03.03.2020 Politik
DIVI fordert klare Regelung gegen Kommerzialisierung der Sterbehilfe
„Die Sterbehilfe-Gesetzgebung ist lückenhaft und muss so schnell wie möglich präzisiert werden“, sagt Professor Uwe Janssens (Foto), Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI). Das Bundesverfassungsgericht hat vor wenigen Tagen klargestellt: Der Mensch hat ein Recht zu sterben – und der Staat darf dies nicht unmöglich machen. Das Gerichtsurteil stellt jedoch zugleich klar, dass der Staat zum Schutz des Lebens und der autonomen Willensbildung aller Bürger durchaus das Recht und die Pflicht hat, den Bereich der Suizidhilfe zu reglementieren. „Er muss also einem Ausbreiten kommerzieller Dienstleister keineswegs tatenlos zusehen. Die DIVI fordert daher eine umgehende Erarbeitung von Konzepten, wie Suizidhilfe in Deutschland zukünftig verantwortungsvoll geregelt und praktiziert werden soll“, so Janssens, zugleich Sprecher der DIVI-Sektion Ethik und Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Internistische Intensivmedizin am St.-Antonius-Hospital in Eschweiler.
Die DIVI wird sich konstruktiv an den jetzt anstehenden medizinischen, gesellschaftlichen und politischen Diskussionen beteiligen: Einerseits müssen die Rechte von Sterbewilligen geschützt und der Weg zu Suizidhilfe in begründeten Einzelfällen geregelt werden. „Andererseits müssen wir Klarheit darüber schaffen, wie die Mehrheit von alten und kranken Menschen vor einem sozialen Druck zur Inanspruchnahme von Suizidhilfe geschützt werden kann“, unterstreichen die beiden Ethik-Experten der DIVI, Dr. Gerald Neitzke vom Institut für Geschichte, Ethik und Philosophie der Medizin an der Medizinischen Hochschule Hannover sowie Professor Gunnar Duttge vom Zentrum für Medizinrecht an der Georg-August-Universität Göttingen.
Berufsrechte stärken: Einschränkungen der Landesärztekammern aufheben
Infrage stehen dabei auch die Rechte von Ärztinnen und Ärzten, die aus Gewissensgründen keine Suizidhilfe leisten möchten. Zugleich hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes die unterschiedlichen berufsrechtlichen Regeln in Deutschland kritisiert: Je nach zuständiger Landesärztekammer ist die Suizidhilfe den Ärzten untersagt oder erlaubt. „Diese Einschränkung kollidiert mit den verfassungsgemäßen Rechten von Ärzten und sollte daher so bald wie möglich aufgehoben werden“, so Duttge.
DIVI fordert: Finanzielle Gewinne durch Suizidhilfe-Dienstleister unterbinden
Das Bundesverfassungsgericht stärkt mit der aktuellen Entscheidung den Willen des Einzelnen, durch Suizid aus dem Leben zu scheiden – sofern dieser Wille autonom gefasst wurde. „Anderen Kriminalstrafe anzudrohen, wenn diese einem Suizidenten bei der Durchsetzung seines Selbstbestimmungsrechts helfen wollen, greife in übermäßiger Weise in das Recht zu sterben ein“, so Gerald Neitzke. Das gelte auch dann, wenn das Strafgesetz sich auf eine Bestrafung „geschäftsmäßiger“ Unterstützung beschränkt. Die DIVI nimmt als Fachgesellschaft, die intensivmedizinische und notfallmedizinische Inhalte von rund 3.000 Mitgliedern wissenschaftlich vertritt, an dieser Stelle bewusst eine unmissverständliche Position ein: „Wir fordern eine klare gesetzliche Regelung, die jedweden impliziten oder expliziten finanziellen Gewinn von kommerziellen Dienstleistern im Zusammenhang mit der Suizidhilfe unterbindet“, so DIVI-Präsident Janssens.
Quelle: Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) e.V., Luisenstraße 45, 10117 Berlin, www.divi.de, 02.03.2020
Weitere Artikel zum Thema
07.04.2017 Politik
Telematikinfrastruktur: Kassen wollen Erstausstattung der Praxen nicht komplett finanzieren
Die Verhandlungen zur Finanzierung der Erstausstattung der Praxen für die Telematikinfrastruktur sind gescheitert. KBV und GKV-Spitzenverband trennten sich nach mehreren Verhandlungsrunden ohne Ergebnis. Ende April muss nun das Bundesschiedsamt entscheiden.
04.04.2017 Krankenhaus
Ambulantes Operieren in Kliniken nimmt zu
In deutschen Krankenhäusern wurden im Jahr 2015 knapp zwei Millionen ambulante Operationen durchgeführt. Dies entsprach einem Anteil von 7,1 Prozent an allen 27,7 Millionen Krankenhausbehandlungen. Den größten Teil der Krankenhausbehandlungen machten mit 19,2 Millionen (69,5 Prozent) die vollstationären Behandlungen aus, gefolgt von den vor-, nach- sowie teilstationären mit 6,5 Millionen (23,4 Prozent).
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.