29.09.2017 Politik
KBV legt Positionspapier zur Digitalisierung im Gesundheitswesen vor
KBV legt Positionspapier zur Digitalisierung im Gesundheitswesen vor
Für eine übergreifende E-Health-Strategie der Politik hat sich der Vorstand der KBV in einem Positionspapier ausgesprochen. Sie sei nötig, um das volle Potenzial der Digitalisierung für die vertragsärztliche Versorgung auszuschöpfen.
Aus Sicht der KBV ist es Aufgabe der Politik, eine solche Strategie gemeinsam mit allen Akteuren, insbesondere der Selbstverwaltung, zu entwickeln. Das gelte auch für die europäische Ebene, sagte KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel bei der Vorstellung des Positionspapiers zur Digitalisierung in der Gesundheitsversorgung am vergangenen Freitag auf der Vertreterversammlung in Berlin.
Anlaufstelle für Start-up-Unternehmen geplant
Kriedel kündigte an, Entwickler aus der Start-up-Szene mit Fachwissen unterstützen zu wollen. Noch in diesem Jahr solle dazu bei der KV Telematik GmbH eine Anlaufstelle für Gründer, Unternehmen und Investoren eingerichtet werden. In der „KBV Zukunftspraxis“ könnten dann neue Produkte erprobt werden.
Außerdem plant die KBV einen Digitalisierungsmonitor, der sich mit dem Stand der Digitalisierung in den Praxen beschäftigen soll. Dazu sollen Ärzte und Psychotherapeuten befragt werden. Ein Ziel ist, dass sich künftig gesetzgeberische Maßnahmen besser an der Realität ausrichten, wie Kriedel erläuterte.
Positionspapier mit konkreten Vorschlägen
Das Positionspapier enthält Ideen und Vorschläge, wie die Digitalisierung im Gesundheitswesen sinnvoll vorangetrieben werden kann. Es wird auch benannt, welche Voraussetzungen nötig sind, damit die verschiedenen Lösungen tatsächlich der Patientenversorgung zugutekommen.
Systeme müssen interoperabel sein
Dazu gehört für die KBV neben dem Nutzen der Systeme vor allem die Interoperabilität. Sie sei für einen nahtlosen Informationsfluss unabdingbar, heißt es in dem Papier. Mit der Gesetzgebung zu offenen und einheitlichen Schnittstellen in den IT-Systemen von Praxen habe die Politik den richtigen Weg eingeschlagen. Notwendig sei jetzt eine gesetzliche Grundlage, dass die Selbstverwaltung Standards sowohl für die vertragsärztliche als auch für die sektorenübergreifende Versorgung verpflichtend vorgeben könne.
E-Patientenakte braucht einheitliche Standards
Einheitliche Standards will die KBV auch für die elektronische Patientenakte durchsetzen, deren Einführung das E-Health-Gesetz vorschreibt. Diese könne die Effizienz und Qualität der Versorgung durch verbesserte Kommunikation steigern. Dazu müssten aber eindeutige Regeln für den Umgang mit der Patientenakte unter führender Beteiligung der Ärzteschaft vereinbart werden, fordert die KBV, die dazu ein weiteres Positionspapier erstellt hat.
Die KBV spricht sich ferner dafür aus, Ärzte und Patienten bei der Orientierung im stetig wachsenden Markt an digitalen Anwendungen stärker zu unterstützen. „Es muss eine Auswahl an sinnvollen IT-Anwendungen getroffen werden, die in die vertragsärztliche Versorgung integriert werden sollen“, heißt es in dem Papier weiter. Gesundheits-Apps zum Beispiel sollten dazu von einer unabhängigen Institution geprüft und zugelassen werden.
TI-Technik zu angemessenen Preisen
Bezüglich der Telematikinfrastruktur, die künftig alle Akteure im Gesundheitswesen elektronisch vernetzen soll, macht die KBV in ihrem Papier deutlich, dass es Aufgabe der Industrie sei, „qualitativ hochwertige technische Komponenten zeitgerecht, interoperabel und zu angemessenen Preisen am Markt verfügbar zu machen“. Anderenfalls müsse es der KBV möglich sein, eigene Produkte anzubieten oder deren Entwicklung zu beauftragen.
Anwendungen mit Nutzen statt digitaler Placebos
„Wir brauchen eine Digitalisierung, die sicher, interoperabel, aufwandsneutral und für die Versorgung nutzbringend ist“, betonte KBV-Vorstandsvorsitzender Dr. Andreas Gassen auf der Vertreterversammlung. Was die Ärzte und Psychotherapeuten nicht bräuchten, seien „digitale Placebos oder Gewinnmaximierungsprogramme für eine sich zunehmend monopolisierende Softwareindustrie“.
Chance für Sicherheit der Arzneimitteltherapie
Ärzte und Apotheker wollen die Chancen der Digitalisierung gemeinsam nutzen. Die KBV und die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) haben dazu gemeinsam eine Absichtserklärung („Letter of Intent“) unterzeichnet. Beide sind sich einig, „dass es schnellstmöglich zu einer verbesserten, sicheren direkten elektronischen Kommunikation zwischen Heilberuflern kommen muss, damit die Arzneimitteltherapiesicherheit gerade im Falle von Polymedikation verbessert wird“, heißt es darin. Der bundesweite Medikationsplan sei nur ein erster Schritt und nicht ausreichend.
Quelle: Kassenärztliche Bundesvereinigung, Herbert-Lewin-Platz 2, 10623 Berlin, www.kbv.de, Praxisnachrichten, 28.09.2017
Weitere Artikel zum Thema
14.04.2020 Corona
KBV: Scharfe Kritik an Zwangsverpflichtung von Vertragsärzten
Der Vorstand der KBV hat sich entschieden gegen eine Zwangsverpflichtung von Ärzten bei der Bekämpfung des Coronavirus ausgesprochen. Dies sei der völlig falsche Weg.
09.04.2020 Politik
Das Krankenhaus steht für gute Notfallversorgung
Statistisch gesehen ist fast jeder vierte Deutsche einmal im Jahr ein Notfallpatient. Rund 20 Millionen Fälle, in denen Menschen schnelle medizinische Hilfe suchen, verzeichnet die Buchführung jährlich. Mit 10,5 Millionen Fällen versorgen die Krankenhäuser den größten Teil. Dass diese Patienten nicht immer nur mit lebensbedrohlichen Beschwerden in den Notaufnahmen behandelt werden, ist allgemein bekannt. Aber die meisten dieser Patienten suchen die Notaufnahmen nicht aus Bequemlichkeit auf, sondern weil sie im niedergelassenen Sektor keine Hilfe gefunden haben.
03.04.2020 Politik
Kabinett beschließt Patientendaten-Schutz-Gesetz
Digitale Lösungen schnell zum Patienten bringen und dabei sensible Gesundheitsdaten bestmöglich schützen – das ist das Ziel des Entwurfs eines „Patientendaten-Schutz-Gesetzes“. Das Bundeskabinett hat den Entwurf am 01. April 2020 beschlossen.
02.04.2020 Politik
BMG: Versorgung bei Atemschutzmasken sichern
Auf Vorschlag des BMAS und des BMG ist dem Krisenstab der Bundesregierung ein neuartiges Wiederverwendungsverfahren von Atemschutzmasken vorgestellt worden. Zukünftig gibt es die Möglichkeit, im Rahmen des Verfahrens eine begrenzte Wiederaufbereitung (maximal dreimal) von Atemschutzmasken insbesondere mit Filterfunktion (FFP2 und FFP3) durchzuführen.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.