Zurück zur Übersicht

Das Ende des sogenannten H-Arztes, das heißt in bestem Amtsdeutsch des an der „Heilbehandlung beteiligten Arztes“, wird eingeläutet. Dies geht aus der neuen Regelung der Berufsgenossenschaften hervor.

Zu begrüßen ist die größere Praxisnähe der Vertreterregelung, kritisch zu sehen allerdings die mit 250 Fällen „viel zu hoch“ angesetzte Mindestzahlforderung. Hier ist eine Reduktion gefordert.

Jährliche Mindestfallzahl von 250 Fällen

Die geforderten 250 Fälle müssen an einem Standort erbracht werden. Bei den Fällen handelt es sich ausschließlich um Erstverletzte bei denen ein H-Bericht erstellt wird oder Erstellung von H-Berichten bei Auftreten von Wiedererkrankungen, die länger zeitlich zurücklagen und bereits abgeschlossen waren und jetzt zu einer erneuten Beschwerdesymptomatik führen. Jahresübergreifende H-Verlaufsberichte zählen für diese Mindestfallzahlregelung nicht.

Bezüglich der vertraglichen Gesellschaftsform ist mitzuteilen, dass die genannte Übergangsregelung sowohl für Einzelpraxen, Gemeinschafspraxen, Praxisgemeinschaften oder auch MVZ gilt. D.h. die Einzelpraxis muss genauso 250 Fälle pro Jahr erreichen, während z. B. eine Gemeinschaftspraxis mit 3 Kollegen nur gemeinsam 250 Fälle pro Jahr und nicht arztbezogen erbringen muss um die geforderte Mindestanzahl zu erreichen. D. h. bei Gemeinschaftspraxen, Praxisgemeinschaften und MVZ reicht es, wenn alle Kolleginnen und Kollegen zusammen diese 250 Mindestfälle an einem Standort erbringen. Sie können dann jeder einzeln z. B. in der Gemeinschaftspraxis die Überleitung vom H-Arzt zum D-Arzt ab sofort beantragen. Bei ortsübergreifenden Berufsausübungsgemeinschaften muss laut Auskunft des DGUV an jedem einzelnen Standort die Mindestfallzahl erreicht werden.

Gefährdung der Versorgung Arbeits- oder Unfallverletzter in der Fläche?

Wenn sich das Verhältnis D-Ärzte/Versicherte schlechter als 1 : 30.000 darstellt und kein D-Arzt innerhalb von 30 Minuten erreichbar ist, so wird der zuständige DGUV-Landesverband von der Mindestfallzahlregelung im Einzelfall abweichen.

Das heißt zur Gewährleistung der Versorgung auf dem Land können Orthopäden mit H-Arztzulassung auch bei sehr viel geringeren Fallzahlen einen Antrag auf Überleitung zum D-Arzt beantragen um die Notfallversorgung in der Fläche zu sichern. Hier entscheidet der entsprechende Landesverband im Sinne einer Einzelfallentscheidung unter grundsätzlich verbindlicher Beachtung der oben stehenden Ausnahmekriterien.

Wann kann der Antrag zur Überleitung vom H-Arzt zum D-Arzt gestellt werden?

Die Überleitungsanträge vom H-Arzt zum D-Arzt können ab sofort gestellt werden, wenn der betroffene H-Arzt die Mindestanforderung von 250 Fällen in der Einzelpraxis alleine oder bei Gemeinschaftspraxen gemeinsam mit den anderen H-Ärzten in den letzten drei Jahren erbracht hat. Die Überleitung wird dann nach Bearbeitung kurzfristig umgesetzt. Ansonsten müssten die Kolleginnen und Kollegen in den nächsten 5 Jahren 250 Fälle durchschnittlich pro Jahr oder in den letzten drei Jahren vor der Antragstallung jeweils nachweisen. Der Antrag ist spätestens bis 31.12.2014 zu stellen.

Zeitliche Präsenz – praxisorientierte ständige Vertretungsmöglichkeit

Auf unser Argument hin, dass gerade Einzelpraxen die Mindestfallzahl von 250 erreichen oder die in der Fläche bei geringerer Fallzahl eine Notfallversorgung garantieren sollen, wird eine völlig neue, zu begrüßende, ständige Vertretungsmöglichkeit zum 01.01.2011 eingeführt.

Den Vertretern der DGUV ist es völlig klar, dass eine Kollegin oder ein Kollege in einer Einzelpraxis nicht von Montag bis Freitag von 8:00 Uhr bis 18:00 Uhr, d. h. über 50 Stunden pro Woche, die Praxis geöffnet haben kann.

Als neue gute praxisnahe Lösung besteht die Möglichkeit, dass er sich ständig an bestimmten Wochentagen, respektive halben Wochentagen durch einen niedergelassenen D-Arzt oder durch einen D-Arzt an einem Krankenhaus vertreten lassen kann. So können die Kolleginnen und Kollegen auch in der Woche ggf. Mittwochnachmittag Fortbildungen besuchen oder einen ambulanten Operationstag umsetzen.

So sollte mit einem D-Arzt in der Nähe oder dem D-Arzt des Krankenhauses eine organisatorische Vertretungsregelung klar abgesprochen und festgelegt werden, um auf jeden Fall zu verhindern, dass der Unfallverletzte einen D-Arzt aufsucht, der ebenfalls nicht anwesend ist. Dieses sollte unter allen Umständen vermieden werden.

Zur Organisation der Vertretung können die Adressen der aktuell beteiligten Durchgangsärzte geordnet nach Orten und Postleitzahlen auf der Internetseite der DGUV eingesehen werden unter http://www.dguv.de/landesverbaende/de/med_reha/d_arzt/index.jsp

Diese neue Vertretungsregelung gilt auch für die Urlaubszeit. Falls ein Vertreter während der Urlaubszeit in der Praxis wäre, müsste er, nach Aussage des DGUV , auch die fachlichen Voraussetzungen für das D-Arzt-Verfahren erfüllen.

Weiterhin wurde der Samstagvormittag als Bereitschaftszeit ersatzlos gestrichen.

Diese neue ständige Vertretungsmöglichkeit ist sehr zu begrüßen, da durch diese Vertretungskonstellation ein Haupthinderungsgrund gerade auch für Einzelpraxen zur Beantragung des neuen D-Arztes wegfällt.

Räumliche Voraussetzungen

Gefordert wird jeweils vor Ort in der Praxis ein Eingriffsraum, um die akute Notfallversorgung durchführen zu können. Geplante Eingriffe wie z. B. eine Metallentfernung müssen nicht zwingend in der Praxis im Eingriffsraum durchgeführt werden, sondern können auch an einem in der Nähe befindlichen z. B. von anderen Kollegen betriebenen ambulanten Operationszentrum durchgeführt werden. Es muss ein Operationsraum die Bedingungen im Sinne der Qualitätssicherung nach § 115b SGB V erfüllen.

Auch die Berufsgenossenschaften und Unfallkassen wenden den Vorrang der ambulanten Leistungserbringung beim Operieren an. In der Anlage 4 zum ambulanten Operieren werden allerdings zunächst nur D-Ärzte die den Schwerpunkt Unfallchirurgie oder die Zusatzbezeichnung spezielle Unfallchirurgie besitzen, für diese ambulanten Operationen grundsätzlich zugelassen.

Leider werden die Ärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie mit dem Zusatz “spezielle orthopädische Chirurgie” dem Facharzt für Chirurgie und Orthopädie und Unfallchirurgie mit Zusatzbezeichnung Spezielle Unfallchirurgie in diesem Punkt nicht gleichgestellt. Allerdings können D-Ärzte und zurzeit noch H-Ärzte ihre BGlich unfallverletzten Patienten an Ärzte zum ambulanten, ggf. auch belegärztlichen Operieren überweisen. D. h. bei Überweisung durch einen D-Arzt können spezialisierte Orthopäden, operativ tätige Orthopäden/H-Ärzte oder operativ tätige Ärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie mit und ohne H-Arzt diese operativen Eingriffe auf Überweisung durchführen. Dieses gilt auch bezüglich der ausdrücklich vom Verletzungsartenverfahren ausgenommenen Versorgungen (Anhang 1 unter Punkt 7, d. h. die Versorgung der vorderen Kreuzbandrupturen sowie die Versorgung der unidirektionalen ventralen posttraumatischen Schulterinstabilität).

In diesen Fällen sollte die zuständige Berufsgenossenschaft zeitnah informiert werden und ggf. auch um Kostenübernahme gebeten werden.

Daneben können D-Ärzte ohne Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie die im Anhang ausgewiesenen kleineren Operationen mit den ambulanten Ziffern 442 bis 445 ohne Genehmigung durchführen (siehe Anhang 2 und Anlage 4 und 5 – Berechtigung zur Durchführung ambulanter Operationen bei der Übergangsregelung).

Anhebung für die Gebührenerstattung der A13-Meldung (Unfallmeldung)

Derzeit wird zwischen der KBV und dem DGUV verhandelt, die Gebühr für die A13-Unfallmeldung anzuheben. Eine Einigung ist zu erwarten.

Bestandsschutz H-Arzt?

Hierzu ist mitzuteilen, dass seit dem 01.01.2011 definitiv keine neuen H-Arzt-Zulassungen mehr erstellt werden. Nach dem Ablauf der Übergangsfrist von 5 Jahren wird der H-Arzt-Status endgültig abgeschafft, wenn die betreffenden Ärztinnen und Ärzte nicht die Voraussetzungen zur Überleitung vom H-Arzt zum Basis-D-Arzt erfüllen, respektive beantragt haben.

Sollte sich ein Versorgungsengpass darstellen, könnten ggf. die Auslegungsbestimmungen noch korrigiert werden, in denen die Ausnahmekriterien zur Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung definiert werden. Die DGUV wird nach einem Jahr eine erste Bilanz ziehen, wie viele H-Ärztinnen und H-Ärzte einen Überleitungsantrag zum Basis-D-Arzt gestellt haben und wie viele genehmigt worden sind.

Wir mahnten nochmals an, dass nach unserer Auffassung die Mindestfallzahlregelung von 250 Fällen zu hoch angesetzt sei. Nach unseren statistischen Erhebungen vom Berufsverband von Ende letzten Jahres, erfüllen nur ca. 20 Prozent der bisherigen H-Ärzte die Mindestfallzahlregelung von 250 Fällen. Wir sehen hier unverändert einen erheblichen Nachbesserungsbedarf und werden auch zu diesem Zweck eine weitere Umfrage bei den Mitgliedern des BVOU durchführen, um festzustellen, wie viele H-Ärzte auch in Kenntnis der o. g. Übergangsregelungen einen Basis D-Arzt beantragen.

Neue UV-GOÄ

Seitens der KBV wurde eine inhaltliche Verbesserung mit auch Legendierung neuer medizinischer Versorgungsinhalte empfohlen.

Wie Sie aus der Tagespresse erfuhren, wird die GOÄ-Reform voraussichtlich in dieser Legislaturperiode nicht mehr umgesetzt werden. Somit erscheint auch eine Novellierung der UV-GOÄ in diesem Zeitraum als eher fragwürdig.

Es bleibt festzuhalten, dass die UV-GOÄ eigenständig ist. Verbesserungsvorschläge wurden bereits von dem Bundesverband der für die BGen tätigen Ärzte bei der DGUV zur Diskussion gestellt.

Fazit

Als gute Nachricht ist die neue ständige Vertretungsmöglichkeit in jeder Arbeitswoche zu erwähnen. So können gerade in Einzelpraxen z. B. Mittwoch- und Freitagnachmittag Vertretungsregelungen gefunden und mit dem niedergelassenen D-Arzt oder einem D-Arzt im Krankenhaus umgesetzt werden, so dass die Kolleginnen und Kollegen ihre Fortbildungen als auch evtl. einen ambulanten Operationstag in das Routinewochenprogramm mit einbauen können.

Nicht zufrieden stellend und schwierig ist dagegen die Mindestfallzahlregelung. Zwar können Kollegen in der Fläche sicherlich die Überleitungsanträge vom H-Arzt zum D-Arzt stellen, auch wenn sie nur geringe Mindestfallzahlen erbringen, um eine Notfallversorgung vor Ort zu gewährleisten. Hier gilt jeweils die Einzelfallentscheidung durch den zuständigen DGUV-Landesverband unter Berücksichtigung der genannten Ausnahmetatbestände zur Versorgungsdichte und Erreichbarkeit.

Dagegen stellt die Mindestfallzahlanforderung von 250 Fällen für Einzelpraxen und H-Ärzte in Ballungsräumen eine große Hürde dar, weil diese geforderten Mindestfallzahlen nur von wenigen Kollegen erreicht werden. Die Gemeinschaftspraxen, Praxisgemeinschaften und MVZ dagegen profitieren von der Regelung, da alle Kollegen zusammen nur 250 Mindestfälle von Erstverletzten pro Jahr behandeln müssen, damit jeder den neuen Basis D-Arzt erreicht. Hier sind Einzelpraxen nach unserer Auffassung benachteiligt worden.

Gerade auch für die Versorgung von Schulunfällen halten wir eine Absenkung der Mindestfallzahlen für dringend notwendig, weil nur hierdurch die Einzelpraxen, die häufig H-Arztstatus haben, wie bisher die Schulunfälle vor Ort gut versorgen können.

Weiterhin ist eine Erhöhung der UV-GOÄ mit zusätzlicher Legendierung insbesondere neuer operativer Techniken anzustreben. Für Nicht-H-Ärzte sollte die Vergütung des Unfallmeldebogens deutlich angehoben werden, da gerade die Versorgung Unfallerstverletzter zeitaufwendig und häufig personalintensiv ist.

Die direkte Zuweisung und direkte operative Versorgung von vorderen Kreuzbandverletzungen und Schulterverletzungen durch spezialisierte Orthopädinnen und Orthopäden in den entsprechenden operativen Versorgungszentren sollte dringend gefördert und ausgebaut werden.

Zu Qualitätssicherungsmaßnahmen mit Erfolgskontrollen wären die jeweiligen Kolleginnen und Kollegen sicherlich gerne bereit. In diesem Punkt signalisierte die DGUV ein starkes Interesse an den Möglichkeiten zur Messung von Qualität in diesen Bereichen.

Rauch G. Überleitungsverfahren vom H-Arzt zum D-Arzt. Passion Chirurgie. 2011 Mai/Juni; 1(5/6): Artikel 02_02.

Autor des Artikels

Profilbild von Gerd Rauch

Dr. med. Gerd Rauch

BVOU-Landesvorsitzender HessenStellv. Bezirksvorsitzender KasselLeipziger Straße 16434123Kassel kontaktieren

Weitere Artikel zum Thema

Passion Chirurgie

Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!

Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.