24.04.2018 Politik
Neue G-BA-Regelung zur stationären Notfallversorgung
![](https://www.bdc.de/wp-content/uploads/2017/01/ce67085d6896a3fd1b8add74448a6fae-750x499.jpg)
Sichere Erreichbarkeit, verbesserte Qualität und zielgenaue Finanzierung
Anlässlich des aktuell gefassten Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zu einem gestuften System der stationären Notfallversorgung erklärte der unparteiische Vorsitzende, Prof. Josef Hecken, am Donnerstag in Berlin:
„Die stationäre Notfallversorgung bleibt bundesweit künftig auch in strukturschwachen Gebieten gesichert. Gleichzeitig erreichen wir mit dem Notfallkonzept, dass die unverzichtbaren medizinischen Anforderungen für die Patientenversorgung erfüllt sind. Denn gerade auch im Notfall müssen sich Patientinnen und Patienten in allen Regionen der Bundesrepublik darauf verlassen können, dass das Krankenhaus, in das sie gebracht werden, die zügige und notwendige – im Zweifelsfall ja lebensrettende – medizinische Versorgung gewährleisten kann. Und das kann ein Krankenhaus, das nicht wenigstens über eine Innere Medizin und Chirurgie oder auch einen Schockraum verfügt, typischerweise eben nicht.
Vor diesem Hintergrund ist es sicher keine unangemessene, sondern eine absolut sachgerechte und im Patienteninteresse liegende Forderung, dass Kranke, die nach einem Unfall oder nach einem Herzinfarkt in oft lebensbedrohlichem Zustand in ein offiziell als „Notfallkrankenhaus“ deklariertes Haus eingeliefert werden, dort zumindest eine Station für Innere Medizin, eine Station für Chirurgie, und im Bedarfsfall eine Intensivstation vorfinden und erforderlichenfalls spätestens 30 Minuten nach Einlieferung ein Facharzt an ihrem Bett steht.
Die heute beschlossenen Mindestanforderungen an die Notfallstrukturen sind nun die Grundlage dafür, dass Krankenhäuser zukünftig Vergütungszuschläge bekommen können, die den Umfang der vorgehaltenen Notfallstrukturen berücksichtigen. Das macht die Finanzierung zielgenauer und gerechter als bisher, gleichzeitig werden qualitätssichernde Standards für Notfallstrukturen gesetzt. Von den jetzigen 1.748 allgemeinen Krankenhäusern werden nach der neuen Regelung etwa 1.120, also etwa 64 Prozent, Zuschläge erhalten. Die 36 Prozent der Häuser, die keinen Zuschlag erhalten, haben ganz überwiegend auch in der Vergangenheit keine Notfallversorgung erbracht: Auf diese 36 Prozent der Krankenhäuser entfallen nur ca. 5 Prozent der im letzten Jahr behandelten Notfälle.“
Gestuftes System der stationären Notfallversorgung – G-BA-Beschluss
Krankenhäuser, die Notfallpatientinnen und -patienten stationär versorgen, können künftig der Höhe nach gestaffelte finanzielle Zuschläge erhalten. Voraussetzung dafür ist, dass bestimmte Mindestanforderungen erfüllt werden, die aus qualitativer Sicht für eine gute Notfallversorgung erforderlich sind. Auf Basis des aktuell beschlossenen Stufensystems werden die für die Krankenhausvergütung zuständigen Vertragspartner – die Deutsche Krankenhausgesellschaft, der GKV-Spitzenverband und der Verband der privaten Krankenversicherung – Zu- und Abschläge für die Teilnahme oder Nichtteilnahme an dem gestuften System von Notfallstrukturen vereinbaren.
Die neue Regelung sieht vor, dass ein Krankenhaus für die Zuordnung in die Basisnotfallversorgung (Stufe 1) mindestens über die Fachabteilungen Chirurgie/Unfallchirurgie sowie Innere Medizin am Standort verfügen muss. Die Aufnahme von Notfällen erfolgt ganz überwiegend in einer Zentralen Notaufnahme. Hier wird auf der Grundlage eines strukturierten Systems über die Priorität der Behandlung entschieden und der Notfallpatient spätestens 10 Minuten nach der Aufnahme dazu informiert. Darüber hinaus muss gewährleistet sein, dass die entsprechende Betreuung durch einen Facharzt – bei Bedarf auch durch einen Anästhesisten – innerhalb von maximal 30 Minuten am Patienten verfügbar ist. Für eine möglicherweise angezeigte Intensivbetreuung muss eine Intensivstation mit der Kapazität von mindestens sechs Betten vorhanden sein. Neben den Mindeststandards für die Basisnotfallversorgung enthält die Regelung des G-BA auch die Anforderungen an eine erweiterte und umfassende Notfallversorgung. Die allgemeine Hilfeleistungspflicht jedes Krankenhauses bleibt von der Zuordnung oder Nichtzuordnung zur Notfallversorgung unberührt.
Um die stationäre Notfallversorgung auch in strukturschwachen Regionen zu stärken, werden alle Krankenhäuser, die die Voraussetzungen für den Erhalt von Sicherstellungszuschlägen erfüllen, mindestens als Basisnotfallversorgungskrankenhäuser eingestuft. Sicherstellungszuschläge dienen dazu, in strukturschwachen Regionen eine stationäre Basisversorgung aufrecht zu erhalten.
Die Regelungen des G-BA berücksichtigen auch spezielle Notfallversorgungsangebote wie die Schwerverletztenversorgung in Traumazentren, die Kindernotfallversorgung, die Versorgung von Schlaganfällen sowie die Versorgung von Durchblutungsstörungen am Herzen. Letztere müssen dann beispielsweise über entsprechende Spezialabteilungen – Stroke Units oder Chest Pain Units – verfügen und werden entgeltrechtlich Krankenhäusern der Basisnotfallversorgung gleichgestellt. Zudem haben die Krankenhausplanungsbehörden der Bundesländer in Sonderfällen – beispielsweise bei regionalen Besonderheiten – die Möglichkeit, weitere Krankenhäuser als Spezialversorger auszuweisen. Diese gelten dann als besondere Einrichtungen und nehmen budgetneutral an der Notfallversorgung teil.
Der Beschluss tritt nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. Übergangsbestimmungen sind für Anforderungen an eine Zentrale Notaufnahme und an die Qualifikation des Fachpersonals in der Zentralen Notaufnahme festgelegt.
Hintergrund
Die Regelung des G-BA geht zurück auf einen gesetzlichen Auftrag, mit dem die bisherige defizitäre Notfallversorgung durch Vergütungszuschläge auf einem qualitativ hohen Niveau gewährleistet werden soll. Gemäß § 136c Absatz 4 SGB V hat der G-BA ein gestuftes System von Notfallstrukturen in Krankenhäusern, einschließlich einer Stufe für die Nichtteilnahme an der Notfallversorgung, zu beschließen. Hierbei sind für jede Stufe der Notfallversorgung Mindestvorgaben – insbesondere zur Art und Anzahl von Fachabteilungen, zur Anzahl und Qualifikation des vorzuhaltenden Fachpersonals sowie zum zeitlichen Umfang der Bereitstellung von Notfallleistungen – differenziert festzulegen.
Die Zahlen zur Teilnahme bzw. Nichtteilnahme an der Notfallversorgung basieren auf einer durch das Institut für Gesundheits- und Sozialforschung (IGES) durchgeführten Befragung der deutschen Krankenhäuser, ergänzenden Sekundäranalysen sowie detaillierten Einschätzungen der Länder zu den möglichen Auswirkungen des Notfallstufensystems.
Weitere Informationen zu den Regelungen stellt der G-BA auf seinen Internetseiten unter Notfallstrukturen in Krankenhäusern bereit.
Quelle: Gemeinsamer Bundesausschuss Wegelystr. 8, 10623 Berlin, https://www.g-ba.de, 19.04.2018.
Weitere Artikel zum Thema
31.05.2017 Krankenhaus
Patienten schätzen Spezialkliniken – auch weiter entfernte
Die Frage gilt als äußerst umstrittenen: Bevorzugen Patienten die medizinische Versorgung in direkter Nachbarschaft oder nehmen sie gegebenenfalls lieber die Anreise zu einem auf bestimmte Erkrankungen spezialisierten zentralen Klinikum in Kauf? Der Krankenhaus Rating Report 2017 hat herausgefunden: Krankenhäuser mit einem hohen Spezialisierungsgrad weisen eine signifikant höhere Patientenzufriedenheit auf. Damit zeigt sich, dass ein hoher Grad an Spezialisierung nicht nur bessere medizinische Ergebnisse bringt, sondern auch von den Patienten geschätzt wird.
30.05.2017 Aus- & Weiterbildung
Chirurgische Woche 2017: Ausbildungsplätze für Studenten
Nun schon zum fünften Mal findet dieses Jahr die Chirurgische Woche des Universitätsklinikum Tübingen statt – initiiert durch die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie und den Berufsverband der Deutschen Chirurgen.
29.05.2017 GOÄ
Verhandlungen über neue Gebührenordnung für Ärzte
Der 120. Deutsche Ärztetag in Freiburg hat der Bundesärztekammer in einem mit überwältigender Mehrheit angenommenen Beschluss Rückendeckung für die weiteren Verhandlungen über eine Novelle der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) gegeben. Die Delegierten begrüßten insbesondere die unmittelbare Einbindung der ärztlichen Berufsverbände und wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften in den Novellierungsprozess.
24.05.2017 Aus- & Weiterbildung
„Für mich war klar, Medizin bedeutet Chirurgie“
Schon zum zehnten Mal haben der Berufsverband der Deutschen Chirurgen e.V. (BDC) und der Berufsverband Deutscher Internisten e.V. (BDI) auf das Staatsexamen vorbereitet. Wieder war der Nachwuchs-Kongress „Staatsexamen & Karriere“ sehr gut besucht und Studenten aus ganz Deutschland reisten nach München zur Prüfungsvorbereitung. Richtig, dieses Mal nach München, ein Novum. Auch einer der wissenschaftlichen Leiter war neu beim Kongress dabei: Andreas Kirschniak aus Tübingen.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.