01.10.2014 Arbeitsrecht
Kommunikation und Konfrontation zwischen chirurgischen Chefärzten und der Krankenhaus-Geschäftsleitung in Deutschland
Ergebnisse von Erhebungen unter chirurgischen Chefärzten (2011) und Krankenhausgeschäftsführern (2013)
Die Zusammenarbeit von leitenden Ärzten und Geschäftsführern stellt die Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg einer Klinik dar. Jedes Jahr gilt es aufs Neue, durch eine sinnvolle Balance zwischen Erlösen und Kosten das Überleben des eigenen Unternehmens zu sichern. Die Institution „Krankenhaus“ ist unterfinanziert, der Druck im System entsprechend hoch.
2011 initiierte der Berufsverband der Deutschen Chirurgen (BDC) eine Umfrage zur Management-Schnittstelle zwischen leitenden Chirurgen und Krankenhausmanagern [1]. Aufgrund der Brisanz des Themas folgte eine vergleichbare Studie der internistischen Chef- und Oberärzte im vergangenen Jahr durch die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) [2].
Um eine objektive Bewertung der Ergebnisse zu ermöglichen, bedurfte es zusätzlich des Meinungsbildes der deutschen Klinik-Geschäftsführungen. Daher führten wir 2013 – erstmalig in Zusammenarbeit des Verbands der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD) und des BDC – eine entsprechende Befragung der Geschäftsführer durch.
Zwischen den Erhebungen lag eine Zeitspanne von zwei Jahren. Aufgrund der Dynamik des Gesundheitssystems und der Kliniklandschaft ist davon auszugehen, dass in diesem Zeitraum bereits einige Veränderungen in den Kliniken und im Alltag des Umganges zwischen Geschäftsleitung und leitenden Ärzten realisiert wurden. Deshalb haben wir im folgenden Artikel nicht nur den Ist-Zustand bei den Geschäftsführern dargestellt, sondern uns durch Vergleich mit den Ergebnissen bei den leitenden Ärzten auch bemüht, Veränderungen über die Zeit von zwei Jahren heraus zu arbeiten.
Durch die Einführung von Fragen nach der Rentabilität der Krankenhäuser eröffnete sich außerdem die Option, das Kommunikations- und Kooperationsverhalten in Relation zum wirtschaftlichen Erfolg der Häuser zu analysieren. Dabei konnte in vielen Fragen erstmals die gefühlte Realität mit objektivierbaren Daten hinterlegt werden.
Allgemeines
Durchführung
Die Umfrage bei Geschäftsführern erfolgte in digitaler Form im Zeitraum September bis Oktober 2013 unter den Mitgliedern des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD). Dazu wurde das Marktforschungsinstrument SurveyMonkey eingesetzt und alle VKD-Mitglieder per E-Mail und Weblink eingeladen, sich an der Umfrage zu beteiligen.
Sowohl das Design der Umfrage, als auch die Formulierung der Fragen, lehnte sich an die vom BDC im Jahr 2011 durchgeführte Befragung von chirurgischen Chefärzten an. Dadurch werden die Ergebnisse der Umfragen vergleichbar, was wesentliches Ziel der Initiative war.
Beteiligung und Altersstruktur
Geschäftsführer (2013): |
529 Antworten, Durchschnittsalter 50,4 Jahre |
Chirurgische Chefärzte (2011): |
641 Antworten, Durchschnittsalter 52,2 Jahre |
Die Altersstruktur der Befragten entsprach in etwa dem bekannten Durchschnittsalter der Beschäftigten in unseren Krankenhäusern sowie dem Durchschnittsalter der chirurgischen Chefärzte.
87 % der teilnehmenden Krankenhausdirektoren waren Männer. Dem gegenüber standen 4 % Chefärztinnen der schneidenden Zunft bei der Umfrage 2011.
Klinikstrukturen
Die Schwerpunktverteilung der chirurgischen Abteilungen bei den Befragten entsprach der Häufigkeitsverteilung der einzelnen chirurgischen Fachdisziplinen in deutschen Krankenhäusern und der Verteilung bei der Umfrage der Chefärzte aus 2011. Als einzige Ausnahme waren die Chefärzte der Allgemein- und Viszeralchirurgie in der Chirurgenumfrage überrepräsentiert.
Die meisten Antworten erreichten uns aus Kliniken, die Abteilungen für Allgemein- und Viszeralchirurgie (335 Kliniken, 69 %) sowie für Orthopädie und Unfallchirurgie (354 Kliniken, 73 %) vorhalten. 15 % der Antwortenden (78 Kliniken) gaben an, über eine ungeteilte chirurgische Abteilung zu verfügen. In 39 % der jeweiligen Krankenhäuser (188) existierte eine eigenständige gefäßchirurgische Abteilung, Thoraxchirurgie (15 %) und Plastische Chirurgie (15 %).
Knapp die Hälfte (49 %) der Rückmeldungen erreichte uns aus Häusern der Grund- und Regelversorgung (Basisversorgung), ein Fünftel (22 %) aus Einrichtungen der Schwerpunktversorgung. Fachkrankenhäuser waren mit 10 %, Kliniken der Maximalversorgung mit 8 % vertreten. Ca. 5 % der verwertbaren Antworten kamen aus universitären Einrichtungen. Mit 23 Unikliniken haben sich – absolut gesehen – mehr als die Hälfte aller Universitätskliniken in Deutschland an der Umfrage beteiligt.
Sowohl bei der Verteilung der chirurgischen Fachdisziplinen, als auch bei der Versorgungsstufe ist das Portfolio der Rückmeldungen mit dem vergleichbar, das im Jahr 2011 bei den chirurgischen Chefärzten skizziert wurde.
Jeweils ca. 200 Antworten erreichten uns aus Kliniken in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft (39 %) und von gemeinnützig getragenen Häusern (44 %). Aus Kliniken in privater Trägerschaft kamen 75 Antworten (15 %). Damit sind die privaten Träger in dieser Umfrage im Vergleich zur Chefarztumfrage des BDC und zur Versorgungsrealität in Deutschland leicht unterrepräsentiert, was auf die Mitgliederstruktur des VKD zurückzuführen ist.
Kommunikation zwischen Geschäftsführern und leitenden Ärzten
Grundsätzlich hat die Kommunikation zwischen Geschäftsleitung und Chefärzten in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen. Insbesondere persönliche Gespräche und der E-Mail-Verkehr finden in nahezu allen Kliniken regelmäßig statt. Ebenso ist die Zahl der Gremiensitzungen gestiegen (Abb. 1).
Abb. 1: Kommunikationsalltag zwischen ltd. Ärzten und GF
Einladung und Tagesordnung
Etwa 70 % der Befragten beider Seiten bestätigen die schriftliche Form der Gesprächseinladung, ein Viertel der Einladungen ergeht mündlich auf dem „kurzen Dienstweg“.
Der Einladung wird heute häufiger als noch vor drei Jahren eine Tagesordnung und/oder Tischvorlagen beigefügt. Nur noch bei einem Viertel (23 %) der Geschäftsführer erfolgt die Einladung ohne Detailangaben, bei der Chefarztumfrage war das noch bei einem Drittel der Befragten (32 %) der Fall. Trotz gestiegener Transparenz sehen die Autoren hier noch Verbesserungspotential für die Kommunikation auf Augenhöhe.
Bei gut 50 % beider Seiten ergeht die Einladung zum Gespräch binnen Wochenfrist, beim Rest mittel- und langfristig.
Gesprächsthemen
Die Häufigkeit der behandelten Themen wird von beiden Seiten ähnlich eingeschätzt. Spitzenreiter bilden typische Managementthemen wie strategische Leistungsplanung (80 %), Wirtschaftlichkeit (86 %), Budget (75 %) und Personalmanagement (78 %).
Aufgrund der mehrheitlich aus den unteren Versorgungsstufen kommenden Teilnehmer sind universitäre Themen wie Forschung und Lehre oder Drittmittel deutlich seltener Gesprächsthema zwischen Geschäftsführern und Chefärzten.
Interessant ist, dass der Trend zur sektorübergreifenden Versorgung und die Zusammenarbeit mit Niedergelassenen und MVZ nur bei einem Viertel der Befragten ein häufiges Thema von Gesprächen zwischen Geschäftsleitung und Chefärzten darstellt.
Einflussmöglichkeiten für beide Seiten
Das Vorhandensein und der Einsatz von Betriebssteuerungs- und Controllinginstrumenten hat sich deutlich verbessert. So gibt es in nahezu allen Kliniken ein strukturiertes monatliches Reporting und Kostentransparenz.
Die Hälfte der Chefärzte beklagte bei der Befragung 2011, keine Steuerungstools zur Verfügung zu haben. Dies sieht heute nach Angaben der Geschäftsführer erheblich besser aus. Dreiviertel der leitenden Ärzte sind mit Steuerungstools ausgestattet.
Nachholbedarf besteht nach Angaben der Geschäftsführer beim Transfer dieser Informationen innerhalb des ärztlichen Personals, was von den Chefärzten augenscheinlich anders wahrgenommen wird.
Managementrahmen, persönlicher Umgang und Wertschätzung
Auswirkungen von Selbstdarstellung und persönlichen Werthaltungen auf die Kommunikationskultur sind vorhanden und werden von beiden Seiten als weniger bedeutend eingestuft. Grundsätzlich attestieren die Geschäftsführer den leitenden Krankenhauschirurgen häufiger einen besseren Wertecodex.
Leitende Ärzte empfinden ihren Managementrahmen in höherem Maße problematisch als Geschäftsführer. Sie beklagen ein Ungleichgewicht bei Informationen und Steuerungsmöglichkeiten. So gibt mehr als die Hälfte der Chefärzte (60 %) an, trotz der übernommenen Verantwortung keine adäquaten Aktionsoptionen zu besitzen. Dies bestätigt nur ein Viertel (24 %) der Geschäftsführer.
Leitende Chirurgen empfinden zum Teil doppelt so häufig wie die Geschäftsführer problematische Wirkungen in ihrer Zusammenarbeit mit der „Gegenseite“ (Abb. 2). Es fehlt ihnen die fachliche Aussprache. Knapp 50 % der chirurgischen Chefärzte zweifelt an der Fachkompetenz ihrer Geschäftsführer, während nur 10 % der Geschäftsführer an der Fachkompetenz ihrer leitenden Ärzte zweifeln. Hier wäre es für die Chirurgen an der Zeit, dem Gegenüber mehr Vertrauen und Wertschätzung von dessen Arbeit und Kompetenz entgegen zu bringen.
Abb. 2: Erlebte problematische Wirkungen
Die Mehrheit der Chefärzte und Geschäftsführer beklagt die Häufung administrativer Tätigkeiten sowie die unvollständige Umsetzung getroffener Entscheidungen; die Ärzte etwas mehr als die Geschäftsführer.
Im persönlichen Umgang scheinen chirurgische Chefärzte deutlich sensibler auf Störungen zu reagieren als die Geschäftsführer (Abb. 3). Leitende Ärzte hegen doppelt so häufig Misstrauen gegen die Geschäftsleitung wie umgekehrt. Auch die persönliche Wertschätzung der Gegenseite wird doppelt so häufig bemängelt.
Dem gegenüber schätzen gut zwei Drittel (70 %) der Geschäftsführer die Zusammenarbeit mit den leitenden Ärzten positiv ein.
Abb. 3: Störungen auf Beziehungsebene
Mögliche Erklärung
Chefarzt und Geschäftsführer sind derzeit keine gleichberechtigten Partner in der Klinikführung. Die Letztentscheidung obliegt dem geschäftsführenden Direktor. Daher erklärt sich der höhere Leidensdruck der Mediziner.
Dem gegenüber korreliert der wirtschaftliche Erfolg eines Hauses mit dem persönlichen Umgang und der Wertschätzung gegenüber dem ärztlichen Führungspersonal. Hier wird direkt und nur selten per Brief kommuniziert (Abb. 4). Die Wege sind kurz, der Kontakt direkt und auch eine kurzfristige Einladung zu Gesprächen stellt kein Problem dar.
Abb. 4: Persönlicher Umgang und Wertschätzung
Wirtschaftlich defizitäre Häuser scheinen doppelt so häufig Dominanz- und Machtkonflikte sowie Vertrauensdefizite zwischen Ärzten und Geschäftsleitung zu haben als es bei wirtschaftlich gesunden Kliniken der Fall ist (Abb. 5).
Abb. 5: Probleme auf der Beziehungsebene I
Wirtschaftliche Verantwortung und Erfolgsbeteiligung leitender Ärzte
Tendenziell zeichnet sich die Tatsache ab, dass wirtschaftlich erfolgreiche Häuser ihr ärztliches Führungspersonal häufiger am Erfolg beteiligen. Wichtigste Instrumente für die Erfolgsbeteiligung bilden durchgängig in allen Trägergruppen Zielvereinbarungen und jährliche Strategiegespräche. Häufig kommen dazu monatliche Jour fixes.
Interessant ist der Vergleich der Höhe der Erfolgsbeteiligung im Verhältnis zum Grundeinkommen bei einzelnen Fachdisziplinen. Hierbei können wir auf Daten für drei unterschiedliche Gruppen im Krankenhaus zurückgreifen (Abb. 6):
• Leitende Chirurgen (Umfrage BDC 2011)
• Leitende Internisten (Umfrage DGIM 2014)
• Leitende Ärzte aller Abteilungen (Umfrage VKD/BDC 2013)
Abb. 6: Erfolgsbeteiligung leitender Ärzte
Dabei zeigt sich, dass der variable, sprich erfolgsabhängig Gehaltsanteil bei Chirurgen deutlich höher ausfällt als bei Internisten und anderen leitenden Ärzten. In cumulo erhalten über die Hälfte der leitenden Chirurgen eine Erfolgsbeteiligung von mehr als 10 % ihres Grundgehaltes, über ein Drittel mehr als 20 % des Grundgehaltes. Bei den anderen Fachgebieten bekommen laut den Umfrageergebnissen nur ein Viertel der leitenden Ärzte eine nennenswerte erfolgsabhängige Zusatzvergütung.
Wie diese Ergebnisse zu erklären sind, bleibt unklar. In die Befragung der Internisten wurden auch leitende Oberärzte einbezogen, was die Ergebnisse diesbezüglich verfälschen könnte. Eine Subgruppenanalyse in diesem Punkt fand in der Erhebung der DGIM nicht statt.
Zusammenhang zwischen wirtschaftlichem Erfolg sowie Kommunikation und persönliche Wertschätzung im Krankenhaus
Vorbemerkungen
Der Fragebogen der Geschäftsführer enthielt Fragen nach dem wirtschaftlichen Erfolg und zur Rentabilität des eigenen Krankenhauses. Dabei wurden drei Gruppen betrachtet:
• Umsatzrentabilität < 0 % (d.h. Defizit)
• Umsatzrentabilität zwischen 0 – 4 %
• Umsatzrentabilität > 4 %
Diese Einteilung schafft eine gute Differenzierung bzgl. des wirtschaftlichen Erfolges von Krankenhäusern. Als wirtschaftlich erfolgreich gelten lediglich die Häuser der dritten Kategorie mit über 4 % Umsatzrendite, die der zweiten werden als potentiell überlebensfähig eingeschätzt. Dauerhaft defizitär arbeitende Häuser drohen mittelfristig vom Markt zu verschwinden oder bedürfen einer konstanten Bezuschussung [3].
Wir haben auf Basis dieser Fragestellung eine Subgruppenanalyse durchgeführt. Bei dieser werden alle Antworten der drei Rentabilitäts-Gruppen miteinander verglichen und auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede untersucht. Die zum Teil sehr interessanten Ergebnisse sollen im Folgenden kurz dargestellt werden.
Zu beachten ist dabei, dass nur wenige der teilnehmenden Kliniken eine Rentabilität von mehr als 4 % ausweisen (57 Kliniken). Das sind lediglich 12 % aller Antworten. Die Datenbasis dieser Subgruppe ist deshalb im Gegensatz zur mittleren Rentabilitätsgruppe (251 Antworten, 52 %) und der Defizithäuser (141 Antworten, 29 %) eher dünn. Deshalb sind alle folgenden Aussagen mit einer gewissen Vorsicht zu interpretieren, auch wenn sie sehr interessant und naheliegend erscheinen.
Die wirtschaftlich erfolgreichen Häuser sind in der Mehrheit privat geführt (62 %). Die Hälfte der Kliniken mit einer Rendite zwischen 0 und 4 % sind gemeinnützig. Die Hälfte der defizitären Häuser (51 %) befindet sich in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft (Abb. 7).
Abb. 7: Krankenhausträger und wirtschaftlicher Erfolg
Erfolgsbeteiligung
Wirtschaftlich erfolgreiche Häuser bieten ihren Chefärzten häufiger (ca. 80 % im Vergleich zu ca. 60 %) flexible Gehaltsanteile und eine finanzielle Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg (Abb. 8). Dabei setzen sie häufiger als die anderen Krankenhäuser Zielvereinbarungen und jährliche Strategiegespräche als Führungsinstrumente ein.
Abb. 8: Beteiligung leitender Ärzte am wirtschaftlichen Erfolg
Das ist für die betroffenen Chefärzte eine sicher willkommene Entwicklung. Bei der Mehrheit der Ärzteschaft und der Bundesärztekammer trifft diese direkte Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg der eigenen Abteilung jedoch eher auf Widerstand. Die Mediziner fordern seit den Transplantationsskandalen eine völlige Entkopplung des wirtschaftlichen Erfolgs einer Abteilung oder Klinik von den Gehältern der ärztlichen Führungskräfte [4, 5].
Hier ist perspektivisch ein Mittelweg zu finden, da leitende Ärzte Verantwortung für den wirtschaftlichen Erfolg ihrer Abteilung übernehmen wollen und sollen. Dabei besteht ein dauerhaftes Schisma zwischen fachlich-ethischen Grundwerten des Arztes und den gesellschaftlichen sowie wirtschaftlichen Erwartungen, die gerade an leitende Ärzte gestellt werden (siehe Artikel von Marcus Siebolds in dieser Ausgabe).
Formen der Kommunikation und Zusammenarbeit
Zusätzlich zu One-to-One-Gesprächen, die in allen Gruppen zu ca. 90% genutzt werden, scheint die Einbindung von Mitarbeitern in Unternehmensentscheidungen in Form von Kleingruppenarbeit und multiprofessionellen Teams zum wirtschaftlichen Erfolg beizutragen bzw. in wirtschaftlich erfolgreichen Häusern häufiger gelebt zu werden.
Gesprächsthemen und Transparenz
Geschäftsführer erfolgreicher Kliniken reden häufiger mit ihren leitenden Ärzten über Qualität und Klinik-Marketing (Abb. 9). Budgets und Wirtschaftlichkeit sind dagegen seltener Gesprächsthema (Abb. 10). Rentable Krankenhäuser kommunizieren seltener mit ihren leitenden Ärzten über Einsparungen und Sanierung.
Erfolgreiche Kliniken eruieren doppelt so häufig wie defizitäre Häuser mit ihren leitenden Ärzten sektorübergreifende Kooperationsformen. Das ist erstaunlich, da dieses Thema in der Gesamtübersicht der Gesprächsthemen eher unterrepräsentiert wird.
Abb. 9: Gesprächsthemen I
Abb. 10: Gesprächsthemen II
Erfolgreiche Kliniken verfügen am häufigsten über klinische Kostentransparenz und stellen ihren leitenden Ärzten zu 100 % ein strukturiertes monatliches Reporting zur Verfügung. Diese Datentransparenz wird doppelt so häufig auch in den nachgeordneten Hierarchieebenen der Ärzteschaft hergestellt, wie bei wirtschaftlich wenig erfolgreichen Häusern.
Interpretationsmöglichkeiten gibt es hier viele. Was ist Henne, was ist Ei? Wenn es einem Haus wirtschaftlich gut geht, muss in der Führung nicht permanent über die Ökonomie gesprochen werden. Es könnte aber auch sein, dass in rentablen Einrichtungen die Arbeitsteilung zwischen Geschäftsführung und ärztlicher Leitung besser funktioniert, weil sich die Partner gezielter auf die eigenen Kompetenzen konzentrieren können.
Eine weitere Erklärung wäre, dass durch besseres Reporting und Datentransparenz durch alle Hierarchiestufen der ärztlichen Mitarbeiter der Gesprächsbedarf bei wirtschaftlichen Themen geringer ist als in weniger erfolgreichen Häusern, denen diese Transparenz häufiger fehlt.
Persönliche Umgangsformen und wirtschaftlicher Erfolg
Die Form des persönlichen Umgangs und die gegenseitige Wertschätzung bilden weitere Erfolgsfaktoren.
Die leitenden Ärzte in wirtschaftlich erfolgreichen Häusern haben nach Ansicht ihrer Geschäftsführer ein klares Leitbild und gefestigte persönliche Werte. Wirtschaftlich defizitäre Häuser scheinen einen höheren Anteil an Egozentrikern in den Reihen der leitenden Ärzte verkraften zu müssen. Allerdings sei hier auch der Rückschluss erlaubt, dass permanenter Zahlendruck im täglichen Miteinander zu Sand im Getriebe führen kann.
Wirtschaftlich erfolgreiche Krankenhäuser haben ökonomisch kompetente leitende Ärzte. Allerdings bescheinigt hier auch die Mehrheit der Geschäftsführer ihren leitenden Ärzten gute bis ausreichende betriebswirtschaftliche Kenntnisse. Diese Tatsache unterstützt das Anforderungsprofil an den modernen Chefarzt, das über die alleinige medizinische Leistungserbringung hinausgeht.
Die Geschäftsführer wirtschaftlich erfolgreicher Krankenhäuser schätzen die Zusammenarbeit mit ihren leitenden Ärzten am häufigsten positiv und sehr positiv ein (Abb. 11).
Abb. 11: Ökonomische Kompetenz leitender Ärzte
Zusammenfassend lässt sich anhand der vorliegenden Erhebung und der differenzierten Betrachtung zum wirtschaftlichen Erfolg eindeutig belegen, dass Machtkonflikte, Vertrauensdefizite, ein fehlendes Leitbild sowie egozentrische Persönlichkeitsstrukturen den wirtschaftlichen Erfolg eines Krankenhauses schmälern. Kompetenter und respektvoller Umgang zwischen Geschäftsführung und leitenden Ärzten beeinflusst den wirtschaftlichen Unternehmenserfolg unabhängig von der Trägerschaft in positiver Weise.
Zusammenfassung
Unternehmenskultur, der persönliche Umgang zwischen den Führungsebenen, Transparenz und wirtschaftlicher Erfolg hängen in deutschen Kliniken eng zusammen und bedingen sich gegenseitig.
Mangelt es an einem dieser vier Punkte, sind Konflikte vorprogrammiert. Diese führen rasch zu zwischenmenschlichen und später zu wirtschaftlichen Problemen.
Der offenen und vertrauensvollen Kommunikation fällt die entscheidende Bedeutung für die Konfliktprävention und beim Krisenmanagement zu. An ihr muss quasi täglich und insbesondere in guten bzw. wirtschaftlich ruhigen Zeiten gearbeitet werden, um in kritischen Situationen den Faden zwischen Geschäftsführung und ärztlicher Leitung im Krankenhaus nicht abreißen zu lassen.
In der Konsequenz sollte es für alle Player mit Führungsverantwortung im Unternehmen Krankenhaus zum Selbstverständnis werden, dem Gegenüber in der ärztlichen oder kaufmännischen Leitung mit Respekt und Wertschätzung zu begegnen und Vertrauen zu entwickeln. Hier haben nach unseren Erhebungen die Chefärzte Nachholbedarf, auch wenn sicher schlechte Erfahrungen die Ursache für Misstrauen und Wertschätzungsdefizite sind.
Höchste Qualität und Patientenorientierung in der Leistungserbringung werden sich in Zukunft zu den entscheidenden Erfolgsfaktoren für deutsche Krankenhäuser entwickeln. Eine robuste kaufmännische Basis sowie qualifizierte, motivierte ärztliche und pflegerische Mitarbeiter sind wesentliche Erfolgsvoraussetzung. Hinzu kommt als Bindeglied eine vertrauensvolle und wertschätzende Kommunikation zwischen ärztlicher und kaufmännischer Führung sowie die Anerkennung und Entwicklung der Kompetenzen der jeweils anderen Ebene.
Den Verbänden der kaufmännischen Direktoren, der leitenden Ärzte und den großen Berufsverbänden fällt die Aufgabe zu, sich als Brückenbauer in den Prozess einer Annäherung der Leitungsebenen im Krankenhaus einzubringen und auf ihre Klientel motivierend und wo nötig moderierend einzuwirken. Nur gemeinsam können wir das Unternehmen Krankenhaus, im Großen wie im Kleinen, zukunftsfähig gestalten und auf die Veränderungen der kommenden Jahre vorbereiten.
Sitzung zum Thema „Qualität, Patientensicherheit, Wirtschaftlichkeit“
Kooperation und Kommunikation zwischen Verwaltungsleitung und leitenden Ärzten
Freitag, 27.02.2015, 15.00 – 18.00 Uhr
Auf dem Bundeskongress Chirurgie in Nürnberg (27.02. bis 01.03.2015)
Anmeldung und Informationen über: http://www.bundeskongress-chirurgie.de/index.html
Literatur
[1] T.Kapitza, C. Tonus, Kooperation oder Konflikt – Die Zusammenarbeit zwischen leitenden Chirurgen und Klinikgeschäftsleitung Passion Chirurgie, Q2 (2012), 7-15
[2] UR Fölsch, E Märker-Hermann, PM Schumm-Draeger et al. DGIM-Studie „Ärzte-Manager 2013“- Konfliktpotenzial im Krankenhaus: Die Zusammenarbeit zwischen ärztlicher und kaufmännisch-wirtschaftlicher Leitung. Dtsch Med Wochenschr 2014; 139: 726-734
[3] VKD Geschäftsbericht 2013, S. 32.
[4] Empfehlungen zu leistungsbezogenen Zielvereinbarungen in Chefarztverträgen vorgelegt. Pressemitteilung der Bundesärztekammer vom 10.05.2013. http://www.bundesaerztekammer.de/page.asp?his=3.71.11025.11227.11237
[5] Gemeinsame Empfehlungen von VLK und VKD zur wirtschaftlichen Mitverantwortung des Leitenden Krankenhausarztes und zu Zielvereinbarungen vom 27.09.2013. http://www.vkd-online.de/der-vkd/veroeffentlichungen-stellungnahmen/20136/gemeinsame-empfehlungen-von-vlk-und-vkd-zur-wirtschaftlichen-mitverantwortung-des-leitenden-krankenhausarztes-und-zu-zielvereinbarungen-vom-27092013
Autor des Artikels
Prof. Dr. med. Carolin Tonus
1. Vorsitzende BDC|Landesverband HamburgChefärztin der Allgemein- und ViszeralchirurgieAsklepios Klinik St. GeorgLohmühlenstraße 520099Hamburg kontaktierenWeitere Artikel zum Thema
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