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Die neue Weiterbildung 2018, aktualisiert am 29.06.2023 [1], und die geplante Gesundheitsreform, vor allem der Referentenentwurf für das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG), der am 16.03.2024 zur Ressortabstimmung eingebracht wurde [2], werden zu erheblichen Veränderungen für die chirurgische fachärztliche Weiterbildung führen.

Bereits 2015 hat der BDC sich mit dem Thema chirurgische Weiterbildung befasst und hierzu einen Artikel in der Passion Chirurgie veröffentlicht [3]. Damals ging es vor allem um Standards in der chirurgischen Weiterbildung.

Abb. 1: Kriterien für eine hohe Qualität in der chirurgischen Weiterbildung. Herausgegeben von der gemeinsamen Weiterbildungskommission aus BDC, DGCH und Chirurgischen Fachgesellschaften, 2002-2004

Der jetzige Artikel will als erster Artikel einer Serie die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen in Folge der zunehmenden Ambulantisierung und der geplanten Krankenhausreform beleuchten. Am 06.03.2024 veröffentlichten der BDC und die DGCH hierzu das Positionspapier der Gemeinsamen Weiterbildungskommission (WKB) Chirurgie, das auf die zunehmenden Probleme aufmerksam macht.

Nach § 6 der Musterweiterbildungsordnung (MWBO 2018) muss die Weiterbildung an einer zugelassenen Einrichtung erfolgen. Neben stationären Einrichtungen sind hier auch niedergelassene Arztpraxen ausdrücklich genannt. Wie bekannt, umfasst der Bereich Chirurgie acht Weiterbildungsbereiche. Nicht alle Bereiche und Eingriffe werden zukünftig sämtlich in einer stationären Einrichtung erworben werden können. Je nach der zukünftigen Ausgestaltung des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) und der Definition der Fallgruppen durch einen zukünftigen Bund-Länder Ausschuss werden nicht mehr alle Inhalte, die im Weiterbildungskatalog gefordert werden, an einer einzigen Klinik, nicht mal mehr an einer Uni-Klinik, erworben werden können. Zukünftige und geltende Mindestmengen werden den Erwerb gewisser Eingriffe und Therapien an allen Krankenhäusern unmöglich machen, wie dies heute schon für viele Kliniken gilt. Neu wird sein, dass selbst Universitätskliniken und Maximalversorger kaum noch in der Lage sein werden, den komplette Weiterbildungsinhalt anbieten zu können. Mit dem MDK-Gesetz, das am 01.01.2020 in Kraft getreten ist, wurde der Katalog ambulant zu erbringender Leistungen erheblich erweitert [4].

Die Einführung der Hybrid-DRGs am 01.01.2024 wird den Prozess der Ambulantisierung verstärken [5]. Insbesondere die letzten beiden genannten Gesetze lassen arthroskopische Eingriffe, Hernienchirurgie, Proktologie, Hand- und Fußchirurgie, kleine und mittlere Weichteilchirurgie kaum noch im stationären Setting zu. Zudem machen die Kontextfaktoren zur Begründung einer stationären Aufnahme diese schwieriger. Somit treten die Kliniken mit den hoch effektiven Strukturen der Niederlassung in Konkurrenz.

Für Ärzte und Ärztinnen in Weiterbildung verlangen die vielen Gesetzgebungsverfahren mehr berufliche und räumliche Flexibilität, aber sie eröffnen neue Perspektiven, nämlich die Arbeit in Kliniken verschiedener Versorgungsstufen (Levels) und die Arbeit in der Arztpraxis, ob angestellt oder selbstständig. Vor allem in der Niederlassung ist das Spektrum der Versorgungsmöglichkeiten, ob in der Einzelpraxis, BAG oder MVZ, vielfältiger, anspruchsvoller, komplexer und interessanter geworden. Auch arbeiten in Klinik und Praxis ist möglich. Je nach Arbeitgeber kann dieses Spektrum sogar bei demselben Arbeitgeber abgerufen werden. Gerade die großen Gesundheitskonzerne wie Helios, Asklepios, Sana und Rhön-Kliniken werben mit strukturierter und organisierter Weiterbildung. Aber auch staatliche und kommunale Arbeitgeber können bei geeigneter Struktur mithalten. Wichtig ist, dass Kliniken verschiedener Versorgungsstufen und möglicherweise mit mehreren Sandorten und MVZs vorhanden sind.

Abb. 2: Operation, Quelle: D. Farghal (aus dem eigenen OP)

Verbundweiterbildung und der Weiterbildungsverbund können Lösungen sowohl für den Arbeitgeber zur Fachkräftegewinnung sein als auch die Weiterzubildenden, um eine strukturierte und organisierte Weiterbildung zu erhalten.

Die Verbundweiterbildung ist Modell für eine möglichst vollständige Weiterbildung zum Facharzt über fünf Jahre unter Beteiligung stationärer und ambulanter, auch niedergelassener Strukturen. Gemäß der Weiterbildungsordnung und nach Möglichkeit ohne Wohnortwechsel.

Der Weiterbildungsverbund ist ein Netzwerk von mehreren Kliniken, ambulanten Einrichtungen und Praxen/MVZ/BGA einer Region, der ressourceneffizient die Weiterbildung betriebsübergreifend organisiert und durchführt – am besten beim gleichen Arbeitgeber.

Weiterbildung kann in der Niederlassung in Bayern mit bis zu 5.400 € je Arzt oder Ärztin in Weiterbildung gefördert werden. Vorher muss ein Antrag bei der KV Bayern gestellt werden. Diese Regelungen und Förderungen können in den verschiedenen KVen und Ärztekammern variieren.

Um weiterbilden zu können, muss eine entsprechende Befugnis vorliegen. Daher ist jedem nahezulegen, sich um sich um eine solche zu bemühen und entsprechende Anträge bei der zuständigen Landesärztekammer zu stellen.

Fazit: Gerade im niedergelassenen Bereich eröffnen sich neue Chancen zur Weiterbildung. Kollegen und Kolleginnen in Weiterbildung wird mehr Flexibilität abgefordert, das Spektrum der Weiterbildung jedoch deutlich erweitert. Vernünftige Weiterbildungsstrukturen werden zunehmend bei der Personalgewinnung an Bedeutung gewinnen.

In Bayern gibt es hierfür eine eigene Koordinierungsstelle für die Facharztweiterbildung und Allgemeinärztliche Weiterbildung. Diese sind an der Landesärztekammer angesiedelt und helfen und beraten beim Aufbau von Weiterbildungsverbünden und vermitteln interessierte Ärzte und Ärztinnen an entsprechende Einrichtungen [6].

Kontakt per E-Mail an: [email protected]; [email protected].

Literatur

[1]   www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/BAEK
/Themen/Aus-Fort-Weiterbildung/Weiterbildung/20230629_MWBO-2018.pdf

[2]   www.aerzteblatt.de/nachrichten/150016/Lauterbach-legt-lang-erwarteten-Gesetzentwurf-zur-Krankenhausreform-vor
[3]   Ansorg J. Editorial: Gute Weiterbildung braucht gute Weiterbilder. Passion Chirurgie. 2015 August; 5(08): Artikel 01.
[4]   MDK-Reformgesetz (bundesgesundheitsministerium.de)
[5]   KBV – Ärzte können neue Hybrid-DRG abrechnen – KBV und GKV-Spitzenverband einigen sich auf Abrechnungsverfahren
[6]   Homepage der Bayerischen Landesärztekammer, https://www.blaek.de/

Farghal D: Fachärztliche Weiterbildung Chirurgie unter den Vorzeichen der neuen Weiterbildungsrichtlinie und der Gesundheitsreformgesetzgebungen. Passion Chirurgie. 2024 Juli/August; 14(07/08): Artikel 05_02.

Autor des Artikels

Profilbild von Farghal

Dirk Farghal

Stellv. Regionalvertreter des BDC|Landesverband BayernVorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Beleg- und Kooperationsärzte (AG BeKo) im BDCStellv. Vorsitzender RNC im BDCÄrztlicher Leiter MVZ Rothenburg o.d.T.  kontaktieren

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