15.04.2019 Politik
Patientenbedürfnisse müssen wieder im Mittelpunkt stehen
![](https://www.bdc.de/wp-content/uploads/2018/09/iStock-909133124_RossHelen-750x500.jpg)
Berliner Forum fordert Maßnahmen für eine wissenschaftlich begründete, patientenzentrierte und ressourcenbewusste Versorgung
Jeden Tag spüren Patienten, Ärzte und Pflegende den ökonomischen Druck im Gesundheitswesen. In einem solidarisch finanzierten Gesundheitssystem müssen die zur Verfügung stehenden Mittel angemessen, effizient und gerecht verwendet werden. Ökonomische Vorgaben dürfen aber die medizinische Versorgung nicht unangemessen beeinflussen. Das Patient- Arzt-Verhältnis und das Patientenwohl sind in Gefahr, wenn sich marktwirtschaftliche Interessen im Sinne einer „Ökonomisierung“ in der Medizin ungebremst weiter durchsetzen. Im Rahmen einer Pressekonferenz zum Berliner Forum der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften) e.V. am 11. April 2019 stellen Experten konkrete Maßnahmen vor, die zu einem Ausgleich zwischen qualitätsgesichertem medizinischen Anspruch, Patientenzentrierung und ökonomischen Erfordernissen beitragen sollen.
Wenn betriebswirtschaftliche Anforderungen zum Primat der Entscheidungen für die medizinische Versorgung in Kliniken werden und dadurch die wissenschaftlich begründete, patientenzentrierte Medizin in den Hintergrund tritt, ist das Patientenwohl gefährdet. Um dem entgegenzutreten, fordert die AWMF konkret die Implementierung der partizipativen Entscheidungsfindung, die Teilung von Führungsverantwortung im Krankenhaus zwischen ärztlicher Direktion, Pflegedirektion und kaufmännischer Leitung mit Verhandlungen auf Augenhöhe und eine bedarfsorientierte Planung und Finanzierung von Krankenhäusern mit Vergütung stationärer Leistungen im Rahmen regionaler, sektorenübergreifender Versorgungskonzepte.
„Patienten sind heute nicht mehr passive Empfänger von Gesundheitsleistungen, sondern wollen vielfach selbst aktiv über die für sie richtige Therapie mitentscheiden“, sagt Dr. med. Monika Nothacker, stellvertretende Leiterin des AWMF-Instituts für Medizinisches Wissensmanagement (AWMF-IMWi). Patientenzentrierte Versorgung bedeutet, dass ärztliche und pflegerische Aktivitäten auf die Bedürfnisse des Patienten ausgerichtet sowie gemeinsam geplant und entschieden werden. „Um ein Patient-Arzt-Verhältnis aufzubauen, in dem eine gemeinsame Entscheidungsfindung möglich ist, muss ausreichend Zeit im klinischen Arbeitsalltag vorhanden sein“, betont Nothacker. Zu einer patientenzentrierten Versorgung gehören auch der Einbezug der Angehörigen und verständliche Patienteninformationen auch auf der Basis von Leitlinien. Unverzichtbar ist zudem die interdisziplinäre und interprofessionelle Abstimmung zwischen den Behandelnden, um eine kontinuierliche, gute Versorgung sicherzustellen, insbesondere zwischen den Versorgungssektoren.
Mit einer gemeinsamen Krankenhausführung, in der die ärztliche, pflegerische und kaufmännische Direktion auf Augenhöhe gemeinsam Entscheidungen treffen, sei es möglich, eine gleichzeitig effiziente wie wissenschaftlich fundierte, in Bezug auf den Zugang zur Versorgung gerechte und auch patientenzentrierte Versorgung zu implementieren. Dadurch könnte der ökonomische Druck auf Ärzte und Pflegende sinken. „Zu einem solchen Krankenhausmanagement gehört auch eine Kultur, die von Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern geprägt ist und die deren Arbeitsbedingungen im Blick hat“, betont AWMF-Präsidiumsmitglied Dr. med. Manfred Gogol.
Zusätzlich gelte es, Fehlanreize im DRG-basierten Vergütungssystem zu beseitigen oder zumindest zu reduzieren, um unangemessene Leistungsausweitungen und „Portfolioanpassungen“ zu vermeiden. Außerdem müssten derzeit schlecht vergütete Maßnahmen wie die „Sprechende Medizin“ besser im System der Fallpauschalen berücksichtigt werden.
„Ein weiterer Hebel ist eine Krankenhausplanung, die sich an regionalen, sektorenübergreifenden Versorgungskonzepten orientiert – mit dem Ziel, stationäre Überkapazitäten zu reduzieren“, sagt Professor Dr. med. Rolf Kreienberg, Präsident der AWMF. Er fordert auch eine Unterstützung der Bildung von Zentren. „So würde eine qualitativ hochwertige, flächendeckende Versorgung ermöglicht, und davon profitiert der Patient.“
Quelle: Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF), Birkenstraße 67, 10559 Berlin, www.awmf.org, 11.04.2019
Weitere Artikel zum Thema
01.09.2017 Aus- & Weiterbildung
Interview mit Christian Reeps – Neues Gesicht in der Nachwuchskampagne
Die BDC-Nachwuchskampagne „Nur Mut! Kein Durchschnittsjob: ChirurgIn“ hat ein neues Gesicht für die Gefäßchirurgie: Prof. Dr. med. Christian Reeps. Auf der Webseite www.chirurg-werden.de werden im Rahmen der Kampagne alle Säulen der Chirurgie von Chirurgen und Chirurginnen vorgestellt, die von ihren persönlichen Erfahrungen in der Chirurgie erzählen.
01.09.2017 Krankenhaus
Gleiches Geld für gleiche Leistung: TK will einheitliche Preise in Kliniken und Praxen
Vergleichbare Operationen und medizinische Eingriffe müssen nach Ansicht der Techniker Krankenkasse (TK) endlich gleich bezahlt werden - egal ob sie ein Arzt in den Räumen einer Klinik oder in den Räumen einer Praxis erbringt. "Bei diesen Leistungen muss endlich der Grundsatz‚ gleiches Geld für gleiche Leistung‘ gelten", sagt der Leiter der Krankenhaus-Vertragsstrategie bei der TK, Jörg Manthey.
31.08.2017 Politik
Jetzt sprechen 6.000 Patienten: Wir vertrauen unseren niedergelassenen Ärzten!
Versichertenbefragungen – Gleich zwei Erhebungen belegen, dass das Vertrauensverhältnis zu den niedergelassenen Haus- und Fachärzten sehr gut ist. Gleichzeitig spiegeln sie die Folgen des beginnenden demografischen Wandels in Deutschland wider.
28.08.2017 Krankenhaus
OPS 2018: Vorabfassung veröffentlicht
Zur Weiterentwicklung der Entgeltsysteme werden die Klassifikationen OPS und ICD-10-GM auch für das Jahr 2018 wieder bearbeitet und angepasst. Eine Referenzdatei der vorläufigen Fassung des OPS für das Jahr 2018 finden Sie bei uns online unter www.dimdi.de - Klassifikationen, Terminologien, Standards - OPS - Kode-Suche - Vorabfassung OPS 2018. Die Metadaten (Importdateien für relationale Datenbanken) der Vorabfassung sowie eine vorläufige Aktualisierungsliste und eine vorläufige Überleitungstabelle finden Sie im Downloadcenter Klassifikationen des DIMDI. In die vorläufige Fassung sind Änderungen eingegangen, die sich aus dem Vorschlagsverfahren des DIMDI für die Version 2018 und dem Kalkulationsverfahren des InEK (Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus GmbH) ergeben haben. Die endgültige amtliche Fassung des OPS für 2018 veröffentlichen wir, sobald letzte offene Fragen geklärt sind. Für den OPS stellen wir dann wie gewohnt folgende Formate bereit: die Buchfassungen (PDF, ODT, HTML), ClaML/XML-Fassung, Metadaten, Überleitung und Aktualisierungslisten des Systematischen Verzeichnisses sowie die Buchfassungen (PDF, ODT) und die EDV-Fassung (TXT (CSV)) des Alphabetischen Verzeichnisses. Kontakt: Medizinische Klassifikationen Tel.: +49 221 4724-524 Ergänzende Informationen auf unserer Website: Basisinformationen zum OPS OPS Vorabfassung 2018 Onlinefassung OPS Vorabfassung 2018 kostenfrei im Downloadcenter Klassifikationen Weitere Informationen im Web: Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) zur Übersicht
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.