01.05.2017 Politik
Ambulante Versorgung, wo geht der Weg hin?
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Die Not der Notaufnahmen
Die Kontroverse über die zunehmende Inanspruchnahme der Notaufnahmen der Krankenhäuser auch durch Nicht-Notfallpatienten war für den BDC der Anlass, auf dem diesjährigen Chirurgenkongress eine Vortragssitzung zum Thema ambulante Versorgung zu organisieren.
Der Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen umfasst auch die Notfallversorgung. Herr Maurer von der KV Bayern wies darauf hin, dass der Anteil der angestellten Chirurgen in der Niederlassung inzwischen 18 Prozent betrage und dies in Bezug auf das Arbeitszeitgesetz ein zusätzliches Hindernis für die Besetzung der Bereitschaftsdienste darstelle. Die KV Bayern habe gute Erfahrungen mit Notfallpraxen in den Krankenhäusern gemacht, die vorwiegend nur zu den „Stoßzeiten“ geöffnet seien. In Anbetracht des steigenden Anteils von Ärztinnen dürfe auch der Sicherheitsaspekt nicht vernachlässigt werden. Daher werde der Fahrdienst regelmäßig unter Beteiligung eines eigenen Fahrers durchgeführt. Bezüglich der Nachbesetzungsprobleme chirurgischer Arztsitze hofft er auf konstruktive Lösungsvorschläge durch das vom G-BA beauftragte Gutachten zur Bedarfsplanung, das für 2018 oder 2019 zu erwarten sei.
Der Geschäftsführer des Verbands der Krankenhausdirektoren, Herr Dr. Düllings, stellte die Sichtweise der Krankenhäuser dar. Er kritisierte scharf die vom MDK initiierten Zahlungsausfälle seines Krankenhauses in Millionenhöhe und bezeichnete dies als „Zechprellerei“. Somit bestünde auch für die Krankenhäuser eine Art Budgetierung. Er hob auf den Sicherstellungsauftrag der KV für den Notdienst ab und monierte den aktuellen Beschluss des erweiterten Bewertungsausschusses mit der Abklärungspauschale (01205/01207) in Höhe von 8,42 Euro außerhalb der Sprechstunden. Diese Leistung könne in der Kürze der Zeit nicht rechtssicher und schon gar nicht rentabel erbracht werden. Er kündigte eine Art „Dienst nach Vorschrift“ der Krankenhäuser an, wenn dieses Problem nicht befriedigend gelöst werde. Herr Dr. Düllings drückte auch seine Bereitschaft aus, mit den niedergelassenen Ärzten zusammen den Patienten wieder mehr in den Fokus zu rücken.
Der Vizepräsident des BDC Dr. Rüggeberg nahm in seinem Vortrag diesen Faden auf und schlug vor, sich aus den „Schützengräben“ hervorzuwagen und die fachärztliche Versorgung der Zukunft mit Fachärzten aus den Praxen und den Krankenhäusern gemeinsam zu organisieren. Er betont dabei ausdrücklich, dass die Chirurgen der Zukunft bei der notwendigen Tiefe der Spezialisierung niemals auch die vollständige Breite des Fachs abbilden könnten. Er forderte von der Politik Konzepte, um das „Konsumverhalten“ der Patienten zu steuern oder bei den begrenzten Ressourcen zumindest zu definieren, welche Versorgungsanteile Vorrang hätten. Er sieht vernetzte intersektorale Versorgungsstrukturen als Modell der Zukunft und wünschte sich eine Stärkung des Belegarztwesens. Dies hat der BDC bereits durch die Gründung einer Arbeitsgemeinschaft für Beleg- und Kooperationsärzte als neuen Arbeitsschwerpunkt aufgenommen.
Herr Dr. Neumann als Präsident des Bundesverbands Ambulantes Operieren zeichnete ein skeptisches Bild der Zukunft. Trotz der durch das „Oberender-Gutachten“ eindeutig belegten Vorteile des ambulanten Operierens werde dieses nur unzureichend von den Krankenkassen gefördert. Im Gegenteil seien aktuell zahlreiche Struktur- und Selektivverträge gekündigt worden. Dem Leistungstransfer vom Krankenhaus in den ambulanten Bereich folge kein Budget-Transfer. Eine Zukunftschance sieht er vor allem für ambulante Operationszentren an den Krankenhäusern oder in der Kooperation mit einer Klinik. Operateur und Anästhesist sollten dort verstärkt auf die Sicherheit und die Zufriedenheit der ambulant operierten Patienten setzen.
Für den Bundesverband ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV) sprach die Geschäftsführerin Frau Froschauer über die Zukunftschancen dieser neuen Versorgungsform. Sie stellte zunächst die grundsätzliche Konstruktion der ASV-Teams nach dem „Zwiebelschalenmodell“ vor. Die aktuelle Anzahl der ASV-Teams sei wegen der komplizierten Meldeverfahren nicht ganz klar, liege aber sicher noch unter 100 Teams deutschlandweit. Chirurgen seien insbesondere bei den gastrointestinalen Tumoren beteiligt. Sie erwarte eine deutliche Steigerung bei der gerade angelaufenen Versorgung gynäkologischer Tumoren. Für die Zukunft rechne sie mit weiteren Indikationen im Bereich der Onkologie. Das ursprüngliche Konzept des „wer kann, der darf“ sei durch zahlreiche bürokratische Hemmnisse obstruiert worden. Auch die geplante eigene Abrechnungssystematik mit sektorenübergreifenden Fallpauschalen lasse auf sich warten und die jetzige Abrechnung nach EBM sei unattraktiv. In der Diskussion wurden die Problematik der Bereinigung des ASV-Honorarvolumens und die nur optionale Beteiligung der KVen hervorgehoben. Dies stelle weitere Hindernisse für die ASV dar.
Insgesamt zeigte die Sitzung, dass im Bereich des Bereitschaftsdienstes und der Notaufnahmen noch kein ausreichendes gegenseitiges Verständnis der Probleme des jeweils anderen Versorgungsbereiches besteht. Gemeinsame Versorgungsprojekte könnten die Vertrauensbildung fördern. Das ambulante Operieren dürfte einen Zentralisierungstrend vor sich haben. Die ambulante spezialärztliche Versorgung könnte als Modell für weitere sektorenübergreifende Versorgungsmodelle dienen, wenn die Anlaufschwierigkeiten überwunden werden und die Patienten und die Ärzte dafür begeistert werden könnten. Alle Referenten bedauerten den vorwiegend ökonomisch gefärbten Blick auf die Versorgungslandschaft und forderten, den Patienten wieder mehr in den Mittelpunkt zu rücken.
Kalbe P. Ambulante Versorgung, wo geht der Weg hin? Passion Chirurgie. 2017 Mai, 7(05): Artikel 05_02.
Autor des Artikels
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Dr. med. Peter Kalbe
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