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Das Hämorrhoidalleiden ist ein weit verbreitetes Krankheitsbild in der Bevölkerung der westlichen Industrieländer. Die Geschlechtsverteilung wird in der Literatur mit 1:1 bis zu 2:1 mit vermehrtem Vorkommen bei Männern angegeben [1]. Das Hämorrhoidalleiden, auch häufig als Volkskrankheit bezeichnet, stellt im Gegensatz zur weit verbreiteten Meinung kein einheitliches, klar definiertes Patientengut dar. Männer unterziehen sich zweimal häufiger einer Behandlung im Vergleich zu Frauen. Bei nicht konservativ therapierbaren symptomatischen Hämorrhoiden mit dem Leitsymptom der rezidivierenden rektalen Blutabgänge ist die chirurgische Therapie empfohlen.

In der Proktologie gibt es viele Einteilungen der Hämorrhoiden nach Stadien (z. B. nach Goligher, nach Longo, u. v. a.). All diese Scores beschreiben die Größe der Hämorrhoidalpolster sowie den Bezug und die Lage zum Analkanal. Durch die Einteilungen in Scores soll so das entsprechende Therapieverfahren gefunden und festgelegt werden. Am häufigsten findet die Stadieneinteilung nach Goligher Anwendung, welche auch von den S3-Leitlinien des Hämorrhoidalleidens als Grundlage verwendet wurde. Die Einteilung der Hämorrhoiden erfolgt hier in vier Grade, wobei die OP-Indikation bei Grad III und IV mit Symptomen besteht. In Ausnahmefällen kann jedoch auch die Operation für Hämorrhoiden zweiten Grades mit mehrfach rezidivierenden transanalen Blutungen indiziert sein.

Tab. 1: Einstellung der Hämorrhoidalvergrößerung nach Goligher: Quelle S-3-Leitlinien Hämorrhoidalleiden

Grad der Vergrößerung

Definition/Einteilung nach Goligher

Proktoskop notwendig für Diagnose

Ohne Proktoskop diagnostizierbar

Nur proktoskopisch sichtbar, vergrößerter Plexus haemorrhoidalis superior

Ja

Nein

Prolaps bei der Defäkation/beim Pressen, retrahiert sich spontan

Nein

Ja

Prolaps bei der Defäkation/beim Pressen, retrahiert sich nicht spontan, nur manuell reponibel

Nein

Ja

Prolaps permanent fixiert – irreponibel

Nein

Ja

Nach den schon sehr lange bekannten und bewährten offenen und geschlossenen Hämorrhoidektomieverfahren wie z. B. nach Ferguson, Milligan-Morgan, Parks u. a., wurde Ende der 90er Jahre die Staplerhämorrhoidopexie von A. Longo im englischen Sprachraum publiziert und fand so Einführung in die operative Therapie des Hämorrhoidalleidens [2,3]. Diese Operation folgte einem grundsätzlich anderen Prinzip, als die bisherigen Operationsverfahren. Hier erfolgt die Resektion der Mukosamanschette in vordefinierter Höhe mit begleitender Durchtrennung der versorgenden Hämorrhoidalgefäße und gleichzeitiger Pexie auf der Pararektalfascie [3]. Dadurch wurde neben der Resektion der Hämorrhoidalpolster auch gleich durch Pexie und das entstandene Lifting die venöse Abflusssymptomatik verbessert.

Die Vorteile zu den bisherigen Verfahren sind geringere postoperative Schmerzen sowie frühere Rekonvaleszenz der Patienten. Diese Vorteile wurden in mehreren Studien bestätigt [4, 5, 6, 7].

Die Entscheidung, welche Therapie für den Patienten die richtige ist, stellt sich oft schwierig dar. Auch mit den an die Goligher Einteilung angelehnten S3-Leitlinien wird man nur einem Teil der Patienten die beste individuelle Behandlung zukommen lassen können. Natürlich sind die Leitlinien ein oder das wichtigste Instrument der Entscheidungshilfe die richtige Therapie auszuwählen, aber man muss hier oft noch mehr persönliche Parameter des Patienten einbeziehen.

In der modernen Proktologie werden heute viele beschreibende, individuelle Merkmale des Patienten benötigt, um ein gutes Therapiekonzept zu entwickeln. Hier steht natürlich auch die fachliche Kompetenz/Expertise und das Vertrauensverhältnis zu den Patienten im Mittelpunkt. Es ist von großem Vorteil, wenn der Operateur sowohl in der Praxis/MVZ als auch in der Klinik die von ihm operierten Patienten in Rahmen einer Kontrollsprechstunde in festgelegten Intervallen nachuntersucht. Damit ist die Möglichkeit der Kontrolle des gewählten „Tailored Treatment“ und des erreichten postoperativen Ergebnisses gegeben um ggf. die getroffene Entscheidung zu anzupassen.

Wir haben heute als Operateure eine Vielzahl von OP-Verfahren, von speziellen Techniken und unterschiedlichen Geräten und Materialien zur Auswahl und es ist hier eine Kunst, die für den jeweiligen Patienten richtige Wahl zu treffen. „Tailored“, also zugeschnitten auf den einzelnen Patienten, – „Der Proktologe als Maßschneider“ ist hier das Erfolgskonzept. Auch die Ausstattungen der jeweiligen OP-Zentren unabhängig ob Praxis/MVZ oder Klinik spielen eine entscheidende Rolle.

Neben den allgemeinen Informationen wie Nebenerkrankungen, Medikamenteneinnahme und Vorgeschichte sind viele weitere Aspekte zu beachten. Entscheidend sind jedoch die erweiterten individuellen Parameter des Patienten für die Wahl des richtigen OP-Verfahrens. So müssen das Geschlecht, Lebensgewohnheiten, Ernährung und Aktivitätsgrade genauso Berücksichtigung finden, wie die Berufsanamnese, das familiäre Umfeld und die Patientencompliance. Auch die persönlichen Sexualpraktiken gehören heutzutage mit in das Arzt-Patientengespräch vor einer Hämorrhoiden Operation. Weitere Faktoren wie der Bindegewebsstatus, medikamentöse Langzeittherapien, chronische Erkrankungen, sowie Obstipationsneigungen müssen erfragt werden. So ist z. B. für mache Patienten unter Dauertherapie mit Cortison oder einer schlechten Gewebestruktur die Stapler-OP nicht die richtige Wahl.

Bei all den vorhandenen und für die „maßgeschneiderte“ Therapie entscheidenden Faktoren bietet sich ein standardisierter Fragebogen an. Dieser sollte in den Einrichtungen sehr sorgfältig entwickelt werden und einem ständigen Feintuning unterzogen sein. Die Staplerhämorrhoidopexie hat ihre Domäne bei zirkulären Hämorrhoiden Grad III (nach Goligher). Aber auch bei Grad IV Hämorrhoiden und in seltenen Fällen bei Hämorrhoiden Grad II erreicht man mit diesem Verfahren sehr gute Ergebnisse. Bei der Anwendung des Staplers zur Therapie viertgradiger Hämorrhoiden muss man den entstehenden Zug auf die Klammernaht in seiner Therapieplanung berücksichtigen.

Hat man nun nach Abwägung aller patientenindividuellen Parameter und Stadieneinteilungen die Wahl der Hämorrhoidopexie mittels Stapler getroffen, ist der Operateur mit der Auswahl noch nicht am Ende. Heutzutage haben wir die Möglichkeit, auch den Stapler „tailored“ auszuwählen. So gibt es die Möglichkeit zwischen Staplerköpfen von 32 mm, 33 mm, 34 mm und 36 mm je nach Hersteller zu wählen. Gleichzeitich können wir aber auch noch einen 34 mm und 36 mm Stapler als High-Volume-Variante wählen. Durch diese neuen High-Volume-Geräte haben wir die Möglichkeit, bei großen Befunden auch deutlich mehr Gewebe zu entfernen. Mit diesen Geräten ist es möglich bis zu 2,5-faches Volumen gegenüber den Standardstaplern zu resezieren. Dies gibt uns heute viel mehr Spielraum für den individuellen Befund.

Diese Modifizierungen können selbstverständlich auch bei allen anderen zur Verfügung stehenden etablierten Verfahren Anwendung finden. So kann z. B. die dopplergestützte Hämorrhoidalarterienligatur (DGHAL) ausschließlich als „Ligation under Vision“ (LUV) durchgeführt werden und die OP nach Milligan Morgan sollte mit der Nutzung von bipolaren oder ultraschall- basierten Klemmen/Scheren modifiziert werden [10]. So ist ein „Tailored Treatment“ mit besserem Outcome auch bei offenen Hämorrhoidektomieverfahren möglich.

Über nun fast 20 Jahre haben wir in unserem MVZ viele Patienten mit Hämorrhoidalleiden und anderen proktologischen Erkrankungen behandelt. Im Folgenden ein paar Ergebnisse nach Therapie mittels zirkulärer Stapler aus dem eigenen Patientengut.

Tab. 2: Die potenziellen prognostischen Faktoren für das Wiederauftreten wurden in einer univariaten Analyse bewertet

Variablen

Kein Rezidiv

(n = 1.098)

Rezidiv

(n = 46)

p Wert

Alter (Jahre)

52,3 (14,4)

51,8 (14,3)

0,96

Geschlecht

weiblich

464

17

0,51

männlich

634

29

Operationszeit (min)

11 (4)

13 (6)

< 0,01

Krankenhausaufenthalt (Tage)

3,2 (0,7)

3,5 (0,6)

0,03

Jahr

2007

68

11

< 0,01

2008

119

10

2009

172

8

2010

162

7

2011

169

5

*

2012

218

2

2013

190

3

Präoperative Blutung

Ja

1.012

42

0,83

Nein

86

4

Präoperativer Juckreiz

Ja

39

7

0,08

Nein

1010

39

Die Staplerhämorrhoidopexie ist ein sicheres und für den Patienten sehr verträgliches Verfahren zur Behandlung des Hämorrhoidalleidens. In vielen Studien zeigen sich vergleichbar geringe Rezidivraten bis hin zu Studien mit nicht akzeptablen Rezidivraten zwischen 0 % und 58 % [10,11]. Bei den von uns im Rahmen der Studie untersuchten 1.098 Patienten im Stadium III (nach Goligher) lag die Rezidivrate bei 4 % [12].

Abb. 1: Anzahl der Rezidive innerhalb der Follow-Up Zeit

Durch immer bessere Modifizierungen mit dem Ziel der Verbesserung der postoperativen Ergebnisse können wir heute viel genauere und auf den einzelnen Patienten „zugeschnittene“ operative Therapien des Hämorrhoidalleidens durchführen. Dies hat über die letzten Jahre zu einer deutlich besseren Akzeptanz dieser Operationen geführt. Hier bedarf es, besonders im Hinblick auf die „Tailored Treatments“, weiterer Innovationen und deren Kontrolle in Studien, um hier eine immer größere Transparenz und Vergleichbarkeit mit dem Ziel der ständigen Verbesserung der Ergebnisse zu erreichen.

Literatur

[1]   Herold A. Schiedeck T., Manual der Koloproktologie Band 1 Aufl.2; 2024 S 62
[2]   Longo A., Pain after stapled hemorrhoidectomy. Lancet 2000:356
[3]   Longo A., Treatment of haemorrhoids disease vice by reduction of mucosa and haemorrhoidal prolapse with a circular suturing device: A new procedure. Proceedings of the Sixth World Congress of Endoscopic Surgery, Rome, Italy; 3 – 6 June 1998; Mundozzi Editore, 1998; 777 – 84
[4]   Kanellos I, Zacharakis E, Kanellos D, et al., Long-term results after stapled haemorrhoidopexie for third-degree haemorrhoids. Tech Coloproctology 2006; 10: 47 – 9
[5]   Giordano P, Gravante G, et al., Long-term outcomes of stapled hemorrhoidopexy vs. conventional hemorrhoidectomy: a meta-analysis of randomized controlled trails, Arch Surg, 144 vol 3, March 2009, 266 – 72
[6]   Gravie JF et al., Stapled Hemorrhoiddopexy vs Milligan-Morgan hemorrhoidectomy: a prospective, randomized, multicenter trial with 2-year postoperative follow-up, Ann Surg, 2005 July; 242 (1): 29 – 35
[7]   Laughlan K, Jayne D, et al., Stapled hemorrhoidopexy compared to Milligan-Morgan and Ferguson hemorrhoidectomy: a systematic review, Int J Colorectal Dis. 2009; 24: 335 – 44
[8]   Tjandra J and Chan M, Systematic Review on the procedure for prolapse and hemorrhoids (stapled hemorrhoidopexy), Dis Colon Rectum 2007; 50 (6): 878 – 92
[9]   Joos A., Jungen J. S3-Letlinien Hämorrhoidalleiden, Kurzfassung 2021, 7–9
[10]  Zacharakis E, Kanellos D, Pramateftakis MG, et al.: Long term results after stapled haemorrhoidopexy for fourth-degree haemorrhoids: a prospective study with median follow-up of 6 years. Tech Coloproctology 2007;11(2): 144–7;147–8
[11] Ceci F, Oiccio M, Palimento D, Cali B, Corelli S, Spaziani E,: Long term outcome of stapled hemorrhoidopexy for Grade III and Grade IV haemorrhoids, Dis Colon Rectum 2008;51(7):11077-12
[12] Voigtsberger A, Popovicova L, Petersen S, et al: Stapled hemorrhoidopexy: functional results, recurrence rate and prognostic factors in a single center analysis. Int J Colorectal Dis 2015
[13] Voigtsberger A, Popovicova L, Bauer G, et al. Stapler-Hämorrhoidopexie: funktionelle Ergebnisse, Rezidivrate und Prognosefaktoren in einer Einzelzentrumsanalyse. International Journal of Colorectal Disease. 2016 Jan;31(1):35–39. DOI: 10.1007/s00384-015-2354-z. PMID: 26245950.

Aus Gründen der Lesbarkeit wird auf die Verwendung geschlechtsspezifischer Sprachformen verzichtet. Entsprechende Bezeichnungen sollen stets für alle Geschlechtsidentitäten gelten.

Voigtsberger A: „Tailored“ Hämorrhoidopexie – Der Proktologe als Maßschneider. Passion Chirurgie. 2024 November; 14(11): Artikel 03_01.

Autor des Artikels

Profilbild von Voigtsberger

Dr. med. Arndt Voigtsberger

BDC Landesvorsitzender und Regionalvertreter ThüringenStv. Leiter des Referats niedergelassene ChirurgenLeiter MVZ SondershausenVorsitzender des ANC MitteldeutschlandDres. Voigtsberger & WernerSondershausen kontaktieren
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