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Am 21. und 22. Juni 2024 fanden in Erfurt die Klausurtagung der BDC|Landesverbände und die Strategietagung der Regionalvertretungen des BDC – gemeinsam mit dem BNC – statt. Dr. Sven Gregor im Gespräch mit Dr. Ralf Schmitz zur Arbeit des BDC auf Landesebene, den wichtigsten berufspolitischen Themen für niedergelassene Chirurginnen und Chirurgen und die zukünftige Zusammenarbeit.

Dr. Gregor, wie zufrieden sind Sie mit der Beteiligung an der Klausurtagung und dem dort gezeigten Engagement der anwesenden Chirurginnen und Chirurgen?
Sven Gregor (SG) Die Klausurtagung ist eine echte Bereicherung für alle Anwesenden. Hier wird deutlich wie engagiert viele Kolleginnen und Kollegen in ihren Regionen sind, oft auch ohne dass diese Aktivitäten in größerer Runde wahrgenommen würden. Dieses Engagement prägt die Klausurtagung, das motiviert ungemein.

Mit welchen Themen haben Sie sich auseinandergesetzt? Was waren die Ergebnisse?
SG
Die Hybrid DRG‘s bestimmen aktuell die Diskussion sowohl in der Niederlassung als auch in der Klinik. Worüber sich die einen vielleicht freuen, ist für die anderen möglicherweise fatal. Die eigentlich von allen gewünschte Reform ist handwerklich vom Bundesgesundheitsministerium so schlecht gemacht, dass am Ende weder die eigentlich betroffenen, die Patientinnen und Patienten, noch die Leistungserbringenden in der Breite davon profitieren. Für Krankenhäuser in schwierigen finanziellen Situationen können sie der Sargnagel sein. Das Ziel, eine verbesserte Versorgung, verfehlen sie komplett. Dem folgt jetzt auch noch die Krankenhausreform. Wir haben versucht, mit den Erfahrungen aus NRW die potentiellen Folgen für die anderen Bundesländer aufzuzeigen. Die Dramatik wird vielen erst viel später – zu spät? – klarwerden. Bei alledem gelingt es kaum das Wissen und die Bedeutung der Chirurgie in der Politik sicht- und hörbar zu machen. Wir müssen da besser werden, denn die Entscheidungen gehen an uns vorbei und das leider – sogar bewusst? – auch gegen besseres medizinisches Wissen

Dr. Schmitz, welchen Eindruck hatten Sie von Ihrer Klausurtagung, die Sie gemeinsam mit dem BNC durchgeführt haben?
Ralf Schmitz (RS) Zunächst einmal möchte ich die Gelegenheit nutzen und dem Vorsitzenden des BNC, Jan Henniger aus Frankfurt, danken, dass dieser die Landesvorsitzenden des Verbandes der niedergelassenen Chirurginnen und Chirurgen erneut motivieren konnte sich an der gemeinsamen Strategietagung zu beteiligen. Der Grundgedanke ist die Teilung der chirurgischen Berufsverbände in Vertragsärzte und im Krankenhaus tätige Kolleginnen und Kollegen zu überwinden und so die Kräfte zu bündeln. Schließlich sind bei einer zunehmend intersektoralen Versorgung die Interessen der beiden Gruppen entweder deckungsgleich oder sonst zumindest ähnlich. Und nur gemeinsam können wir stark sein und haben eine bessere Chance bei den Entscheidern gehört zu werden.
Die Veranstaltung selbst war geprägt durch manchmal kontroverse aber immer konstruktive Diskussionsbeiträge. So konnten gemeinsam Positionen erarbeitet und mit großer Mehrheit verabschiedet werden.

Mit welchen Schwerpunktthemen haben Sie sich in der Klausur beschäftigt? Mit welchem Resultat?
RS Wie nicht anders zu erwarten hat die aktuelle Gesetzgebungsoffensive im BMG für reichlich Diskussionsbedarf gesorgt. Viel Kritik gab es hier besonders an der schon von Dr. Gregor bemängelten handwerklichen Ausgestaltung der Rechtsverordnungen und Gesetze. Der Grund dafür liegt auf der Hand: so wurde im Vergleich zu früheren Reformen konsequent auf die Einbindung ärztlichen Sachverstandes verzichtet. Selbst eine öffentlich-rechtliche Organisation mit hoheitlichen Kompetenzen wie die Bundesärztekammer wurde ja wie alle anderen Standesorganisationen oder auch Berufsverbände als Lobbyisten abgetan und eben nicht gehört.

Welche thematischen Schnittstellen gab es bei den Tagungen?
SG Die gewaltigen uns bevorstehenden Umbrüche im Gesundheitswesen betreffen uns alle, sowohl ambulant wie stationär tätige Chirurginnen und Chirurgen. Wir müssen weg vom Denken in getrennten Sektoren und Versorgungsstufen. Der BDC vertritt die Interessen der Patientinnen und Patienten und aller Chirurginnen und Chirurgen, nicht aber die der Krankenhäuser und ihrer Gesellschafter und nicht die der Gesundheitsministerien. Unsere besondere Expertise zur direkten Auswirkung der Veränderungen auf die Qualität der Versorgung findet leider viel zu wenig Beachtung. Hier gilt es noch sichtbarer zu werden.

RS Im Zentrum der Diskussion der niedergelassenen Chirurginnen und Chirurgen stand eindeutig die zunehmende Ambulantisierung, einmal durch den geänderten AOP-Vertrag und natürlich den Paragrafen 115f, also die intersektorale Versorgung mittels Hybrid-DRG. Dieser Themenkomplex betrifft beide klassische Sektoren und verlangt eine möglichst gemeinsame Betrachtung und konsentierte Vorgehensweise. Ein zentrales Problem ist dabei die Zukunft unseres Nachwuchses: so wird die Auswirkung der gefällten Entscheidungen auf die Weiterbildung von der Politik überhaupt nicht berücksichtigt. So wird etwa im 186 Seiten starken Referentenentwurf zum KHVVG die Weiterbildung nur an zwei Stellen erwähnt und dies nur die Allgemeinmedizin betreffend.

Was sind Ihre Pläne für die weitere Arbeit von Landesverbänden und Regionalvertretern? Wo sehen Sie Synergien?
SG Auf regionaler Ebene findet die Trennung gar nicht mehr statt. Auch der BDC hat sich verändert. Wir arbeiten heute alle inhaltlich, wenn auch jeder mit thematischen Schwerpunkten, ganz eng zusammen. Getrennte Foren bieten einen spezifischen Diskussionsraum. Das darf aber nicht zu abgeschotteten Gesprächen führen. Deshalb haben wir die Klausurtagungen gemeinsam durchgeführt und haben vereinbart diese gemeinsame Arbeit auch in Zukunft noch stärker in den Vordergrund zu stellen.

Wie können sich BDC-Mitglieder in den Landesverbänden engagieren? Was wünschen Sie sich von der chirurgischen Gemeinschaft bezüglich eines berufspolitischen Engagements für die Chirurgie?
SG Alle Landesverbände empfangen engagierte Kolleginnen und Kollegen mit offenen Armen. Allerdings ist die Attraktivität ehrenamtlicher Tätigkeiten, deren Bedeutung man manchmal auch erst am Ende der eigenen Laufbahn erkennt, überschaubar. Wir müssen uns neu sortieren. Auch im BDC gibt es veraltete Strukturen, arbeiten unterschiedliche Ebenen nicht ideal verzahnt und sind Veränderungsprozesse nicht mehr in den heute geforderten kurzen Zeitintervallen realisierbar. Wir sind dankbar für alle Chirurginnen und Chirurgen die uns bei zeitgemäßen Veränderungen helfen wollen.

RS Gerade in diesen durch eine Vielzahl von verabschiedeten oder geplanten Reformen geprägten Zeiten benötigen die Berufsverbände eine entsprechende Manpower und so sind wir sehr an Kolleginnen und Kollegen interessiert, die bereit sind, sich zu engagieren. Hier spreche ich ganz besonders die jüngere noch in der Weiterbildung befindliche Generation an. Schließlich hat diese noch ein ganzes chirurgisches Arbeitsleben vor sich und da wäre es doch angebracht, die zukünftigen Arbeitsbedingungen aktiv mitzugestalten. Natürlich bedeutet ehrenamtliches Engagement immer auch eine zeitliche Belastung. Auch eine gewisse Frustrationstoleranz sollte idealerweise mitgebracht werden. Dann aber kann berufspolitisches Engagement durchaus befriedigend sein und zu positiven Veränderungen führen. Nur eins ist sicher: Allein mit Engagement ist eine Veränderung in die gewünschte Richtung möglich, ohne ein solches ist eine Besserung ausgeschlossen!

Gregor S, Schmitz RW: Einigkeit in vielen Punkten: Die BDC|Landesverbände üben den Schulterschluss mit ihren Regionalvertretungen. Passion Chirurgie. 2024 September; 14(09/III): Artikel 07_02.

Autoren des Artikels

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Dr. med. Ralf Wilhelm Schmitz

Referatsleiter Niedergelassene ChirurgenMVZ Chirurgie KielSchönberger Str. 1124148Kiel kontaktieren
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Dr. med. Sven Gregor

Sprecher der BDC|LandesverbändeGefäßchirurgische Praxis Dr. S. GregorKölner Landstr. 13540591Düsseldorf kontaktieren

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