01.09.2014 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Begriffe steril und desinfiziert – nicht selten falsch verwendet
Immer wieder werden die Begriffe „steril“ und „desinfiziert“ falsch verwendet. In Gerichtsverfahren kann das den Verdacht nahelegen, dass diese Basis-Begriffe nicht bekannt sind.
„Ich gehe nur mit sterilen Händen an den Patienten” kann allenfalls möglich sein mit sterilen Handschuhen, nicht jedoch nach einer Händedesinfektion der normalen Hände. Steril bedeutet immer, dass keine vermehrungsfähigen Bakterien, Pilze oder Viren mehr vorhanden sind, auch keine bakteriellen Sporen. Dieser Zustand ist nur durch Sterilisation zu erreichen, z. B. im Autoklaven. Real wird bei der chirurgischen Händedesinfektion eine Keimzahlreduktion um maximal den Faktor 1.000 erreicht.
„Steriles Abwaschen” (wie oft geschrieben) vor der OP gibt es nicht: Der Patient wird nicht „abgewaschen”, sondern es wird Desinfektionslösung verteilt. Das Ergebnis der präoperativen Hautdesinfektion – so der korrekte Begriff – ist nicht eine sterile Haut, sondern eine desinfizierte Haut. Es können also noch Bakterien auf ihr sein – aber nur so viele, dass sie keine Infektion mehr hervorrufen können.
Die in Schadensersatz-Prozessen oft vorgebrachte Argumentation, dass die Wundinfektion logisch sei, da die präoperative Hautdesinfektion gar nicht alle Bakterien abtöte, ist vielleicht in extrem seltenen Fällen zutreffend, aber nicht bei den allermeisten Wundinfektionen.
Auf trockenen, talgdrüsenarmen Arealen der Haut findet man üblicherweise Keimzahlen im Bereich von 102-103 Keimen/cm2, am Abdomen 103-104 Keime/cm2.
Bei der Desinfektion erwartet man eine Keimzahlreduktion um den Faktor 1.000 bis 100.000. Nach Hautantiseptik verbleiben durchschnittlich 10 Keime/cm2 auf der Haut. Dabei handelt es sich um residente Hautflora, insbesondere S. epidermidis, die vor allem in den Haarfollikeln lokalisert sind. E. coli oder S. aureus zählen dagegen zur transienten Hautflora, die gerade durch die präoperative Hautdesinfektion abgetötet werden sollen.
Der Hygienetipp gibt die Meinung der Autoren wieder.
Autoren des Artikels
Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Zastrow
Chefarzt des Hygiene-Instituts der REGIOMED-Kliniken Bayern/ Thüringen kontaktierenProf. Dr. med. Walter Popp
Ärztlicher LeiterHyKoMed GmbHVizepräsident der Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V. (DGKH) kontaktierenWeitere Artikel zum Thema
20.04.2021 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Masken in der Medizin – eine kleine Geschichte
Masken als Schutzmaßnahme wurden schon im Mittelalter eingesetzt. Sie waren oft aus Leder gefertigt und dienten – neben Mänteln und Handschuhen – als Schutz für die Ärzte bei der Behandlung von Infektionskranken, z. B. Pestkranken. Teilweise waren die Masken so gestaltet, dass sie Räucherrauch abgeben konnten, oft waren sie mit Kräutern und Flüssigkeiten gefüllt – wohl in erster Linie gedacht als Schutz gegen die einwirkenden Miasmen in der Luft, die als Überträger der Infektionen angesehen wurden.
25.01.2021 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Welche Qualifikation braucht der Krankenhaushygieniker?
Die Umsetzung der Krankenhaushygiene-Verordnungen der Bundesländer fordert nach Ablauf der Übergangsregelungen von zahlreichen stationären, aber auch ambulanten Gesundheitseinrichtungen zwingend die Bestellung eines Krankenhaushygienikers.
15.11.2020 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Berufskrankheiten durch Infektionen
Im Gesundheitswesen können Infektionen nach der Berufskrankheiten-Ziffer BK 3101 („Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war“) anerkannt werden.
11.11.2020 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Meldepflichten nach Infektionsschutzgesetz
Die parallel existierende Meldepflicht für Untersuchungslaboratorien nach § 7 IfSG für Labornachweise definierter Krankheitserreger entbindet den die Krankheitsdiagnose stellenden Arzt nicht von der o.g. ärztlichen Meldepflicht.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.