Zurück zur Übersicht

Berlin, April 2013: Sie wollen keinen Dienstwagen, sondern lieber einen Betriebskindergarten. Sie wollen Karriere machen, aber nicht für mehr Kohle. Sie wollen die beste Weiterbildung – zum Wohle des Patienten. Sie wollen flexible Arbeitszeiten – damit sie sich selbst um ihre Kinder kümmern können.

Die größte deutsche Studie über drei Chirurgen-Generationen brachte Neues und Erstaunliches ans Licht. Eine attraktive Arbeitsaufgabe ist den jüngsten Chirurgen wichtiger als die Bezahlung. Zeit ist wieder mehr wert als Geld. Die Familienfreundlichkeit und flexible Arbeitszeitmodelle der Kliniken und Praxen werden immer wichtiger. Der Chef ist wieder Vorbild, wird gefragt, hat Respekt.

Kurz: Generation Y unter den Chirurgen will das ganze Leben. Sie wollen heilen und trotzdem eine eigene Familie. Sie wollen viel arbeiten und trotzdem gesund bleiben. Sie wollen Zeit für ihre Patienten, ihre Kinder und sich selbst. Sie wollen: eine ausgeglichene Work-Life-Balance. Viel Leistung, wenig Stress bei langer Gesundheit und Arbeitsfähigkeit.

Auftraggeber der Studie war der Berufsverband der Deutschen Chirurgen e.V. (BDC), der nun mit diesen Zahlen Empfehlungen für Kliniken und Praxen erarbeitet. Durchgeführt wurde die Studie von Prof. Margit Geiger, die den Lehrstuhl für Human Ressource Management an der Hochschule Bochum führt. Frau Prof. Geiger arbeitet für die Consulting Gruppe Zürich AG (CGZ), für die Cisik Consulting GmbH Düsseldorf und ist Prüferin bei der Deutschen Gesellschaft für Personalführung.

Aufteilung der Studie in die Generationen

Baby-Boomer (geb. 1946-1964), Alter: 49-68 Jahre
Generation X (geb. 1965-1979), Alter: 34-48 Jahre
Genaration Y (geb. ab 1980), Alter: unter 34 Jahre

Studienkennzahlen

Teilnehmer: 2.640
Rücklaufquote: ca. 30%
Befragungszeitraum: Okt. 2012 – Febr. 2013

Kurz-Zusammenfassung: Gemeinsamkeiten der Chirurgen-Generationen

      1. Über 70% der Chirurginnen und Chirurgen aller Generationen ist es wichtig, dass ihre Klinik/Praxis ein sehr gutes Image genießt.
      2. Die Ausstattung des Arbeitsplatzes (OP-Säle, Stationen) wird in allen Generationen als sehr wichtig (95%) eingeschätzt.
      3. Auf einen sicheren Arbeitsplatz legen über 80% der Chirurgen in allen Generationen Wert.
      4. Gute Zusammenarbeit ist wichtig. Bei einem schlechten Arbeitsklima würden über alle Generationen hinweg fast alle Chirurgen (88%) den Arbeitsplatz wechseln.
      5. „Ich bin ein Workaholic“ sagen nur 26-30% der Chirurgen aller Generationen von sich selbst.
      6. Die Trennung von Arbeit und Privatleben ist über 63% aller Chirurgen wichtig.
      7. Über alle Generationen hinweg interessiert sich lediglich ein Drittel der Chirurgen für einen Dienstwagen, wobei sich die Generation X mit 39% noch am stärksten für dieses Statussymbol interessiert.

 

Kurz-Zusammenfassung: Unterschiede der Chirurgen-Generationen

      1. Während nur 62% der Baby-Boomer auf die Karriere-Perspektivenschauen, sind es bei der Generation Y 85%!
      2. Das Entgelt ist der Generation X mit 83% am wichtigsten. In der Generation Y dagegen interessiert das nur knapp 70%. Für ein besseres finanzielles Angebot würde in der Generation Y nur nur jeder Dritte (31%) den Arbeitgeber wechseln. In der Generation X sind es immerhin 43% der Befragten.
      3. Für eine attraktivere Arbeitsaufgabe hingegen würde nahezu jeder Chirurg der Generation Y den Arbeitsplatz (92%) wechseln. In der Generation X sind es 85% und bei den Baby-Boomern 73%.
      4. Für die Generation Y haben die Vorgesetzten wieder eine Vorbildfunktion. Das geben knapp 82% an. Bei den Baby-Boomern sagen das nur 47%. Ein regelmäßiges Feedback des Chefs ist deshalb jedem Chirurgen der Generation Y sehr wichtig (94%). Bei den Baby-Boomern ist das nur 72% der Chirurgen wichtig.
      5. Die jungen Chirurginnen und Chirurgen interessieren sich für eine „exzellente Weiterbildung“ (91%) und wählen danach ihren Arbeitgeber aus.
        Die Arbeitgeberauswahl nach Weiterbildungsqualität ist jedoch nur für jeden zweiten Baby-Boomer interessant. Dies ist insofern ernüchternd, als daß die erfahrenen Baby-Boomer ihr Wissen eigentlich bereitwillig an die junge Generation weiter geben sollten und stolz auf ihre Schüler blicken sollten. Hier haben sie es auch selbst in der Hand, die besten Nachwuchskräfte durch adäquate Weiterbildungsangebote an die eigene Abteilung zu binden.
      6. Über 67% der Generation Y achten auf ihre Work-Life-Balance. Bei den Baby-Boomern achten nur 46% darauf. Arbeitszeitmodelle spielen für dreiviertel der Generation Y (76%) eine Rolle. Bei den Baby-Boomern interessiert dies nur jeden Zweiten (53%).
      7. Ein pünktliches Arbeitsende ist knapp 30% der Generation Y wichtig. Bei den Baby-Boomern interessiert das nur 15%. Mehrarbeit kommt für jeden Zweiten aus der Generation Y nur bei einem adäquaten Ausgleich an Freizeit in Frage. Bei den Baby-Boomern fordern das nur 21%.
      8. Betriebliche Sozialleistungen sind für zwei Drittel der Baby-Boomer (67%) wichtig. In der Generation Y interessiert das nur jeden Zweiten (51%). Eine gute Ausstattung der Sozialräume ist dafür 50% der Generation Y wichtig, jedoch nur jedem dritten Baby-Boomer.
      9. Die Familienfreundlichkeit einer Klinik ist für 73% der Chirurgen in Generation Y wichtig. In der Generation der Baby-Boomer interessiert das nur jeden Zweiten (52%). Einen Betriebskindergarten wünscht sich die Hälfte der Chirurgen in Generation Y.

 

Kurz-Zusammenfassung: Ergebnisse anderer Umfragen und Studien zur Generation

    1. Audi-Studie (August 2012): Audi fand heraus, dass „die jungen Menschen Herausforderungen suchen, der Job spannend und abwechslungsreich sein muss“. Das kann für die Generation Y unter den Chirurgen voll bestätigt werden.
      Einen Unterschied gibt es bei den Autoritäten. Junge Chirurgen sehen – im Gegensatz zu anderen Wirtschaftszweigen – meist in ihrem Chef ein Vorbild, fragen ihn gern bei Problemen. Formelle Strukturen stellen sie nicht infrage.
      Wieder gleich ist dagegen die gelebte Work-Life-Balance. Soziale Aspekte und Werte sind entscheidend. Auch junge Chirurgen wollen Zeit für ihre Familie, ihre Kinder haben und dies nicht für eine Karriere opfern.
    2. Zeit online „Wollen die auch arbeiten?/Generation Pippi Langstrumpf“ (März 2013): „Die Neuen wollen Spaß haben, schnell voran kommen, weniger Zeit im Job verbringen. Und nebenbei auch noch die Welt retten“
      Ganz so einfach ist das bei den jungen Chirurgen nicht. Sie legen großen Wert auf eine gute Weiterbildung, sie wollen um jeden Preis den Patienten nach besten Möglichkeiten helfen. Dafür nehmen sie auch viele Überstunden in Kauf.
      Bestätigt hat sich jedoch, dass sie nicht bereit sind für „Job und Status“ ihr Leben zu verpassen. Sie wollen Familie und Beruf, flexible Arbeitszeitmodelle, Aufmerksamkeit, Fürsorge und ein ständiges Feedback.
    3. Marburger-Bund-Symposium „Weiterbildung für Generation Y/Ärzteblatt (2/2013): „Beim ärztlichen Nachwuchs stehen Weiterbildung, Planbarkeit, Struktur und regelmäßiges Feedback auf der Wunschliste ganz oben.“ So ist es auch bei den Chirurgen. Die junge Generation Y will klare Ansagen zur eigenen Leistung, sie will Verbindlichkeit, Anleitung und trotzdem eine Balance zwischen Familie, Job und Freizeit.

Weitere Artikel zum Thema

Passion Chirurgie

Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!

Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.