08.11.2019 Politik
Krankenkassen fordern eine Abspaltung vom Medizinischen Dienst
Der Medizinische Dienst wird künftig organisatorisch von den Krankenkassen gelöst und als unabhängige Körperschaft des öffentlichen Rechts ausgestaltet. Zudem wird die Prüfung der Krankenhausabrechnung einheitlicher und transparenter gestaltet. Strittige Kodier- und Abrechnungsfragen sollen systematisch vermindert werden. Dies regelt das “Gesetz für bessere und unabhängigere Prüfungen – MDK-Reformgesetz”, was der Deutsche Bundestag am 07.11.2019 in 2./3. Lesung beschlossen hat.
Im Vordergrund der Organisationsreform des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung steht für Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Neutralität des Dienstes bei seinen Prüfungen. Um effektiv, glaubwürdig und handlungsfähig zu bleiben, so der Minister, werde der Medizinische Dienst von den Krankenkassen losgelöst und eigenständig organisiert. Eine über zwanzig Jahre währende Debatte zur Unabhängigkeit des medizinischen Dienstes würde damit zu einer Entscheidung geführt, betonte Spahn nach dem Beschluss des Bundestages.
Das Gesetz soll am 01.01.2020 in Kraft treten. Es bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates. Wichtige Einzelregelungen des Gesetzes sind:
Organisationsreform MDK
- Die Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) stellen künftig keine Arbeitsgemeinschaften der Krankenkassen mehr dar, sondern werden als eigenständige Körperschaft des öffentlichen Rechts einheitlich unter der Bezeichnung “Medizinischer Dienst” (MD) geführt.
- Auch der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) wird vom GKV-Spitzenverband organisatorisch gelöst und erhält die Kompetenz zum Erlass der Richtlinien für die Tätigkeit der Medizinischen Dienste.
- Die Besetzung der Verwaltungsräte der MD wird neu geregelt. Künftig werden auch Vertreter der Patienten, der Pflegebedürftigen und der Verbraucher sowie der Ärzteschaft und der Pflegeberufe im Verwaltungsrat vertreten sein.
Krankenhausabrechnungsprüfung
- Künftig soll die Abrechnungsqualität eines Krankenhauses den Umfang der zulässigen Prüfungen durch die Krankenkassen bestimmen. Dazu wird ab dem Jahr 2020 eine maximale Prüfquote je Krankenhaus bestimmt, die den Umfang der Prüfungen begrenzt. Ab 2021 wird die Höhe der Prüfquote durch die Qualität der Abrechnungen bestimmt. Die Krankenhäuser, die schlecht abrechnen, werden mehr geprüft als gut abrechnende.
- Eine schlechte Abrechnungsqualität hat negative finanzielle Konsequenzen für ein Krankenhaus.
- Strittige Kodier- und Abrechnungsfragen werden systematisch reduziert. Dazu werden durch verschiedene Maßnahmen bestehende Blockaden des Schlichtungsausschusses auf Bundesebene aufgelöst.
- Statt Strukturen und Ausstattungen von Krankenhäusern in vielen Einzelfällen zu prüfen, wird das Verfahren in einer Strukturprüfung gebündelt.
- Unnötige Prüffelder im Bereich der neuen Pflegepersonalkostenvergütung werden vermieden.
- Der Katalog für sog. “ambulante Operationen und stationsersetzende Eingriffe” (AOP-Katalog) wird erweitert. Dadurch können die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten in den Krankenhäusern künftig konsequenter genutzt und dem heute noch häufigsten Prüfanlass entgegengewirkt werden.
- Eine Aufrechnung mit Rückforderungen der Krankenkassen gegen Vergütungsansprüche der Krankenhäuser ist künftig nur noch in festgelegten Ausnahmefällen zulässig.
- Durch Einführung einer bundesweiten Statistik soll das Abrechnungs- und Prüfgeschehen transparenter werden.
Weitere Änderungen
Darüber hinaus sieht das MDK-Reformgesetz die folgenden wesentlichen Änderungen vor:
- Im Rahmen der Förderung der Weiterbildung in der ambulanten fachärztlichen Versorgung wird eine Förderung von mindestens 250 angehenden Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzten vorgesehen.
- Das im Jahr 2013 eingeführte Hygieneförderprogramm wird um weitere drei Jahre verlängert. Damit werden Krankenhäuser weiterhin bei der personellen Ausstattung mit Hygienepersonal unterstützt, um die entsprechenden Vorgaben des Infektionsschutzrechts besser umsetzen zu können. Bei dieser Verlängerung wird ein neuer Schwerpunkt gesetzt, der auf den sachgerechten Einsatz von Antibiotika abzielt.
- Im Zusammenhang mit der Ausgliederung der Personalkosten für die Pflege am Bett aus der pauschalierenden Vergütung wird zu Gunsten der Krankenhäuser der Umfang pflegeentlastender Maßnahmen von 3 Prozent auf 4 Prozent erhöht. Die durch pflegeentlastende Maßnahmen eingesparten Pflegepersonalkosten können dann neben den tatsächlichen Pflegepersonalkosten zusätzlich im Pflegebudget berücksichtigt werden.
- Das Verfahren zum Wechsel der gesetzlichen Krankenkasse wird für die Mitglieder einfacher und einheitlicher gestaltet. Bürokratie wird abgebaut, indem elektronische Meldeverfahren genutzt werden. Die bisherige Mindestbindungsfrist wird von 18 auf zwölf Monate verkürzt.
- Die studentische Krankenversicherung wird weiterentwickelt und ein elektronisches Meldeverfahren zwischen Hochschulen und Krankenkassen eingeführt. Die bisherige Begrenzung bis zum 14. Fachsemester wird zugunsten der Studierenden gestrichen.
- Der schrittweise Abbau überschüssiger Finanzreserven von Krankenkassen ist bereits ab dem Haushaltsjahr 2020 verpflichtend anzuwenden. Somit profitieren deren Versicherte zeitnah bei der Festlegung der kassenindividuellen Zusatzbeiträge.
- Mit einer Geschlechterquote bei der Listenaufstellung im Rahmen der Sozialwahlen soll eine angemessene Repräsentanz von Frauen und Männern in den Verwaltungsräten der Krankenkassen erreicht werden.
- Der Gemeinsame Bundesausschuss hat künftig seine öffentlichen Sitzungen live im Internet zu übertragen sowie in einer Mediathek für einen späteren Abruf zur Verfügung zu stellen. Damit soll die Transparenz seiner Entscheidungen weiter verbessert werden.
- Die Unterstützungsmöglichkeiten und die Finanzierung der Patientenverbände auf Landesebene werden verbessert.
Quelle: Krankenkassen direkt, Postfach 71 20, 53322 Bornheim, www.krankenkassen-direkt.de, 08.11.2019
Weitere Artikel zum Thema
05.11.2019 Politik
AWMF: Fachgesellschaften im geplanten Implantateregister stärker einbinden
Ende des Jahres wird das Implantateregister-Errichtungsgesetz verabschiedet. Das geplante Register ist nach Auffassung der AWMF sinnvoll, um Patientensicherheit durch mehr Produktqualität zu erhöhen. Einige Fachgesellschaften haben bereits seit Jahren mit hohem fachlichem und finanziellem Aufwand Register zu Implantaten etabliert.
04.11.2019 Politik
Medizinklimaindex Herbst 2019: Stimmung der Ärzte in Deutschland weiterhin verhalten
Der aktuelle Medizinklimaindex (MKI) für Herbst 2019 liegt mit -0,5 Punkten leicht unterhalb des Durchschnitts. Damit liegt die Grundstimmung nun bereits seit zwei Jahren knapp im negativen Bereich.
01.11.2019 Aus- & Weiterbildung
Strukturierte Grundvoraussetzungen für das Praktische Jahr
Die Nachwuchsproblematik in der Chirurgie ist Realität und gleichzeitig omnipräsent in der wissenschaftlichen, aber auch allgemeinen Literatur. Große Übersichtsarbeiten konnten bereits zeigen, dass verschiedene Aspekte der Ausbildung im Praktischen Jahr (PJ) die Motivation der Studierenden eine chirurgische Karriere anzustreben deutlich beeinflussen können. Auch wenn die im Mai 2012 geänderte Approbationsordnung bereits einige dieser Aspekte auf den Weg gebracht hat – beispielsweise die Einführung eines Logbuches – gibt es weiterhin deutliches Verbesserungspotenzial in der immer noch stark fakultäts-, klinik-, und personenabhängigen Ausbildungsqualität im PJ.
31.10.2019 Politik
Honorarberichte 1. Halbjahr 2017: Leichtes Plus zu Jahresbeginn
Die Honorarumsätze der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten sind in den ersten drei Monaten 2017 um zwei Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal gestiegen. Im zweiten Quartal 2017 schlägt dagegen ein Minus von einem Prozent zu Buche. Das geht aus den aktuellen Honorarberichten der KBV hervor.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.