01.04.2015 Politik
Das Netzwerk zertifizierter Skills-Trainingszentren in Europa (NASCE) der UEMS
Im Jahr 2014 wurde NASCE (Network of Accredited Skills Centres in Europe) als ein Netzwerk von zertifizierten Trainingszentren in Europa auf der Internationalen Konferenz der Chirurgischen Weiterbildung (ICOSET) in Harrogate vorgestellt.
NASCE ist eine Initiative, die von der UEMS (European Union of Medical Specialists) gesponsert wird, um Trainingszentren innerhalb der Europäischen Union und ihre Partnerunternehmen zu vernetzen und zu zertifizieren. Das Projekt NASCE startete 2012 als Initiative innerhalb der Sektion Chirurgie der UEMS und hat sich zu einem interdisziplinären Projekt weiterentwickelt.
NASCE ist heute ein anerkannter multidisziplinärer gemeinsamer Ausschuss der UEMS (MJC – Multidisciplinary Joint Committee) für klinische Skill-Trainings und Assessment (CSTA). Dieser Ausschuß setzt den NASCE-Gründungsgedanken um, klinische Trainingszentren europaweit zu vernetzen.
Dabei wird der Fokus nicht allein auf die Chirurgie beschränkt, sondern auf alle medizinischen Fachrichtungen ausgedehnt. Der multidisziplinäre gemeinsame Ausschuss (MJC) beinhaltet unter anderem die Anästhesie, Urologie, Kardiologie, Orthopädie und Gynäkologie. Derzeit haben sich 21 Sektionen der UEMS dem Projekt NASCE angeschlossen (Tab. 1).
Tab. 1: UEMS Mitgliedssektionen von NASCE/MJC/CSTA
Anästhesie |
Kardiologie |
Endokrinologie |
Kopf und Nacken |
Gastroenterologie und Hepatologie |
Hand-Chirurgie |
Nephrologie |
Neurochirurgie |
Geburtshilfe und Gynäkologie |
Augenheilkunde |
Orthopädie und Unfallchirurgie |
Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde |
Kinderchirurgie |
Kinder Urologie |
Plastische- und Ästhetische Chirurgie |
Pneumologie |
Radiotherapie |
Rheumatologie |
Chirurgie |
Urologie |
Viszeralchirurgie |
Ziele von NASCE
Die Notwendigkeit, das simulationsbasierte Training zu evaluieren und Erfahrungen auszutauschen, bildet die Grundlage des NASCE Programmes. Bei der Debatte über den Bedarf an simulationsbasiertem Training wird nicht länger die Wirksamkeit thematisiert, sondern wie dessen Rolle innerhalb des Healthcare Trainings definiert werden soll.
Heutzutage wird die Simulation zu bestimmten Zwecken in vielen Studienplänen im Grund- und Hauptstudium der Medizin eingesetzt. Große Mengen an Ressourcen und Geldern werden von verschiedenen medizinischen Zuständigkeitsbereichen heterogen für die Schulung von Fähigkeiten aufgewendet. Dies spielt sich in einem relativen Vakuum ohne stabile internationale Standards ab. Die Verbreitung von innovativen validierten Techniken kann nur durch internationalen und interdisziplinären Austausch erzielt werden.
In Europa bestehen große Unterschiede in der Anwendung von Simulation und beim Angebot von Trainingszentren. Die Spanne der Trainingszentren reicht von nur einem Raum in einem Krankenhaus, welcher an einigen Wochentagen geöffnet und mit Simulatoren von geringer Genauigkeit ausgestattet ist, bis zu überregionalen Trainingszentren, die mehrere Disziplinen bedienen und kostenintensive Simulation der neuesten Generation einsetzen. Die gesamte Spanne all dieser Trainingszentren bedarf der Unterstützung, denn jedes einzelne erfüllt wichtige, wenn auch unterschiedliche Zwecke innerhalb der medizinischen Aus-, Weiter- und Fortbildung.
NASCE Zertifizierung von Trainingszentren
Ursprünglich definierte NASCE drei Level von Trainingszentren, die für die Zertifizierung zugelassen werden sollten. Später entschloß man sich aus Kapazitätsgründen, die kleineren Zentren bei der Zertifizierung zunächst außen vor zu lassen.
Der Fokus von NASCE liegt vorerst auf zwei Typen von Zentren:
-
-
- Interdisziplinäre Trainingszentren (Multispecialty format) und
- Einzelne Fachgebiete betreffende Trainingszentren (Single specialty format)
-
Nach einem 18-monatigen internationalen Beratungsprozess wurde die Organisation in einen transparenten, stabilen Rahmen mit Satzung und Führungsstruktur eingebettet. Alle Dokumente befinden sich online auf www.NASCEnet.org.
Nach der offiziellen NASCE-Gründungsveranstaltung im September 2014 in Stockholm wurden bis Anfang 2015 bereits die ersten 6 Zentren zertifiziert:
-
-
-
- Centre for Clinical Education (CEKU), Copenhagen, Dänemark
- National Surgical Training Centre, RCSI, Dublin, Irland
- Institute for Training and Surgical Innovative Technology (ITCIT), Gent, Belgien
- Centre of Medical Expertise, Jyvaskyla, Finland
- Practicum Clinical Skills Centre, Lund, Schweden
- Centre for Advanced Simulation and Education (CASE), Istanbul, Türkei
-
-
Die Vorteile
Diese neu zertifizierten Zentren richten sich nach den NASCE Leitsätzen, die auf dem Wunsch basieren, innerhalb Europas die Bereitstellung von Skills-Training (Ausbildung von manuellen und kommunikativen Fertigkeiten) durch eine moderne, zweckorientierte Zertifizierungsgesellschaft zu vereinfachen.
Die Zertifizierung ist hauptsächlich auf die personelle, organisatorische und materielle Ausstattung des Trainingszentrum bezogen. Innerhalb der UEMS gibt es andere Projekte, die für die inhaltliche Zertifizierung, z.B. von Curricula, zuständig sind. Daher konzentriert sich NASCE auf die minimalen Standards für die effektive Bereitstellung von Simulation beim Training.
Die Zentren profitieren von der Zertifizierung durch NASCE in mehrfacher Hinsicht:
Der Prozess, die Zertifizierung zu durchlaufen, erlaubt es den Zentren, die eigenen organisatorischen Strukturen und Abläufe gemeinsam mit den NASCE-Visitoren zu reflektieren. Dadurch können Stärken, Schwächen, Chancen und Gefahren identifiziert werden (SWOT-Analyse).
Bewerbung
Der Zertifizierungsprozess ist seit 2014 in vollem Gang. Trainingszentren an Universitätskliniken und private Institute unserer Industriepartner sind eingeladen, sich zu bewerben. Alle Details finden sich auf der NASCE-Webseite (www.nascenet.org).
Der Ablauf der Zertifizierung entspricht den Regeln der UEMS sowie der Europäischen Union und ist mittlerweile transparent und standardisiert. Nach der Bewerbung wird eine Vor-Ort-Visitation (peer review) vereinbart. Nach Erstellung eine Abschlußreports vergibt das NASCE Board das begehrte, europaweit anerkannte Zertifikat. Die Zertifizierung hat vier Jahre Gültigkeit.
Der Prozess umfasst eine internationale Begutachtung des Zentrums nach genau festgelegten Regeln. Dazu gehören Führung, Verwaltung, Kompetenzen, Eigenschaften des Lehrpersonals, Forschung und Entwicklung.
Der Unterschied zwischen den beiden Zertifizierungsarten (interdisziplinär oder nur für ein Fachgebiet) macht sich vorrangig für die Lernenden, die sich in dem Zentrum ausbilden lassen, bemerkbar.
Das Multispecialty Format wird sich auf viele Disziplinen ausrichten, während das nicht minder wichtige Single Specialty Format seinen Fokus nur auf eine Disziplin mit rationalisierter Führung und Verwaltungsanforderungen fokussiert.
Das NASCE Netzwerk
Bereits die Zertifizierung an sich ist ein nützlicher Vorgang, bei dem die Trainingszentren mit international entwickelte Standards abgeglichen werden. Die meisten NASCE-Gründungsmitglieder waren jedoch vor allem von der Idee fasziniert, im wachsenden Netzwerk der Trainingszentren Ergebnisdaten, Techniken und Innovationen auszutauschen, gemeinsam weiter zu entwickeln und zu verbreiten.
Erfahrungen mit anderen zu teilen ist ein Meilenstein des Netzwerkes und wird langfristig die wissenschaftlichen Anstrengungen und die Entwicklung von NASCE positiv beeinflussen. Auch wenn im Alltag technische Innovationen rasch fortschreiten, ist die Verbreitung bei der Innovation von Simulation in der ärztlichen Aus-, Weiter- und Fortbildung in den vergangenen beiden Jahrzehnten nur langsam verlaufen. Es gibt eine Menge Literatur, wobei häufig das Rad neu erfunden wird, statt es zu verbessern und auf guten Erfahrungen aufzubauen.
NASCE bietet den Trainingszentren die Möglichkeit, ihre Verfahren zu zertifizieren, objektive internationale Daten für ihre Geldgeber bezüglich der eigenen Entwicklung zu erlangen und sich aktiv in ein Netzwerk einzubringen. Dadurch schafft NASCE eine sichtbare Verbindung von Innovation mit pragmatischer Umsetzung in der Breite, die ganz auf die Lernenden ausgerichtet ist.
Diejenigen von uns, die in der anfänglichen Entwicklung von NASCE beteiligt waren, sind begeistert von den Möglichkeiten, die das Programm allen Auszubildenden in der medizinischen Versorgung bietet.
NASCE ist verwirklicht worden. Das zertifizierte Netzwerk expandiert schnell. Wir ermutigen alle Interessierten Zentren in Deutschland, sich diesem spannenden Programm anzuschließen.
Bergenfelz A. / Ridgway P. F. / Ansorg J. Das Netzwerk zertifizierter Skills-Trainingszentren in Europa (NASCE) der UEMS. Passion Chirurgie. 2015 April, 5(04): Artikel 02_04.
Autor des Artikels
Anders Bergenfelz
im Auftrag der NASCELund UniversitySkånes Universitetssjukhus Lund22185LundWeitere Artikel zum Thema
12.03.2018 Politik
AWMF fordert Gesundheitspolitik auf Basis evidenzbasierter Medizin
Das Patientenwohl soll für die künftige Bundesregierung der entscheidende Maßstab aller gesundheitspolitischen Entscheidungen werden. Die AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften) e. V. begrüßt diese Aussage im neuen Koalitionsvertrag, kritisiert jedoch, dass unerwähnt bleibt, auf welcher Basis gesundheitspolitische Entscheidungen künftig getroffen werden sollen. Die wissenschaftliche Medizin und die Notwendigkeit wissenschaftlich belegbarer Maßnahmen ist mit keinem Wort erwähnt. Patientenwohl kann nur dann erreicht werden, wenn sich künftige gesundheitspolitische Entscheidungen an wissenschaftlichen Fakten orientieren: Nur wenn nachweisbar ist, dass eine gesetzgeberische Maßnahme im Gesundheitswesen im Sinne der evidenzbasierten Medizin ausreichend, zweckmäßig und notwendig ist, dient sie auch dem Wohl von Patientinnen und Patienten. Um das zu gewährleisten, ist eine enge Zusammenarbeit mit der wissenschaftlichen Medizin – wie sie in der AWMF versammelt ist – unverzichtbar. „Wir müssen mehr und früher als bislang in gesundheitspolitische Entscheidungen einbezogen werden“, fordert AWMF-Präsident Professor Dr. med. Rolf Kreienberg. Zwar wird im Koalitionsvertrag betont, dass der Dialog auch mit der Wissenschaft intensiviert werden muss, die evidenzbasierte Medizin findet als Grundpfeiler einer wissenschaftlich begründeten Prävention, Diagnostik und Therapie in dem 177-Seiten starken Vertrag jedoch keinerlei Erwähnung. Das sieht die AWMF angesichts der zu lösenden Aufgaben äußerst kritisch. „Die alternde Gesellschaft, die Zunahme chronischer Erkrankungen, Antibiotika-Resistenzen, aber auch die Digitalisierung und der Nachwuchsmangel in vielen Teilen der Medizin stellen uns vor große gesamtgesellschaftliche Herausforderungen“, so Kreienberg. Diese seien nur zu bewältigen, wenn die künftige Bundesregierung bei gesundheitspolitischen Entscheidungen die Ebenen und Akteure einbinde, die die höchste Kompetenz und Expertise zu einem Thema mitbringen. In der AMWF mit ihren 177 wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften sind alle medizinischen Fächer, die meisten interdisziplinären Themenbereiche und neben Ärzten auch weitere Gesundheitsberufe vertreten. Von diesen wird Wissen gemäß der evidenzbasierten Medizin entwickelt, evaluiert und verbreitet. Daraus entstehen unter anderem Leitlinien, die heute die Basis des ärztlichen Handelns darstellen. Die AWMF garantiert daher mir ihren Aktivitäten und Akteuren eine Gesundheitsversorgung, bei der die Prinzipien der evidenzbasierten Medizin auf alle Gesundheitsberufe und alle Versorgungsbereiche angewandt werden. Die AWMF begrüßt auch das Anliegen der Koalitionsparteien, die Gesundheitsforschung auszubauen. Damit haben diese eine zentrale Forderung der AWMF in ihrem künftigen Regierungsprogramm verankert. Doch auch hier komme es auf die Ausgestaltung an: Hochschulmedizin, Versorgungsforschung und Medizininformatik können nur im Sinne der Patienten gestärkt werden, wenn auch hier die Grundpfeiler der wissenschaftlichen Medizin zum Maßstab des Handelns werden. Dazu gehöre, dass wissenschaftliches Arbeiten innerhalb der Medizin in Ausbildung und Beruf einen höheren Stellenwert bekomme, wissenschaftliche Studien und Netzwerke gefördert, die individuellen Bedürfnisse der Patienten und das Erfahrungswissen der Experten regelmäßig abgefragt werde und in Aktivitäten einfließen. „Dafür ist die AWMF in Deutschland das Expertengremium, das sich im Interesse des Patientenwohls gerne in die künftige Regierungsarbeit einbringt“, betont Kreienberg.
09.03.2018 Politik
Gesucht: Digitale Ideen für die Zukunftspraxis
„Es gibt tausende von Apps und digitalen Anwendungen rund um das Thema Gesundheit. Doch der Nutzen für Patient und Arzt ist oft unklar. Daher ist es unser Ziel, diejenigen Anwendungen und digitalen Dienste zu identifizieren und zu fördern, die die Arbeit und Abläufe in den Praxen der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen verbessern“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Andreas Gassen, zum Start der KBV-Zukunftspraxis.
08.03.2018 Politik
Resolution: Zukunftssichere Versorgung nur mit der Selbstverwaltung
Mit Befremden haben die Delegierten der Vertreterversammlung der KBV auf aktuelle Bestrebungen der Gesundheitspolitik, in die Selbstverwaltung einzugreifen, reagiert. In einer heute verabschiedeten Resolution fordern sie die Politik auf, die bewährten Prinzipien der Freiberuflichkeit und den notwendigen Spielraum für die Selbstverwaltung zu erhalten.
07.03.2018 Aus- & Weiterbildung
6. Chirurgische Woche für Studierende
Zum sechsten Mal findet dieses Jahr die Chirurgische Woche des Universitätsklinikum Tübingen statt – initiiert durch die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie und den Berufsverband der Deutschen Chirurgen.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.