01.10.2015 Fachübergreifend
Ambulantes Operieren in die ASV – Eine verpasste Chance?
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Im Rahmen der Planungen für die vorletzte Gesundheitsreform (GKV-Versorgungsstrukturgesetz von 2012) erfolgte auch eine umfassende Revision des § 116b. Der neue Begriff der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) wurde eingeführt.
Im Vorfeld gab es Überlegungen, auch den gesamten Bereich der stationsersetzenden Eingriffe und damit auch das Ambulante Operieren in die ASV zu verlagern. Dies wurde letztlich nicht umgesetzt und in letzter Zeit auch nicht mehr diskutiert. Haben wir als niedergelassene Chirurgen hier eine historische Chance verpasst?
Die bisherigen Erfahrungen mit der ASV zeigen, dass das Verfahren zurzeit noch äußerst bürokratisch und daher wenig attraktiv ist. Wie bei fast allen Innovationen im Gesundheitswesen spielt dabei die untergesetzliche Umsetzung durch eine Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) eine entscheidende Rolle.
Dies ist auch ein entscheidender Unterschied zu den seit Jahren bewährten Regelungen nach § 115b SGB V: Hier werden dreiseitige Verträge unter Beteiligung der KBV, des Spitzenverbandes der Krankenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft abgeschlossen. Man kann nicht behaupten, dass alle dort enthaltenen Regelungen optimal für die Niedergelassenen wären. So wird seit Jahren der Beschluss ausgesessen, die Honorarabrechnung mittelfristig auf Fallpauschalen umzustellen. Dies wäre vielleicht auch der größte Charme im Rahmen einer Neuregelung nach § 116b gewesen. Vielen berufspolitisch aktiven Kollegen schwebte dabei eine „ambulante DRG“ vor. Der Vergleich zwischen den jetzigen Honoraren nach Kapitel 31 des EBM und den entsprechenden stationären DRGs sollte aber nicht den Blick auf die realistisch zu erzielenden Verbesserungen vernebeln. Der ärztliche Anteil an den DRGs liegt in der Regel nicht höher als 20 % und für ambulante DRGs wäre der Löwenanteil der Pflege- und Hotelkosten abzuziehen. Gleichwohl dürfte im Durchschnitt mit einer Verbesserung der Honorare für die ambulanten Operationen zu rechnen sein, sodass das Ziel der DRG-orientierten Komplexpauschalen nicht aus den Augen verloren werden darf.
Der Nachteil des § 116b erschließt sich bereits bei der Betrachtung der Texte im Sozialgesetzbuch V. Es ist auf den ersten Blick ersichtlich, dass der Gesetzgeber im § 115b einen weiten Gestaltungsspielraum für vertragliche Regelungen gelassen hat, während im § 116b zahlreiche Vorgaben schon im Gesetzestext enthalten sind, die noch zusätzliche durch die komplexen Richtlinien des GBA und durch ebenfalls sehr umfassende und restriktive dreiseitige Vereinbarungen ergänzt werden.
Darüber hinaus: Wer einmal an einer Sitzung des nach § 116b neu eingeführten „erweiterten Landesausschusses“ teilgenommen hat, mag sich kaum wünschen, dass in einem solchen 30-köpfigen Gremium Anträge und organisatorische Details zum Ambulanten Operieren auf Landesebene diskutiert und letztlich meist durch die Stimme des „unparteiischen Vorsitzenden“ entschieden würden. Im Gegensatz dazu hat sich das Antrags- und Kontrollverfahren durch die kassenärztlichen Vereinigungen bewährt.
Allein wegen der vagen Aussicht auf höhere Honorare einen Systemwechsel anzustreben, wäre daher kursichtig gewesen, denn auch der zurzeit gültige dreiseitige Vertrag nach § 115b enthält bereits seit vielen Jahren diese Option im § 20: (Einführung eines pauschalierten Entgeltsystems):
„Die Vertragspartner beabsichtigen, die Umstellung der Abrechnungspositionen für die Eingriffe gemäß § 115 b SGB V auf ein vollständig pauschaliertes Entgeltsystem vorzunehmen.“
Darüber hinaus steht es auch noch in den Sternen, wann im „ergänzten Bewertungsausschuss“ auf Bundesebene eine neue Vergütungssystematik für die ASV beschlossen werden wird. Zurzeit erfolgt noch die Abrechnung über den EBM, was diesen neuen Versorgungsbereich zusätzlich unattraktiv macht.
Ein wichtiges Argument für die ASV ist die Erwartung, dass sich hier in den nächsten Jahren eine weitere und zunehmend wichtige Säule der fachärztlichen Versorgung entwickeln wird. Dabei wird gelegentlich voller Neid auf den hausärztlichen Versorgungsbereich geschaut, der sich (zumindest in Süddeutschland) ein von der KV unabhängiges und honorartechnisch attraktives zweites Standbein geschaffen hat. Auch der Spitzenverband der Fachärzte (SpiFa) hatte dies erkannt und sich im Vorfeld der aktuellen Gesetzgebung als Dienstleister für die Abrechnung der ASV analog zur hausärztlichen Vertragsgesellschaft angeboten. Diesem Plan wurde allerdings im endgültigen GKV-VSG von 2015 ein Riegel vorgeschoben: Dort wurde festgeschrieben, dass die ASV-Abrechnung ausschließlich von Körperschaften des öffentlichen Rechts durchgeführt werden darf, also z. B. von der KV, der Ärztekammer oder sogar auch von den Krankenkassen. Ob diese Ungleichbehandlung gegenüber dem hausärztlichen Bereich einer verfassungsrechtlichen Überprüfung standhalten würde bleibt abzuwarten.
Zusammenfassend hätte die Überführung der ambulanten Operationen in die Systematik der ASV nach § 116b SGB V keinen kurz- oder mittelfristigen Vorteil erschlossen. Die Abrechnung nach deutlich angehobenen Fallpauschalen mit Einschluss sämtlicher Begleitleistungen und Sachkosten ist für die Zukunft anzustreben, wäre aber auch ohne einen Systemwandel aufgrund der jetzigen dreiseitigen Verträge nach § 115b möglich. Die bisherigen Erfahrungen mit der äußerst bürokratischen und zähen Umsetzung der ASV sprechen dafür, dass bei der Gesetzgebung zum GKV-Versorgungsstrukturgesetz keineswegs eine historische Chance vertan wurde, sondern sich die vorsichtige Zurückhaltung beim Umgang mit dem „Tafelsilber der niedergelassenen Chirurgen“ bisher als richtig erwiesen hat. Das schließt aber natürlich nicht aus, dass der BDC die Entwicklung der ASV weiter aktiv und konstruktiv begleiten wird, weil sich hier in Zukunft voraussichtlich auch Chancen für fachärztliche Spezialisten unabhängig vom Ambulanten Operieren ergeben werden.
Autor des Artikels
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Dr. med. Peter Kalbe
Vizepräsident des BDCGelenkzentrum SchaumburgStükenstraße 331737Rinteln kontaktierenWeitere Artikel zum Thema
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