01.04.2022 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Aktuelles zu Händedesinfektionsmitteln
In Deutschland mussten bisher Haut- und Händedesinfektionsmittel Arzneimittel sein. Mit der Einführung des europäischen Biozidrechts werden nunmehr Händedesinfektionsmittel als Biozide reguliert und im Anhang V der Biozidverordnung der Produktart 1 („menschliche Hygiene“) innerhalb der Hauptgruppe 1 („Desinfektionsmittel“) zugeordnet. Das Verwaltungsgericht Köln hat inzwischen im Sinne der EU-Verordnung entschieden, sodass in Zukunft wahrscheinlich auch Propanol- und Ethanol-haltige Präparate (bei bestimmten Händedesinfektionsmitteln auf der Basis von Isopropanol ist das schon jetzt der Fall) generell als Biozide einzustufen sind und die Arzneimittelzulassung, die hohe Anforderungen stellte, künftig nicht mehr verlangt werden kann.
Für Biozide reicht es derzeit aus, dass sie bei der BAuA registriert sind. Die Wirksamkeit muss nach Europäischen Normen nachgewiesen werden (DIN EN 12791). Die Verantwortung liegt beim Hersteller bzw. beim Anwender. Von der Anwendung Chlor-haltiger Händedesinfektionsmittel im Routinebetrieb ist abzuraten wegen der potenziellen Instabilität und möglichen Hautirritation.
Die Hygiene sollte unbedingt weiterhin auf Listung in der VAH-Liste bestehen.
In den letzten Jahren ist ferner eine Entwicklung zu beobachten, dass die Einwirkzeiten von Desinfektionsmitteln, auch Händedesinfektionsmitteln, immer kürzer (gegutachtet) werden. Der VAH hat 2021 darauf hingewiesen, dass bei den Händedesinfektionsmittel-Produkten zunehmend von 3-ml-Volumenangaben abgewichen wird und z. B. 4- bis 6-ml-Portionen vorgegeben werden. Es ist also künftig zu empfehlen, nicht nur die Einwirkzeiten bei Händedesinfektionsmitteln zu beurteilen, sondern auch, mit welchem Desinfektionsmittelvolumen diese erreichbar sind.
Da Händedesinfektionsmittel nun nicht mehr unbedingt Arzneimittel sind, entfällt auch das bisher geltende Verbot des Umfüllens von Händedesinfektionsmitteln aus 5-Liter-Kanistern in die Wandspender. Chirurgische Händedesinfektionsmittel sollten aber außerhalb von Apotheken (Reinraumbedingungen) trotzdem nicht umgefüllt werden, denn Händedesinfektionsmittel (Alkohole) wirken nie gegen Bakteriensporen. Und eine Kontamination eines chirurgischen Händedesinfektionsmittels beispielweise mit Clostridium perfringens kann gravierende Komplikationen nach sich ziehen.
Der Hygiene-Tipp im Auftrag der DGKH gibt die Meinung der Autoren wieder.
Popp W, Jatzwauk L, Kohnen W: Hygiene-Tipp: Aktuelles zu Händedesinfektionsmitteln. Passion Chirurgie. 2022 April; 12(04): Artikel 04_05.
Autoren des Artikels
Prof. Dr. med. Walter Popp
Ärztlicher LeiterHyKoMed GmbHVizepräsident der Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V. (DGKH) kontaktierenProf. Dr. rer. nat. et rer. medic. habil. Lutz Jatzwauk
Krankenhaushygiene/ UmweltschutzUniversitätsklinikum Carl Gustav Carus DresdenDr. rer. nat. Wolfgang Kohnen
Stellvertretender Abteilungsleiter im Bereich Krankenhaushygiene, Krankenhaushygieniker, Beauftragter für das QualitätsmanagementAbteilung für Hygiene und InfektionspräventionUniversitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität MainzVorstand der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V. (DGKH)Weitere Artikel zum Thema
01.01.2018 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Gute Vorsätze für 2018
Bis heute wissen Ärzte und Pflegepersonal häufig nicht, dass die Händedesinfektion nur dann Erfolg hat, wenn die Hände über mindestens 30 Sekunden klatschnass sind. Trockene Hände gegeneinander zu reiben bringt nämlich nichts!Man sieht täglich Mitarbeiter, die den Mund-Nasen-Schutz immer noch falsch oder gar nicht tragen. Wir suchen im Nasen-Rachen-Raum nach MRSA und anderen nosokomialen Infektionserregern und finden sie dort auch. Klar, er ist ja auch der „Anfang vom Darm“.
01.12.2017 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Hygienepersonal fehlt noch in vielen Krankenhäusern
Nach einer Antwort der Bundesregierung im Jahr 2017 verfügen immer noch viele Krankenhäuser über keinen Krankenhaushygieniker und sogar keine Hygienefachkraft.
01.11.2017 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Lagerung von Speisen auf Station
Auf vielen Krankenhausstationen sind oft – vor allem mittags – Patienten nicht anwesend, wenn das Essen ausgegeben wird. Dies ist meist auf gleichzeitig laufende Diagnostik zurückzuführen. Auf manchen Stationen betrifft dies bis zu 50 Prozent der Patienten. Fast alle Patienten möchten im Verlauf des Nachmittags, wenn sie zurück sind, ihr Essen noch zu sich nehmen.
01.10.2017 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Wundspüllösungen müssen steril sein
Sofern eine Wunde gespült werden soll, muss die Spüllösung steril sein. Sofern Leitungswasser benutzt wird, ist Erregerfreiheit mit einem z. B. auf eine Dusche aufgesetzten Sterilfilter (Durchlässigkeit < 0,2 µm) erreichbar. Dieser muss personenbezogen eingesetzt werden, da die Gefahr der retrograden Kontamination und damit der Übertragung von Erregern von der Außenseite der Filterfläche besteht. Wenn der Patient die Wundspülung selbst durchführt, besteht ein Kontaminationsrisiko durch Handlingfehler.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.