10.03.2016 Panorama
„Was hab ich?“ – Ärzte und Studenten übersetzen Befunde für Patienten
Das gemeinnützige Projekt „Was hab ich?“ übersetzt seit nunmehr fünf Jahren „Ärzte-Latein“ für Patienten. Über 26.000 Befunde haben die ehrenamtlich tätigen Ärzte und Medizinstudenten seither laienverständlich formuliert.
Unter washabich.de können Patienten ihren Befund anonym hochladen oder diesen auch als Fax senden. Innerhalb weniger Tage erstellen die „Befunddolmetscher“ der gemeinnützigen GmbH „Was hab ich?“ kostenlos eine für Patienten verständliche Übersetzung. Der Patient kann diese dann passwortgeschützt online abrufen. Das nicht gewinnorientierte Projekt wird durch viele Akteure – unter anderem die KBV, die AOK und der Hartmannbund – gefördert.
Patienten wollen ihre Erkrankung verstehen
„Die Übersetzungen sind in der Regel dreimal so lang wie die ursprünglichen Befunde“, erläutert Ansgar Jonietz – einer der drei Gründer von „Was hab ich?“. Rund 90 Prozent der Patienten würden ihnen ein zumeist positives Feedback geben, fügt er hinzu. Der aufgeklärte Patient wolle an der ärztlichen Entscheidung über seine Behandlung teilhaben, seine Erkrankung verstehen. Die meisten Anfragen kämen zu radiologischen Befunden, denn diese seien für die Patienten am einfachsten zugänglich.
Laienverständlich kommunizieren
Derzeit sind bis zu 300 Ärzte und Medizinstudenten ehrenamtlich für das Projekt tätig. Voraussetzung für die Mitarbeit ist, dass sich die Studenten mindestens im achten Fachsemester befinden. Bei den ersten fünf Befunden werden die „neuen Übersetzer“ von erfahrenen Ärzten betreut. Das Team der freien Mitarbeiter ist bundesweit aufgestellt und ändert sich von Zeit zu Zeit. „Doch wenn sich einer verabschiedet, kommt zumeist ein neuer „Befund-Übersetzer“ hinzu, so dass die Stärke konstant bleibt“, sagt Jonietz.
Die Motivation, ehrenamtlich Befunde zu übersetzen, sei einerseits das enorme Feedback der Patienten. Andererseits würden es viele Ärzte als Gelegenheit sehen, zu lernen, laienverständlich zu kommunizieren, weiß der „Was hab ich?“-Geschäftsführer aus zahlreichen Gesprächen. Studenten könnten bei der Befundübersetzung gut ihr Wissen überprüfen, denn nur was verstanden wurde, kann auch anderen erklärt werden. Ärzte aller Fachrichtungen und Studenten, die an einer ehrenamtlichen Mitarbeit interessiert sind, können sich hier anmelden.
Was das Projekt nicht kann
„Wir können die Patienten nicht auffangen, wenn sie einen ungünstigen Befund haben“, sagt Jonietz. „Auch geben wir keine Therapie-Ratschläge und Zweitmeinungen ab, oder empfehlen Krankenhäuser“, betont er. Bei entsprechenden Anfragen werde stets an den behandelnden Arzt verwiesen. Die Befundübersetzung ersetze auf keinen Fall den Arztbesuch.
Patientenbrief als Gegenstück zum Arztbrief
Derzeit wird in einem vom Bundesgesundheitsministerium geförderten Pilotprojekt an einer Klinik in Rheinland-Pfalz ein sogenannter Patientenbrief getestet. Der Arztbrief, der bei der Entlassung aus dem Krankenhaus an den weiterbehandelnden niedergelassenen Arzt geht, wird auf Wunsch des Patienten – wie bislang Befunde – laienverständlich übersetzt. Das Patientenbrief-Projekt läuft über 21 Monate. Dann wird sich entscheiden, ob es Schule macht. Schon kurz nach Einführung erfreut sich der laienverständliche Brief bei den Patienten großer Beliebtheit.
Zur Verbesserung der Kommunikationsfähigkeiten von Medizinstudenten hat die „Was hab ich?“ gemeinnützige GmbH vor zwei Jahren ein Universitäts-Wahlfach entwickelt, welches bereits an den Universitäten in Hamburg, Marburg, Heidelberg und Dresden durchgeführt wurde.
Die „Was hab ich?“ gemeinnützige GmbH
Das Projekt „Was hab ich?“ ist am 15. Januar 2011 von den Medizinstudenten Johannes und Anja Bittner sowie dem Informatiker Ansgar Jonietz gegründet worden. Inzwischen ist Ansgar Jonietz Geschäftsführer der „Was hab ich?“ gemeinnützigen GmbH mit Sitz in Dresden. Diese nicht gewinnorientierte Gesellschaft wurde als solide Basis für die Weiterentwicklung des Projekts geschaffen. Insgesamt haben sich bereits über 1.300 Mediziner und Medizinstudenten an dem Projekt beteiligt und sich so in laienverständlicher Kommunikation trainiert.
Quelle: “Was hab’ ich?” gemeinnützige GmbH , Theaterstraße 4 , 01067 Dresden, www.washabich.de
Weitere Artikel zum Thema
01.10.2020 Schaufenster
Schaufenster Oktober 2020
Einer kürzlich veröffentlichten Studie zufolge sind 78 Prozent der gesetzlich Krankenversicherten derzeit mit den Leistungen des deutschen Gesundheitssystems zufrieden oder sehr zufrieden.
01.10.2020 Panorama
Meist sind es nicht die heroischen Taten
Prof. Michael Schäffer, Ärztlicher Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie am Marienhospital Stuttgart, Landesverbandsvorsitzender von BDC|Baden-Württemberg und Sprecher der Landesverbände im Präsidium des BDC über die Faszination Chirurg zu sein, bedeutende Chirurgen-Persönlichkeiten und warum Work-Life-Balance heute kein Widerspruch mehr in diesem Beruf ist.
01.10.2020 Fachübergreifend
Unterstützung im Klinikalltag: Per App OP-timal vernetzt
tandard Operating Procedures, kurz SOP, erhöhen die Patientensicherheit. Wenn man sie am meisten braucht, sind sie jedoch oft nicht zur Hand. Die App SOPHIA schafft hier Abhilfe. Mit ihr sind alle SOP eines Krankenhauses jederzeit für alle Mitarbeitenden einsehbar. Gleichzeitig vernetzt die App die Kliniken auch untereinander.
01.10.2020 BDC|News
60 Jahre BDC: Nachwuchschirurgen mit klaren Zukunftsvorstellungen
Es liegt nahe zu einem Jubiläumsanlass, die Gedanken in die Vergangenheit schweifen und eigene Erlebnisse und Erfahrungen wieder aufleben zu lassen. Den am ersten Viertelpunkt seines beruflichen Lebensweges stehenden Chirurgen drängen sich jedoch eher Fragen zur Zukunft unseres faszinierenden Fachgebietes auf. Eine ganz zentrale Frage betrifft den chirurgischen Nachwuchs.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.