Johnny Bambule ist knallbunt angezogen, hoffnungslos überschminkt und – hockt weinend auf dem Klinikflur in der Ecke. Die kleine Josephine traut ihren Augen nicht: das ist doch ein Clown! Der muss doch lachen! Schnurstracks läuft sie hin, streichelt ihm über die (künstliche) Halbglatze und will ihn trösten. Dabei vergisst die Fünfjährige, die schwer an Krebs erkrankt ist, dass sie gerade, beim letzten Tropf noch selbst getröstet wurde. Von Johnny Bambule lässt sie sich nun an der Hand weiterziehen zu den anderen Kindern im großen Spielzimmer. Und jetzt erkennt das Mädchen auch: „Der hat gar nicht geweint – der hat nur so getan!“ Jetzt müssen all losprusten – vor lauter Lachen!
Rund 500 ehrenamtliche und professionelle Clowns sind inzwischen in deutschen Kliniken im Einsatz. Über 170 von ihnen sind im Dachverband „Clowns in Medizin und Pflege Deutschland e.V.“ organisiert. Sie sind in 200 Einrichtungen regelmäßig auf „Clown-Visite“ und erreichen jährlich mehr als 200.000 Menschen. Das Alter spielt der Patienten spielt dabei keine Rolle. Auch in der Geriatrie sind die lustigen Gesundmacher gern gesehen.
Am häufigsten sind sie jedoch auf den Stationen der Kinderonkologie im Einsatz. Dort, wo die jüngsten Patienten das Lachen fast verlernt haben, wo sie wochen- manchmal monatelang in der Klinik leben, wollen die Clowns beim Gesundwerden ein bisschen helfen.
Und das gelingt. Psychologen haben längst in Studien nachgewiesen, welche große Rolle die Psyche bei der Gesundung spielt. Auch in der Onkologie.
Einsatzorte/Dachverband Clowns in Medizin und Pflege Deutschland e.V.
Auf der Kinderstation (33 Betten) des Städtischen Klinikums Brandenburg hat man das längst erkannt. Hier liegen kleine Patienten mit allen Erkrankungen – vom gebrochenen Fuß bis zu Augenerkrankungen. Die Kids wollen von ihren Krankheiten nichts wissen. Nur schnell nach Hause. Oder – wenn das nicht geht – Abwechslung haben, Spaß mit Ihresgleichen. An diesen Donnerstag sind Heller Propeller (alias Nicola Streifler, 38) und Vitamine (alias Ute von Koerber, 48) von den Potsdamer Klinikclowns für vier Stunden auf der Station. Nicht alle Kinder sind sofort begeistert. Der dreijährige Timo rennt erstmal weg, in die Arme seiner Mama. Doch als er sieht, wie die anderen Kinder Seifenblasen pusten, will er dabei sein. Mutter Stephanie (28) ist mit ihm schon zum zweiten Mal in der Klinik. Timo hat eine geschrumpfte Niere, die aufgespritzt wird.
Nach und nach trauen sich auch Linus (2), Justin Anthony (4) und Marie (7) zu den Clowns auf den Flur. Marie führt die lustige Truppe ruck zuck an, denn jetzt geht es zu Max (10), der mit seiner Infektion im Zeh nicht aufstehen kann.
Die Spaßmacher im tristen Klinik-Alltag sind häufig selbständige, freischaffende Künstler. Die meisten werden professionell aus- und weitergebildet. Um sensibel genug arbeiten zu können, haben sie viele Arztgespräche, vor den Auftritten oft ein Briefing zu Alter, Erkrankung und Liegedauer der Patienten. Sie lernen eine Menge über Hygiene und müssen auch die künstlerische Seite immer wieder trainieren. Nicola Streifler und Ute von Koerber etwa sind ausgebildete Theaterpädagoginnen. Sie bilden andere Clowns aus – in Schauspiel, Einfühlungsvermögen, Jonglieren, improvisieren, Inhalte erarbeiten. Nicola Streifler: „Diese Arbeit braucht Qualität. Da kann nicht meine Tante um die Ecke mal eben schnell ein bisschen rumblödeln und Spaß machen. Hier steht mehr auf dem Spiel.“ Das sieht auch der Dachverband der Klinik-Clowns so. Pressesprecherin Karin Platzer: „Unser Verband bemüht sich, ein anerkanntes Berufsbild dafür zu prägen. Dafür brauchen wir öffentliche Gelder.“
Dies ist wichtig, denn es werden immer mehr Clowns von den Kliniken angefragt. Derzeit sind die Auftritte jedoch mit einem oft hohen ehrenamtlichen Aufwand verbunden, die Bezahlung ist gering und die Clowns sind auf Spenden angewiesen. Ute von Koerber: „Wenn man das professionell machen will, ist es aber ein Full-Time-Job und dann muss man davon leben können.“ Die meisten Klinik-Clowns schlagen sich deshalb mehr schlecht als recht durchs Leben. Das Honorar ist eine Aufwandsentschädigung. Einmal in der Woche trainieren die Clowns für ihre Auftritte. Bestimmte Standards müssen sie drauf haben. Nur aus der Situation heraus improvisieren geht nicht immer. Einen kleinen Koffer mit Requisiten haben die Clowns immer dabei: gefüllt mit Instrumenten, Seifenblasen, Bastel-Utensilien. „Der Star ist das Kind“, sagt Nicola. Wir müssen dafür die Antennen haben – was ist hier notwendig ist und wie wir den Lebensmut wieder herauskitzeln.“ Meist schaffen sie das ziemlich schnell. Für einige Minuten ist dann das Lachen auf der Kinderstation zurück.
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