01.04.2010 BDC|Spektrum
Bericht der Vertreterin der deutschen Chirurginnen im BDC
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Seit nunmehr fast zehn Jahren gibt es eine Vertreterin der Chirurginnen im Präsidium des BDC. Angeregt durch ein Grußwort von Frau Dr. Ursula Wehrmann anlässlich des 40. Jahrestags des Berufsverbands entschloss sich der damalige Präsident Prof. Jens Witte, eine entsprechende Position einzurichten. Es lag nahe, Dr. Wehrmann, Oberärztin in der Chirurgie am Dresdner Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, damit zu betrauen. Sie versah dieses Amt bis 2007 und verstand sich als Ansprechpartnerin der Frauen. Zu ihrer Nachfolgerin wurde Dr. Gunda Leschber gewählt, Chefärztin der Thoraxchirurgie an der Evangelischen Lungenklinik Berlin, Sprecherin der Sektion „FiT“ (Frauen in der Thoraxchirurgie) der Deutschen Gesellschaft für Thoraxchirurgie (DGT) und designierte Präsidentin der Europäischen Gesellschaft für Thoraxchirurgie (ESTS).
Die derzeit 2.600 Chirurginnen und chirurgisch tätigen Ärztinnen, die im Berufsverband organisiert sind, stellen nach wie vor nur einen kleinen Prozentsatz aller chirurgisch tätigen Frauen dar. Nach aktuellen Zahlen liegt der Anteil der weiblichen Mitglieder des Berufsverbands bei 17 %, bei den neuen Mitgliedschaften sind es bereits über 30 %. Dies entspricht der Zunahme von Frauen in unserem Fachgebiet insgesamt, eine Entwicklung, die teilweise unter dem Begriff „Feminisierung der Medizin“ von einigen männlichen Kollegen kritisch betrachtet wird.
Bei 60 bis 70 % weiblicher Studienanfänger muss es der Chirurgie gezwungenermaßen gelingen, sich als Fachgebiet zu präsentieren, das auch für Frauen attraktiv ist, um in Zukunft ausreichenden Nachwuchs zu akquirieren und damit die Versorgung der Bevölkerung durch Chirurginnen und Chirurgen zu sichern. So wurde durch den derzeitigen Präsidenten, Prof. Michael-J. Polonius, bei der Mitgliederversammlung im April 2009 explizit darauf hingewiesen, dass Frauen für die Chirurgie gewonnen werden müssen und für alle chirurgisch Tätigen eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglicht werden muss.
Um herauszufinden, was Frauen an der Chirurgie reizt, hat der BDC 2008 eine Umfrage unter deutschen Chirurginnen gestartet, die mit einer Rekordbeteiligung von mehr als 1.000 Teilnehmerinnen ein gutes Bild von der aktuellen Arbeitssituation und Berufsproblematik sowie ihrer Stimmungslage zeichnet. Obwohl sich 93 % der Frauen wieder für die Chirurgie entscheiden würden, gab doch ein nicht unbeträchtlicher Anteil (37 %) an, dies nur unter geänderten Bedingungen zu tun. Nicht nur die hohe Zahl an Teilnehmerinnen an der Studie zeigte, dass Frauen sich mit Leidenschaft für die Chirurgie engagieren, dies bestätigen auch Neugründungen von speziellen Sektionen oder Netzwerken. Nach FiT (Frauen in der Thoraxchirurgie) und FIV (Frauen in der Viszeralmedizin) ist 2009 ein Orthopädinnen-Netzwerk gegründet worden, weitere Gründungen stehen bevor.
Der Berufsverband setzt sich dafür ein, die Bedingungen für Frauen kontinuierlich zu verbessern, dazu gehört u. a. auch die Einrichtung einer Kinderbetreuung während des Deutschen Chirurgenkongresses. Diese Maßnahme wurde von der Vertreterin der Chirurginnen mit Unterstützung des Präsidiums des Berufsverbands erstmalig beim Deutschen Chirurgenkongress 2008 in Berlin initiiert, anfänglich gegen den Widerstand der gesamten Kongressorganisation. Mit der lobenden Erwähnung dieser Kinderbetreuung durch die damalige Bundesministerin für Familie, Frau Dr. Ursula von der Leyen, wurde dieser Institution aber sozusagen der „Ritterschlag“ erteilt, sodass davon auszugehen ist, dass diese Einrichtung weiterhin allen jungen Chirurginnen und Chirurgen mit Nachwuchs zur Verfügung steht. Weitere Schritte, die Zukunft der Chirurgie als attraktive Fachrichtung für Frauen und Männer gleichermaßen zu sichern, sind erforderlich.
Um dem Nachwuchsmangel zu begegnen, wurde vom BDC die Imagekampagne „Nur Mut! Kein Durchschnittsjob: ChirurgIn“ gestartet. Durch Anregung der Vertreterin der Chirurginnen sind in den Universitäten vor Ort tätige Oberärztinnen bzw. Fachärztinnen beteiligt, darüber hinaus wird diese Kampagne nach Kräften unterstützt.
Nach wie vor ist die Repräsentanz von Frauen (und ihre Erkennbarkeit in den Programmheften) bei chirurgischen Kongressen unbefriedigend. Ein leicht zu erreichendes Ziel wird sein, dass die Erstautoren bereits in den Kongressprogrammen mit Vor- und Nachnamen genannt werden und auf eine Beteiligung von Frauen bei den Vorsitzen geachtet wird. Damit dürfte die „Sichtbarkeit“ von Chirurginnen erhöht werden, ein wichtiges Element bei der Vorbildfunktion für den weiblichen Nachwuchs.
Ein Thema, dessen sich der BDC in Zukunft annehmen muss, ist die Umgestaltung des „Mutterschutzes“, der derzeit bei Chirurginnen einem Berufsverbot gleich kommt. Dieses Problem trifft Männer und Frauen gleichermaßen, da sie entweder als Chefs oder Kollegen oder als direkt Betroffene unter den aktuellen gesetzlichen Regelungen leiden, die ein Hindernis für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie darstellen. Den Schutz des werdenden Lebens und der Mütter mit den Bedürfnissen von Chirurginnen bzw. Ärztinnen allgemein zu harmonisieren ist eine Aufgabe, derer sich alle Berufs-/Ärzteverbände gemeinsam annehmen sollten. Mit der zu erwartenden Zunahme von jungen Frauen in der Chirurgie, wird dieses Thema in den nächsten Jahren auf jeden Fall alle chirurgisch Tätigen zunehmend beschäftigen.
Letzten Endes muss es das Ziel sein, die Position der „Vertreterin der Chirurginnen“ in nicht allzu ferner Zukunft überflüssig zu machen, weil es zu einer kompletten Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Chirurgie gekommen sein wird und im Präsidium nicht nur eine einzige Frau auf der „Alibi“-Position der Vertreterin der Chirurginnen sitzt. Bis dahin bleibt aber noch einiges zu tun – packen wir es gemeinsam an.
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