01.03.2024 Sonstige
Hygiene-Tipp: Assistenzhunde im Krankenhaus
![](https://www.bdc.de/wp-content/uploads/ebook/129783/OEBPS/images/p32-750x510.jpg)
Was ist passiert? Eine Patientin meldet sich beim Krankenhaus: Sie brauche einen OP-Termin und bringe ihren Assistenzhund mit. Antwort des Krankenhauses: Tiere im Krankenhaus sind nicht erlaubt. Folgetag: dicker Bericht in der lokalen Presse, dass das Krankenhaus der Patientin die Aufnahme verweigere und sich nicht an Recht und Gesetz halte.
Was ist da los? Es gibt Therapiehunde und Assistenzhunde. Letztere sind von Therapiehunden abzugrenzen.
Assistenzhunde – der bekannteste ist der Blindenführhund – helfen dem Besitzer bzw. der Besitzerin, der/die auf Grund einer Behinderung/Erkrankung Hilfestellungen in der Alltagsbewältigung benötigt. Diese Hilfestellungen können je nach Behinderung/Krankheitsbild ganz unterschiedlich ausfallen.
Therapiehunde hingegen werden unterstützend bei therapeutischen Verfahren – bspw. in der Logopädie oder in der Psychotherapie – eingesetzt.
Grundsätzlich handelt es sich um einen Hund, genauso wie jeder andere Hund mit (Jagdhund, Drogenspürhund) oder ohne (Familienmitglied) spezifische Funktion. Die rechtliche Situation unterscheidet sich allerdings erheblich: Therapiehunde müssen genauso wenig in einer Einrichtung oder am Arbeitsplatz zugelassen werden wie der Arbeitgeber den Mitarbeitern auch nicht zugestehen muss, ihren Privathund zum Arbeitsplatz mitzunehmen.
Über das Teilhabestärkungsgesetz, das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und die Assistenzhundeverordnung sieht dies bei einem anerkannten Assistenzhund allerdings anders aus. Unabhängig davon, ob es sich um einen Blindenführhund – der bisher der einzige nach § 33 SGB V als alternatives, medizinisches Hilfsmittel anerkannt ist und damit alternativ zu Langstock oder Rollstuhl auch von den Krankenkassen (nach Prüfung) finanziert wird – oder einen anderen Assistenzhund handelt, kann man einer Person den Zutritt zu (zumindest bestimmten Bereichen) einer Einrichtung nicht verweigern. Bezogen auf den o. g. Fall: Die Patientin ist erst einmal im Recht.
Es empfiehlt sich, frühzeitig hierfür Regelungen zu treffen, am besten auch unter Einbeziehung der Rechtsstelle. So können Vorgaben definiert werden bzw. müssen entsprechend der Gesetzeslage erfüllt sein, z. B.:
- Nachweis über Anerkennung des Hundes als Assistenzhund,
- Vorlage eines Behindertenausweises mit erheblicher Einschränkung oder Vorlage eines Blindenführhundausweises oder eines Zertifikats, das die Eignung des Mensch-Hund-Teams nach § 12g BGG belegt,
- Gesundheitszeugnis des Hundes,
- gepflegtes Äußeres des Hundes,
- Impfnachweis,
- der Hund muss aktuell gesund sein: keine Parasiten, keine Magen-Darm-Erkrankungen, keine Wunden etc.,
- Nachweis einer ausreichenden Haftpflichtversicherung mit Schadendeckung von mindestens 1 Mio. €,
- Angaben dazu, wo der Hund sich hinlegt, wer sich kümmert, wenn der Besitzer ausfällt,
- Kennzeichnung des Hundes als Assistenzhund,
- der Patient muss physisch und psychisch in der Lage sein, Regeln einzuhalten und den Hund sicher zu führen.
Konkret muss der Zugang zur Station bzw. zum Zimmer geregelt werden – möglichst kurz von außen. Kein Zugang zu bestimmten Räumen, z. B. Küche oder Intensivstation.
Auch muss geregelt werden, was mit dem Hund passiert, wenn der Besitzer operiert wird. Wenn letzterer z. B. nach der OP nicht aus dem Bett kann oder auf Intensivstation kommt, was passiert dann mit dem Tier? Hier empfiehlt sich eine Regelung, dass eine weitere externe Bezugsperson des Tieres sich um dieses kümmert. Diese Person muss von Anfang an einbezogen werden.
Weiter sollten die Regeln im Krankenhaus – für Besucher und Mitarbeiter – kommuniziert werden. Ansonsten nimmt die Zahl der Tiere massiv zu: Mitarbeiter bringen ihre Hunde mit („das Tier ist krank und kann nicht allein zu Hause bleiben” – schon erlebt …), Besucher erscheinen mit sogenannten Kampfhunden usw.
Aufgrund der aktuelle Gesetzeslage endet die Begleitung durch Assistenzhunde vor den Patientenzimmern (zumindest bei Mehrbettzimmern) und den Funktionsbereichen. Hier empfiehlt sich zukünftig eine entsprechende Wortlautanpassung durch den Gesetzgeber, um in begründeten Einzelfällen die räumlich erweiterte Begleitung zu ermöglichen. In der Zwischenzeit bleiben lösungsorientierte Rücksprachen mit den Gesundheitsämtern zu ggfs. über den Gesetzeswortlaut hinausgehenden Einzelfall-Entscheidungen.
Parohl N, Edlinger S, Popp W, Jatzwauk L, Kohnen W: Hygiene-Tipp: Assistenzhunde im Krankenhaus. Passion Chirurgie. 2024 März; 14(03/I): Artikel 04_03.
Autoren des Artikels
![Profilbild von Nina Parohl](https://www.bdc.de/wp-content/uploads/avatars/22308/5f3a29173fe1c-bpfull.jpg)
Dr. med. vet. Nina Parohl
Ärztl. MitarbeiterinHyKoMed GmbH![Avatar](https://www.bdc.de/wp-content/uploads/2022/07/no_user.jpg)
Dr. Sabine Edlinger
GeschäftsführerinSt. Elisabeth GruppeKatholische Kliniken Rhein-Ruhr![Profilbild von Lutz Jatzwauk](https://www.bdc.de/wp-content/uploads/avatars/24805/5e2ac486e52ab-bpfull.jpg)
Prof. Dr. rer. nat. et rer. medic. habil. Lutz Jatzwauk
Krankenhaushygiene/ UmweltschutzUniversitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden![Profilbild von Wolfgang Kohnen](https://www.bdc.de/wp-content/uploads/avatars/24806/5e2ac57dacac8-bpfull.jpg)
Dr. rer. nat. Wolfgang Kohnen
Stellvertretender Abteilungsleiter im Bereich Krankenhaushygiene, Krankenhaushygieniker, Beauftragter für das QualitätsmanagementAbteilung für Hygiene und InfektionspräventionUniversitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität MainzVorstand der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V. (DGKH)Weitere Artikel zum Thema
01.10.2018 Politik
Editorial: Wer die Zeche prellt …
Gelegentlich ist eine Recherche bei Wikipedia nicht nur lehrreich, sondern nachgerade amüsant. Unter dem Begriff „Zechprellerei“ findet man unter „Zeche“ den Herkunftsnachweis „Beitrag zum gemeinsamen Gelage einer Gesellschaft“ und „bei dem Begriff des „Prellens“ einen Jagdbrauch des 17. und 18. Jahrhunderts, bei dem ein Fuchs zur „Belustigung von Jagdgesellschaften“ auf einem straff gespannten Tuch wiederholt hochgeschleudert und so um seine Freiheit geprellt wurde.
01.09.2018 Orthopädie/Unfallchirurgie
Editorial: Infektionen vorbeugen
Editorial PC 09-2018: Wir haben mit dem Beitrag „Implantat assoziierte Infektionen“ einen Themenkomplex aufgegriffen, der den Weg aus der hintersten und dunklen Ecke seltener Komplikationen in eine der ersten Reihen auf nahezu jedem Kongress chirurgischer Fächer geschafft hat. Eine Entwicklung, die zeigt, dass die Inzidenz steigt, die Therapie schwierig und komplex ist und die Folgen wie Morbidität, Invalidität sowie Mortalität bedeutsam sind.
01.08.2018 Fachgebiete
Editorial: Die Schilddrüse – kleines Organ mit großer Wirkung
Editorial PASSION CHIRURGIE 08-2018: Die humane Schilddrüsenchirurgie hat eine sehr lange Entwicklungszeit hinter sich. Zwar finden sich erste Beschreibungen des Organs, das damals noch als Cele oder Cyste angesehen wurde, schon im Altertum. Doch die nachfolgenden Epochen waren über viele Jahrhunderte von dumpfer Mystik und profunder Unkenntnis gekennzeichnet.
26.06.2018 Entwicklungshilfe
Editorial: Globale Gesundheit – Was können wir beitragen?
Was können wir als Chirurgen hier in einem westlichen Industriestaat mit allen Möglichkeiten einer umfassenden medizinischen Versorgung tun? Zuallererst wollen die Gestalter dieses Themenheftes an die Verantwortung der einzelnen Chirurginnen und Chirurgen an das Konzept der globalen Gesundheit erinnern und auch dafür werben.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.