01.11.2024 Viszeralchirurgie
Editorial: Update Proktologie
Zur Novemberausgabe der Passion Chirurgie
Sehr geehrte Kollegin, sehr geehrter Kollege,
Proktologie – einst war diese medizinische Kunst der Hofärzte dem Adel und hohen Herrschaften vorbehalten. Abseits davon wurden proktologische Probleme der einfachen Bevölkerung den Barbern überlassen.
In heutiger Zeit hat sich eine gemischte Fachrichtung herauskristaliisiert, die zwischen der Chirurgie, Gynäkologie, Dermatologie und Allgemeinmedizin angesiedelt ist.
Die Therapiemöglichkeiten in frühen Zeiten waren ebenso einfach, wie wenig vertrauenserweckend. Hier kamen säurehaltige Tinkturen, „scharfe“ Löffel bis hin zu Brandeisen zur Anwendung. Vieles hat sich seitdem geändert und die Proktologie ist aus ihrem Schattendasein zu einer vollwertigen Fachrichtung mit operativem Schwerpunkt geworden. In den letzten 20 Jahren erlebte das Fachgebiet durch proktologisch interessierte und engagierte Ärzte eine Renaissance innerhalb der großen Fachdisziplinen. Auch die damals aufkommenden Zertifizierungen von Einrichtungen, zum Beispiel als Beckenboden- oder Darmzentrum, und die Festlegung proktologischer Inhalte in den einzelnen Facharztweiterbildungen erhöhten die Wahrnehmbarkeit der Proktologie erheblich. So nahm die Zahl der Kollegen und Kolleginnen, die auch eine Facharzt-Zusatzbezeichnung „Proktologie“ absolvierten, stetig zu.
Heute ist die operative Proktologie ein hochspezialisierter Bereich der Viszeralchirurgie. Durch viele neue Therapieverfahren und operative Techniken gehen die heutigen Möglichkeiten weit über die Behandlungsmöglichkeiten früherer Zeiten hinaus. Die operativen Techniken umfassen heute neben den bekannten Standardtechniken auch komplexe Beckenbodenrekonstruktionen, komplizierte Fisteloperationen, sakrale Nervenmodulationen zur Behandlung der Inkontinenz, des Slow Transit sowie perinealer Schmerzsyndrome. Die Domänen der Proktologie sind die Behandlung des Hämorrhoidalleidens und die Rektocelen- und Rektumprolapschirurgie. Die Diagnostik und Therapie maligner Tumore, wie das Analkarzinom, das Rektumkarzinom und das Kolonkarzinom, gehören fest in das Tätigkeitsfeld des modernen Koloproktologen. Auch seltene Tumorentitäten wie das anale Melanom oder der Morbus Bowen finden sich im proktologischen Behandlungsspektrum.
Eine besondere Herausforderung in der Behandlung stellen Kinder oder Patienten nach traumatischen Verletzungen dar. Gleichwohl ist es nicht ausschließlich die Viszeralchirurgie, sondern sind es viele kooperierende Fachrichtungen, welche heutzutage die Proktologie mit höchstem Qualitätsanspruch ausmachen. Sektorenübergreifende Kooperationsformen zwischen Krankenhäusern und Praxen sind leider noch selten, aber die Zahl nimmt stetig zu. Unverzichtbar für proktologische Kooperationen ist gute Digitalisierung, ein funktionierender Datenaustausch zwischen Krankenhäusern, MVZ und Praxen sowie der gemeinsame Wille zu einer kollegialen Zusammenarbeit.
In der heutigen Ausgabe der „Passion Chirurgie“ widmen wir uns dem proktologischen Thema „Tailored Treatment“ bei der Staplerhämorrhoidopexie, dem „Magdeburger Pancreaszystenpass“ und stellen ein Glossar zur Notfallversorgung vor. Als Ausblick für den Beginn 2026 darf ich eine „große“ Ausgabe der BDC Passion Chirurgie mit vielen Beiträgen aus der Proktologie ankündigen.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen.
Aus Gründen der Lesbarkeit wird auf die Verwendung geschlechtsspezifischer Sprachformen verzichtet. Entsprechende Bezeichnungen sollen stets für alle Geschlechtsidentitäten gelten.
Voigtsberger A: Editorial Update Proktologie. Passion Chirurgie. 2024 November; 14(11): Artikel 01.
Autor des Artikels
Dr. med. Arndt Voigtsberger
BDC Landesvorsitzender und Regionalvertreter ThüringenStv. Leiter des Referats niedergelassene ChirurgenLeiter MVZ SondershausenVorsitzender des ANC MitteldeutschlandDres. Voigtsberger & WernerSondershausen kontaktierenWeitere Artikel zum Thema
03.05.2018 Allgemeinchirurgie
Die HERNIENSCHULE
Hernienoperationen zählen weltweit zu den häufigsten Operationen in der Allgemein- und Viszeralchirurgie [1]. Durch die Einführung endoskopischer Operationstechniken und die weltweite Verwendung von Kunststoffimplantaten hat sich die Hernienchirurgie inzwischen zu einem eigenständigen Fachgebiet der Allgemein- und Viszeralchirurgie entwickelt. Trotz kontinuierlicher Weiterentwicklung der Operationstechniken konnten bis heute jedoch die Problemfelder - Rezidive und chronische Schmerzen in Folge von Hernienoperationen - noch nicht beseitigt werden [3–7].
01.04.2018 Allgemeinchirurgie
Bauchwandbruch: OP-Technik aus Hamburg überzeugt „Annals of Surgery“
Durchbruch in der Hernienchirurgie: Ein neues OP-Verfahren aus Hamburg hat sich als besonders schonend erwiesen. „MILOS“ wurde im Wilhelmsburger Krankenhaus Groß-Sand entwickelt – und hat nun durch das Chirurgenjournal „Annals of Surgery“ weltweit Bekanntheit erlangt. Das Verfahren überzeugt gegenüber herkömmlichen Techniken durch ein signifikant geringeres Komplikationsrisiko.
01.04.2018 Allgemeinchirurgie
Herniennotfälle – wer ist tatsächlich gefährdet?
Bei jeder Diagnosestellung einer Hernie wird im Rahmen der Operationsaufklärung vom Chirurgen auf die Gefahr einer Einklemmung (Inkarzeration) der Bauchorgane hingewiesen. Typische Komplikationen der Einklemmung stellen Ileus und Darmwandperforationen dar. Vor diesem Hintergrund ist es tägliche Praxis bei der Diagnosestellung einer Hernie sofort zu einer Operation zu raten. Dementgegen warten doch zahlreiche Patienten bisweilen Jahre bis sie sich zu einer Operation entschließen.
26.01.2018 Viszeralchirurgie
Akute Appendizitis bei intestinaler Malrotation
Bei Vorstellung eines Patienten mit Symptomen eines akuten Abdomens muss man klinisch, laborchemisch sowie bildmorphologisch einige Organsysteme hinsichtlich eines Krankheitsgeschehens abklären. Nichtsdestotrotz kann die Ursache dessen eine recht seltene sein, wie es beispielsweise bei einer intestinalen Malrotation der Fall ist. Das stellt besondere Anforderungen an die Diagnostik(er) und ChirurgInnen und erschwert das Erkennen abdominaler Pathologien bis hin zu einer weit anspruchsvolleren Entscheidungsfindung (hinsichtlich einer erforderlichen OP-Indikation) und letztlichen Therapieinitiierung.Die Darmrotation findet zwischen der sechsten und zehnten Entwicklungswoche statt und verläuft in drei Stadien.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.