01.04.2020 Qualitätssicherung
Kongressbericht 23. Salzhäuser Gespräche in Lüneburg
„BELEGARZT-KONVENT“ unter besonderer Berücksichtigung der Situation der Belegärzte
Die Arbeitsgemeinschaft BeKo des BDC (Leiter: D. Farghal/Schweinfurt, Mitglieder Prof. Herold/Mannheim und Dr. Schrödter/Frankfurt/M.) vertritt speziell die Interessen der Beleg- und Kooperationsärzte (Honorarärzte).
Der hier dargestellte Kurzbericht über den Belegarzt-Konvent am 30.11.2019 in Lüneburg soll einen kurzen Überblick über relevante Fakten, kontroverse Meinungen und unterschiedliche Sichtweisen zur Situation und Perspektive der Belegärzte geben.
Herr Hellmann vom Bundesverband der Belegärzte (BDB e.V.) berichtete über das „Wasem“-Gutachten der Universität Duisburg-Essen zur belegärztlichen Versorgung von 2019, das einen kontinuierlichen Rückgang der Zahl der Belegärzte und Beleg-Krankenhäuser, der belegärztlichen Behandlungen und der abgerechneten belegärztlichen Gebührenordnungspositionen in nahezu allen Fachgebieten dokumentiert. In der Regel fand sich ein geringerer PCCL-Schweregrad (Patient Clinical Complexity Level) der häufigsten Belegabteilungs-DRGs im Vergleich zu den Hauptabteilungs-DRGs.
An der stationär-ambulanten Behandlungsgrenze bestehen alternative Versorgungsmodelle zum Belegarztwesen durch:
- im Krankenhaus angestellte Vertragsärzte,
- Honorarärzte,
- Ambulante Operationen nach § 115 SGB V,
- Kooperationen gem. § 116 SGB V (ambulante. spezialfachärztliche Versorgung/ASV),
- Praxiskliniken gem. § 122 SGB V,
- Integrierte Versorgung nach § 140a SGB.
Herr Rochell (KBV) stellte folgende Zahlenvergleiche zwischen 2009 und 2018 vor:
- Praxen mit belegärztlicher Tätigkeit: 4.166 (2009) → 2.824 (2018)
- Reduktion der Behandlungsfälle: 33%
- Fälle je Belegarzt: 4.126 (2009) → 4.105 (2018)
- Honorarumsatz je Belegarzt: 221.336€ (2009) → 242.611€ (2018)
- Honorar je Belegarzt-Fall: 337€ (2009) → 400€ (2018)
Zur Unterstützung der Belegärzte forderte Rochell im Namen der KBV eine Gesetzesänderung mit Einführung: des Erlaubnisvorbehalts statt des Verbotsvorbehalts als Angleichung an die Regelung für die Krankenhäuser sowie eine Vervollständigung der Gebührenordnungsziffern und einen finanziellen Ausgleich für den belegärztlichen. Bereitschaftsdienst,
Für die DKG (Deutsche Krankenhausgesellschaft) stellte ihr Geschäftsführer Baum folgende Thesen zum Belegarztwesen auf:
Die Zentralisierung der Krankenhausstrukturen und damit die Schließung kleinerer Krankenhäuser stellt eine Gefahr für das Belegarztwesen dar.
Die „Ambulantisierung“ der Medizin bedroht zusätzlich das Belegarztwesen: Die Anzahl der Belegbetten hat sich von 20.000 im Jahr 2010 auf 14.000 im Jahr 2018 verringert. Gleichzeitig nahm die Anzahl der Beleg-Krankenhäuser von 150 auf 100 ab. Die Anzahl der abgerechneten Beleg-DRGs ging von 800.000 auf 500.000 zurück.
Abweichend von den Darstellungen von Herrn Rochell sah Baum die KBV als Bremser des Belegarztwesens und schob der KBV die Verantwortung für den Rückgang zu.
Das Honorararztwesen habe seit zehn Jahren zu einer massiven Abwanderung aus dem Belegarztwesen geführt. Zur Unterstützung der Belegabteilungen forderte er u. a. die Aufhebung der Begrenzung der Tätigkeit von Vertragsärzten im Krankenhaus auf 13 Stunden pro Woche.
Darüber hinaus trug Baum nochmals die bekannte Forderung aller Belegärzte vor, den 20 prozentigen Abschlag für die Bewertung der B-DRG zu beseitigen. Darüber hinaus forderte er zur Rettung kleiner Krankenhäuser eine weitergehende Öffnung dieser Häuser für ambulante Leistungen und die komplette Verlagerung des Bereitschaftsdienstes in die Krankenhäuser.
Aus juristischer Sicht stellte Herr Rechtsanwalt Schramm aus Hamburg die Optionen Honorararzt, Belegarzt oder Chefarzt in Teilzeit aus sozialrechtlicher, strafrechtlicher und pekuniärer Sicht dar. Hier zeigte sich wieder einmal, dass die juristische Bewertung der genannten Kooperationsformen im Fluss ist und leider keine Rechtssicherheit herrscht.
Insgesamt wurde in der Diskussion beklagt, dass die Belegärzte offenbar keine ausreichende Lobby haben. Der BDC wird sich in Zusammenarbeit mit dem BDB weiterhin für die genannten gesetzlichen Veränderungen zur Unterstützung und zum Erhalt der Belegärzte einsetzen. Gleichzeitig fordert der BDC aber auch Rechtssicherheit für die alternativen Kooperationsmodelle der sektorenübergreifenden Kooperationen.
Schrödter J: „BELEGARZT-KONVENT“ unter besonderer Berücksichtigung der Situation der Belegärzte. Passion Chirurgie. 2020 April, 10(04): Artikel 04_06.
Autor des Artikels
Dr. med. Jörg-Werner Schrödter
Mitglied der AG BeKo (Beleg- und Konsiliarärzte) des BDCGefäßchirurg-PhlebologeCCB Gefäßcentrum Frankfurt/M.Im Prüfling 2360389Frankfurt/Main kontaktierenWeitere Artikel zum Thema
01.12.2021 Qualitätssicherung
Perioperative Antibiotikaprophylaxe
Die perioperative Antibiotikaprophylaxe (PAP) beschreibt die kurzzeitige, meist einmalige perioperative Antibiotikagabe. Das Ziel ist die Herabsetzung der SSI-Rate, verursacht durch Bakterien, die während der Operation in das OP-Gebiet gelangen oder dort schon vorhanden sind.
01.12.2021 Qualitätssicherung
Safety Clip: Die Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte (AEMP): So stellen Sie die Prozessabläufe auch in Zeiten des Fachkräftemangels sicher
Einst hieß sie ZSVA (Zentrale Sterilgutversorgungs-Abteilung); heute ist aus dieser Sparte die AEMP (Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte) geworden. Die Teams in der Aufbereitung medizinischer Gerätschaften haben zudem heute mengenmäßig mehr und speziellere Anforderungen zu meistern.
01.12.2021 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Sekundärluftkühlgeräte Risiken und Maßnahmen
Sekundärluftkühlgeräte (Umluftkühlgeräte) kommen zunehmend auch in Einrichtungen des Gesundheitswesens – wie Krankenhäusern, Arztpraxen oder Dialysezentren – zum Einsatz. Sie werden dort benötigt, wo sich hohe Temperaturen entwickeln (z. B. ständig eingeschaltete Sono-Geräte oder große Fensterfronten) oder, wo viel Feuchtigkeit anfällt (z. B. in Aufbereitungsräumen mit RDGs und Sterilisatoren) und, wo eine zentrale Klimaanlage zu teuer oder technisch nicht machbar ist.
22.11.2021 Ambulant
Bund soll Krankenhäuser mitfinanzieren – Ambulantisierung durch Hybrid-DRGs
Nach einem nun fertigstellten Papier der AG Gesundheit und Pflege soll der Bund künftig Krankenhäuser mitfinanzieren. Außerdem möchte man die Ambulantisierung durch Hybrid-DRGs fördern. Die Positionen aus diesem Papier gehen wohl im Wesentlichen in den Koalitionsvertrag ein. Mit dessen Veröffentlichung ist in Kürze zu rechnen.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.