Ärzte im Notfall- und Bereitschaftsdienst erhalten ab April 2017 für besonders schwere und aufwändige Fälle eine höhere Vergütung. Außerdem wird es eine Abklärungspauschale für Patienten geben, die keine dringende Behandlung benötigen. Dies soll die Ambulanzen entlasten. Ein entsprechender Beschluss wurde am Mittwoch gefasst.
Hintergrund für die Neuerungen ist eine Vorgabe des Gesetzgebers, die Regelungen für ärztliche Notfallleistungen im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) nach dem Schweregrad der Fälle zu differenzieren. Mit dem Krankenhausstrukturgesetz war dazu der Satz 23 neu in den Paragrafen 87 Abs. 2a SGB V aufgenommen worden.
Schweregradzuschläge für aufwändige Versorgung
Die jetzt getroffene Regelung sieht zwei verschiedene sogenannte Schweregradzuschläge vor. Sie werden als Zuschläge zu den Notfallpauschalen (GOP 01210 und 01212) für Fälle mit erhöhtem Behandlungsaufwand gezahlt.
Der eine Schwergradzuschlag ist an fest definierte schwerwiegende Behandlungsdiagnosen geknüpft, zum Beispiel eine Pneumonie oder tiefe Beinvenenthrombose. In Ausnahmefällen wird er auch für andere schwere Erkrankungen gezahlt, wenn der erhöhte Behandlungsaufwand begründet wird. Die Liste mit den Behandlungsdiagnosen, für die es den Zuschlag regulär gibt, wurde auf Basis der bundesweiten Abrechnungsdaten ambulanter Notfälle erstellt.
Der zweite Schweregradzuschlag berücksichtigt den erhöhten Aufwand, der aufgrund einer schwierigen Kommunikation infolge bestimmter Grunderkrankungen, zum Beispiel der Alzheimer Demenz, oder infolge des Alters bei Säuglingen und Kleinkindern besteht. Er berücksichtigt außerdem den erhöhten Behandlungsaufwand bei geriatrischen Patienten mit Frailty-Syndrom. Dieser Zuschlag wird nur nachts sowie ganztägig an Wochenenden und Feiertagen gezahlt, da die medizinische Versorgung nicht durch den behandelnden Arzt in der Praxis erfolgen kann.
Bessere Vergütung für personalintensive Behandlung
„Damit können sowohl im ärztlichen Bereitschaftsdienst als auch in den Notaufnahmen jene Fälle, die aufgrund der Erkrankung mehr Zeit und personalintensive Behandlung erfordern, besser vergütet werden“, betonte KBV-Vorstandsvorsitzender Dr. Andreas Gassen. Von den Patienten, die in den Notfallambulanzen der Krankenhäuser ambulant versorgt werden, seien etwa drei Prozent schwer erkrankt und benötigten eine aufwändige Betreuung.
Durch die Aufnahme der Schweregradzuschläge in den EBM werden schwere Fälle künftig besser vergütet. Dies stellt eine Ergänzung zu der bereits jetzt im EBM abgebildeten Schwere einer Behandlung dar, denn neben den Notfallpauschalen können Ärzte weitere Gebührenordnungspositionen, zum Beispiel für eine Röntgen- oder CT-Untersuchung, abrechnen.
Neue Abklärungspauschale
Eine Entlastung der Notfallambulanzen, vor allem der Kliniken, erhofft sich Gassen von der neuen Abklärungspauschale. Die Ärzte würden dadurch hoffentlich mehr Zeit für „echte“ Notfälle bekommen, sagte er. Die neue Pauschale können Ärzte für Patienten abrechnen, die keine Notfallbehandlung brauchen und durch einen Vertragsarzt in der normalen Sprechstunde versorgt werden können.
Sowohl nach den bundesweiten Abrechnungsdaten, als auch nach nationalen und internationalen Studien benötigen etwa zehn Prozent der Patienten, die eine Notfallambulanz im Krankenhaus aufsuchen, keine dringliche Diagnostik und Therapie. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hatte deshalb die Einführung einer Abklärungspauschale vorgeschlagen. Bisher war dafür keine Regelung im EBM vorgesehen.
Vorgabe des Gesetzgebers
Der Gesetzgeber hat den ergänzten Bewertungsausschuss beauftragt, bis spätestens zum 31. Dezember 2016 die Regelungen für die Versorgung im Notfall und im Notdienst im EBM nach dem Schweregrad der Fälle zu differenzieren. Auslöser dafür war die wiederholte Kritik der DKG, wonach die Vergütung von Notfällen in den Notaufnahmen der Krankenhäuser deutlich unterfinanziert sei.
Die DKG beruft sich hierbei auf die Ergebnisse eines von ihr in Auftrag gegebenen Gutachtens, welches durch die Autoren (Management Consult Kestermann GmBH (MCK) in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin e. V. (DGINA)) als nicht repräsentativ eingestuft wird. Unter anderem wird in dem Gutachten aufgezeigt, dass im Durchschnitt 60 Arztminuten pro Patient in einer Notaufnahme benötigt würden.
Eine Analyse des Gutachtens durch das Institut für Gesundheitsökonomie unter Leitung von Prof. Dr. Günter Neubauer ergab, dass die durch die DKG aufgezeigte Unterfinanzierung nicht haltbar ist.
Beschluss des ergänzten erweiterten Bewertungsausschusses
Der Beschluss zu den neuen Vergütungsregelungen wurde im erweiterten ergänzten Bewertungsausschuss gefasst – also unter Hinzuziehung neutraler Schlichter. Dies war notwendig, da im ergänzten Bewertungsausschuss kein einstimmiger Beschluss zwischen dem GKV-Spitzenverband, der KBV und der DKG erreicht werden konnte.
Der Gesetzgeber hat festgelegt, dass die Finanzierung der Zuschläge sowie der Abklärungspauschale mit Geldern, die für die Vergütung ambulanter Notfallleistungen bereitstehen, erfolgt. Infolgedessen muss zur Finanzierung der Schweregradzuschläge die Notfallpauschale für die Behandlung am Tag (GOP 01210) zum 1. April leicht abgesenkt werden – um 70 Cent (von 127 Punkten auf 120 Punkte).
Die neuen GOP im Überblick
SchweregradzuschlagFür die Schwergradzuschläge werden drei neue Gebührenordnungspositionen (GOP) zum 1. April 2017 in den EBM aufgenommen:
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AbklärungspauschaleEs werden folgende GOP zum 1. April 2017 in den EBM aufgenommen:
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