01.10.2014 Abrechnung
Probleme der Wahlleistungsvereinbarung
Leitende Klinikärzte geraten immer wieder unter Beschuss. Ihnen wird vorgeworfen, durch ihre auf der Grundlage von Wahlleistungsvereinbarungen erstellten Privatliquidationen gegen zwingende Vorschriften des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) oder der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) zu verstoßen. Patienten verweigern vermehrt die Zahlung von Privatliquidationen nach stationärer Behandlung unter Verweis auf die angebliche Unwirksamkeit der von ihnen unterzeichneten Wahlleistungsvereinbarung. Private Krankenversicherer lassen sich von Patienten, die eine Privatliquidation für stationäre Behandlung bereits bezahlt haben, den behaupteten Anspruch der Patienten auf Rückzahlung des bezahlten Betrags abtreten und klagen gegen leitende Krankenhausärzte auf Rückerstattung des Rechnungsbetrages.
Vor diesem Hintergrund sollte jeder selbstliquidierende Chefarzt darauf achten, eine rechtlich unangreifbare Wahlleistungsvereinbarung mit dem Patienten zu treffen.
Nachfolgend werden einige Kriterien, die jedoch nicht abschließend sind, aufgezeigt, die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung wiederholt als maßgeblich für die Wirksamkeit von Wahlleistungsvereinbarungen für die stationäre Behandlung angesehen wurden.
1. Schriftformerfordernis, § 17 Abs. 2 Satz 1 Hs. 1 KHEntgG
Gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Hs. 1 KHEntgG muss die gesamte Wahlleistungsvereinbarung schriftlich geschlossen werden. Dies bedeutet gemäß § 126 Abs. 2 BGB, dass beide Vertragspartner dieselbe Urkunde unterzeichnen müssen. Das Schriftformerfordernis ist auch gewahrt, wenn zwei gleichlautende Schriftstücke erstellt werden, von denen jedes von einer Partei unterzeichnet und an die jeweils andere Partei ausgehändigt wird.
2. Vorherige Information des Patienten über die Entgelte der Wahlleistung, § 17 Abs. 2 Satz 1 Hs. 2 KHEntgG
Diese Vorschrift schreibt eine weitere Wirksamkeitsvoraussetzung für die Wahlleistungsvereinbarung fest, die von einigen Krankenhäusern nicht beachtet wird:
Der Patient ist vor Abschluss der Vereinbarung schriftlich über die Entgelte der Wahlleistungen und deren Inhalt im Einzelnen zu unterrichten, d. h. diese Patienteninformation muss der Wahlleistungsvereinbarung vorausgehen. Die Patienteninformation sollte deshalb nicht Teil der Wahlleistungsvereinbarung sein, da die Rechtsprechung dies als verspätet ansehen könnte, wodurch die Wahlleistungsvereinbarung unwirksam wird (vgl. OLG Zweibrücken, Urteil vom 28.05.2002 – 5 U 1/02.). Ebenso unwirksam wird die Wahlleistungsvereinbarung, wenn die vorherige Unterrichtung nicht ausreichend erfolgt (vgl. BGH, Urteil vom 01.02.2007 – III ZR 126/06). Eine formularmäßige, in der Wahlleistungserklärung des Patienten enthaltene Klausel, nach den allgemeinen Vertragsbestimmungen und der Pflegekostentarif sowie die Gebührenordnung zur Einsichtnahme vorgelegen haben, genügt nicht den Anforderungen des Krankenhausentgeltgesetzes und der Rechtsprechung. Dem Patienten muss nach der BGH-Rechtsprechung vielmehr vor Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung folgendes dargestellt werden:
• eine kurze Charakterisierung des Inhalts wahlärztlicher Leistungen, wobei zum Ausdruck kommt, dass hierdurch die persönliche Behandlung durch die liquidationsberechtigten Ärzte sichergestellt werden soll, zusammen mit dem Hinweis, dass der Patient auch ohne Abschluss einer Wahlleistungsvereinbarung die medizinisch notwendige Versorgung durch hinreichend qualifizierte Ärzte erhält,
• eine kurze Erläuterung der Preisermittlung für ärztliche Leistungen nach der GOÄ bzw. GOZ sowie ein Hinweis auf die Gebührenminderung nach § 6a GOÄ,
• der Hinweis darauf, dass die Vereinbarung wahlärztlicher Leistungen eine erhebliche finanzielle Mehrbelastung zur Folge haben kann,
• der Hinweis auf die Erstreckungsklausel des § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG (Wahlarztkette; hier wird dringend empfohlen, den Gesetzestext wortwörtlich zu übernehmen, da sich private Krankenversicherungen ansonsten auf die Unwirksamkeit dieser Klausel berufen könnten),
• sowie der Hinweis auf die jederzeitige Einsichtnahme in GOÄ/GOZ auf Wunsch des Patienten (vgl. BGH, Urteil vom 04.11.2010 – III ZR 323/09).
Dies geschieht am besten durch Aushändigung einer schriftlichen Patienteninformation, wobei der Patient den Erhalt durch ein Empfangsbekenntnis mit Angabe des Datums und der Uhrzeit durch Unterschrift zwingend bestätigen sollte.
3. Koppelungsverbot
Als Fallstrick kann sich auch eine in den allgemeinen Vertragsbedingungen der Krankenhäuser enthaltene Regelung erweisen, die eine Verknüpfung zwischen der Art der Unterbringung des Patienten und dem Liquidationsrecht der leitenden Abteilungsärzte enthält. Wird in den allgemeinen Vertragsbestimmungen geregelt, dass die Unterbringung des Patienten in einem Ein- oder Zweibettzimmer automatisch an die gesonderte Berechnung der ärztlichen Leistung der leitenden Ärzte gekoppelt wird, ist dies unzulässig (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.04.2012 – 2 S 1730/11).
§ 17 Abs. 4 KHEntgG bestimmt nämlich, dass eine Vereinbarung über gesondert berechenbare Unterkunft nicht von einer Vereinbarung über sonstige Wahlleistungen abhängig gemacht werden darf. Verhindert werden soll hierdurch insbesondere, dass die Verpflichtung des Patienten zur Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen entsteht, wenn dieser in einem Ein- oder Zweibettzimmer untergebracht werden möchte.
Die allgemeinen Vertragsbestimmungen des Krankenhauses sollten daher unbedingt daraufhin überprüft werden, ob eine Entkoppelung im Sinne von § 17 Abs. 4 KHEntgG vorgenommen ist.
4. Erfordernis der persönlichen Leistungserbringung, §§ 4 Abs. 2 GOÄ, 17 Abs. 3 KHEntgG, 613 Satz 1 BGB
Ärztliche Leistungen, die der Wahlarzt selbst liquidiert, müssen nach den oben genannten Vorschriften vom Wahlarzt grundsätzlich selbst erbracht werden. Eine Ausnahme gilt lediglich dann, wenn der Wahlarzt Leistungen delegiert und diese Leistungen unter seiner Aufsicht nach seiner fachlichen Weisung erbracht werden. Voraussetzung für die Abrechenbarkeit von delegationsfähigen ärztlichen Leistungen, die der Wahlarzt an andere Ärzte delegiert, ist aber, dass der Wahlarzt bei der Behandlung eigenverantwortlich mitgewirkt hat und dadurch der ärztlichen Leistung sein persönliches Gepräge gegeben hat. Unter seiner Aufsicht setzt voraus, dass wenn er schon nicht anwesend ist, er jedenfalls die Möglichkeit hat, unverzüglich persönlich einwirken zu können. Nicht ausreichend ist hingegen, dass er lediglich im Sinne einer Oberaufsicht die grundlegenden Entscheidungen einer Behandlung selbst trifft, deren Vollzug überwacht und entsprechende Weisungen erteilen kann (vgl. OLG Oldenburg, Urteil vom 14.12.2011 – 5 U 183/11; OLG Frankfurt a. M., GesR 2011, 680).
Die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung resultiert daraus, dass der Patient sich bei Unterzeichnung einer Wahlleistungsvereinbarung die persönliche Leistung des leitenden Krankenhausarztes erkauft, da er infolge der gesonderten Berechenbarkeit der wahlärztlichen Leistungen erheblich höhere finanzielle Aufwendungen in Sorge um seine Gesundheit macht. Im Gegenzug soll er dadurch ein Anrecht auf die persönliche Zuwendung und die besondere fachliche Kompetenz und Erfahrung des von ihm gewählten Arztes haben. Nicht delegationsfähig sind somit die sog. Kernleistungen. Demzufolge muss der Wahlarzt die seine Disziplin prägenden Kernleistungen persönlich und eigenhändig erbringen. Etwas anderes gilt nur, sofern er mit dem Patienten eine Ausführung seiner Kernleistungen durch einen Stellvertreter wirksam vereinbart hat (vgl. BGH, Urteil vom 11.05.2010 – VI ZR 252/08; OLG Braunschweig, Urteil vom 25.09.2013 – 1 U 24/12).
Der Wahlarzt muss sich also zu Beginn, während und zum Abschluss der Behandlung mit dem Patienten persönlich befassen. Er muss der ärztlichen Maßnahme hierdurch sein persönliches Gepräge geben. Folglich ist bei jeder einzelnen Behandlungsmaßnahme die Frage zu stellen, ob sie dem Wahlarzt nach herkömmlichen Verständnis zur eigenen Verantwortung zuzurechnen ist (vgl. OLG Oldenburg, a. a. O.). Insbesondere die für den Patienten bedeutenden und riskanten Hauptleistungen, wie zum Beispiel Geburt, Operation, Narkose, usw. muss er stets selbst erbringen. Bei diesen Leistungen ist, wie gesagt, eine Delegation nicht möglich.
Ist der Wahlarzt während der Dauer der Behandlung des Patienten oder auch nur während einer wesentlichen Hauptleistung nicht im Krankenhaus anwesend und kann den Patienten nicht persönlich betreuen, ist eine Privatliquidation gegenüber diesem Patienten hinsichtlich der Kernleistungen nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nur möglich, wenn eine wirksame Vertretervereinbarung vorliegt (vgl. BGH, Urteil vom 11.05.2010 – VI ZR 252/08). Dabei muss nach ständiger Rechtsprechung unterschieden werden zwischen den Fällen der unvorhersehbaren Verhinderung und der vorhersehbaren Verhinderung.
Eine unvorhersehbare Verhinderung liegt beispielsweise vor bei Krankheit, einem Unfall des Wahlarztes, einem anderweitigen Notfall oder auch bei einem nachträglich eingereichten Urlaub. Die Verhinderung darf damit im Zeitpunkt des Abschlusses der Wahlleistungsvereinbarung noch nicht feststehen.
Eine vorhersehbare oder geplante Verhinderung liegt vor, wenn im Zeitpunkt des Abschlusses der Wahlleistungsvereinbarung die Verhinderung zur persönlichen Leistungserbringung der Kernleistungen vorhersehbar ist. Beispielhaft seien hier der geplante Urlaub, eine Fortbildung oder ein freies Dienstwochenende genannt. Der Wahlarzt muss also an der persönlichen Erbringung der seine Disziplin prägenden Kernleistung vorhersehbar verhindert sein.
Für den Fall der unvorhersehbaren Verhinderung des Wahlarztes kann nach der Rechtsprechung durch Aufnahme einer Regelung in der Wahlleistungsvereinbarung eine zulässige Abweichung vom Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung vereinbart werden. Dabei wird es als zulässig angesehen, wenn der ständige ärztliche Vertreter für diesen Fall als Vertreter des Wahlarztes namentlich benannt wird und auch nur dieser die Wahlleistung stellvertretend erbringt (vgl. BGH, Urteil vom 20.12.2007 – III ZR 144/07).
Noch nicht abschließend geklärt ist in der Rechtsprechung, ob hier nur die Benennung eines ständigen ärztlichen Vertreters zulässig sein soll oder sogar mehrerer. Nach Auffassung des Verfassers tendiert jedoch die Rechtsprechung und wohl auch der BGH unter Bezugnahme auf den Wortlaut der §§ 4 Abs. 2, 5 Abs. 5 GOÄ dahin, dass nur ein ständiger ärztlicher Vertreter pro Wahlarzt zulässig sein soll (vgl. BGH, a. a. O.). Der ständige ärztliche Vertreter muss dem Patienten auch vor Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung namentlich benannt werden. Nachdem bei größeren Abteilungen oder Kliniken der Wahlarzt mehrere ständige ärztliche Vertreter benötigt, bietet sich aus Sicht des Verfassers hier wohl nur die praktikable Lösung an, den Zuständigkeitsbereich des Wahlarztes dahingehend aufzuteilen, dass von mehreren ständigen ärztlichen Vertretern jeweils einer alleiniger ständiger ärztlicher Vertreter für einen einzelnen Fachbereich oder eine Station des Wahlarztes wird und dies in der Wahlleistungsvereinbarung auch explizit dargestellt wird. Denn es muss beachtet werden, dass die Bestimmung des Zuständigkeitsbereichs des ständigen ärztlichen Vertreters so klar definiert werden muss, dass der Patient ohne Weiteres erkennen kann, welcher Arzt im Vertretungsfall tatsächlich zuständig ist.
Für Fälle der vorhersehbaren Verhinderung ist nach Rechtsprechung des BGH eine Abweichung vom Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung im Kernbereich der wahlärztlichen Leistung hingegen nur möglich, wenn mit dem Patienten eine zusätzliche individuelle Stellvertretervereinbarung abgeschlossen wird (vgl. BGH, a. a. O.). Eine Vertreterregelung in der Wahlleistungsvereinbarung für diesen Fall ist unwirksam. Somit wird zwingend eine gesonderte Vereinbarung benötigt.
Mit vorgenanntem Urteil hat der BGH entschieden, dass eine Individualvereinbarung für den Fall der vorhersehbaren Verhinderung nur wirksam ist, wenn:
• der Patient so früh wie möglich über die Verhinderung des Wahlarztes unterrichtet wird,
• die Vertretervereinbarung schriftlich geschlossen wird und
• der Patient über folgende drei Alternativen aufgeklärt und ihm diese angeboten werden:
1. anstelle des Wahlarztes wird ein bestimmter Vertreter zu den vereinbarten Bedingungen, also Abrechnung als wahlärztliche Leistungen, tätig,
2. der Patient muss die Möglichkeit haben, auf die Inanspruchnahme ärztlicher Wahlleistungen zu verzichten und sich ohne Zuzahlungen von dem jeweils diensthabenden Arzt behandeln zu lassen oder
3. sofern die jeweilige Maßnahme bis zum Ende der Verhinderung des Wahlarztes aus medizinischer Sicht verschoben werden kann, ist auch dies dem Patienten zur Wahl zu stellen.
Bei der individuellen Stellvertretervereinbarung kann aus Sicht des Verfassers wohl auch ein anderer als der ständige ärztliche Vertreter benannt werden, zum Beispiel ein spezialisierter Oberarzt. Allerdings wird man hier berücksichtigen müssen, dass der Chefarzt nur solche Leistungen des Vertreters als Wahlleistungen abrechnen darf, die er auch selbst hätte erbringen können (vgl. Andreas M., ArztR 2009, 172 ff.).
Auf diese Vertretervereinbarung ist der Patient gesondert hinzuweisen, wenn diese im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Abschluss des Wahlleistungsvertrags vereinbart werden soll. Ferner ist es aus Sicht des BGH nicht erforderlich, dass der Wahlarzt selbst den Patienten hierüber aufklärt.
Hinsichtlich der Anforderungen an eine Individualabrede macht der BGH in diesem Urteil deutlich, dass eine solche auch dann vorliegen könne, wenn sie formularmäßig abgeschlossen werde. Dies sei dann der Fall, soweit die Vertragsregelungen im Einzelnen ausgehandelt wurden. Nach Auffassung des BGH seien Verhandlungen über den Text der Klauseln zwischen den Vertragspartnern hierfür nicht maßgeblich. Hiernach könne auch eine vorformulierte Vertragsbedingung ausgehandelt sein, wenn sie der Verwender als eine von mehreren Alternativen anbietet und der Vertragspartner zwischen diesen Alternativen wählen könne. Notwendig sei, dass der Patient durch die Auswahlmöglichkeiten den Gehalt der Regelung mitgestalten könne und seine Wahlfreiheit nicht durch Beeinflussung des Verwenders, beispielsweise durch die Formulargestaltung oder in anderer Weise überlagert werde (vgl. BGH, a. a. O.). Folglich müssten nach Ansicht des Verfassers zur Erfüllung der Voraussetzungen einer Individualabrede entsprechend der BGH-Rechtsprechung dem Patienten die hier oben dargestellten Handlungsoptionen zur Wahl gestellt werden, sodass der Patient die weitere Vorgehensweise beispielsweise durch Ankreuzen selbst bestimmen kann.
Abschließend sei noch einmal auf die Bedeutung einer wirksamen Wahlleistungsvereinbarung hingewiesen. Nach allgemeiner Auffassung hat jede dem Krankenhausträger gegenüber abgegebene Erklärung des Patienten, wahlärztliche Leistungen im Sinne von § 17 KHEntgG in Anspruch zu nehmen, zur Folge, dass mit dem Patienten regelmäßig ein totaler Krankenhausvertrag mit Arztzusatzvertrag geschlossen wird. Sowohl der Krankenhausträger als auch der Arzt schulden bei dieser Vertragsgestaltung ärztliche Leistungen. Der liquidationsberechtigte Arzt darf seine Leistungen aus eigenem Recht gegenüber dem Patienten abrechnen.
Je nachdem wie im einzelnen Krankenhaus bei Abschluss einer Wahlleistungsvereinbarung vorgegangen wird, muss anhand der konkreten Umstände im Einzelfall und der Vertragsauslegung beurteilt werden, ob mit dem Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung zugleich der Arztzusatzvertrag zwischen Patient und liquidationsberechtigtem Arzt geschlossen wird oder ob der Arztzusatzvertrag gesondert zur Wahlleistungsvereinbarung geschlossen werden muss (vgl. OLG München, Urteil vom 07.08.2008 – 1 U 4979/07).
Kommt der Arztzusatzvertrag bereits bei Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung zwischen dem Krankenhaus und dem Patienten zustande und tritt das Krankenhaus dabei als Vertreter des leitenden Arztes auf, gelten die Formvorschriften des Krankenhausentgeltgesetzes bei dieser Gestaltungsform, die der Regelfall sein dürfte, unmittelbar auch für den Arztzusatzvertrag. Werden diese Vorschriften nicht eingehalten, wird das Liquidationsrecht des leitenden Arztes nicht wirksam begründet.
Liegt die andere Alternative des Vertragsschlusses vor, wenn der Arztzusatzvertrag, der die schuldrechtlichen Bindungen zwischen dem leitenden Arzt und dem Patienten begründet, durch gesonderten Vertragsschluss zwischen Arzt und Patient und nicht bereits durch Vermittlung des Krankenhausträgers zustande kommt, kann der gesonderte Arztzusatzvertrag mangels einschlägiger Formvorschriften auch mündlich oder durch konkludentes Verhalten des Patienten geschlossen werden (vgl. OLG München, a. a. O.). § 17 KHEntgG ist dann für den Arztzusatzvertrag nicht einschlägig, da diese Bestimmungen nur die zwischen dem Krankenhaus und dem Patienten abzuschließende Wahlleistungsvereinbarung erfasst. Die Krux besteht jedoch darin, dass, wie der BGH bereits in seinem Urteil vom 19.02.1998 – III ZR 169/97 bestätigt hat, die Wahlleistungsvereinbarung zwischen Krankenhaus und Patient einerseits und der Arztzusatzvertrag zwischen Chefarzt und Patient andererseits eine rechtliche Einheit bilden. Ist also die Wahlleistungsvereinbarung mit dem Krankenhausträger zum Beispiel wegen Verstoßes gegen die Formvorschriften des Krankenhausentgeltgesetzes unwirksam, erfasst dies gemäß § 139 BGB auch einen zwischen dem Arzt und dem Patienten gesondert geschlossenen Arztzusatzvertrag. Konkret bedeutet dies, dass eine per se zwischen Arzt und Patienten wirksam geschlossene Vereinbarung, wonach der Arzt selbst liquidieren darf, auch wenn sein Vertreter oder andere Ärzte tätig waren, dann unwirksam ist, wenn die zwischen Krankenhausträger und Patient geschlossene Wahlleistungsvereinbarung keine Wirksamkeit wegen Verstoßes gegen das KHEntgG entfaltet (vgl. OLG München, a. a. O.). Der Arztzusatzvertrag steht und fällt daher in jedem Fall mit der Wahlleistungsvereinbarung. Nur wenn diese, bei Aufnahme des Patienten in das Krankenhaus geschlossene Wahlleistungsvereinbarung wirksam ist, kann die ärztliche Privatliquidation dem Angriff im Rahmen eines Rechtstreits standhalten.
Ist nach alledem die Wahlleistungsvereinbarung und/oder die individuelle Stellvertretervereinbarung rechtsunwirksam, hat somit der liquidierende Arzt keinen Anspruch gegen den Patienten auf Zahlung der in Anspruch genommenen Wahlleistungen. Dem Patienten steht in diesem Fall ein Leistungsverweigerungsrecht zu. Hat der Patient die Rechnung schon bezahlt, kann er das bezahlte Honorar vom Arzt zurückfordern. Verstößt der Arzt gegen seine Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung, können daneben noch als weitere erhebliche Konsequenzen ein berufsgerichtliches sowie ein strafrechtliches Verfahren wegen Abrechnungsbetruges drohen.
Autor des Artikels
Dr. jur. Jörg Heberer
Justitiar des BDC, Rechtsanwalt und Fachanwalt für MedizinrechtRechtsanwaltskanzlei Dr. Heberer & Kollegen kontaktierenWeitere Artikel zum Thema
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