01.02.2023 Politik
Weniger Ökonomie, mehr Medizin – Die Krankenhausreform auf einen Blick
![](https://www.bdc.de/wp-content/uploads/2023/02/02_Kurznachrichten_Jan_Feb_23_image_01_iStock-Olivier-Le-Moal-750x416.jpg)
Die Behandlung von Patientinnen und Patienten in Krankenhäusern soll künftig mehr nach medizinischen und weniger nach ökonomischen Kriterien erfolgen. Das empfiehlt die 17-köpfige „Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“. Dafür sollen die Kliniken nach drei neuen Kriterien honoriert werden: Vorhalteleistungen, Versorgungsstufen und Leistungsgruppen.
1. Vergütung von Vorhalteleistungen
Derzeit erfolgt die Finanzierung von Krankenhausleistungen weitestgehend über Fallpauschalen. Fixkosten – wie das Vorhalten von Personal, einer Notaufnahme oder notwendiger Medizintechnik – müssen überwiegend ebenfalls über die Fallpauschale erwirtschaftet werden. Um die Bedeutung der Krankenhäuser für die Daseinsvorsorge zu unterstreichen und um den wirtschaftlichen Druck auf möglichst viele Behandlungsfälle zu senken, empfiehlt die Regierungskommission, künftig einen festen Betrag als Vorhaltekosten zu definieren, den Krankenhäuser – je nach ihrer Zuordnung (siehe Punkte 2 und 3) – erhalten.
2. Definition von Krankenhaus-Versorgungsstufen (Leveln)
Künftig sollen Krankenhäuser in drei konkrete Level eingeordnet und entsprechend gefördert werden:
- Grundversorgung – medizinisch und pflegerische Basisversorgung, zum Beispiel grundlegende chirurgische Eingriffe und Notfälle.
- Regel- und Schwerpunktversorgung – Krankenhäuser, die im Vergleich zur Grundversorgung noch weitere Leistungen anbieten.
- Maximalversorgung – zum Beispiel Universitätskliniken.
Für jedes Level sollen einheitliche Mindestvoraussetzungen gelten. Damit würden erstmals einheitliche Standards für die apparative, räumliche und personelle Ausstattung gelten.
3. Einführung von definierten Leistungsgruppen
Die lediglich grobe Zuweisung von Fachabteilungen (wie „Innere Medizin“) zu Krankenhäusern soll durch genauer definierte Leistungsgruppen abgelöst werden (z. B. „Kardiologie“). Behandlungen sollen künftig nur noch abgerechnet werden können, wenn dem Krankenhaus die entsprechende Leistungsgruppe zugeteilt wurde. Voraussetzung für die Zuteilung ist die Erfüllung genau definierter Strukturvoraussetzungen für die jeweilige Leistungsgruppe, etwa bezüglich personeller und apparativer Ausstattung.
Auftrag der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung
Laut Koalitionsvertrag sollte die Regierungskommission Empfehlungen für eine Weiterentwicklung der Krankenhausfinanzierung vorlegen, die das bisherige System um ein nach Versorgungsstufen (Primär-, Grund-, Regel-, Maximalversorgung, Universitätsklinika) differenziertes System erlösunabhängiger Vorhaltepauschalen ergänzt.
Hintergrund: Die derzeitige Krankenhausfinanzierung
Krankenhäuser decken ihre laufenden Betriebskosten (Kosten für medizinische Behandlung, z. B. Personal, Operationsbedarfe) über die sogenannten Fallpauschalen (DRGs). Das heißt: Sie erhalten einen fixen Betrag, auch wenn die Behandlung tatsächlich mehr oder weniger gekostet hat. Investitionskosten – also zum Beispiel Kosten für Bauten oder bauliche Instandhaltung – sind in ausreichender Höhe von den Ländern zu tragen. Dies geschieht nicht flächendeckend in ausreichendem Maße.
Durch das Fallpauschalensystem besteht ein Anreiz, sehr viele – im Zweifelsfall auch unnötige – Operationen oder anderweitige Behandlungen durchzuführen (sogenannter Leistungs- oder Mengenanreiz), zudem insbesondere die Fallpauschalen abzurechnen, die besonders lukrativ sind – und Fachbereiche, die weniger lukrativ sind, wie die Kinder- und Jugendmedizin, zu schließen.
Autor des Artikels
![Profilbild von Päßler](https://www.bdc.de/wp-content/uploads/avatars/36915/1663601884-bpfull.jpg)
Olivia Päßler
Presse- & ÖffentlichkeitsarbeitBerufsverband der Deutschen Chirurgie e.V. (BDC)Luisenstraße 58/5910117Berlin kontaktierenWeitere Artikel zum Thema
07.11.2017 Krankenhaus
Führungskräfte haben Probleme, mit dem ökonomischen Druck umzugehen
Aufgrund des im System angelegten Stresses, der derzeit in Krankenhäusern herrscht, sehen sich Menschen in führenden Positionen nur begrenzt in der Lage, in einer positiven Weise mit den massiven Widersprüchen des Gesundheitssystems umzugehen.
06.11.2017 Arbeitsbedingungen
Angestellte Ärzte in der vertragsärztlichen Versorgung besser stellen
Der stete Zuwachs angestellter Ärztinnen und Ärzte im ambulanten Sektor ist für den Marburger Bund Zeichen eines strukturellen Wandels in der medizinischen Versorgung. Der Anteil der Angestellten steigt, während der Anteil der Niedergelassenen sinkt.
26.10.2017 Politik
Die Kernaussagen zum Finanzausgleich der Krankenkassen
Die Zuweisungsmechanismen des milliardenschweren Risikostrukturausgleichs (RSA) gehören seit Jahren zu den umstrittensten Punkten unter den Krankenkassen. In einer vorab veröffentlichten Zusammenfassung des Sondergutachtens zum RSA gehen die Autoren auf dessen Zielgenauigkeit, aktuelle Fehlentwicklungen und auf konkrete Maßnahmen zur Anpassung des Finanzausgleichs ein. Teil dessen sind auch Ausführungen zum Wettbewerb und zur gegenseitigen Haftung der Krankenkassen.
25.10.2017 Krankenhaus
38 Prozent der Krankenhauspatienten wurden im Jahr 2016 operiert
Bei 38 % (7,1 Millionen) der knapp 19,0 Millionen stationär in allgemeinen Krankenhäusern behandelten Patientinnen und Patienten wurde im Jahr 2016 eine Operation durchgeführt. Gegenüber dem Vorjahr hat sich der Anteil nicht verändert. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, war gut die Hälfte der Behandelten, die sich 2016 während ihres Krankenhausaufenthaltes einem chirurgischen Eingriff unterziehen mussten, 60 Jahre und älter.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.