01.03.2022 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Welche Temperaturen im OP-Saal?
Von den im OP-Saal tätigen Berufsgruppen wird die Raumtemperatur subjektiv unterschiedlich beurteilt (Matern et al, Dt. Ärztebl, 2006, 103, A3187). Über 30 % der Chirurgen beurteilen die Raumtemperatur als unangenehm (warm). Beim sonstigen Personal im OP sind das nur 20 %. Das hat unterschiedliche Gründe. Während ein Anästhesist zwischen 125 und 200 W Körperwärme produziert, kann das beim Chirurgen durch die schwerere körperliche Arbeit bis zu 300 W betragen (Scherrer: Raumlufttechnik im OP – sinnvolle Neuerungen. Vortrag, 2016). Zudem trägt der Chirurg zusätzlich zur Bereichskleidung den isolierenden OP-Mantel, häufig darunter noch eine Röntgenschürze.
46 % der Chirurgen beklagen Zugerscheinungen, dagegen 76 % der sonstigen im OP tätigen Mitarbeiter. Anästhesisten klagen vor allem über Auskühlung der Halswirbelsäule. Ursache kann eine kritische Platzierung des Narkosegerätes sein, wenn dieses am Rande der TAV-Decke steht. Der Anästhesist steht mit seinem Körper in der warmen Raumluft des OP-Saals. Der Oberkörper befindet sich zeitweise unter der TAV-Decke. Von dieser fällt Luft nach unten, die immer ca. 2 C kälter als die umgebende Raumluft ist.
22 % der Chirurgen und 35 % sonstiger Mitarbeiter beklagen zu trockene Luft im OP- Saal. Das verwundert nicht, denn viele Kliniken befeuchten die Zuluft von OP-Sälen in den Wintermonaten (nur dann ist das erforderlich) aus Kostengründen nicht. Die einzig normativ geregelte Möglichkeit der Luftbefeuchtung in diesen Räumen ist Reinstdampf, der sehr teuer ist. Stattdessen geht man davon aus, dass durch die im OP-Saal anwesenden Personen genügend Wasser (z. B. über Atmung) abgegeben wird, sodass sich relativ schnell eine physiologische Raumluftfeuchte einstellt. Unter der TAV-Decke ist das aber nicht der Fall. Eine Austrocknung der Wundränder durch diese in den Wintermonaten sehr trockene Luft der RLT-Anlage muss dann anderweitig ausgeschlossen werden.
Fazit: Die Temperatur im OP-Saal soll nach DIN 1946-4 (2018) zwischen 19 °C und 26 °C einstellbar sein. Für sonstige Räume im OP-Bereich gilt ein Temperaturbereich von 22 °C bis 26 °C. Die Entscheidung trifft der Operateur.
Da die Wärmeproduktion des Patienten intraoperativ nur 80 W beträgt, muss hier in jedem Fall durch Wärmedecken oder -matten eine Normothermie angestrebt werden. Hypothermie des Patienten erhöht die Rate postoperativer Wundinfektionen. In der Kinderchirurgie ist es hierzu u. U. erforderlich, die Raumtemperatur im OP-Saal auf über 30 °C zu erhöhen. Häufig muss eine Veränderung der Temperatur telefonisch bei der Leitwarte oder der Technik angefordert werden. Insbesondere bei Einstellung hoher Temperaturen sollte am Schluss der OP oder des Tages nicht vergessen werden die Rückstellung zu veranlassen. Nicht selten wird nämlich nicht daran gedacht und das führt dann zu anhaltenden Klagen über viel zu hohe Temperaturen.
Der Hygiene-Tipp im Auftrag der DGKH gibt die Meinung der Autoren wieder.
Popp W, Jatzwauk L, Schmithausen R, Kohnen W: Welche Temperaturen im OP-Saal? Passion Chirurgie. 2022 März; 12(03): Artikel 04_03.
e-Tipps finden Sie auf BDC|Online (www.bdc.de), Rubrik Wissen | Qualität & Patientensicherheit | Hygiene-Tipp.
Autoren des Artikels
Prof. Dr. rer. nat. et rer. medic. habil. Lutz Jatzwauk
Krankenhaushygiene/ UmweltschutzUniversitätsklinikum Carl Gustav Carus DresdenProf. Dr. med. Walter Popp
Ärztlicher LeiterHyKoMed GmbHVizepräsident der Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V. (DGKH) kontaktierenDr. med. Ricarda Schmithausen
KoordinationUniversitätsklinikum Bonn (UKB)Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit (IHPH)Dr. rer. nat. Wolfgang Kohnen
Stellvertretender Abteilungsleiter im Bereich Krankenhaushygiene, Krankenhaushygieniker, Beauftragter für das QualitätsmanagementAbteilung für Hygiene und InfektionspräventionUniversitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität MainzVorstand der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V. (DGKH)Weitere Artikel zum Thema
01.04.2022 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Aktuelles zu Händedesinfektionsmitteln
In Deutschland mussten bisher Haut- und Händedesinfektionsmittel Arzneimittel sein. Mit der Einführung des europäischen Biozidrechts werden nunmehr Händedesinfektionsmittel als Biozide reguliert und im Anhang V der Biozidverordnung der Produktart 1 („menschliche Hygiene“) innerhalb der Hauptgruppe 1 („Desinfektionsmittel“) zugeordnet.
01.02.2022 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Einsatz von Ultraschallbecken bei der Instrumentenaufbereitung
Der Einsatz von Ultraschallbecken ist keine conditio sine qua non. Sind die Instrumente nach der Aufbereitung optisch sauber und zeigt der Validierungsbericht des Aufbereitungsverfahrens keine erhöhten Proteinkontaminationen, gibt es keinen Grund zur zusätzlichen Vorreinigung benutzter Instrumente in Ultraschallbecken. Gibt es hierbei Probleme, kann die Reinigung chirurgischer Instrumente durch Ultraschallbecken wesentlich verbessert werden.
01.12.2021 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Sekundärluftkühlgeräte Risiken und Maßnahmen
Sekundärluftkühlgeräte (Umluftkühlgeräte) kommen zunehmend auch in Einrichtungen des Gesundheitswesens – wie Krankenhäusern, Arztpraxen oder Dialysezentren – zum Einsatz. Sie werden dort benötigt, wo sich hohe Temperaturen entwickeln (z. B. ständig eingeschaltete Sono-Geräte oder große Fensterfronten) oder, wo viel Feuchtigkeit anfällt (z. B. in Aufbereitungsräumen mit RDGs und Sterilisatoren) und, wo eine zentrale Klimaanlage zu teuer oder technisch nicht machbar ist.
01.11.2021 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: OP-Abteilung oder Eingriffsraum?
Immer wieder stellt sich – gerade beim ambulanten Operieren – die Frage, ob man eine OP-Abteilung braucht oder ob ein Eingriffsraum reicht. Die Unterschiede sind gewaltig: Die OP-Abteilung muss vom restlichen Teil des Krankenhauses oder der Praxis abgeteilt sein, der Eingriffsraum kann an einem Flur liegen.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.