01.10.2011 Panorama
Ein Leben für den Beruf des Chirurgen
Am 29. September 2011, wenige Wochen vor Vollendung seines 85. Lebensjahres, verstarb unerwartet Dr. med. Jürgen Bauch. Betroffen von dem Verlust trauern die deutschen Chirurgen und Chirurginnen mit seiner Familie. Sein Leben war ganz dem Beruf des Arztes und des ärztlichen Berufsstandes gewidmet.
Er wurde am 21. Oktober 1926 in Altdamm/Stettin geboren. Nach dem Besuch eines humanistischen Gymnasiums studierte er in der unmittelbaren Nachkriegszeit in Heidelberg Humanmedizin. Auch wenn diese Zeit sehr entbehrungsreich war, hat er selbst fast nur in humorvoller Weise anekdotenhaft davon erzählt.
Die chirurgische Facharztweiterbildung begann er im Städtischen Krankenhaus Lüdenscheid und setzte sie in Hannover, das zu seiner Wahlheimat werden sollte, am Nordstadtkrankenhaus fort. Seine fundierte, umfangreiche und breit gefächerte chirurgische Ausbildung war die Basis für die Gründung einer eigenen chirurgischen Praxis mit umfangreicher operativer Tätigkeit in einer Klinik als Belegarzt.
Geprägt durch die Ereignisse des Krieges und der Gründungszeit der Bundesrepublik Deutschland erkannte er früh die Notwendigkeit, sich in einem demokratischen Rechtsstaat als Bürger aktiv zu beteiligen. So begann er bereits früh in seiner chirurgischen Laufbahn, sich auch berufsständigen Aufgaben zu widmen. 1967 wurde er Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, in dessen Präsidium er drei Jahre (1989 – 1992) die Belange der niedergelassenen Chirurgen vertrat. Seit 1969 Mitglied im BDC bestimmte er bis zu seinem Tode entscheidend die Geschicke des Verbandes. Damit begann für ihn neben seiner chirurgischen auch eine berufs- und standespolitische Tätigkeit.
Die Chronologie zeigt die Stetigkeit, mit der er seine Aufgaben verfolgte und erledigte.
1985 – 1998 | Vorsitzender des BDC-Landesverbandes Niedersachsen |
1989 – 2010 | Mitglied des geschäftsführenden Präsidiums des BDC |
1992 – 1998 | Schriftführer des geschäftsführenden Präsidiums des BDC |
1995 – 2002 | Herausgeber „Der Chirurg BDC“ |
seit 1997 | Herausgeber der Rubrik „Weiterbildung und zertifizierte Fortbildung in „Der Chirurg“ |
1998 – 2002 | Vizepräsident des BDC |
Es war sein Ziel, Trennendes zu überwinden, gleich ob zwischen Krankenhauschirurgen und niedergelassenen Chirurgen, ob universitäre Chirurgie oder „nur“ Versorgungschirurgie. Er verfolgte dies mit der für ihn typischen Akribie und unermüdlichem Fleiß. Er selbst setzte dafür Beispiele. Während seiner chirurgischen praktischen Tätigkeit suchte er die Nähe zu seinen akademischen Kollegen, besonders an der Medizinischen Hochschule Hannover zu den Kollegen Prof. Dr. R. Pichlmayr und Prof. Dr. H. Tscherne. Die Medizinische Hochschule Hannover würdigte diese Zusammenarbeit 2001 durch die Ernennung zum Ehrensenator.
Eine strukturierte Weiter- und Fortbildung war für ihn nicht nur eine wissenschaftliche universitäre Aufgabe, sondern auch eine berufspolitische. Die Einführung der Rubrik Weiterbildung und zertifizierte Fortbildung in „Der Chirurg“ gegen anfänglich erheblichen Widerstand universitärer Lehrmeinungen war dank seiner Zielstrebigkeit letztlich doch so erfolgreich, dass sie seit Jahren die meistgelesene Rubrik dieser Zeitschrift ist.
Nicht zu vergessen sei sein Verdienst um die Rückgewinnung des Langenbeck-Virchow-Hauses nach der Wiedervereinigung. Seinem Verhandlungsgeschick mit dem damaligen Präsidenten des BDC, Herrn Prof. Dr. J. Witte, war es zu verdanken, dass die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie, der Berufsverband der Deutschen Chirurgen und viele der wissenschaftlichen chirurgischen Fachgesellschaften bereits 1998 noch während des Rechtsstreits um die Rückübertragung des Eigentums an die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie und die Berliner Medizinische Gesellschaft in das Langenbeck-Virchow-Haus einziehen konnten.
Selbstdisziplin, Verantwortungsgefühl für das Ganze, Ehrlichkeit und Bescheidenheit, gepaart mit einem stets nach vertretbaren Kompromissen suchenden Diskussionsstil zeichneten ihn aus. Er war eine Vertrauensperson, die als Ratgeber, besonders auch wegen seiner Aufrichtigkeit und Diskretion, gesucht wurde. Tugend war für ihn kein leeres Wort.
Früh erkannte er die Notwendigkeit, sich mit den sozial-, zivil- und strafrechtlichen Anforderungen an den ärztlichen Beruf zu beschäftigen. Bereits 1985 wurde er ehrenamtlicher Richter am Sozialgericht Hannover, anschließend am Landessozialgericht in Celle und von 1988 bis 1998 am Bundessozialgericht in Kassel. Für diese Verdienste erhielt er das Bundesverdienstkreuz erster Klasse zum Verdienstorden der Bundesrepublik. Gleichzeitig war er der Initiator des Gutachterseminars der BDC|Akademie.
Die vielen Ehrungen (Ehrenmitglied und Verleihung der Ehrenmedaille des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgen, Max-Lebsche-Medaille und Ehrenmitglied der Vereinigung Nordwestdeutscher Chirurgen, Werner-Körte-Medaille in Gold der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie) sind Zeugnisse für die Anerkennung seiner Bemühungen um die chirurgische Gemeinschaft.
Wir haben in ihm eine herausragende Persönlichkeit als Mensch und Chirurg verloren.
Unser tiefes Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen seiner Familie. Dr. med. Jürgen Bauch hat sich um den Beruf des Chirurgen verdient gemacht.
Prof. Dr. med. Michael-J. Polonius
Autor des Artikels
Prof. Dr. med. Michael-J. Polonius
Ehem. BDC-PräsidentBerlinWeitere Artikel zum Thema
26.06.2018 Schaufenster
Schaufenster Juli 2018
Die Christoph Lohfert Stiftung prämiert ein Hygieneprojekt, das Patienten, Pflegebedürftige und Angehörige aktiv in den Infektionsschutz einbezieht. Das Projekt „AHOI–Patient im Boot“ von der Universitätsmedizin Greifswald erhält den Lohfert-Preis, der in diesem Jahr zum sechsten Mal vergeben wird.
26.06.2018 Entwicklungshilfe
Editorial: Globale Gesundheit – Was können wir beitragen?
Was können wir als Chirurgen hier in einem westlichen Industriestaat mit allen Möglichkeiten einer umfassenden medizinischen Versorgung tun? Zuallererst wollen die Gestalter dieses Themenheftes an die Verantwortung der einzelnen Chirurginnen und Chirurgen an das Konzept der globalen Gesundheit erinnern und auch dafür werben.
26.06.2018 Entwicklungshilfe
Internationale Rotkreuz-Bewegung: Chirurgisches Arbeiten in der Katastrophenhilfe
Wussten Sie, dass es in inzwischen 191 Ländern der Welt eine nationale Rotkreuz- oder Rothalbmondgesellschaft gibt? Damit ist die Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung die größte humanitäre Organisation der Welt.
25.06.2018 Panorama
Friedensdorf International – Leben verändern helfen
Seit über 50 Jahren holt Friedensdorf International Kinder zur medizinischen Versorgung nach Europa. Leider sind dieser Hilfe inzwischen Grenzen gesetzt. Bundesweit sinkt die Möglichkeit der Krankenhäuser Kindern aus Kriegs- und Krisengebieten eine kostenlose Behandlung zu schenken. Die Gründe für den Freibettenmangel sind vielfältig: erhöhter Kostendruck in den Krankenhäusern, Personalmangel, verschärfte Hygienebestimmungen, zunehmende Spezialisierung der Fachgebiete und Zusammenlegungen von Kliniken zu Verbundkrankenhäusern. Auch verringert sich die Verweildauer der Kinder in den Krankenhäusern stetig, was für das Friedensdorf einen entsprechend höheren pflegerischen und postoperativen Aufwand in der Oberhausener Heim- und Pflegeeinrichtung bedeutet.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.