01.11.2024 Orthopädie/Unfallchirurgie
Glossar zur Notfallversorgung
Eine der zahlreichen gesundheitspolitischen Gesetzesinitiativen in diesem Herbst betrifft die Reform der Notfallversorgung. Der BDC und die DGCH haben sich zum vorliegenden Referentenentwurf vom 3.6.2024 in einer gemeinsamen Stellungnahme positioniert und die angestrebte Entlastung der Krankenhaus-Notaufnahmen und der Rettungsdienste grundsätzlich begrüßt.
Im Zuge der geplanten Reform sind z. B. mit „Akutleitstellen“, „Integrierten Notfallzentren/INZ“ und „Kooperationspraxen“ neue Begriffe eingeführt worden. Im Interesse einer sachlichen Diskussion ist es hilfreich, eine Definition der bisherigen und der neu konzipierten Strukturen der Notfallversorgung zu erstellen, die wir unseren BDC-Mitgliedern in Form der folgenden Tabelle zur Verfügung stellen.
Begriff |
|
2. Rettungsdienst: |
3. Rettungswache: |
In Verantwortung der Länder |
/ |
Teil der Daseinsvorsorge. Geregelt in länderspezifischen Rettungsdienst-Gesetzen organisiert auf Ebene der Landkreise. Rettungsdienst ist meist delegiert an Organisationen, z. B. DRK oder durch kommunalen Eigenbetrieb (Feuerwehren) |
/ |
In Verantwortung des Bundes |
Bundesvorgaben zur flächendeckenden Versorgung und Organisation |
Refinanziert durch die Krankenkassen über Entgelte oder Gebühren |
/ |
Organisiert/Finanziert durch die KVen |
Über Entgelte nach EBM (unrentabel) |
/ | / |
Zur Klinik gehörend |
In Verantwortung der einzelnen Krankenhäuser, |
/ | / |
An Klinik angegliedert |
/ |
/ |
Kliniken sind gelegentlich auch Standort von Rettungswachen |
Niedergelassen |
/ |
Fungieren teilweise als Notärzte auf NAW und NEF. Dafür geklärt, dass keine Soz. Versicherungspflicht besteht |
/ |
Wie nimmt der Patient Kontakt auf? |
Anlieferung durch Rettungsdienst, zu Fuß/Taxi Vermittlung über 116 117 |
Tel. 112 oder Quervermittlung über 116 117 Die Tel.-Nr. 110 führt in Niedersachsen zur getrennten LS der Polizei, kann in anderen Bundesländern auch gemeinsam sein. Die Nr. 112 ist europaweit als Notruf-Nr. eingeführt |
Kein direkter Kontakt, Alarmierung über Rettungsleitstelle |
Begriff |
4. Rettungsleitstelle (RLS) |
5. Terminservicestelle |
6. Akutleitstelle in Planung |
In Verantwortung der Länder |
Flächendeckende Versorgung mit Rettungsdienst (RTW, NAW, NEF, RTH) und teilweise qualifiziertem Krankentransport |
Organisation ist Aufgabe der zuständigen KVen |
/ |
In Verantwortung des Bundes |
/ | / |
Neue Struktur laut NotfallG |
Organisiert/Finanziert durch die KVen |
/ |
Meist durch Callcenter im Auftrag der KVen betrieben |
Die Akutleitstellen sollen die Behandlungsdringlichkeit anhand eines standardisierten Ersteinschätzungsverfahrens beurteilen und in die passende Behandlung vermitteln. |
Zur Klinik gehörend |
/ | / | / |
An Klinik angegliedert |
/ | / | / |
Niedergelassen |
/ | / |
Während der Sprechstundenzeiten sollen Hilfesuchende vorrangig in die vertragsärztlichen Praxen gesteuert werden. Zusätzlich telemedizinische Beratung. Aufsuchender Dienst 24/7 wird gefordert, aber scharf kritisiert. |
Wie nimmt der Patient Kontakt auf? |
Rettungsleitstelle (RLS) |
Tel. 116 117 oder online oder per App |
Tel. 116 117 oder andere |
Begriff |
7. Integrierte Leitstelle |
8. Integriertes Notfallzentrum |
9. Zentrale Ersteinschätzungsstelle |
In Verantwortung der Länder |
Die Rufnummern 112 und 116117 sollen auf Initiative der Rettungsleitstellen (Notrufnummer 112) künftig verbindlich zusammenarbeiten und müssen sich digital vernetzen, sodass Patientendaten medienbruchfrei übermittelt werden können. |
Neue verpflichtende Struktur im Krankenhaus (gemeinsamer Tresen) für die enge Kooperation von Notaufnahme und KV-Notdienstpraxis in KH mit Notfallversorgung |
Das wesentliche strukturelle Element des INZ |
In Verantwortung des Bundes |
Neu im NotfallG: Verpflichtung der KV zu Kooperation mit RLS, umgekehrt aber nicht, weil Landesrecht |
Teilweise schon vorhandene Struktur, laut NotfallG verpflichtend |
s.o. |
Organisiert/Finanziert durch die KVen |
/ | / | / |
Zur Klinik gehörend |
/ | / |
Teilweise schon vorhanden als „gemeinsamer Tresen“, verpflichtend in Kooperation KV und KH im NotfallG-Entwurf |
An Klinik angegliedert |
/ |
In Einzelfällen schon umgesetzt, soll gesetzlich verpflichtend werden |
/ |
Niedergelassen |
/ | / | / |
Wie nimmt der Patient Kontakt auf? |
Tel. 116 117 oder andere |
Tel. 116 117 oder andere bzw. persönliches Erscheinen. |
Tel. 116 117 oder andere bzw. persönliches Erscheinen. |
10. Notdienstpraxis (KV) |
11. Kooperationspraxis in Planung |
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In Verantwortung der Länder |
/ | / |
In Verantwortung des Bundes |
/ |
Neue Struktur laut NotfallG |
Organisiert/Finanziert durch die KVen |
Ideal in oder in enger räumlicher Nähe zu einem KH, teilweise aber auch isoliert betrieben. Versorgung von Kassenpatientenaußerhalb der Praxisöffnungs-Zeiten |
Neu im NotfallG, optional vertraglich über KV angegliedert, primär angedacht für Hausarzt-Praxen, Vorschlag von BDC und DGCH: auch für Unfallpraxen |
Zur Klinik gehörend |
Verpflichtend laut NotfallG, Öffnungszeiten vorgegeben. Für andere Zeiten Verweis auf Kooperationspraxen geplant |
/ |
An Klinik angegliedert |
/ | / |
Niedergelassen |
/ |
Forderung BDC und DGCH: Unfallchirurgische Kooperationspraxen müssen eine Aufwandsentschädigung analog zum Hausarzt-Vermittlungsfall erhalten |
Wie nimmt der Patient Kontakt auf? |
Tel. 116 117 oder andere bzw. persönliches Erscheinen. |
Tel. 116 117 oder andere bzw. persönliches Erscheinen. |
Kalbe P: Glossar zur Notfallversorgung. Passion Chirurgie. 2024 November; 14(11): Artikel 03_03.
Autor des Artikels
Dr. med. Peter Kalbe
Vizepräsident des BDCGelenkzentrum SchaumburgStükenstraße 331737Rinteln kontaktierenWeitere Artikel zum Thema
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