14.12.2018 Politik
TSVG: Gesetzgeber konterkariert seine eigenen guten Ansätze
![](https://www.bdc.de/wp-content/uploads/2018/09/iStock-909133124_RossHelen-750x500.jpg)
„In Politik und Medizin gilt gleichermaßen: Nur wenn die Diagnose stimmt, kann die Therapie anschlagen. Leider ist beim geplanten Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) schon die Grundannahme falsch, dass vermeintliche Versorgungsengpässe von unzureichenden Sprechstundenzeiten herrühren. Richtig ist: Ärztinnen und Ärzte arbeiten schon jetzt am Limit und oftmals auch darüber hinaus. Wer spürbare Verbesserungen für die Patienten will, muss genau hier ansetzen und für Entlastung sorgen.“ Das sagte Bundesärztekammer-Präsident Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery zur heutigen ersten Lesung des TSVG im Deutschen Bundestag. Notwendig seien mehr Medizinstudienplätze, attraktive Arbeitsbedingungen und nicht zuletzt wirksame Maßnahmen gegen Kommerzialisierung und Konzernbildung im deutschen Gesundheitswesen. Darauf sollte der Gesetzgeber abzielen, statt die Arbeit von Ärzten und Selbstverwaltung mit Reglementierung und Kontrollbürokratie weiter zu belasten.
Mit Blick auf die geplanten offenen Sprechstunden und die Ausweitung der Mindestsprechstundenzeiten warnte Montgomery: „Viele gute Ansätze in dem Gesetzentwurf werden teilweise durch massive Eingriffe in die Praxisabläufe und in die Arbeit der Selbstverwaltung konterkariert. Statt junge Ärztinnen und Ärzte mit starren staatlichen Vorgaben für ihre Berufsausübung zu vergraulen, brauchen wir flexible Lösungen, die sich sowohl an den Bedürfnissen der Patienten, als auch an denen der jungen Ärztegeneration orientieren.“ Solche praxisnahen Regelungen könnten nur von der Selbstverwaltung kommen. Dafür müsse ihr die Politik aber auch die notwendige Gestaltungsfreiheit geben.
Positiv hob Montgomery hervor, dass mit dem TSVG zusätzliche Leistungen auch zusätzlich vergütet werden sollen. „Damit nähern wir uns der Entbudgetierung zumindest etwas an.“ Richtig sei auch, dass der Gesetzgeber erste Weichenstellungen für ein sektorenübergreifendes Konzept der Notfall- und Akutversorgung vornimmt. Darauf könne und müsse man aufbauen.
Zumindest punktuell gehe die Koalition auch das Problem der zunehmenden Konzernbildung im Gesundheitswesen an. Hintergrund ist, dass Medizinische Versorgungszentren (MVZ) neben Pflegeeinrichtungen mehr und mehr zu beliebten Spekulationsobjekten für teilweise völlig fachfremde Finanzinvestoren werden. Die Bundesärztekammer unterstützt Forderungen der Bundesländer, die Vorgaben im TSVG zu verschärfen und hat dies in einem gemeinsamen Schreiben mit weiteren ärztlichen und zahnärztlichen Spitzenorganisationen an das Bundesgesundheitsministerium bekräftigt. Die Ärzteschaft spricht sich dafür aus, die Gründungsberechtigung von Krankenhäusern für MVZ auf medizinisch-fachliche und räumliche Bezüge einzugrenzen. Es gehe darum, Monopole zu verhindern und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, sagte Montgomery.
Quelle: Bundesärztekammer, Arbeitsgemeinschaft der deutschen Ärztekammern, Herbert-Lewin-Platz 1, 10623 Berlin, http://www.bundesaerztekammer.de, 13.12.2018
Weitere Artikel zum Thema
08.12.2017 Politik
Gütesiegel direkt von Chirurgen – So erkennen Patienten gute Operateure
Der Erfolg einer Operation hängt in vielen Fällen von der Erfahrung des Behandlungsteams ab. Allgemein- und Viszeralchirurgen legen nun konkrete Zahlen vor, wie häufig Eingriffe durchgeführt werden müssen, damit eine Einrichtung für eine bestimmte Behandlung als qualifiziert zertifiziert werden kann. Dabei basieren die Anforderungen der Allgemeinchirurgen an ihr eigenes Fach auf umfangreichen Datensammlungen und liegen weit über den geforderten derzeitigen Mindestmengen.
07.12.2017 Krankenhaus
BDI fordert Ende der Debatte zur Neuordnung der Notfallversorgung
Die Debatte in den letzten Tagen über die Neuordnung der Notfallversorgung in Deutschland zwischen den Selbstverwaltungspartnern zeigt wieder einmal, dass die Akteure nichts hinzugelernt haben. Gegenseitige polemische Vorwürfe passen in die Vergangenheit und sind nicht geeignet, gegenüber Versicherten, Patientinnen und Patienten, Bürgern und Bürger und zuletzt der Politik, ein funktionierendes System der Selbstverwaltung abzubilden. Leider scheinen alle gerade an der Grenze ambulant/stationär konfliktiv unterwegs zu sein, anstatt zu kooperieren.
06.12.2017 Krankenhaus
Baustellen im Krankenhaus
Bei den diesjährigen Bad Orber Gesprächen, organisiert von Bayer und Vivantes Ende November in Berlin, hat sich der GKV-Spitzenverband mit einem Referat von Dr. Wulf Dietrich Leber, Abteilungsleiter „Krankenhäuser“, positioniert. Defizite in der pflegerischen Versorgung, Fehlallokationen in Notfallambulanzen sowie der Abbau von Überkapazitäten sind die gegenwärtig offenen Baustellen in der stationären Versorgung. Die Aufgaben für die Selbstverwaltung sind so umfangreich und komplex, dass sie nach Auffassung des GKV-Spitzenverbandes für die nächsten zwei Jahre mit Arbeit voll ausgelastet ist, ohne dass der Gesetzgeber weitere Aufträge erteilt.
05.12.2017 Kinderchirurgie
Neuordnung in der Kinderchirurgie
Kinder benötigen eine besondere chirurgische Behandlung, die nicht nur fach-, sondern auch kindgerecht ist. Um die Versorgung zu verbessern, streben die Kinderchirurgen eine Neuordnung in ihrem Fach an. Auf der Jahrespressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) am 5. Dezember 2017 in Berlin fordert Professor Dr. med. Peter Schmittenbecher eine Umstrukturierung der kinderchirurgischen Versorgung zugunsten von Referenzzentren und erläutert, warum Kinderchirurgen und Pädiater zukünftig in spezialisierten Zentren zusammenarbeiten sollen.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.