12.02.2016 Antikorruption
Die neuen Antikorruptionsparagraphen §§ 299a und 299b StGB
Allgemeines
Die neuen §§ 299 a und 299 b des Strafgesetzbuches treten Anfang 2016 in Kraft. Sie regeln die Bestechlichkeit im Gesundheitswesen und weiten dies auf niedergelassene, freiberufliche Ärzte aus. Sie umfassen ebenfalls die honorarärztliche Tätigkeit.
Honorararzt
Insbesondere dann, wenn sich die honorarärztliche Tätigkeit des Arztes in der Klinik auf solche Patienten bezieht, die der Arzt ambulant vorbehandelt hat und bei denen er ggf. auch die stationäre Einweisung vorgenommen hat, ist dies relevant.
Allerdings lässt sich der Begründung des Regierungsentwurfes zu den neuen Regelungen entnehmen, dass die Gewährung von Vorteilen, die ihren Grund ausschließlich in der Behandlung von Patienten oder anderen heilberuflichen Leistungen haben, den Tatbestand der Bestechung und Bestechlichkeit nicht erfüllt. Es muss sich vielmehr um eine verabredete Gegenleistung für die Zuweisung zwischen Krankenhausträger und Honorararzt handeln, um die Möglichkeit einer Strafbarkeit zu eröffnen.
Letztlich geht es nach der Gesetzesbegründung insbesondere darum, ob das Entgelt nicht entsprechend dem Wert der erbrachten heilberuflichen Leistung in wirtschaftlich angemessener Höhe nachvollziehbar festgelegt worden ist. Allerdings wird nicht ausdrücklich gesagt, was „angemessen“ ist.
Die Ausfüllung dieses unbestimmten Rechtsbegriffes muss deshalb durch die zukünftige Handhabung in der Praxis und Rechtsprechung erfolgen. Hierauf haben die Berufsverbände nur sehr eingeschränkt Einfluss, gefragt sind hier m. E. vielmehr die Ärztekammern, die sich dahingehend positionieren müssen, welche Honorarbemessung sie für angemessen halten. Ich werde mich meinerseits um entsprechende Konkretisierungen bei denvÄrztekammern bemühen, es sollten hier aber auch durchaus die Ärzte selbst im Einzelfall tätig werden. Dies insbesondere auch aus Eigeninteresse, da es häufig die Krankenhausträger sind, die mit Hilfe des Argumentes der Angemessenheit zunehmend versuchen, die Honorare zu drücken.
Anhaltspunkte für die Angemessenheit können sich insbesondere aus den jeweiligen DRG ergeben, insbesondere aus dem Vergleich der DRG für die Behandlung in Hauptabteilungen und die Behandlung in Belegabteilungen. Die entsprechende Vergütungsdifferenz stellt letztendlich die Kosten des Operateurs und damit auch die in jedem Fall angemessenen Kosten für ärztliche Leistungen dar.
Ein weiterer Anhaltspunkt in den Hauptabteilungs-DRG sind die kalkulatorisch enthaltenen Kosten für den Ärztlichen Dienst, die sich für jedes DRG auf Basis der InEK-Kalkulation ermitteln lassen.
Zu berücksichtigen ist dann jedoch auch, dass der Honorararzt als Freiberufler tätig ist und sämtliche Kosten und Abgaben selbst zu tragen hat. Bei den Kosten für den Ärztlichen Dienst muss deshalb m. E. durchaus noch ein entsprechender Aufschlag hinzugerechnet werden.
Unter Berücksichtigung der genannten Vorgaben wird man jedenfalls zu einer gewissen Verhandlungsbreite für das Honorar kommen, die nach derzeitigem Stand als angemessen angesehen werden wird.
Eine weitergehende absolute Sicherheit im Hinblick auf die Angemessenheit des Honorars und damit die Vermeidung eines Vorwurfs der Zuweisung gegen Entgelt bzw. der Bestechlichkeit lässt sich nach derzeitigem Stand leider nicht gewährleisten.
Kooperationen unter Ärzten
Im Bereich der sog. Teilberufsausübungsgemeinschaften ist im Wesentlichen auf die bisherige Rechtsprechung und die bestehenden berufsrechtlichen Vorgaben zurückzugreifen. Häufig geht es darum, dass im Rahmen der Kooperation mit einer radiologischen Praxis Röntgenleistungen erbracht werden sollen oder mehrere Praxen sich zur Erbringung kernspintomografischer Untersuchungen zusammenschließen. Diese Form der gemeinsamen Berufsausübung darf im GKV-Bereich gem. § 33 Abs. 2 der Ärzte-Zulassungsverordnung, aber auch im privatärztlichen Bereich aufgrund berufsrechtlicher Vorgaben nicht dazu dienen, dass ein therapieorientiertes Fachgebiet mit einem Methodenfach kooperiert, sofern dies letztlich zu einer Legitimation der Patientenzuweisung gegen Entgelt bzw. eines Kickback-Systems führen würde.
Grundsätzlich gilt: Eine Berufsausübungsgemeinschaft, die dazu dient, dass verschiedene Disziplinen „formal“ gemeinsam organisiert sind, die Leistungen jedoch von einer Disziplin ausschließlich erbracht und abgerechnet werden, und die eingehenden Honorare aufgrund vertraglicher Abrede geteilt werden, wird gegen den § 299 a StGB verstoßen.
Es ist berufsrechtlich vorgegeben, dass derartige Kooperationsformen der zuständigen Ärztekammer zur Prüfung vorgelegt werden und seitens der zuständigen KV genehmigungspflichtig sind. Eine solche Vorabprüfung ist gerade auch im Hinblick auf die Rechtssicherheit und dem Schutz vor späteren – vorsatzgebundenen – Korruptionsvorwürfen sehr empfehlenswert.
Im Unterschied zur Berufsausübungsgemeinschaft im vorgenannten Sinne handelt es sich bei einer Apparategemeinschaft um eine reine „Organisationsgemeinschaft“, bei der lediglich angeschaffte medizinische Geräte, die Praxiseinrichtung und das Praxispersonal gemeinsam genutzt werden, ohne dass es zu einer gemeinsamen, wenn auch zeitlich versetzten Behandlung und Diagnostik des Patienten kommt und es zudem an einem Behandlungsvertrag der Gesellschaft mit dem Patienten sowie der Abrechnung über die Apparategemeinschaft fehlt.
Bei der Prüfung der tatsächlichen Gesellschaftsform kommt es aber letztlich weder auf die Außendarstellung noch auf den Gesellschaftsvertrag an, maßgeblich ist immer die tatsächliche und reale Gestaltung der Gesellschaftstätigkeit. So kann auch im Rahmen einer Apparategemeinschaft eine Zuweisungsproblematik z. B. dann entstehen, wenn unmittelbar oder mittelbar für die Zuweisung von Patienten ein finanzieller Vorteil für den zuweisenden Arzt entsteht. Wenn also beispielsweise die Nutzung der Geräte im Rahmen der Apparategemeinschaft für die überweisenden Gesellschafter günstiger als für die Gesellschafter der Methodenfächer ist oder gar abhängig von der Zahl der überwiesenen Patienten, so ist auch in dieser Konstellation eine Kick-Back-Problematik gegeben.
Sofern sich aber die Kostenverteilung innerhalb der Apparategemeinschaft strikt an der tatsächlichen Nutzungsdauer beziehungsweise vergleichbaren gleichberechtigten und transparenten Kriterien orientiert und die Apparategemeinschaft auch nicht nur „zum Schein“ gebildet wurde, ohne dass die orthopädischen Gesellschafter die gemeinsamen Geräte überhaupt nutzen, dürfte einer Apparategemeinschaft auch zwischen methodenorientierten Fachgebieten und Überweisern rechtlich nicht zu beanstanden sein.
Zu beachten ist noch, dass der Grundsatz der freien Arztwahl des Patienten auch hier beachtet werden muss, keinesfalls darf der Patient das Gefühl bekommen, dass er im Grunde nicht an einen Radiologen seiner Wahl überwiesen wurde, sondern gewissermaßen in einem gemeinsamen Betrieb zunächst vom Orthopäden untersucht und dann vom Radiologen weitergehen diagnostiziert wurde. Er muss auf Basis der Überweisung selbst entscheiden können, zu welchem Radiologen er geht. Wenn er sich dann für den nächstliegenden beziehungsweise auf Nachfrage empfohlenen Radiologen entscheidet, so ist hieran nichts auszusetzen.
Autor des Artikels
Dr. jur. Jörg Heberer
Justitiar des BDC, Rechtsanwalt und Fachanwalt für MedizinrechtRechtsanwaltskanzlei Dr. Heberer & Kollegen kontaktierenWeitere Artikel zum Thema
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