01.04.2022 BDC|News
Editorial im April 2022: Sektorenübergreifende Versorgung – Neuer Wein in alten Schläuchen?
Gesundheitspolitische Themen sind angesichts der COVID-Pandemie weitgehend aus dem Fokus geraten; zugegebenermaßen hat das Gesundheitsministerium aktuell dringendere Aufgaben zu erledigen. Das heißt aber natürlich nicht, dass strukturelle Reformen im Gesundheitssystem nicht erst heute, sondern schon seit Jahren zwingend erforderlich wären. Zu nennen sind die Reform der Vergütungssysteme (DRG, GOÄ, EBM), die Krankenhausplanung, das MDK-Reform-Gesetz, die Neuordnung der Notfallversorgung, das Voranbringen der sogenannten „Ambulantisierung“ und sozusagen als alles verbindende Klammer die Diskussion um eine sinnvolle Strukturierung der sektorenübergreifenden Versorgung. Immerhin hat der Begriff Eingang in den Koalitionsvertag gefunden. Das lässt hoffen, auch wenn nichts auch nur ansatzweise über die konkrete Ausgestaltung formuliert wird. Ich persönlich würde auch eher von einer sektorenüberwindenden Versorgung sprechen, denn „übergreifend“ impliziert schon vom Wort her die Gefahren einer Übergriffigkeit, von welcher Seite auch immer.
Genau das geschieht. Während, wie in dieser Passion Chirurgie nachzulesen, vor Ort durchaus auf die Patienten bezogene gemeinsame Versorgungsformen praktiziert werden, bleibt die systemimmanente Konfrontationshaltung der beiden entscheidenden Player, Krankenhausgesellschaft und Kassenärztliche Bundesvereinigung, also stationärer und ambulanter Sektor, unübersehbar. Die rein interessengesteuerten Positionen scheinen unvereinbar zu sein. Es geht wie immer um Geld, sehr viel Geld, und nicht minder um Macht und Einfluss. Da gönnt der eine dem anderen nicht das Schwarze unter den Nägeln.
Insofern sind alle bisher bekannten Vorschläge oder besser Wortblasen und standardisierten Phrasen stets deckungsgleich mit Bekanntem. Neuer Wein schmeckt anders. Die Schläuche sind auch noch dieselben, mittlerweile schon ein wenig mürbe und löchrig.
Es ist bitter zu erkennen, dass diejenigen, um die es wirklich gehen sollte, nämlich unsere Patienten, nur am Rande Erwähnung finden. In meinen Augen muss eine sektorenüberwindende Versorgung aber genau darauf ausgerichtet sein, unsere Patienten in ihrer Krankheitskarriere möglichst aus einer gemeinsamen therapeutischen Hand beim Übergang zwischen ambulant und stationär und umgekehrt zu begleiten. Das setzt eine enge, vertrauensvolle Kooperation auf der persönlichen Arztebene voraus. Institutionelle Regelungen können da nur begleitend an zweiter Stelle stehen. Angesichts der erstarrten Fronten im Gesundheitssystem, deren Hauptursache – wie nicht anders zu erwarten – in den streng separierten Finanzierungssystemen der Sektoren zu finden ist, müssen wir unsererseits, also aus dem Kreis der Behandler, Wege aufzeichnen, wie so etwas funktionieren kann. Die folgenden Beispiele im Schwerpunktthema zeigen, dass dies möglich ist. Allerdings sind die Widerstände gegen derartige innovativen Konzepte groß und es bedarf viel Kraft und Überzeugungsarbeit, aus diesen ersten Pilotprojekten etwas wirklich Systemveränderndes zu machen.
Also leider nichts mit „Neuem Wein in alten Schläuchen“, sondern bis auf wenige mutige Winzer eher „Alter (saurer) Wein in bekannten Schläuchen“.
Danke, dass Sie die Passion Chirurgie lesen.
Hier geht es zum Inhaltsverzeichnis der Aprilausgabe “Sektorenübergreifende Versorgung”: PASSION CHIRURGIE 04/2022. |
Rüggeberg JA: Editorial. Sektorenübergreifende Versorgung – Neuer Wein in alten Schläuchen? Passion Chirurgie. 2022 April; 12(04): Artikel_01.
Autor des Artikels
Dr. med. Jörg-Andreas Rüggeberg
Vizepräsident des BDCReferat Presse- & Öffentlichkeitsarbeit/Zuständigkeit PASSION CHIRURGIEPraxisverbund Chirurgie/Orthopädie/Unfallchirurgie Dres. Rüggeberg, Grellmann, HenkeZermatter Str. 21/2328325Bremen kontaktierenWeitere Artikel zum Thema
01.09.2017 Aus- & Weiterbildung
Interview mit Christian Reeps – Neues Gesicht in der Nachwuchskampagne
Die BDC-Nachwuchskampagne „Nur Mut! Kein Durchschnittsjob: ChirurgIn“ hat ein neues Gesicht für die Gefäßchirurgie: Prof. Dr. med. Christian Reeps. Auf der Webseite www.chirurg-werden.de werden im Rahmen der Kampagne alle Säulen der Chirurgie von Chirurgen und Chirurginnen vorgestellt, die von ihren persönlichen Erfahrungen in der Chirurgie erzählen.
23.08.2017 Akademie aktuell
Neues Fortbildungsangebot: BDC|WEBINARE
Webinare erobern die Bildungslandschaft und natürlich nutzt auch die BDC|Akademie die technologischen Entwicklungen, um Fortbildungen für Chirurginnen und Chirurgen so einfach wie möglich zu gestalten. Bereits mit den E-Learning-Angeboten im [eCME-Center] und Blended-Learning-Kursen wie für die Zusatzqualifikation „Hygienebeauftragter Arzt“ ging der BDC im Bereich Fortbildung digitale Wege.
21.08.2017 BDC|News
Business as usual? Wenn Freunde und Verwandte zu Patienten werden
Jeder Arzt kann damit konfrontiert werden, Verwandte und Freunde zu behandeln – vom einfachen medizinischen Rat bis zu komplexen, risikoreichen Operationen. Vor allem bei einer Operation stellt sich die Frage, ob der beteiligte Chirurg einen Angehörigen oder Freund gerne, voll Stolz, vielleicht mit mangelnder Objektivität oder gar Widerwillen und Angst operiert und weiterbehandelt.
16.08.2017 BDC|News
HBA-Spezial: Niedergelassene Ärzte & Gastroenterologen
Als Bestandskunde unseres Kurses zum Hygienebeauftragten Arzt (HBA) können wir Ihnen zusätzliche Präsenztermine speziell für niedergelassene Ärzte anbieten. Am 3. und 4. November 2017 findet in Hannover eine Abschlussveranstaltung für alle niedergelassenen Ärzte statt. Der Kurs wird gemeinsam mit dem Niedersächsischen Gesundheitsamt durchgeführt. Zudem können wir Ihnen einen Spezialabschlusskurs für Gastroenterologen am 23. und 24. Februar 2018 in Dortmund anbieten.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.