Die Friedensdorf Einzelfallhilfe steht vor einer Zäsur
Seit über 50 Jahren holt Friedensdorf International Kinder zur medizinischen Versorgung nach Europa. Leider sind dieser Hilfe inzwischen Grenzen gesetzt. Bundesweit sinkt die Möglichkeit der Krankenhäuser Kindern aus Kriegs- und Krisengebieten eine kostenlose Behandlung zu schenken. Die Gründe für den Freibettenmangel sind vielfältig: erhöhter Kostendruck in den Krankenhäusern, Personalmangel, verschärfte Hygienebestimmungen, zunehmende Spezialisierung der Fachgebiete und Zusammenlegungen von Kliniken zu Verbundkrankenhäusern. Auch verringert sich die Verweildauer der Kinder in den Krankenhäusern stetig, was für das Friedensdorf einen entsprechend höheren pflegerischen und postoperativen Aufwand in der Oberhausener Heim- und Pflegeeinrichtung bedeutet. Deswegen plant das Friedensdorf eine deutliche Erweiterung seines medizinischen Bereiches in Oberhausen. Begonnen wird bald mit dem Neubau eines Operations- und Rehabilitationszentrums.
Die sogenannten „Freibetten“ sind und bleiben trotz des geplanten Neubauvorhabens die Voraussetzung dafür, dass im Rahmen der medizinischen Einzelfallhilfe überhaupt Kindern geholfen werden kann: Denn ohne eine Behandlungsoption in den Krankenhäusern kann Friedensdorf International kein Kind nach Deutschland holen. Aus Spenden wäre die oftmals komplexe Behandlung selbst von einem einzelnen Kind nicht zu finanzieren und erst recht nicht von einigen hundert Kindern pro Jahr, wie es in den letzten Jahrzehnten noch möglich war.
Abb. 1: Ohne die kostenlose Unterstützung der Krankenhäuser wäre die Hilfe von Friedensdorf International nicht möglich
Eindrücke aus dem Rehabilitationszentrum des Oberhausener Friedensdorfes
Es ist 9 Uhr morgens. Silvia steht im Warteraum und sortiert Kartenspiele, legt Malschablonen, Stifte und Papier zurecht. Durch das gekippte Fenster weht Stimmengewirr herein, das zunehmend lauter wird. Wenige Sekunden später betritt Sunnatbek den Raum, dann Ronaldo, dann Fatima und Sama, schließlich die restlichen 33 Kinder, die an diesem Tag einbestellt wurden. Augenblicklich ist die Stille verschwunden und die ehrenamtlichen Helferinnen Silvia und Dagmar haben alle Hände voll zu tun.
Abb. 2: Bärbel und Herr Dr. Winter beim Verbandswechsel
So geht es jeden Morgen im Rehabilitationszentrum des Friedensdorfes zu. Nach dem Frühstück machen sich kleine Prozessionen von Kindern unter der Führung der Mitarbeiter vom Speisesaal auf den Weg in den Verbandsraum. Hier werden Verbände und Pflaster gewechselt, Fixateure gereinigt, Spatelübungen zur Verbesserung der Mundöffnung gemacht und Salben aufgetragen. Eben alles, was nach der Akutbehandlung im Krankenhaus noch zu tun ist, um die Rückkehr in die Heimat vorzubereiten.
Bärbel ist gelernte Krankenschwester, koordiniert das Geschehen gemeinsam mit ihrer Kollegin Andrea im Verbandsraum und legt natürlich auch selbst Hand an. „Komplexere Behandlungen können wir allerdings nicht machen, z. B. Röntgenaufnahmen oder Laboruntersuchungen“, sagt sie. Dafür stehen Arztpraxen in der Umgebung zur Verfügung, die gerne helfen. Heute ist auch Herr Dr. Winter wieder da, der immer donnerstags ehrenamtlich im Friedensdorf aushilft und das seit vielen Jahren. Er ist einer von fünf Ärzten, die wöchentlich ehrenamtlich ihr ärztliches Fachwissen zur Verfügung stellen.
Sensibilität ist gefragt
Das Rehabilitationszentrum im Oberhausener Friedensdorf ist der Ort, an dem besonders deutlich wird, weshalb die Kinder überhaupt in Deutschland sind, nämlich aus medizinischen Gründen. Während sie beim Spielen auf dem Dorfplatz und sogar noch im Warteraum des Rehabilitationszentrums eine ungeheure Lebensfreude und Unbekümmertheit ausstrahlen, kullern im Verbandsraum mitunter Tränen. Tränen, die in vielen Fällen nicht geweint werden müssten, wenn ihre Heimatländer den Kindern eine frühzeitige und angemessene medizinische Versorgung ermöglichen könnten. Aus der einen oder anderen Bagatellverletzung müsste dann keine schmerzhafte Knochenentzündung werden und manch eine unzureichend behandelte Brandverletzung würde keine Funktions- und Bewegungseinschränkung ganzer Körperteile zur Folge haben.
Abb. 3: Physiotherapie mit Minori
Auch Physiotherapie gehört dazu
Während sich der Verbandsraum gegen Mittag langsam lichtet, wird hinter einer anderen Tür mit der Aufschrift „KG“ noch fleißig geübt. Mit großer Geduld und Sorgfalt zeigt die japanische Mitarbeiterin Minori zwei Kindern ihre krankengymnastischen Übungen. Als Umid aus Usbekistan ins Friedensdorf kam, konnte er nur liegen. Nach einigen Operationen sitzt er heute aufrecht im Rollstuhl und übt gerade das Stehen und Gehen am Rollator. Gleichzeitig muss Vitali das Beugen und Strecken seiner Hand trainieren, die er bis vor kurzem aufgrund von Narbenkontrakturen kaum bewegen konnte. Bis zum Nachmittag wird Minori nacheinander weitere Kinder behandeln.
Dauerhafte medikamentöse Versorgung
Übrigens geht die medizinische Einzelfallhilfe in einigen Fällen über die Behandlung in Deutschland hinaus. Das Friedensdorf sorgt, sofern benötigt, für eine medikamentöse oder orthopädische Dauerversorgung der heimgekehrten Mädchen und Jungen. „Wir nehmen bei jedem Hilfseinsatz immer die sogenannten „Dauermedis“ für ehemalige Patienten mit, die sie in Begleitung ihrer Familien dann selbst abholen. Auf diese Weise gibt es schöne Wiedersehensmomente und wir können gleichzeitig erfahren, wie es den Kindern nach ihrer Rückkehr ergeht“, schildert Maria ihre Erfahrungen, die sie im Rahmen vieler Hilfseinsätze gesammelt hat. Beispielsweise ist da Esat aus Afghanistan. Der heute 33-Jährige war 1993 im Friedensdorf und wurde in einem deutschen Krankenhaus wegen einer Fehlstellung seiner Beine und urologischen Problemen behandelt. Bis heute holt er regelmäßig bei jedem Hilfseinsatz seine Medikamente ab.
Dass dies jedes Jahr aufs Neue möglich ist, dafür dankt das Friedensdorf allen Unterstützern und Förderern.
FRIEDENSDORF INTERNATIONAL
Seit 1967 hilft FRIEDENSDORF INTERNATIONAL verletzten und kranken Kindern aus Kriegs- und Krisengebieten. Kinder werden zur kurzfristigen medizinischen Behandlung nach Europa geholt und weltweite Projekte verbessern die medizinische und humanitäre Versorgung in den Heimatländern. Die friedenspädagogische Arbeit des Friedensdorfes fördert zudem soziales Bewusstsein und Engagement. Finanziert wird diese Arbeit nahezu ausschließlich aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen – sie ist als mildtätig anerkannt und trägt das DZI-Spendensiegel.
Die Corona-Krise und ihre Auswirkungen werden die Menschen weltweit noch lange in Atem halten. Der Informationsbedarf insbesondere auch für Chirurgen in der Klinik wie in der Niederlassung ist immens.
Die Corona-Krise und ihre Auswirkungen werden die Menschen weltweit noch lange in Atem halten. Der Informationsbedarf insbesondere auch für Chirurgen in der Klinik wie in der Niederlassung ist immens.
Die Ärzteschaft ist zerstritten! Es bekämpfen sich aber heute nicht mehr wie so oft unterschiedliche Fachdisziplinen oder Versorgungsstufen in ihren hegemonialen Ansprüchen, sondern ganze Arztgenerationen in tiefgehenden Systemfragen. Jung gegen Alt, Alt gegen Jung: Während die Einen unter dem Schlagwort „aushalten“ Stabilität, Kompetenztraining und Resilienz fordern, schwelgt der Nachwuchs eher in Teilzeitflexibilität, Babypause und der Schonung eigener Gesundheit.
Nach wie vor ist die Ökonomisierung in deutschen Krankenhäusern ein wichtiger Faktor für die Kommunikation zwischen ChefärztInnen und GeschäftsführerInnen. Der wirtschaftliche Druck bestimmt das Arbeitsklima – nicht nur innerhalb der chirurgischen Abteilungen.
Im Schwerpunkt zum Thema Assistenzberufe im chirurgischen Alltag wird die Diskussion um den potentiellen neuen Ausbildungsberuf des Chirurgieassistenten aufgegriffen und von vielen Seiten beleuchtet. Es werden die aktuelle Situation und die demografischen, als auch die politischen Grundlagen skizziert. Umfrageergebnisse zeichnen ein Stimmungsbild unter den Chirurgen und den bereits tätigen Chirurgieassistenten. Über Erfahrungen mit nicht-ärztlichem Assistenzpersonal in der Gefäß- und Unfallchirurgie wird ebenso berichtet wie über den Stand des rechtlichen Status quo.
Zusätzlich bietet diese Ausgabe einen Ausblick auf die Bundestagswahl. Passion Chirurgie hat für Sie die Wahlprogramme der Parteien mit besonderem Augenmerk auf medizinische und medizin-politsche Aspekte analysiert. Alle Details gibt es in dieser Ausgabe im Artikel Wahlprüfsteine 2013. Wir hoffen, dass wir damit einen wichtigen Beitrag zu Ihrer Recherche und Entscheidungsfindung leisten können.
Wir freuen uns, Ihnen in der Juliausgabe der Passion Chirurgie die zweite Sonderausgabe der Safety Clips zu präsentieren, in dem praxisnah die unterschiedlichsten Ursachen von Behandlungsfehlern beschrieben werden, oft verdeutlicht durch Statistiken zu Schadenhäufigkeiten. Immer geht es auch um Strategien zur aktiven Fehlervermeidung. Kritische Ereignisse in der Patientenversorgung werden beschrieben, analysiert und bewertet, ergänzt durch juristische Stellungnahmen und praktische Hinweise zur Risikobewältigung.
unabhängig vom Schwerpunkt der letzten Ausgaben der Passion Chirurgie , waren die beunruhigenden demographischen und wirtschaftsstrukturellen Entwicklungen in unserer Gesellschaft bereits häufiger Thema unserer Publikationen. Ob Weiterbildung, Nachwuchs, oder ambulante Versorgung – alles muss im Lichte des politischen und ökonomischen Umfeldes betrachtet werden.
In dieser Ausgabe widmen wir uns direkt den wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen im Medizinsystem Deutschland, wie es für uns Chirurginnen und Chirurgen relevant ist. Unter dem Titel Monetarisierung des Patienten diskutieren unser Präsident und weitere Autoren über die Schnittstelle Ökonomie-Chirurgie auf verschiedensten Ebenen – vom Blick auf das Fachgebietsbranding über die Grenzen der wirtschaftlichen Analyse des Patienten bis hin zur Betrachtung der Zukunft des gesamten Gesundheitssystems.
In dieser Ausgabe der Passion Chirurgie mit dem Titel “Notfallmedizin – Fachkompetenz vs. Facharzt” geht es um die Rolle der Notfallmedizin im modernen chirurgischen Berufsleben. Notfälle begleiten uns ein berufliches Leben lang, nicht nur in der Notaufnahme, sondern auch auf der Station oder in der Praxis. Die Behandlung von Notfallpatienten ist Kernkompetenz chirurgischer Tätigkeit – trotz Spezialisierung sowie strukturellem und medizinischem Fortschritt.
Unsere Autoren gehen im Detail auf die Situation der Notfallmedizin in Deutschland ein und plädieren im Ergebnis für mehr Fachkompetenz, aber klar gegen eine neue Facharztqualifikation für Notfallmedizin. Die Notfallkompetenz muss weiterhin in den großen medizinischen Fachgebieten erhalten bleiben, darüber sind wir uns mit den Berufsverbänden der Internisten, Anästhesisten und vielen weiteren Gebieten einig.