkundliche Ausbildung versetzten sie in die Lage, den unbekannten Mangelkrankheiten und furchtbaren Seuchen, mit denen sie konfrontiert wurden, erfolgreich zu begegnen. Umso bemerkenswerter, dass unter diesen Bedingungen Ärzte wie der Schotte James Lind nicht nur entscheidend zur Verbesserung der Bordhygiene, sondern z. B. mit Untersuchungen in einem modern anmutenden Setting eines randomisierten Studienansatzes mit sechs Vergleichsgruppen auch Bahnbrechendes zur Prophylaxe und Therapie von Skorbut durch Zitronensaft beitragen konnten.
Küstenfern geboren und aufgewachsen begann die maritime Leidenschaft des Autors möglicherweise mit seiner 1960 in Rostock begonnen Studienzeit, verstärkt durch seine spätere Liebe zum Segeln. Seine seither in jahrzehntelanger Recherche erworbene maritime Sachkenntnis ist eindrucksvoll, gepaart mit der Gabe, Seefahrtsgeschichte und die Leistungen der schiffsärztlichen Protagonisten fesselnd zu erzählen. Dies wird schon an den Zwischentiteln des Hauptteils des Buches deutlich, das sich, beginnend mit der Antike bis zum Mittelalter mit dem ca. 350-jährigen Zeitraum der Segelschifffahrt befasst und mit dem neuen maritimen Zeitalter der maschinengetrieben Eisenschiffe endet:
- Es gab sie schon immer – Heilkundige auf See und Seereise
- Es lockt die Ferne – Europa erobert die Ozeane
- Die großen Handelsrouten – Schiffschirurgen mit Händlern und Soldaten
- Hitze, Kälte, Durst und Ungeziefer – die Zustände an Bord
- Bei Wellengang und Kanonendonner – der Arbeitsplatz der Schiffschirurgen
- „… und hatten die Pest an Bord“ – Verletzungen, Skorbut und Seuchen
- Das schwarze Kapitel – Schiffschirurgen auf Sklavenfahrten und Gefangenentransporten
- Neue Horizonte – Schiffschirurgen und Forschungsreisen
- Eisenschiffe und Maschinen – das neue maritime Zeitalter
Ein nicht minder spannendes bibliographisches Lexikon der Schiffschirurgen sowie ein detailreiches Literatur- und Personenverzeichnis machen dieses fesselnde Werk, das sich liest wie ein Abenteuerbuch, auch zu einem medizinhistorischen Nachschlagewerk. Beeindruckend ist auch die Fülle interessanten Bildmaterials, vom Verlag liebevoll und zum Teil auch sehr kleinformatig gesetzt, um die flüssige Lesbarkeit des Textes nicht einzuschränken. So kann dieses Buch aus der Feder eines Chirurgen mit einer beeindruckenden Leidenschaft für die Seefahrt gleichermaßen medizinhistorisch und an der Schifffahrtsgeschichte interessierten Ärzten als informative, aber auch packende Lektüre empfohlen werden.
Bauer H. Rezension: Schiffschirurgen – von Kolumbus bis Nelson: Vergessene Helden der Seefahrtgeschichte. Passion Chirurgie. 2017 April; 7(04): Artikel 04_06.
Autor des Artikels
Weitere Artikel zum Thema
15.11.2020 Fachübergreifend
Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie zu Live-Übertragungen von Operationen und Interventionen in Deutschland
Live-Übertragungen von Operation und Interventionen haben auf Grund der technischen Möglichkeiten inzwischen eine lange Tradition und werden auf Fachkongressen zum Zwecke der Fort- und Weiterbildung genutzt. Durch moderne Informationstechnologien können Operationen inzwischen weltweit ohne jegliche zeitliche Verzögerungen übertragen werden. Live-Operationen werden auch an medizinischen Fakultäten inklusive der akademischen Lehrkrankenhäuser zur Ausbildung eingesetzt, um Studierenden authentisch die Atmosphäre von Operationssälen zeigen zu können, häufig mit der Möglichkeit für die Studierenden, Fragen zu stellen und offene Punkte zu klären.
15.11.2020 INTERN DGCH
15 Jahre Aktionsbündnis Patientensicherheit aus Sicht der DGCH
Aus Anlass des 15-jährigen Bestehens des APS und des Ausscheidens nach vielen Jahren Mitarbeit in dessen Beirat seien im Folgenden aus subjektiver chirurgischer Sicht bzw. der Begleitung des APS durch die DGCH über diese 15 Jahre einige Gedanken zusammengefasst zur heutigen Entwicklung einer Sicherheitskultur, d. h. weg von einer rückwärtsgewandten Schuldkultur hin zu einer vorwärts orientierten Fehler-Lern-Kultur. Die Entwicklung des APS mit seinen eindrücklichen Aktivitäten, getragen von überzeugten und begeisterten Protagonisten, macht deutlich, dass Versorgungsqualität und Patientensicherheit nicht per se im Versorgungssystem gewährleistet, sondern das Ergebnis permanenter Anstrengung sind.
01.11.2020 Panorama
Raumfahrt relevant für die Erforschung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Grenzen überwinden, Horizonte erweitern war das Motto der gemeinsamen Jahrestagungen der DGTHG und DGPK Anfang des Jahres 2020. Ein Highlight: Die Interaktion mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Zur Eröffnungsfeier gab Dr. -Ing. Thomas Reiter Einblicke in die Raumfahrt. Der ESA-Astronaut war in den Jahren 1992 bis 2007 als achter Deutscher mehrfach im Weltall. In der russischen Raumstation Mir absolvierte er 1995/96 den ersten ESA-Langzeitflug überhaupt und unternahm als erster Deutscher einen Weltraumausstieg.
01.11.2020 Schaufenster
Schaufenster November 2020
Schaufenster November 2020: Langzeitstudie gestartet zu Folgen der Belastungen am Arbeitsplatz durch Corona Krise Die Goethe-Universität Frankfurt am Main hat das Forschungsprojekt „Arbeit und Befinden in der Krise“ gestartet, das die Auswirkungen und Konsequenzen der veränderten Arbeitsbedingungen durch die Corona-Pandemie untersuchen möchte.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.