24.04.2023 Presse
Hybrid DRG – Systematik nicht überfrachten, sondern sinnvoll und mit Maß planen
Berlin, den 24.04.2023 – Angesichts einer drohenden Ersatzvornahme durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zur Einführung sektorengleicher Fallpauschalen nach §115 f SGB V mahnt der Berufsverband der Deutschen Chirurgie e.V. (BDC) eine sorgfältige Auswahl geeigneter Prozeduren sowie eine nachvollziehbare und wirtschaftlich realistische Kalkulation dieser Prozeduren an.
Das Vorhaben, Hybrid-DRGs ins Leben zu rufen, war mit dem Krankenhauspflegeentlastungsgesetz Ende vergangenen Jahres ermöglicht worden. Der Gesetzgeber hatte die drei Akteure der Selbstverwaltung, den GKV-Spitzenverband (GKV-SV), die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) beauftragt, einen Katalog zukünftig zu erbringender bisher überwiegend stationär durchgeführter Leistungen zu definieren und einen Mischpreis aus stationärem DRG und ambulanter EBM-Vergütung festzulegen. Nachdem die bis zum 31. März 2023 geforderte Einigung nicht erzielt wurde, sieht das Gesetz nunmehr eine Ersatzvornahme durch das BMG vor.
„Es überrascht nicht, dass die Verhandlungen gescheitert sind,“ erklärt Dr. med. Jörg-Andreas Rüggeberg, Vizepräsident des BDC. „Die DKG verteidigt ihren stationären Sektor und benennt nur extrem wenige Eingriffe, die KBV hofft auf eine Stärkung ihres vertragsärztlichen Bereichs und bringt einen extrem umfangreichen Katalog ins Spiel, während der GKV-SV ausschließlich Kosten sparen will. Da kann es keine Einigung geben.“
Der BDC plädiert daher in der Anfangsphase für einen moderaten Katalog definierter Eingriffsgruppen wie die Hernienchirurgie, einzelne Krampfadereingriffe sowie definierte Leistungen aus der Handchirurgie und der Proktologie. „Man darf auch nicht außer Acht lassen, dass es sich bei der Ambulantisierung um eher kleine und damit typische Weiterbildungseingriffe handelt, deren Herausnahme aus dem Klinikbetrieb ohne gleichzeitige Bildung von geeigneten Weiterbildungsverbünden fatale Konsequenzen auf die praktische Ausbildung zukünftiger Chirurgengenerationen hätte,“ betont der Präsident des BDC, Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Joachim Meyer.
Erschwerend kommt hinzu, dass es sich bei den gesetzlich vorgesehenen Fallpauschalen für die angedachten Eingriffe um eine völlig neue Systematik handelt, die weder der von Kliniken genutzten DRG-Abrechnung noch erst recht dem EBM im niedergelassenen Bereich entspricht. Im Gesetz steht durchaus sinnvoll, dass ein gewichteter Mittelwert zwischen stationärem DRG und bisheriger ambulanter Vergütung angesetzt werden soll. „Welche Leistungen sind konkret in den DRGs eingepreist und welche Einzelleistungen des EBM stehen dem gegenüber?“, fragt Rüggeberg. „Hier werden im wahrsten Sinne des Wortes Äpfel mit Fischstäbchen vermixt und noch eine Prise Chili in Form von Sachkosten dazugegeben, um am Ende ein halbwegs genießbares Produkt zu erhalten.“
Damit ist klar, dass die neuen Pauschalen unter Berücksichtigung dieser Problematik sorgfältig kalkuliert und adäquat vergütet werden müssen. „Ein Grund mehr, zunächst mit überschaubaren Prozeduren zu beginnen und nicht im Übereifer das Kind mit dem Bade auszuschütten,“ so Rüggeberg.
Weitere Artikel zum Thema
29.09.2020 BDC|News
BDC kritisiert Halbierung der Hygienezuschläge durch Private Krankenversicherung
Berlin, den 29.9.2020 – Der Berufsverband der Deutschen Chirurgen e.V.
25.09.2020 BDC|News
Mehr Bundeskompetenz im Gesundheitssektor erforderlich
Krankenhauszukunftsgesetz setzt richtige Investitionsschwerpunkte. Eine Neuordnung der Versorgungsstrukturen steht dagegen
25.08.2020 Politik
Wann muss getestet werden vor elektivem ambulanten Eingriff?
Ist ein Abstrich auf SARS-CoV-2 vor einer elektiven ambulanten Operation erforderlich? Dr. med. Ralf W. Schmitz, Leiter des BDC|Referats Niedergelassene bringt die BDC-Position auf den Punkt.
31.07.2020 Pressemitteilungen
Kleinlicher Streit um Erfolge in der Pandemiebewältigung
Bislang erzielte medizinische Erfolge in der Pandemiebewältigung sind auf die sachgerechte und sektorenübergreifende Kooperation zwischen Praxen und Kliniken zurückzuführen.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.