01.09.2024 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Nosokomiale Infektionen – Zahlen
Im Mai 2024 sind im Deutschen Ärzteblatt die Ergebnisse der letzten Punkt-Prävalenz-Erhebung 2022 nosokomialer Infektionen in Deutschland veröffentlicht worden. Danach lag die Prävalenz bei 4,9 %, davon im Erfassungshaus erworben waren 3,6 %. Die Anwendungsrate von Antibiotika lag bei 26,9 %. Die häufigsten nosokomialen Infektionen waren mit 23,5 % postoperative Wundinfektionen.
Der Ergebnisse unterscheiden sich nicht wesentlich von den vorhergehenden Raten aus 2011 und 2016:
1994 |
… |
3,5 % im Haus erworben |
NIDEP-Studie |
2011 |
5,1 % |
3,8 % im Haus erworben |
ECDC-Erhebung |
2016 |
4,6 % |
3,3 % im Haus erworben |
ECDC-Erhebung |
2022 |
4,9 % |
3,6 % im Haus erworben |
ECDC-Erhebung |
Je nach stationärer Fallzahl (2019 am höchsten mit fast 20 Millionen Patienten, 2021 und 2022 dagegen rund 17 Millionen) können somit bis zu eine Million Krankenhauspatienten pro Jahr eine nosokomiale Infektion erleiden.
Die erste Studie zu nosokomialen Infektionen in Deutschland wurde übrigens von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) bei Infratest in Auftrag gegeben. 1987 wurden über 5.500 Patientenakten ausgewertet und die Rate nosokomialer Infektionen mit 5,7-6,3 % ermittelt.
30 Jahre Erhebungen und kaum etwas hat sich geändert. Zu Recht stellt sich die Frage, ob dies nun als Erfolg (trotz Zunahme von Patienten mit schweren Grunderkrankungen?) oder als Misserfolg (trotz mehr Hygienepersonal?) gewertet werden muss. Dass die Erfassung nosokomialer Infektionen durch den Hawthorne-Effekt quasi automatisch zu einer Senkung der Raten führen würde, wie früher behauptet, muss nun endgültig als Mythos angesehen werden.
Surveillance bedeutet eben nicht nur, eine Eingriffs-spezifische Infektionsstatistik für häufig durchgeführte Operationen zu generieren (z. B. durch Teilnahme an KISS), sondern diese mit allen beteiligten Berufsgruppen auszuwerten (fragen Sie doch bitte einmal die OP-Schwestern nach der Infektionsrate für bestimmte Indikator-Operationen Ihrer Klinik/Praxis). Surveillance bedeutet vor allem aber die gezielte Identifikation von Infektionsproblemen (wir liegen mit unseren SSI im 75 %-Perzentil der Infektionsstatistik- es muss sich etwas ändern) mit anschließender fachlicher Intervention (was machen wir zukünftig anders?).
Der Kurztipp im Auftrag der DGKH gibt die Meinung der Autoren wieder.
Popp W, Jatzwauk L, Kohnen W: Hygiene-Tipp: Nosokomiale Infektionen – Zahlen. Passion Chirurgie. 2024 September; 14(09/III): Artikel 04_04.
Autoren des Artikels
Prof. Dr. med. Walter Popp
Ärztlicher LeiterHyKoMed GmbHVizepräsident der Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V. (DGKH) kontaktierenProf. Dr. rer. nat. et rer. medic. habil. Lutz Jatzwauk
Krankenhaushygiene/ UmweltschutzUniversitätsklinikum Carl Gustav Carus DresdenDr. rer. nat. Wolfgang Kohnen
Stellvertretender Abteilungsleiter im Bereich Krankenhaushygiene, Krankenhaushygieniker, Beauftragter für das QualitätsmanagementAbteilung für Hygiene und InfektionspräventionUniversitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität MainzVorstand der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V. (DGKH)Weitere Artikel zum Thema
01.10.2022 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Teilhabe am Arbeitsleben im OP erhalten
Nicht selten führen gesundheitliche Probleme, vor allem bei älteren Arbeitnehmer:innen zu Einschränkungen der Einsatzfähigkeit im OP. Folge kann Krankschreibung oder vorzeitige Rente sein. Es gibt aber auch MitarbeiterInnen, die gerne weiterarbeiten wollen. In diesem Fall ist der Betriebsarzt zuständig, zu beraten und Lösungsmöglichkeiten anzubieten.
01.09.2022 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Was tun bei einem Ausfall der raumlufttechnischen Anlage (RLT-Anlage) im OP-Saal?
Wenn die RLT-Anlage intraoperativ durch technischen Defekt ausfällt, muss die laufende Operation zu Ende geführt werden. Sofern möglich, erfolgen weitere geplante Operationen in einem anderen OP-Saal mit funktionierender RLT-Anlage.
01.06.2022 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Verunreinigungen der Gewebe bei TAV-OP-Decken
Zum Erzielen einer turbulenzarmen Verdrängungsströmung (TAV) ist in OP-Sälen der Raumklasse Ia nach DIN 1946-4 über dem OP-Feld eine Gewebedecke montiert. Diese wird u. a. im Rahmen von endoprothetischen Operationen durch Blut bzw. Gewebespitzer kontaminiert.
01.05.2022 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Qualitätsanforderungen an Mund-Nasen-Schutz
Häufig kursieren im Internet Bilder von Operationsteams mit unter der Nase getragenem Mund-Nasen-Schutz (MNS) und sichtbaren Bärten. Kaum diskutiert wird dagegen das Problem von qualitativ schlechtem MNS. Es fehlt beispielsweise das CE-Kennzeichen. Manchmal ist sogar ausdrücklich vermerkt, dass die Maske keine medizinische Maske ist und nicht für den Arbeitsschutz verwandt werden darf.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.