01.09.2014 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Begriffe steril und desinfiziert – nicht selten falsch verwendet
![](https://www.bdc.de/wp-content/uploads/ebook/11330/OEBPS/images/03_Ausgabe_Teaser-750x541.jpg)
Immer wieder werden die Begriffe „steril“ und „desinfiziert“ falsch verwendet. In Gerichtsverfahren kann das den Verdacht nahelegen, dass diese Basis-Begriffe nicht bekannt sind.
„Ich gehe nur mit sterilen Händen an den Patienten” kann allenfalls möglich sein mit sterilen Handschuhen, nicht jedoch nach einer Händedesinfektion der normalen Hände. Steril bedeutet immer, dass keine vermehrungsfähigen Bakterien, Pilze oder Viren mehr vorhanden sind, auch keine bakteriellen Sporen. Dieser Zustand ist nur durch Sterilisation zu erreichen, z. B. im Autoklaven. Real wird bei der chirurgischen Händedesinfektion eine Keimzahlreduktion um maximal den Faktor 1.000 erreicht.
„Steriles Abwaschen” (wie oft geschrieben) vor der OP gibt es nicht: Der Patient wird nicht „abgewaschen”, sondern es wird Desinfektionslösung verteilt. Das Ergebnis der präoperativen Hautdesinfektion – so der korrekte Begriff – ist nicht eine sterile Haut, sondern eine desinfizierte Haut. Es können also noch Bakterien auf ihr sein – aber nur so viele, dass sie keine Infektion mehr hervorrufen können.
Die in Schadensersatz-Prozessen oft vorgebrachte Argumentation, dass die Wundinfektion logisch sei, da die präoperative Hautdesinfektion gar nicht alle Bakterien abtöte, ist vielleicht in extrem seltenen Fällen zutreffend, aber nicht bei den allermeisten Wundinfektionen.
Auf trockenen, talgdrüsenarmen Arealen der Haut findet man üblicherweise Keimzahlen im Bereich von 102-103 Keimen/cm2, am Abdomen 103-104 Keime/cm2.
Bei der Desinfektion erwartet man eine Keimzahlreduktion um den Faktor 1.000 bis 100.000. Nach Hautantiseptik verbleiben durchschnittlich 10 Keime/cm2 auf der Haut. Dabei handelt es sich um residente Hautflora, insbesondere S. epidermidis, die vor allem in den Haarfollikeln lokalisert sind. E. coli oder S. aureus zählen dagegen zur transienten Hautflora, die gerade durch die präoperative Hautdesinfektion abgetötet werden sollen.
Der Hygienetipp gibt die Meinung der Autoren wieder.
Autoren des Artikels
![Profilbild von Klaus-Dieter Zastrow](https://www.bdc.de/wp-content/uploads/avatars/65/5821c9f644c59-bpfull.jpg)
Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Zastrow
Chefarzt des Hygiene-Instituts der REGIOMED-Kliniken Bayern/ Thüringen kontaktieren![Profilbild von Walter Popp](https://www.bdc.de/wp-content/uploads/avatars/20987/b535e5912d16dfcafdd75537ab2cff2a-bpfull.png)
Prof. Dr. med. Walter Popp
Ärztlicher LeiterHyKoMed GmbHVizepräsident der Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V. (DGKH) kontaktierenWeitere Artikel zum Thema
01.10.2021 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Welche Kleidung soll der Patient im OP-Saal tragen?
Die Entscheidung über den Grad der präoperativen Entkleidung des Patienten liegt beim jeweiligen Operateur. Die Kleidung des Patienten darf den Operateur nicht behindern und selbst keine Infektionsquelle darstellen. Sie richtet sich nach der Größe des OP-Feldes, dem notwendigen Umfang der präoperativen Hautdesinfektion und der Art der Wund- und sonstigen Patientenabdeckung.
20.09.2021 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Vor der Anschaffung von Medizinprodukten der Kategorie „Semikritisch B“: Aufbereitung klären!
Immer wieder tauchen nach der Anschaffung von Medizinprodukten der Kategorie „Semikritisch B“ Probleme bei der Aufbereitung auf. Beispiele für solche Medizinprodukte sind TEE-Sonden,
01.06.2021 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Was sagt uns die „Reproduktionszahl“ einer Infektionskrankheit?
Die Reproduktionszahl ist dank der COVID-19-Pandemie zu einer täglichen Maßzahl geworden. Sie beschreibt, wie viele Menschen eine infizierte Person im Mittel ansteckt. Der Startwert R0 (Basisreproduktionszahl) beschreibt, wie viele Menschen durch einen Infizierten angesteckt werden, wenn es noch keine Immunität in der Bevölkerung gibt und keine Maßnahmen ergriffen wurden:
27.04.2021 Hygiene-Tipp
Resistenzentwicklung von Bakterien gegen Desinfektionsmittel und Antiseptika
Die Resistenzentwicklung von Bakterien gegenüber Antibiotika ist eine allgemein bekannte Tatsache. Modernes Antibiotic Stewardship fordert, Antibiotika – gezielt und in ausreichender Dosierung – nur dort einzusetzen, wo sie unverzichtbar sind. Im Gegensatz dazu ist eine Resistenzentwicklung von Bakterien gegen Desinfektionsmittel gegenwärtig kein Gegenstand öffentlicher Diskussionen, obwohl die Ausbildung von bakteriellen Resistenzen (auch als Toleranz bezeichnet) gegen Triclosan, Chlorhexidin, Silber sowie QAV (quaternäre Ammoniumverbindungen) praktische Bedeutung erlangt hat und seit Jahren beschrieben ist.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.