01.01.2018 Allgemeinchirurgie
Einfache Behandlung von analem Juckreiz
Ein häufiges Problem ist quälender analer Juckreiz – dies wird allerdings im Gespräch oft erst dann beklagt, wenn Patienten Vertrauen zum Arzt gefunden haben. Häufig wird daraufhin ärztlicherseits fast automatisch die Diagnose „Hämorrhoiden“ gestellt. Es ist in letzter Zeit aber mehrfach darauf hingewiesen worden, dass die Inzidenz dieser Gefäßanomalie geringer ist als angenommen. Stattdessen werden Analmarisken fälschlich als „äußere Hämorrhoiden“ angesehen.
Diese lassen sich leicht bei einfacher Inspektion erkennen als weiche, breitbasig aufsitzende oder gestielte, faltenreiche Hautlappen, oft umgeben von mehr oder weniger stark entzündeter Haut und Schleimhaut. Im Pressversuch füllen sie sich nicht mit Blut. Viele Patienten haben eine jahrelange Odyssee hinter sich, bekommen oft starke Cortison-Salben (Klasse 3 oder 4 nach Niedner) verschrieben, die in der Langzeitanwendung durchaus problematisch sein können. Ebenfalls sieht man nicht selten die durch lange frustrane Behandlungen erworbenen Kontaktsensibilisierungen gegen z. B. Bufexamac oder Lokalanästhetika der verwendeten Salben oder Zäpfchen.
Neben der klinischen Untersuchung (auch zur Klärung des Vorliegens von Rhagaden oder Analfisteln, einer Mykose, einer Psoriasis der Analfalte, seltener auch von Wurmbefall usw.) ist eine vertiefte Befragung der Patienten sehr wichtig. Natürlich beinhaltet die Anamnese die Fragen nach Stuhlunregelmäßigkeiten, Blut- oder Schleimbeimengungen. Beim eindeutigen Befund von Marisken sollte man aber „Klartext“ mit den Patienten reden. Dazu gehört aber auch die Frage, ob nach dem Stuhlgang viele Reinigungsvorgänge notwendig sind, bis das Toilettenpapier sauber ist.Verbliebene Stuhlreste und die Reibung mit dem Toilettenpapier sind häufig für den immer wiederkehrenden Juckreiz verantwortlich.
Wichtig ist auch die Frage, ob Wasser und ggf. auch Seife oder feuchtes Toilettenpapier zur Reinigung verwendet werden. Erstere rufen bei häufigen Reinigungsvorgängen eine irritativ bedingte Dermatitis hervor, letztere können wegen der stets darin enthaltenen Konservierungsstoffe zusätzlich ein allergisches Kontaktekzem bewirken.Die häufig empfohlene Reinigung mit einem Sitzbad oder durch Ausduschen ist aus leicht nachvollziehbaren Gründen im Berufsalltag oder auf Reisen nicht praktikabel, allenfalls im häuslichen Umfeld. In jedem Fall ist der Zeitbedarf erheblich.Es ist auch für Patienten leicht nachvollziehbar, dass die wiederholten Reinigungsvorgänge die empfindliche Analhaut reizen können. Eine einfache Lösung dieses Problems ist die Verwendung einer Körperlotion, die nach der ersten groben Reinigung auf das nächste Stück Toilettenpapier gegeben wird. Dank des Fettanteils der Lotion gleitet das Toilettenpapier fast reibungslos, das Ablösen von Stuhlresten erfolgt wesentlich leichter, vollständiger und schonender.
Dermatologen nennen das „Abölen“ und wenden fettige Substanzen (Öle, Salben) oft zur schonenden Entfernung von Belägen der Hautoberfläche an. Patienten merken die bessere Wirkung dieser einfachen Prozedur schon daran, dass der Verbrauch von Toilettenpapier zurückgeht. Schließlich hinterlässt die Lotion einen dünnen, schützenden Fettfilm auf der Hautoberfläche und wirkt durch ihren Wasseranteil kühlend und juckreizlindernd. Ferner leuchtet auch die Erklärung ein, dass man bei Säuglingen zum Säubern der Windelregion von Stuhlresten und Penaten Creme ein ölgetränktes Pflegetuch verwendet.
Zur einfachen, praktischen Umsetzung empfiehlt es sich, den Patienten Proben einer solchen Lotion mitzugeben. Speziell geeignet sind die Probefläschchen in Abbildung 1. Diese haben mehrere Vorteile: Sie passen problemlos in Hosen- oder Handtaschen, lassen sich daher diskret mit auf die Toilette nehmen, beispielsweise auf Reisen oder am Arbeitsplatz. Ferner kann man solche Flaschen – anders als Probetuben – nach sorgfältigem Säubern erneut mit einer handelsüblichen Lotion wiederbefüllen.
Hierzu eignen sich auch preiswerte, normale Körperlotionen, möglichst ohne Harnstoffanteil (Urea), weil dieser in Einrissen der Haut Brennen und Schmerzen verursacht. Die Umstellung der Reinigungsprozedur muss als Dauermaßnahme langfristig erfolgen. Es ist dann ratsam, sich zusätzlich einen größeren, handelsüblichen Spender solcher Lotion neben die häusliche Toilette zu stellen, damit jedes Mal nach dem Stuhlgang hiermit nachgereinigt werden kann.
Es lässt sich in wenigen Tagen überprüfen, ob die Marisken Ursache des Juckreizes waren – die Beschwerden lassen nach. Wenn dies jedoch nicht der Fall ist, müssen selbstverständlich die zahlreichen weiteren, auch u. U. bösartigen Ursachen des analen Juckreizes von entsprechend spezialisierten Ärzten geklärt werden. Sofern man aber Patienten mit einer einfachen und nebenwirkungsfreien Maßnahme diese oft aufwändigen und unangenehmen Untersuchungen ersparen kann, hat sich der Versuch gelohnt. Für einige Patienten bietet sich als ultima ratio die operative Entfernung der Marisken an – hiervon sind allerdings die Koloproktologen nicht immer leicht zu überzeugen, da der Eingriff nicht ohne Risiken ist.
Kreusch JF: Einfache Behandlung von analem Juckreiz. Passion Chirurgie. 2018 Januar, 8(01): Artikel 03_03.
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