01.03.2021 Aus-, Weiter- & Fortbildung
Intensiver, digitaler, wissenschaftlicher – die neue Approbationsordnung
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Langsam nimmt die neue ärztliche Approbationsordnung (ÄApprO) Gestalt an. Auf einen Arbeitsentwurf von Anfang 2020 folgte nunmehr, ein Jahr später, der Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums, der zahlreiche sinnvolle Weiterentwicklungen beinhaltet, aber auch weiterhin Stoff für kontroverse Diskussionen liefert. Einige ausgewählte Aspekte im Überblick:
Zentrale Anforderungen aus dem „Masterplan Medizinstudium 2020“ werden im Referentenentwurf umgesetzt, wie etwa die Zusammenführung von grundlagenwissenschaftlichen und klinischen Inhalten, die von medizinischen Berufsverbänden wie auch Fachgesellschaften befürwortet wird. Positiv gesehen wird auch die Stärkung des wissenschaftlichen Arbeitens. Prüfungen und Lehre an den Fakultäten orientieren sich künftig am Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalog Medizin (NKLM), der ab Inkrafttreten der ÄApprO das Kerncurriculum des Medizinstudiums darstellt. Und angesichts aktueller Erfahren wurden auch digitale Lehrmethoden stärker einbezogen.
Neu geregelt wird auch das Praktische Jahr: Anstatt der Tertiale sollen die Medizinstudierenden zukünftig Quartale absolvieren. Die Pflichtfächer Innere Medizin und Chirurgie bleiben erhalten. Daneben werden zwei Wahlquartale eingeführt. Diese sollen eine gewisse Neigungsorientierung ermöglichen – ein übergreifendes Ziel der neuen ÄApprO. Eingeschränkt sieht der BDC die Auswahlmöglichkeit durch die Vorgabe, eines der sogenannten Wahlquartale in der hausärztlichen Versorgung abzuleisten. Als sinnvoller erachten wir – aufgrund der zunehmenden Therapiemöglichkeiten – ein Quartal innerhalb der ambulanten Versorgung wahrzunehmen. Damit wäre eine echte Wahl- und damit Gestaltungsmöglichkeit in beiden Quartalen gegeben, unter der Prämisse, eines der Quartale im ambulanten Versorgungssetting zu absolvieren. Darüber hinaus sollte die Arbeitsleistung der Studierenden – die zu einer Entlastung des Krankenhauspersonals beiträgt – im PJ mit einer Aufwandsentschädigung abgegolten werden. Der Verzicht auf eine finanzielle Kompensation ist in Zeiten gestiegener Lebenshaltungskosten das falsche Signal.
Ebenfalls reformiert werden sollen Teile des Prüfungswesens. Während die Multiple Choice (MC)-Prüfungen fortbestehen, plant der Gesetzgeber, sowohl im ersten als auch im dritten Teil der ärztlichen Prüfung, sogenannte Parcoursprüfungen einzuführen. Dabei durchlaufen die Prüflinge simultan im Rotationsverfahren mehrere Prüfungsstationen, an denen sie unterschiedliche Aufgaben lösen müssen. Ziel ist eine Standardisierung auch mündlicher Prüfungssituationen.
Dabei ist geplant, das Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP) mit zusätzlichen Aufgaben auszustatten. Beispielsweise soll es die Stationen und die strukturierten Bewertungsbögen ausarbeiten sowie auch die Schulung der prüfenden Personen und der Simulationspatienten übernehmen. Die Bundeärztekammer gibt zu bedenken, dass die im Rahmen des PJ am realen Patienten erreichte Komplexität und Tiefe der erlernten Kompetenzen weit über das prüfbare Niveau in hochgradig formalisierten Prüfungsstationen an Simulationspatienten hinausgehe und dass daher eine Parcours- gegenüber der praxisnahen Kollegialprüfung keinen Zugewinn bedeute.
Die AWMF bemerkt zudem hinsichtlich der Beauftragung des IMPP, dass die bundesweit gültigen Parcoursprüfungen erstellen soll: Bereits für die MC-Prüfungen fehle im Staatsvertrag eine Fachaufsicht oder definierte Mitarbeit durch Fachgesellschaften und Studiendekanate.
Zusammenfassend würde mit diesen neuen Aufgaben aus Sicht des BDC ein hoher personeller wie finanzieller Ressourcenaufwand bei fraglichem Nutzen betrieben.
Die sogenannte Innovationsklausel sah im Arbeitsentwurf zunächst die Möglichkeit vor, das Medizinstudium auf fünf Jahre zu begrenzen. Dieser Ansatz wurde nunmehr verlassen. Stattdessen beinhaltet das neue Konzept die Möglichkeit, Studiengänge nicht nur international, sondern auch interprofessionell zu verknüpfen. Die Universitäten können so Kooperationen mit anderen Bildungseinrichtungen außerhalb des Geltungsbereichs ihrer Verordnungen schließen. Der BDC teilt die Auffassung der Bundesärztekammer, dass die Verknüpfung wesentlicher Teile der Curricula einer deutschen und einer ausländischen Universität die Ausbildungsqualität nicht in Frage stellen und hiesige Standards unterlaufen darf. In dem Zuge sieht der BDC insbesondere eine Verknüpfung des Medizinstudiums mit Ausbildungen bzw. Studiengängen nicht-ärztlicher Heilberufe mangels Gleichwertigkeit kritisch. Eine engere Kooperation zwischen den Studiengängen der Human- und Zahnmedizin im Rahmen von Innovationsvorhaben wird dagegen befürwortet. Grundsätzlich gilt, dass die Innovationsklausel keinen Ausstieg aus dem schriftlichen Teil des ersten Abschnitts der ärztlichen Prüfung (M1) erlauben sollte. Dieser sollte für alle Studierenden verpflichtend bleiben.
In der Gesamtbetrachtung fällt auf, dass das Regelungsvolumen erheblich steigt. Derzeit beinhaltet die Approbationsordnung 44 Paragrafen plus Anhänge, künftig sollten es 183 sein. Dies spiegelt sich auch in einer erheblichen Verdichtung des Medizinstudiums wider. So sollen Medizinstudierende, neben dem 12-wöchigen Pflegepraktikum, weitere 12 Wochen für Blockpraktika und neuerdings auch 12 Wochen für eine wissenschaftliche Arbeit aufwenden. Durch eine solche Verdichtung würden die Freiräume der Universitäten für Reformstudiengänge erheblich geschmälert sowie Promotionsvorhaben deutlich erschwert. Mindestens das Pflegepraktikum sollte insofern auf sechs bis acht Wochen gekürzt und das Konzept zur Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten überdacht werden.
In der Gesamtbetrachtung wurden etliche Korrekturen gegenüber dem Arbeitsentwurf vorgenommen und wichtige Ziele, u. a. aus dem Masterplan Medizinstudium 2020, umgesetzt. Insbesondere das Regelungsvolumen, die Verdichtung der Studieninhalte und auch die finanziellen Folgen sollten bei der weiteren Arbeit an dem Gesetzesentwurf bis zur geplanten Einführung zum 01.10.2025 in den Fokus genommen werden.
DGCH und BDC stehen dem Gesetzgeber im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens als fachliche Ansprechpartner zur Verfügung – damit auf Basis der reformierten ÄApprO die ChirurgInnen von morgen zukunftsgerecht ausbildet werden können.
Burgdorf F: Intensiver, digitaler, wissenschaftlicher – die neue Approbationsordnung. Passion Chirurgie. 2021 März; 11(03): Artikel 05.
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Dr. med. Friederike Burgdorf
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