01.12.2014 Viszeralchirurgie
Indikation und Zeitpunkt der Konversion bei der laparoskopischen Therapie des akuten Abdomens
Mit der Einführung der Laparoskopie als neuer Therapieoption wurde gleichzeitig die Frage nach den Grenzen dieser neuen Methode aufgeworfen. Initial wurden deutlich erhöhte Komplikationsraten des laparoskopischen Vorgehens diskutiert und indirekt das offene Vorgehen propagiert [1].
Mit Zunahme der operativen Expertise und dem Fortschritt bei der Entwicklung der laparoskopischen Instrumente und der Kamera- und Bildschirmtechnik wurde der Einsatz der Laparoskopie bei immer komplexeren Krankheitsbildern erprobt und mit gleichem oder besserem Patienten-Outcome als Standardtherapie implementiert [2].
Die häufigsten Ursachen des akuten Abdomens sind der Ileus unterschiedlicher Genese, entzündliche intraabdominelle Erkrankungen sowie die Hohlorganperforation. Bei elektiven abdominellen Eingriffen können große randomisierte multizentrische Studien durchgeführt werden. Aus diesem Grund sind potentielle Einflussfaktoren auf das Outcome an großen Kollektiven untersucht. Entsprechend existieren Empfehlungen auf der Basis von Metaanalysen, welche Risikofaktoren eine Konversion als eher wahrscheinlich erscheinen lassen bzw. welche Faktoren eine Konversion erzwingen [2].
Bei der Therapie des akuten Abdomens wurde aus verschiedenen Gründen bis heute kein randomisiert kontrollierter Vergleich durchgeführt. Die Gründe für das Fehlen einer solchen Studie sind vielgestaltig. Als wichtigste Faktoren sind die erschwerte Klassifikation der Peritonitis [3,4] und von intraabdominellen Adhäsionen, die unterschiedliche Expertise des Operateurs und insbesondere auch des kameraführenden Assistenten zu nennen. Hinzu kommt die teils fehlende Einwilligungsfähigkeit von Patienten mit einer Sepsis.
Aus den oben genannten Gründen muss sich eine Übersichtsarbeit zur Frage nach dem Zeitpunkt der Konversion bei der laparoskopischen Therapie des akuten Abdomens auf die Ergebnisse von Studien an großen Patientenkollektiven halten, bei denen häufig keine offene Vergleichsgruppe vorlag.
Magen- und Duodenum
Die laparoskopische Therapie perforierter Magen- und Duodenalulcera wurde durch verschiedene Arbeitsgruppen untersucht. Risikofaktoren für eine Konversion waren große Defekte mit einem Durchmesser des Ulcus von mehr als 20 mm im Bereich des Magens [5,6], sowie von mehr als 8 mm im Bereich des Duodenums [7]. Weitere Risikofaktoren waren die posteriore Lage der Defekte sowie ein Mannheim-Peritonitis-Index von über 25 [5]. Außerdem wurde der Operateur als hochsignifikanter Einflussfaktor auf die Konversionsrate nachgewiesen [6,7].
Gallenblase
Hauptursache für die Konversion bei der laparoskopischen Cholecystektomie ist neben fehlender Übersicht und der Fixation an benachbarten Organen die iatrogene Gallenwegsverletzung [8].
Dünndarm
Bei der laparoskopischen Therapie des Dünndarmileus oder der Dünndarmperforation wurden das Vorliegen ausgeprägter Adhäsionen mit ungenügendem freiem Abdomen, abdominelle Voroperationen, die Notwendigkeit der Dünndarmsegmentresektion, Tumoren und Darmgangrän [9,10] iatrogene Darmverletzungen und Deserosierungen [11] sowie nicht stillbare Blutungen [12] als Risikofaktoren für die Konversion nachgewiesen.
Appendix vermiformis
Die perforierte Appendizitis ist die häufigste Ursache der Peritonitis. Aufgrund der hohen Inzidenz des Krankheitsbildes liegen für diese bei entsprechender Therapie häufig relativ günstig verlaufende Erkrankung die meisten Daten aus Studien mit zum Teil über 20.000 analysierten Patienten vor. Die SAGES Leitlinie zur Therapie der akuten Appendizitis von 2010 definiert als unabdingbare Voraussetzungen für die Durchführung eines laparoskopischen Eingriffes das Vorliegen von entsprechend ausgebildetem Personal sowie das der Patient in der Lage ist, die Vollnarkose und das Pneumoperitoneum zu tolerieren [13]. Die in der Literatur beschriebenen Konversionsraten liegen zwischen 0 und 39% [14]. Faktoren die in der Analyse zu einer Konversion führten waren die Nekrose des Appendixstumpfes, das Vorliegen ausgeprägter Adhäsionen nach Voroperationen, eine 4-Quadrantenperitonitis, die retrocoecale Lage der Appendix, laparoskopisch nicht beherrschbare Blutungen, eine unklare Anatomie, ein intraoperativer Tumornachweis sowie die iatrogene Verletzung anderer Organe [15,16].
Kolon
In verschiedenen Studien zur laparoskopischen Therapie der Peritonitis wurden als Risikofaktoren für eine Konversion das Vorliegen einer Adipositas [17], eine fäkulente Peritonitis, das Vorliegen einer Ischämie, Platzmangel sowie einer Lokalisation der Perforation oder Insuffizienz im Bereich des Rektums beschrieben [18]. Das Vorliegen einer Anastomoseninsuffizienz ist ausdrücklich keine Kontraindikation für einen laparoskopischen Therapieansatz [19]. Gleich Ergebnisse wurden von Autoren beschrieben, die die Konversionsraten bei der laparoskopischen Therapie der komplizierten links- und rechtsseitigen Divertikulitis untersuchten [20].
Diskussion
Bei der Analyse der für die einzelnen Organe nachgewiesenen Risikofaktoren stellt dich eine offenkundige Redundanz dar. Neben den oben aufgeführten „patientenbedingten“ Risikofaktoren, stellen die Expertise des Operateur und seines Teams einen der wichtigsten Faktoren für die Durchführung einer Konversion dar. Hinzu kommt die technische Ausstattung des Operationssaals in Bezug auf Instrumente und Kamera und Monitortechnik. Ein wichtiger weiterer Parameter, der in den oben aufgeführten Arbeiten nicht untersucht wurde, ist die Dauer des operativen Eingriffs, der in der elektiven Chirurgie z.B. des Kolons sehr gut etabliert ist.
Die potentiell positiven Effekte der laparoskopischen Therapie mit weniger postoperativem Schmerzmittelbedarf, schnellerem Wiederbeginn einer normalen Darmfunktion, kürzerer Hospitalisierung und früherer Wiederaufnahme einer Berufstätigkeit werden durch eine Operationszeit von über drei Stunden zum Beispiel bei der Hemikolektomie rechts vollkommen aufgehoben. Die Komplikationsrate steigt außerdem hochsignifikant an und ist höher als bei primär offenem Vorgehen [21].
Der Operateur sollte bei der laparoskopischen Therapie des akuten Abdomens somit sowohl seine eigenen Grenzen als auch die durch die Methode und die intraoperativen Gegebenheiten gesetzten Grenzen erkennen und im Interesse des Patienten handeln – eine Konversion bedeutet dabei kein Versagen sondern verantwortungsbewusstes chirurgisches Handeln.
Literatur
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