15.08.2019 Politik
Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung tritt am 16.08.2019 in Kraft
Ziel des Gesetzes für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) soll mehr Qualität und Sicherheit der Arzneimittelversorgung sein.
Dadurch sollen Bundes- und Länderbehörden besser zusammenarbeiten und Apotheken sowie Herstellbetriebe stärker kontrolliert werden. Der Bund soll erweiterte Befugnisse bekommen, um für Arzneimittelsicherheit zu sorgen. Informationen über die Hersteller der Wirkstoffe in Arzneimitteln werden in Zukunft öffentlich zur Verfügung gestellt.
Außerdem werden die Krankenkassen verpflichtet, bei Rabattverträgen künftig die Vielfalt der Anbieter zu berücksichtigen. Damit soll Lieferengpässen bei Medikamenten entgegen gewirkt werden. Schließlich enthält das Gesetz einen Fahrplan zur schrittweisen Einführung des elektronischen Rezepts.
Die Regelungen im Detail:
- Die Zusammenarbeit zwischen den Behörden von Bund und Ländern wird verbessert: Dafür wird eine Informationspflicht über Rückrufe eingeführt.
- Die Rückrufkompetenzen der zuständigen Bundesoberbehörden werden erweitert.
- Die Überwachungsbefugnis der Landesbehörden von Betrieben und Einrichtungen, die der Arzneimittelüberwachung unterliegen, wird gestärkt.
- Die Häufigkeit von Inspektionen wird erhöht.
- Die Koordinierungsfunktion des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bzw. des Paul-Ehrlich Instituts (PEI) wird gestärkt. Sie koordinieren unter bestimmten Voraussetzungen Rückrufe auf Ebene der Bundesländer und sollen Versorgungsengpässe verhindern.
- Länder müssen die zuständigen Bundesoberbehörden über geplante Inspektionen bei Herstellern von Arzneimitteln und Wirkstoffen in Drittstaaten informieren.
- Informationen über Wirkstoffhersteller von Fertigarzneimitteln sollen öffentlich gemacht werden.
- Krankenkassen bekommen Anspruch auf Regress bei Produktmängeln mit Folge eines Rückrufes von Arzneimitteln.
- Für Versicherte entfällt die Zuzahlung bei einer notwendigen Neuverordnung in Folge eines Arzneimittelrückrufs wegen Qualitätsmängeln.
- Beim Abschluss von Rabattverträgen der Krankenkassen mit den Arzneimittelherstellern soll die Lieferfähigkeit von Arzneimitteln berücksichtigt werden.
- Die Herstellung verschreibungspflichtiger Arzneimittel und von Zubereitungen aus menschlichem Gewebe durch Angehörige nichtärztlicher Heilberufe (insbesondere Heilpraktiker) wird erlaubnispflichtig.
Weitere wichtige Regelungen, die die Arzneimittelversorgung verbessern und die Patientensicherheit erhöhen:
- Die Selbstverwaltung wird verpflichtet, die notwendigen Regelungen für die Verwendung des elektronischen Rezeptes zu schaffen (Frist: 7 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes).
- Sog. Biosimilars („ähnliche biologische Arzneimittel“) sollen schneller in die Versorgung kommen. Der G-BA regelt die Details für den Austausch auf Apothekerebene.
- Es wird eine gesetzliche Grundlage geschaffen, um die Herstellung und Anwendung bestimmter Arzneimittel zu verbieten, soweit es zur Verhütung einer Gefährdung der Gesundheit von Mensch oder Tier geboten ist. Damit kann das BMG u. a. eine neue Verordnung zum Verbot der Herstellung und der Anwendung von Frischzellen am Menschen erlassen.
- Apotheken können verschreibungspflichtige Arzneimittel künftig auch nach einer offensichtlichen ausschließlichen Fernbehandlung abgeben.
- Bei der Versorgung mit medizinischem Cannabis ist künftig – nach einmal erfolgter Genehmigung – kein erneuter Antrag bei der Krankenkasse im Falle einer Anpassung der Dosierung oder eines Wechsels der Blütensorte notwendig.
- Für Arzneimittel zur Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Hämophilie (Bluterkrankheit), wird die bisherige Ausnahme vom Apothekenvertriebsweg (Direktvertrieb des Herstellers mit Ärzten und Krankenhäusern) zurückgenommen.Die Neuregelungen zum Vertriebsweg sowie die entsprechende Anpassung der Arzneimittelpreisverordnung und des Apothekengesetzes treten am 15.08.2020 in Kraft.
- Um eine sachgerechte Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien sicherzustellen, wird der G-BA ermächtigt, Maßnahmen der Qualitätssicherung zu beschließen.
- Für nichtzulassungs- oder nichtgenehmigungspflichtige Arzneimittel für neuartige Therapien (z.B. Gentherapien) wird eine Dokumentations- und Meldepflicht aller schwerwiegenden Verdachtsfälle von Nebenwirkungen eingeführt. Zudem wird eine ärztliche Anzeigepflicht für die Anwendung dieser Arzneimittel gegenüber der zuständigen Bundesoberbehörde eingeführt.Die Melde- und Anzeigepflichten treten am 15.08.2020 in Kraft.
- Die Vorgaben für Apotheken zur Abgabe von preisgünstigen Import-Arzneimittelnwerden neu geregelt: Die bisherige Preisabstandsgrenze wird durch eine differenziertere Preisabstandsregelung ersetzt. Biotechnologisch hergestellte Arzneimittel und Zytostatika werden wegen besonderer Anforderungen an Transport und Lagerung von dieser Regelung ausgenommen; das Inkrafttreten wird gesondert geregelt. Der GKV-Spitzenverband wird verpflichtet, dem BMG bis Ende 2021 einen umfassenden Bericht vorzulegen.
- Die Vergütungen von Auszubildenden in der Pflege, die ab 2020 nach dem neuen Pflegeberufegesetz ausgebildet werden, werden im ersten Ausbildungsjahr vollständig von den Kostenträgern refinanziert. Das heißt, dass Berufsanfänger im ersten Ausbildungsjahr die voll ausgebildeten Pflegefachkräfte in einem geringeren Umfang entlasten müssen als Auszubildende im zweiten oder letzten Jahr der Ausbildung.
Quelle: Bundesministerium für Gesundheit, Rochusstr. 1, 53123 Bonn, www.bundesgesundheitsministerium.de, 15.08.2019
Weitere Artikel zum Thema
01.03.2022 Politik
Unterstützung für die Ukraine!
Der BDC schließt sich der Solidaritätsbekundung der Bundesärztekammer gegenüber der ukrainischen Bevölkerung und der Kolleginnen und Kollegen an. Hier finden Sie Informationen zu Spendenmöglichkeiten.
01.03.2022 Corona
Corona-Pandemie auf Organspenden fast ohne Einfluss
Die Corona-Pandemie hatte - wenigstens bisher - nahezu keinen Einfluss auf die Anzahl postmortaler Organspender: So blieb diese Zahl mit 933 Spendern im Jahr 2021 konstant im Vergleich zu 2019 (932). Die Anzahl der entnommenen Organe war 2021 (2.905) im Vergleich zum Vorvorjahr (2.995) nur leicht rückläufig.
01.03.2022 Politik
BDC-Praxistest: Behandlungsfehler als ärztliche Sorgfaltspflichtverletzung in Abgrenzung zur Komplikation bei unerwünschtem Ausgang einer ärztlichen Maßnahme
Ein Bericht aus der Arbeit der Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein mit Hinweisen zur Fehlervermeidung und zum Vorgehen, wenn eine Fehlervermutung vorliegt. Die Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein wurde als zweite Kommission in Deutschland nach Bayern am 01. Dezember 1975 gegründet.
01.03.2022 Politik
BDC-Praxistest: Aktuelles zur Erweiterung des AOP-Kataloges – Droht eine Zwangsambulantisierung?
Bereits 2019 wurde die Bearbeitung des Kataloges für ambulantes Operieren und stationsersetzende Eingriffe für 2020 geplant. Die Kostenträger erhofften sich ursprünglich große Auswirkungen schon ab 2021: „Ausgrenzung von 5 Mio. Fällen, entsprechend 30 Prozent der Kurzlieger, Einsparpotenzial 1 bis 2 Milliarden Euro“.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.