01.05.2020 Kinderchirurgie
Editorial: Fehlbildungen im Fokus der Kinderchirurgie
Ein Herzstück der Kinderchirurgie ist die Korrektur von Fehlbildungen an den Organen des Thorax und des Abdomen, am Zwerchfell sowie bei Spaltbildungen an den Bauchdecken oder dem Neuralrohr. Meist sprechen wir von den „angeborenen Fehlbildungen“, einem Pleonasmus ähnlich dem weißen Schimmel, da es erworbene Fehlbildungen nicht gibt. Aus der Beschäftigung mit diesen Fehlbildungen ist die Kinderchirurgie entstanden. Die Entwicklungen der Kinderanästhesie und der Neonatologie haben entscheidend geholfen, Letalität und Mortalität dieser Fehlbildungen zu reduzieren, während die Pränatalmedizin dem frühen Erkennen, der ggf. gewünschten Schwangerschaftsunterbrechung, teilweise einer intrauterinen Behandlung, aber vor allem der guten elterlichen und ärztlichen Vorbereitung auf das Kommende den Weg bereitet hat. In Summe kommen heute etwa 200 Kinder/Jahr in der Bundesrepublik Deutschland mit einer Fehlbildung wie Ösophagusatresie, Bauchwanddefekt, Zwerchfellhernie oder Morbus Hirschsprung auf die Welt.
Schmedding und Rolle erläutern in ihrer Arbeit sehr deutlich, wie die angestiegene Zahl der Perinatalzentren Level 1 und der kinderchirurgischen Abteilungen zwangsläufig zu einer Diversifikation der ärztlichen und pflegerischen Expertise in der Betreuung dieser Kinder führt. Die Zahlen pro Abteilung sind häufig zu klein, um relevante Erfahrung zu sammeln, diese im Rahmen der Weiterbildung an die nächste Generation zu transferieren und neue Techniken wie die minimal-invasive Chirurgie zu etablieren. Die wissenschaftliche Fachgesellschaft hat sich deshalb vor einigen Jahren in einem Zukunftspapier klar auf eine Zentralisierung im Rahmen kooperativer lokaler Strukturen festgelegt. Ein Kern der Zukunftsgestaltung soll ein Register für ausgesuchte Fehlbildungen sein, dessen Realisierung von den o. g. Autoren entscheidend vorangetrieben wird. Dabei sind die Einbindung von Selbsthilfeorganisationen und die Abstimmung mit europäischen Initiativen (ERN = European Reference Networks) von großer Wichtigkeit.
Der Fallbericht von Schuster demonstriert exemplarisch das gute Management einer sehr seltenen und komplexen Fehlbildung durch die kooperative Summation der operativen Erfahrung. Er macht aber auch deutlich, wie wichtig es ist, dass in einem Perinatalzentrum Level 1 Neonatologie, Kinderchirurgie, Kinderradiologie und Kinderanästhesie reell vor Ort sind und fundiert auf langjährigem Erfahrungsschatz einen zielführenden Behandlungspfad entwickeln können.
Kinderchirurgie ist ein unentbehrlicher Anteil einer adäquaten und kindgerechten Daseinsfürsorge für die Jüngsten unserer Gesellschaft. Kindermedizin besteht aus mehr als klinisch-konservativer Kinder- und Jugendmedizin und kinderärztlich-hausärztlicher Betreuung. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie favorisiert für die Zukunft das „Zentrum für konservative und operative Kinder- und Jugendheilkunde“ in echtem und gelebtem Schulterschluss von Pädiatrie und Kinderchirurgie. Die chirurgischen Kollegen können das nachhaltig unterstützen, indem sie den Kinderchirurgen in der operativen Community die Luft zum Atmen, den Raum zum Entwickeln und das ausreichende Spektrum zum Dasein und Überleben überlassen. Und wir Kinderchirurgen müssen bei der Breite unseres Faches immer wieder erkennen, dass wir an bestimmten Stellen die kooperative Unterstützung anderer operativer Fachbereiche benötigen. Kooperation in alle Richtungen zum Wohle der uns anvertrauten Kinder!
Schmittenbecher PP: Editorial Fehlbildungen im Fokus der Kinderchirurgie. Passion Chirurgie. 2020 Mai; 10(05): Artikel 01.
Autor des Artikels
Prof. Dr. Peter Schmittenbecher
Kinderchirurgische KlinikKlinikum KarlsruheMoltkestr. 9076133Karlsruhe kontaktierenWeitere Artikel zum Thema
19.12.2018 BDC|News
Passion Chirurgie: Distale Radiusfraktur im Fokus
Die Dezember-Ausgabe der PASSION CHIRURGIE verabschiedet Sie aus dem alten Jahr mit einem CME-Artikel zu distalen Radiusfrakturen bei Kindern, wirft einen Blick zurück auf Aktivitäten von DGCH und BDC und gibt einen Ausblick auf Kongresse, Programme und Mitgliederversammlungen beider Verbände im kommenden Jahr.
01.12.2018 Kinderchirurgie
Der schwierige Patient – Besonderheiten in der Kinderchirurgie
In unserer Gesellschaft hat gegenwärtig das Streben nach einem Optimum an Sicherheit und Wohlergehen oberste Priorität. Die Gewährleistung individueller Bedürfnisse und Rechte sowie Selbstbestimmung werden auf der Grundlage unserer Werteordnung mit Recht eingefordert. Die Familie steht unter dem besonderen Schutz des Staates und die Pflege und Erziehung der Kinder sind das herausragende Recht sowie die Pflicht der Eltern [1].
01.10.2018 Kinderchirurgie
Das akute Skrotum – plötzliche Schmerzen im Hodensack
Ein Junge klagt plötzlich über heftige Bauchschmerzen, die bis in den Hodensack ziehen und findet keine Ruhe. Er sucht, meist in Begleitung eines Elternteils, einen Arzt in der Praxis auf oder geht sofort in eine Kinder-Notaufnahme. Was kann dahinterstecken?
01.10.2018 Kinderchirurgie
Minimalinvasive Verfahren bei Neugeborenen und Säuglingen: immer gefahrlos?
Die minimalinvasive Chirurgie als sogenannte Schlüssellochchirurgie hat auch Eintritt in die Kinderchirurgie gehalten. Für die Behandlung der akuten Blinddarmfortsatzentzündung gehört diese Methode auch in Deutschland zum Standard. Die Verbesserung der Instrumente, die ausgefeilten Überwachungsmethoden und die zunehmende Erfahrung auf dem Gebiet der minimalinvasiven Chirurgie haben zu einer Ausweitung des operativen Spektrums auf das Neugeborenen- und Säuglingsalters geführt.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.