08.12.2017 Politik
Gütesiegel direkt von Chirurgen – So erkennen Patienten gute Operateure
![](https://www.bdc.de/wp-content/uploads/2017/12/iStock-475440228_tostphoto-750x500.jpg)
Der Erfolg einer Operation hängt in vielen Fällen von der Erfahrung des Behandlungsteams ab. Allgemein- und Viszeralchirurgen legen nun konkrete Zahlen vor, wie häufig Eingriffe durchgeführt werden müssen, damit eine Einrichtung für eine bestimmte Behandlung als qualifiziert zertifiziert werden kann. Dabei basieren die Anforderungen der Allgemeinchirurgen an ihr eigenes Fach auf umfangreichen Datensammlungen und liegen weit über den geforderten derzeitigen Mindestmengen.
So gilt etwa für Leistenbrüche, aber auch für Mast- und Dickdarmeingriffe eine Mindesteingriffszahl von 100 Operationen pro Jahr und Zentrum. „Dies ist ein wertvoller Beitrag zur Patientensicherheit, der von den Fachexperten selbst erarbeitet wurde“, erklärte Professor Dr. med. Jörg Fuchs, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, (DGCH) auf der Jahrespressekonferenz der DGCH.
Zentrumsbildung, Komplikationsraten, Audits: Faktoren, die auf chirurgische Qualität hindeuten sollen, sind für Patienten oft nur schwer einzuordnen. Um den Patienten eine klare Information an die Hand zu geben, hat die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) bereits im Jahr 2008 ein aufwändiges Zertifizierungsprojekt gestartet. Seither hat die Fachgesellschaft mehr als 74.000 Falldaten zu operativen Ergebnissen an verschiedenen Organbereichen gesammelt und ausgewertet. “Die Daten, die uns die Kliniken übermitteln, werden sorgfältig aufbereitet”, sagt Professor Dr. med. Albrecht Stier, Präsident der DGAV. “Dazu gehört unter anderem, die Fallschwere mit jeweils zulässigen Komplikationsraten zu berücksichtigen.”
Insgesamt hat die DGAV bisher 330 Zentren als sogenannte „Kompetenzzentren“ zertifiziert. Nicht jede Einrichtung erhält das Gütesiegel der Fachgesellschaft – in 29 Fällen erfolgte eine Ablehnung. „Die Durchfallquote beträgt damit fast zehn Prozent“, so Stier. Patienten und Angehörige können die zertifizierten Kompetenzzentren über die Webseite der DGAV unter http://www.dgav.de/zertifizierung/zertifizierte-zentren.html abrufen. Dort besteht auch die Möglichkeit einer Suche nach Postleitzahlen. Insgesamt wurden Kliniken für folgende Eingriffe bzw. Eingriffstechniken zertifiziert: Hernien, End- und Dickdarm, minimalinvasive Chirurgie, Adipositaschirurgie, Schilddrüsen und Nebenschilddrüsen, Bauchspeicheldrüse, Leber, Endoskopie, oberer Gastrointestinaltrakt, Peritoneum und endokrine Chirurgie.
Folgende erforderliche Eingriffshäufigkeiten pro Jahr hat die DGAV unter anderem für eine erfolgreiche Zertifizierung festgelegt:
- Leistenbruch: 100
- Dick- und Mastdarmeingriffe: 100
- Minimalinvasive Adipositaschirurgie: 75
- Magenband, Magenbypass und andere Eingriffe am Magen mit metabolischer Indikation: 50
- Speiseröhrenkrebs: 15
- Schilddrüsenknoten: 120
- Bauchspeicheldrüse: 25
- Komplexe Leberoperationen: 25
- Hämorrhoiden: 30
Das Zertifikat überprüft neben der operativen Erfahrung eine Vielzahl weiterer Faktoren, die für ein gutes Behandlungsergebnis entscheidend sind. „Dazu gehören etwa die apparative und diagnostische Ausstattung des Zentrums, Anzahl und Art der Sprechstunden sowie Kooperationen mit anderen Fachabteilungen bis hin zur Quote wiederaufgetretener Krebsherde innerhalb von zwei bzw. fünf Jahren“, betont DGAV-Präsident Stier. Ebenfalls eindeutig geregelt: Findet ein Wechsel des verantwortlichen Chirurgen statt, verliert das Zertifikat seine Gültigkeit.
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Chirurgie e.V., Luisenstraße 58/59, 10117 Berlin, www.dgch.de, 06.12.2017
Weitere Artikel zum Thema
01.03.2020 Politik
Intersektorale Versorgung – Zukunftskonzepte unter Berücksichtigung der Rolle der Chirurgie
Die Überwindung der Sektorengrenzen ist eine der großen Herausforderungen im deutschen Gesundheitswesen – und wäre gleichzeitig eine Maßnahme zur Lösung oder zumindest Linderung vieler Probleme. Denn die immer noch starke „Versäulung“ der medizinischen Versorgung wird dem tatsächlichen Bedarf nicht gerecht.
01.03.2020 Politik
Der Beitrag des G-BA zur flächendeckenden Versorgung in der Chirurgie
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat in den vergangenen zwei Jahren eine Vielzahl von Beschlüssen gefasst, die darauf abzielen, die ambulante und stationäre Versorgung flächendeckend so zu gestalten, dass die Patientinnen und Patienten jetzt und auch in Zukunft bestmöglich chirurgisch behandelt werden können.
01.03.2020 Politik
Grußwort zum 60. Jahrestag des BDC
Seit der Gründung des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgen e.V. (BDC) am 23. April 1960 in München hat sich das Gesundheitssystem in Deutschland ganz wesentlich verändert. Das gilt auch für die Chirurgie. Nahmen an der Gründungssitzung des BDC noch 40 Chirurgen teil, hat der Berufsverband heute mehr als 17.000 Mitglieder und ist Europas größte Chirurgenvereinigung.
01.03.2020 Politik
Wissenschaft und Berufspolitik – zwei Seiten einer Medaille
Der medizinische Fortschritt vollzieht sich seit Jahren in atemberaubendem Tempo – für Mediziner wie für Patienten gleichermaßen. Den jeweils neuesten Stand der Wissenschaft im Blick zu behalten ist in der Medizin seit jeher Verpflichtung und Herausforderung. Die Chirurgen haben sich deswegen bereits vor 148 Jahren in der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie zusammengeschlossen: Sie ist damit eine der ältesten medizinischen Fachgesellschaften.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.